KRONIKE VON PRUZINLANT

Di Kronike von Pruzinlant des Nicolaus von Jeroschin. Hg. von Ernst Strehlke, in: Scriptores Rerum Prussicarum. Die Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft. Hg. von Theodor Hirsch, Max Töppen und Ernst Strehlke, Bd. 1, Leipzig 1861 (Nachdr. Frankfurt a.M. 1965), S. 291-648.

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IV. DI KRONIKE VON PRUZINLANT
DES
NICOLAUS VON JEROSCHIN.
HERAUSGEGEBEN VON EBNST STREHLKE.
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EINLEITUNG.

Die Chronik des Landes Preussen, welche Peter von Dusburg im Jahre 1326 dem Hochmeister Werner von Orseln überreichte, ist, wie in der Einleitung zu derselben (oben S. 7 ff.) näher begründet wurde, ein Werk, worin die Absicht, das Gedächtniss des Geschehenen zu überliefern, in hohem Masse nach einer religiös - ascetischen Richtung hin durchgeführt ist. Die Wunder, welche Gott durch den deutschen Orden in Preussen gethan hatte, sollten berichtet und ebenso im Ganzen als im Einzelnen dargethan werden, wie gerade die Obser­vanz dieses, schon im alten Testamente prädestinirt gefundenen Institutes eine zur Erlangung des himmlischen Heiles vorzüglich wirksame sei und die besondere Verehrung seiner Patronin, der Jungfrau Maria, vor allen eine sichere Hülfe gegen die Gewalt des Bösen.

An der Verbreitung und Kräftigung solcher Anschauungen, namentlich unter den Gliedern des Ordens selbst, musste den Leitern desselben vornehmlich ge­legen sein. Voigt (Jahrbücher Johannes Lindenblatt’s u. s. w. Königsberg 1823 Einleitung S. 18) führt aus alten Verzeichnissen an, dass sich in den Bibliotheken vieler Ordenshäuser in Preussen unter anderen deutschen Büchern, wie dem auf Bekehrung eines Heiden bezüglichen von ›Barlaam und Josaphat‹, dasje­nige ›vom Roland‹ befunden habe. Die Beschäftigung mit derartigen Werken mochte im Allgemeinen dazu dienen, die Ideen des geistlichen Ritterthumes in den Ordensbrüdern zu beleben und ihre Begeisterung zu Glaubenskampf und Märtyrertod rege zu erhalten. Nach jener besonderen Richtung aber zu wirken, war Dusburg’s Werk vornehmlich geeignet, wenn es jenen, welche grössten­theils ohne Zweifel der lateinischen Sprache nicht mächtig waren, durch eine deutsche Uebersetzung zugänglich gemacht wurde. Für eine solche lag die Wahl der leicht dem Gedächtnisse einzuprägenden Form episch - poetischer Rede zu damaliger Zeit sehr nahe, seit nach dem Vorbilde der Kaiserchronik aus der Mitte des xii. Jahrhundertes an den verschiedensten Stellen Deutschlands in wachsender Anzahl Reimchroniken verfasst worden waren, welche dem stets

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allgemeiner werdenden Bedürfnisse nach Erkenntniss der wirklichen Welt ent­gegen kamen.

Bereits der unmittelbare Nachfolger Werners von Orseln, der auch selbst in deutscher Dichtkunst thätige und als Förderer einer anderen dichterischen Uebertragung unten zu erwähnende Hochmeister Luther, Herzog von Braun­schweig (1331. 17. Februar † 1335 18. April), trug dem Deutschordenspriester Nicolaus von Jeroschin, welcher schon unter seiner Regierung hochmei­sterlicher Caplan gewesen sein mag, auf, eine Uebersetzung von Peter’s von Dusburg Chronik in deutschen Reimen zu verfassen (N. v. J. V. 182 ff.). Nach­dem Jeroschin schon mehr als achtzig Seiten davon geschrieben hatte, vertilgte ihm, wie er sagt, das arge Thier, das Joseph’s Rock zerriss, die Arbeit, worin man wohl mit Recht eine Anklage gegen neidische Mitbrüder des Ordens sieht. Hochmeister Dietrich von Altenburg (1335. 3. Mai — 1341. 6. Octbr.), der gleich­falls einige metrische Uebersetzungen theologischer Werke veranlasste, wieder­holte die Aufforderung seines Vorgängers, und gab so die Veranlassung zu der Entstehung der vorliegenden von Jeroschin der Patronin des Ordens, der Jung­frau Maria, geweihten (vgl. Vers 329 f. 3683 f. u. 1502) Reimchronik.

Ob eine Uebersetzung eines noch vorhandenen, in dieser Sammlung selbst herausgegebenen Werkes, welche noch dazu bei ihrem sehr grossen Umfange einen bedeutenden Raum beansprucht, ganz hier aufzunehmen gewesen sei, dürfte manchem zweifelhaft erscheinen. Die verhältnissmässig nicht zahlrei­chen grösseren Zusätze Jeroschin’s würden an sich einen solchen Abdruck aller­dings kaum rechtfertigen; davon abhalten könnte sogar, dass wohl auch der Zwang der gereimten Rede den Uebersetzer zu einzelnen unverhältnissmässigen Ausführungen über die von dem Originale gebotene Grundlage hinaus, zur Hin­zufügung von Ausfüllwörtern u. dgl., welche mitunter den sachlichen Inhalt alteriren, also zu einer Entfernung von strenger historischer Treue veranlassten. Aber, wie in der Vorrede zu Dusburg (o. S. 9 f.) bemerkt wurde, Nicolaus von Jeroschin lebte noch in der Anschauung derselben Verhältnisse als Peter von Dusburg fort und, besonders für die späteren, seiner Beobachtung (vgl. V. 271) näher liegenden Zeiten, sind seine im Einzelnen kaum ausscheidbaren kleineren Zuthaten und Aenderungen auch für historische Zwecke der Berücksichtigung nicht unwerth. Es trat noch eine andere Erwägung hinzu. Das Werk des Jero­schin, welches seiner Zeit seinen Zweck ganz erfüllte, indem es sogar das Ori­ginal lange ganz in den Hintergrund drängte, und welches somit eine bedeutende Stelle in der Ueberlieferung der Kunde preussischer Geschichte einnimmt, ist so oft in unserer provinciellen historischen Literatur angeführt, in ver­schiedenem Sinne beurtheilt und benutzt worden, dass einheimische Freunde unserer Landesgeschichte eine Lücke in dieser Sammlung sehen würden, wenn dieselbe ihnen nicht den vielberufenen Autor ganz und zu einheitlicher Beur­theilung entgegenbrächte. Zudem lässt sich seine poetische Begabung, so weit sie freien Spielraum gewinnt, als eine durchaus nicht gering zu schätzende er­kennen. Sein Vortrag bringt in die düster ascetischen Züge seines Vorgängers doch einige Lebenswärme hinein; sogar Scherz und Spott gewinnen unter seiner Hand Boden; Sprichwörter werden angeführt aus volksmässiger Rede, der er auch zum Theil seinen wunderbaren Schatz von bezeichnenden Worten ver­dankt, während er die Schriftsprache auch durch Worte bereichert, die er aus dem Lateinischen herübernimmt; wo ihn der Stoff lebhafter ergreift, tritt auch neben die Uebersetzung von Dusburg’s ›ego‹ sein eigenes ›ich‹, und wird sein

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Ausdruck schwungvoll; einmal in einer Aufforderung zum Kampfe gegen die Heiden (p. 161 d ff.) unterbricht er sogar in sonst ungewöhnlicher Weise das epische Versmass der kurzen Reimpaare und lässt der lyrischen Stimmung auch durch den Bau eigener Strophen ihr Recht widerfahren. —

Wir dürfen hoffen, dass auch in dieser Rücksicht Jeroschin’s Werk den Freunden unseres Unternehmens eine nicht unwillkommene Gabe sein werde. —

Den hohen Werth, welchen die Reimchronik aber in anderer als den bisher hauptsächlich berührten Bezichungen, nämlich in sprachlicher besitzt, zu­erst in seinem ganzen Umfange erkennend, hat Professor Franz Pfeiffer, der sich schon früher um die Geschichte der Ostseelande durch die Herausgabe der liv­ländischen Reimchronik (erschien Stuttgart 1844) verdient gemacht hatte, in neuester Zeit demselben ein umfassendes Studium gewidmet und die Resultate des letzteren nebst Fragmenten aus Jeroschin veröffentlicht in dem Werke: Bei­träge zur Geschichte der mitteldeutschen Sprache und Literatur. Die Deutsch­ordenschronik des Nicolaus von Jeroschin. Ein Beitrag zur Geschichte der mit­teldeutschen Sprache und Literatur. Stuttgart. Franz Köhler. 1854. 8°. LXXII und 316 Seiten. Der Herausgeber des Jeroschin bekennt gern, dass er bei der Bearbeitung des Textes in vielen Dingen an diesem Buche einen trefflichen Führer gehabt hat. —

Pfeiffer giebt in der Einleitung (I—LXXII) Mittheilungen über die dia­lectische und individuelle Redeweise des Dichters, über seine Verskunst, z. B. ausführliche Zusammenstellungen über seine Reime; eine vollständige Uebersicht seines Vocalismus und Consonantismus, insoweit sich dieselben von der mittel­hochdeutschen Sprache unterscheiden; auf S. 3 bis 112 zwei und funfzig grössere und kleinere Abschnitte aus dem Werke; endlich und vor allen auf S. 115—315 ein Glossar mit einer grossen Anzahl von Belagstellen, aus dem ganzen Umfange des Werkes zusammengetragen. Die bequeme Vergleichung mit dem diesen Band eröffnenden Originale wird dem Leser in unserer Ausgabe über manche Schwie­rigkeit hinweghelfen; manches, was der das Verhältniss zu anderen deutschen Sprachdenkmälern des Mittelalters speciell berücksichtigende Sprachforscher als eine ungewohnte, neue Erscheinung anmerken musste, wird ihm, da es gäng und gäbe geworden, leicht verständlich sein. Bei der Erklärung seltener und fremdartiger Ausdrücke konnten wir in den bezüglichen Noten häufig Pfeiffer folgen. Den Bewohnern der Provinz Preussen wird übrigens mancher aus der heute noch daselbst üblichen vulgären Sprache nicht unbekannt sein. —

Wie über die Persönlichkeit des Peter von Dusburg ist uns über diejenige des Nicolaus von Jeroschin nur das Wenige bekannt, was er selbst von sich angiebt. Er sagt V. 304 ff., dass er ›wenig deutsch könne‹, nur wie ihn die­jenige lehrte, deren Milch ihn nährte und dass auch seine Rede unhöfischer Art sei. Jedenfalls verstand er also das Deutsche von frühester Jugend an, daneben aber wohl auch das Polnische, wie denn sein Familienname, obwohl bereits durch germanischen Umlaut umgewandelt, die slavische Abstammung nicht verkennen lässt. Einmal (Cap. 169. pag. 102 c) gebraucht er ohne besondere Veranlassung mitten inne für »propugnaculum« ein slavisches Wort ›ozzek‹ (das im Polnischen jetzt freilich nicht mehr gebräuchlich durch ›zasiek‹ ersetzt wird), von ›siekę‹ ich haue und ›o‹ umher, der Verhack, Verhau, wofür er sonst ›hagen‹ anwendet. Als Ortsname ist dieses ursprüngliche Appellativum durch alle Län­der, welche jemals slavischer Zunge waren, sehr häufig anzutreffen.

Pfeiffer vermuthet aus der bereits erwähnten Fülle sonst in der Litteratur

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nicht anzutreffender Wörter bei Jeroschin, in welchen sich die Redeweise der niederen Stände erkennen lässt, dass seine Amme oder Mutter diesen angehört habe; auch Hanow (Nachricht von Nicolai Jeroschin’s gereimten Preuss. Chronick und deren Unterscheide von der Düszburgischen, Preussische Sammlung II, 69) sprach schon, obwohl die von ihm angeführten Beispiele nur zum Theile pas­sen, von den ›vielen gemeinen pöbelhaften Wörtern und Ausdrücken‹ unseres Dichters.

Ortschaften, welche den Namen Jaroschin oder einen ähnlichen tragen, finden sich in nicht sehr bedeutender Entfernung von dem Ordenslande meh­rere; ein Jaroschin in Oberschlesien im Kreise Rybnik1; ausser zwei Jerzyn im Regierungsbezirke Posen eine Stadt Jaroczyn (Jarocin) zwischen Krotoszyn und der Warthe im Kreise Pleschen2, welche ehedem zu deutsch Kesselberg hiess: 1369 Mittwoch nach S. Michaelis (3. October) trägt zu Oels ein gewisser Beniak von Kesselberg sein Schloss ›Kesselberg oder Jaroczyn‹ dem Herzoge Konrad II. von Oels auf3; im Regierungsbezirke Bromberg im Pfarrsprengel von Fordon, Kreis Bromberg, Jaruszyn; im Kreise Schubin, Regierungsbezirk Bromberg, Ja­ruzyn (auch Jaruszyn)4; endlich im Kreise Johannisburg, Regierungsbezirk Gum­binnen, also in Preussen selbst, ein kölmisches Dorf Jeroschen5, sowie Jersen, ein Stück Land bei Kulm6. Pfeiffer, der nur die beiden im Rybniker und Schubiner Kreise belegenen Ortschaften heranzog, glaubte, besonders mit Rücksicht auf den Umstand, dass Oberschlesien rechts der Oder sich von frühester Zeit bis zum heutigen Tage des Deutschen beharrlich erwehrt hat und wegen der Nähe an Preussen sich für das letztere entscheiden zu müssen; dieselben Bedingungen gelten aber auch für Jaruszyn im Bromberger Kreise; zudem sind uns Nicolaus von Jeroschin Jugendschicksale unbekannt. —

Von einem Geschlechte ›von Jarossin‹ finden wir gleichzeitig mit unserem Dichter, 1331, zwei Mitglieder in der Stadt Peisern (polnisch Pyzdry, an der Warthe, in Russisch Polen, nahe der preussischen Grenze, vier Meilen nord­westlich der genannten Stadt Jaroczyn im Kreise Pleschen, gelegen). Unter den von dem Grafen Titus Dzialyński (Lites ac res gestae inter Polonos ordinemque cruciferorum. Posnaniae. 1855. 4°. 1, 284 f.) herausgegebenen Aussagen der von den päbstlichen Nuntien 1339 gegen den Orden vernommenen Zeugen befindet sich die Angabe des lxxiiiten, nämlich eines Priesters Johannes, Sohnes des Conrad von Jarossin, dass er bei der Annäherung des Ordensheeres an Peisern (vgl. Voigt. G. Pr. IV, 490) in den Wald geflohen sei und dass unter den von demselben Erschlagenen sein Bruder Paczold gewesen sei. Einen Zusammenhang des Nicolaus von Jeroschin mit dieser Familie oder gar mit den im xvii. Jahr­hunderte in Schlesien genannten Freiherren von Jaroschin im Herzogthume Op­peln vermögen wir nicht nachzuweisen.

P. 128 d. scherzt Nicolaus über seinen kahlen Kopf. Da er hienach zur

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Zeit der Abfassung seiner Uebersetzung wahrscheinlich schon in vorgerückterem Alter stand, so wird es unmöglich sein, ihn noch in dem hochmeisterlichen Ka­plane Nicolaus wiederzuerkennen, welcher bei Voigt Cod. dipl. III, 177 in der Handfeste Winrich’s von Kniprode für Rastenburg d. d. Rastenburg 1378 S. Joh. Chrysostomi (27. Januar) und in der im Danziger Archive befindlichen Handfeste desselben Hochmeisters für Hela d. d. Marienburg 1378 Dienstag nach Marien Him­melfahrt (17. August) als Zeuge erscheint. In älteren hochmeisterlichen Urkunden werden sonst die Kapläne oft erwähnt und zwar meist als mit einer Domherrn­pfründe des samländischen oder pomesanischen Hochstiftes ausgestattet; solche, in denen Nicolaus von Jeroschin vorkäme, sind jedoch noch nicht bekannt geworden.

Die Mundart, in welcher Nicolaus von Jeroschin schreibt, steht in der näch­sten Beziehung zu denjenigen, welche in Mitteldeutschland, also den thüringi­schen, hessischen, nordfränkischen, obersächsischen Landen üblich waren, als Ausgleichungen und von beiden Seiten beeinflusste, mehrfach verschieden nuancirte Vermittelungen des Ober- und Niederdeutschen. Auf dem Mittel­deutschen erwuchs bekanntlich, zumeist durch Luther’s Bibelübersetzung ent­wickelt, die neuhochdeutsche schriftgemässe Sprache, das ›hoch‹ nicht mehr im localen, sondern im bürgerlichen Sinne genommen, die der Gebildeten im Ge­gensatze zu den Dialecten. Wenn aus den verschiedenen Gegenden Deutschlands zur Kriegshülfe und zu friedlicher Ansiedelung Schaaren nach Preussen strömten, so musste die Redeweise der vorzugsweise zahlreich aus jenen mittleren Her­beigekommenen, welche zwischen dem Hoch- und Niederdeutschen stehend nach beiden Seiten hin Anknüpfungspunkte bot, in dem neu colonisirten Lande das Uebergewicht gewinnen. Die consonantischen Verhältnisse des Mitteldeut­schen bei Jeroschin sind im Ganzen die des Mittelhochdeutschen, jedoch findet sich auch mitunter nach niederdeutscher Art z. B. t für z, d für t, ch für g u. s. w. Wir müssen wegen des Näheren auf die erschöpfenden Zusammenstellungen bei Pfeiffer LXIII—LXIX verweisen, welche aus einer Fülle beweisender Reime ent­lehnt sind; ebenso wegen der Vocale und ihrer Beziehungen oder Vertauschun­gen miteinander daselbst auf LVIff. Hier gleicht dem Niederdeutschen u. a. auch das häufige Aspiriren des ›e‹ in ›er‹, zu ›her‹. Der Dialect ist ärmer an Verschie­denheiten der Vocale, als das Hochdeutsche; er ersetzt z. B. des letzteren Um­laute und Diphthonge ›ü‹, ›iu‹, ›uo‹, ›üe‹ durch das einfache ›u‹ oder ›û‹; vermeidet, darin dem Niederdeutschen ähnelnd, überhaupt gern Diphthonge (z. B. vornehm­lich ›ie‹ wofür er ›î‹ hat), aber auch die Umlaute, ausser bei ›a‹. Was jene Iden­tität des Dialectes mit dem mitteldeutschen betrifft, so bemerken wir hier, dass ebenso wie bei Jeroschin z. B. in der übrigens etwa ein Jahrhundert späteren Thüringischen Chronik des Johann Rothe († 1434), herausgegeben von R. von Liliencron als III. Band der thüringischen Geschichtsquellen. Jena. 1859, das tonlose ›e‹ in den meisten Fällen durch ›i‹ ersetzt wird; dass auch bei diesem die Umlaute (ausser ę) vermieden werden, und ›u‹ an Stelle des mittelhochdeut­schen ›u‹ und ›û‹ sowie aller daraus gebildeten Umlaute und Diphthonge, tritt, ferner für den mittelhochdeutschen Diphthong ›ie‹ ›i‹ geschrieben wird. Wenn Rothe auch nur in vereinzelten Fällen die Vorsilbe ›ir‹ statt ›er‹, wie Jeroschin durchgehend, bietet, so stimmen sie wiederum in dem alleinigen Gebrauche von ›vor‹ statt ›ver‹ überein; das Wort ›gegen‹ lautet bei beiden mit ›k‹ an, für ›odir‹ findet sich ›adir‹, ›t‹ erweicht sich nach ›e‹ häufig zu ›d‹; anstatt ›er‹ schreibt Rothe stets ›her‹, wie die Handschriften des Jeroschin in einzelnen Fällen bieten; bei bei­den ist in den betreffenden Formen der schwachen Verba der Rückumlaut durch­geführt,

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u. a. Verwandtschaften mehr, auch der Syntax, z. B. die ausgedehntere Verwendung von ›werden‹ als Hülfszeitwort z. B. in ›ich wart sehen‹ d. i. ›ich begann zu sehen‹ u. s. w. Von Pfeiffer ist nach der oft citirten Einleitung eine ausführliche Darlegung der mitteldeutschen Lautlehre und im Besonderen ein genauer Nach­weis der Uebereinstimmung der preussischen Mundart mit jener zu erwarten. —

Ganz consequent sind freilich gewisse Eigenthümlichkeiten der Mundart in den Handschriften unseres Autors nicht durchgeführt, z. B. die Anwendung des ›i‹ in Ableitungssilben statt ›e‹, sogar in aufeinander reimenden Wörtern; beson­ders häufig hat das Substantiv ›i‹, das vorangehende Adjectiv ›e‹. Um das Bild hier nicht durch eine jenen fremde Gleichförmigkeit zu trüben, wurden, wo die beiden ältesten Handschriften übereinstimmen, solche Abweichungen (z. B. auch ›ie‹ statt ›î‹) beibehalten, während, wo auch nur eine überhaupt die mittel­deutsche deutsche Form giebt, diese in den Text gesetzt wurde, ohne dass im Einzelnen darüber Rechenschaft abgelegt würde. Aehnlich wurde in anderen Fällen, z. B. wegen des allgemeinen Relativs verfahren, das bei Uebereinstimmung der Hand­schriften in der moderneren Form ›wer‹ u. s. w. gegeben wurde; wo auch nur eine ›swer‹, die vollständigere ältere, hat, in dieser. Die Handschriften verdop­peln ferner oft nach kurzen Vocalen die Consonanten, was sonst eine Eigenthüm­lichkeit der niederdeutschen Mundart ist. Da sich hiebei aber in ihnen eine sehr grosse Willkür zeigt, auch die Laute bei richtigem Lesen des Textes, nämlich mit Berücksichtigung der Längen und Kürzen, durch jene Geminirung nur eine sehr geringe Aenderung der Aussprache erfahren würden, so durfte im Allgemeinen davon abgesehen werden. In manchen Fällen könnte allerdings die Verdoppelung als eine organische erscheinen, z. B. in redde, reggen, lengge, liggen u. dgl., wo ein früher vorhandenes ›j‹ dieselbe bewirkt haben könnte. In unzähligen ande­ren ist sie es aber nicht (enggil, mitlidiggem, ruwigge, sigge (victoriae), oddir, widdir, capittil, wegge (viae), irbibben, eddelinc, abbir, bittirlich, siddir, her­zogge, vridde, in Namen: Nattangin, Attrebato u. s. w., wo sie bloss graphisch die Kürze des voraufgehenden Vocales ausdrückt. — Wechselnd mit ›û‹ musste ferner in gleichem Werthe der Diphthong ›ui‹, welcher auch sonst in preussi­schen Sprachdenkmälern oft vorkommt, wo kein Zusammenhang irgend welcher Art mit einem ›i‹ im Mittelhochdeutschen stattfindet, in den Text gesetzt werden, wenn mehrere Manuscripte ihn boten. Sogar aufeinander reimende Worte fin­den sich in den Handschriften das eine mit ›u‹ das andere mit ›ui‹, ›uy‹ geschrie­ben. Dieses ›ui‹ ist ein entschieden niederdeutsches Element, wie auch eine Vergleichung des heutigen Holländischen zeigt; findet sich jedoch im Anfange des xiv. Jahrhunderts auch in mittelrheinische Sprachdenkmäler eingedrungen. —

Einer besonderen Rechtfertigung bedarf jedenfalls nicht, dass wir, ob­wohl Jeroschin die ursprünglichen Quantitäten verwischt, indem er lange mit kurzen Wurzelsilben bindet, die allgemein angenommene Art der Bezeichnung durchführten, wodurch die Erkennung seiner der mittelhochdeutschen Art ent­gegenstehenden Eigenthümlichkeiten erleichtert wird.

Die Regeln, welche Nicolaus von Jeroschin als die für ihn bei dem Baue seiner Verse massgebenden aufstellt (V. 236 ff. 294 ff.) sind seit Hanow und Pisanski (Ent­wurf der preussischen Litterärgeschichte. Königsberg. 1791. S. 77 f.) zu wiederhol­ten Malen Gegenstand besonderer Betrachtung gewesen, indem dergleichen directe Zeugnisse aus den Zeiten der Blüthe der mittelhochdeutschen Dichtkunst und der unverdorbenen Ueberlieferung der Kunst gar nicht vorhanden, aus späteren, in welchen geschicktere Dichter einer einbrechenden Barbarei sich bewusst ent­gegenstellten,

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auch nur vereinzelt überliefert sind. Zuletzt hat sich nach Pfeiffer Karl Bartsch (›Die metrischen Regeln des Heinrich Hesler und Nicolaus von Jero­schin‹ in der Germania. Vierteljahrschrift für deutsche Alterthumskunde; her­ausgegeben von Franz Pfeiffer. I. Jahrgang. Stuttgart. 1856. 8°. S. 192—202) eingehend damit beschäftigt, indem er zur Vergleichung und Erläuterung die­jenigen Grundsätze herbeizog, welche Heinrich Hesler, der wohl etwas früher als Jeroschin (Bartsch setzt ihn in das Ende des xiii. Jahrhunderts) gleichfalls in Preussen schreibende Verfasser einer poetischen Paraphrase der Apocalypse als die seinen in dieser Beziehung angiebt (die betreffenden Verse zuerst heraus­gegeben von Karl Koepke im Neuen Jahrbuch der Berliner Gesellschaft für Deut­sche Sprache X, 88—89; dann bei Bartsch 194—196). Es bleiben indess hierin immer noch einige Dunkelheiten zu beseitigen.

Jeroschin setzt für seine Verse, welche, abgesehen von den oft angewen­deten Reimhäufungen und jener einmaligen Unterbrechung durch lyrische Stro­phengebäude, die alten kurzen Reimpaare der epischen Poesie sind, die Länge von sechs bis neun Silben fest (V. 249 ff. 294 ff.). Dass er nach Silben zählt, zeigt noch nicht etwa ein Verlassen des uralten Gesetzes der Hebungen; dieses »gilt ihm wie allen früheren Dichtern; nur sucht er jeder Hebung eine Senkung beizufügen«, ein Bestreben, worin die Königsberger Handschrift noch weiter geht, als die ältere Stuttgarter. — Für je ein Paar Reime (dies bedeutet sowohl Reimworte als Reimzeilen d. i aufeinander reimende Verse) verlangt er Gleichheit (damit kann hier aber wohl nur Entsprechendheit, Aehnlichkeit gemeint sein) der Länge, des Sinnes und des Lautes (V. 240 ff.), letzteres im speciellen Be­zuge auf die Schlusssilben. Er sagt, viele Wörter würden gleich geschrieben, aber nicht gleich ausgesprochen; diese müsse man nicht binden. Was er jedoch eigentlich gerade hiemit meint, ist nicht recht ersichtlich, da er unbedenklich ursprünglich kurze mit ursprünglich langen Vocalen bindet (oft sogar stunt: stûnt; stat: stât; namen: nâmen u. s. w.), wie ein Blick auf jede Seite des Textes lehrt. Hesler erklärt dies noch für entschieden verwerflich. Bartsch denkt an Worte wie ›vrîen‹ und ›jên‹, die allerdings in den Handschriften als ›vrien‹ ›ien‹ erscheinen. Dieser Fall ist jedoch wohl zu selten, um das Aufstellen einer be­sonderen Regel zu erklären, welche ohnedem überflüssig wäre, da die Aus­sprache kaum einen Anhalt für den Reim gäbe. Daran, dass Jeroschin gegen ein Binden von Endsilben mit Wurzelsilben im stumpfen Reime spreche, ist auch kaum zu denken; wenigstens reimt er im stumpfen Reime lange Silben auf ursprünglich tieftonige und sein Verknüpfen langer Wurzelsilben mit kurzen im klingenden Reime lässt auf ein Verrücken der Verhältnisse des Tieftones überhaupt schliessen. — Dass die Reimzeilen, abgesehen von dem willkürlichen Auftacte meist nur um eine Silbe in der Länge differiren, ist allerdings bei un­serm Autor zu beobachten. Der Ausdruck, die Länge beruht auf der Zahl der Silben (diese ›hält‹ jene, Vers 247), soll eben nichts Neues lehren, sondern er­scheint fast nur wie eine Gleichung; 248, ist ein umschriebenes: ›das heisst‹, und nimmt dasselbe Wort aus der Dispositionsangabe in V. 241 zur Einzelaus­führung wieder auf. — Die eine Erklärung, welche Bartsch für die geforderte Gleichheit des Sinnes andeutet, dass die Wahl des Reimwortes gewissermassen von dem Sinne abhänge, also gewissermassen ein Ideennexus der reimenden Wörter gefordert werde, wie in der Alliteration bei ›Haus und Hof‹ u. s. w., be­friedigt wohl nicht. Weiter sagt er: »Indess könnte das Verschneiden des Sinnes bei Nicolaus von Jeroschin noch eine andere Bedeutung haben; es könnte sich

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nämlich auf die Trennung von zusammengehörigen Worten durch den Reim be­ziehen, wie sie hauptsächlich zwischen Adjectiven und Substantiven vorkommt«. — Jeroschin verlangt nämlich, als nähere Erläuterung zu jener Einheit des Sin­nes, man solle denselben nicht verschneiden, d. i. wie Zeug durch falsches Zuschneiden und Anordnen verderben. Vielleicht warnt er hier vor dem Ein­fügen eigentlich dem Inhalte fremder, durch ein zufällig sich darbietendes Reim­wort veranlasster Einschiebsel. Jedenfalls hat er sich hievon, was auch bei einer Uebersetzung höchst schwierig war, nicht ganz frei gehalten. — Weiter erlaubt er sich bisweilen, wie er sagt, zwei kurze Silben nach der Stuttgarter Handschrift auf eine lange zu stürzen, d. h. folgen zu lassen, als Senkung; nach den Handschriften zu Königsberg und Heidelberg (vgl. auch Karl Frommann in Mones Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1836. 4°. Karlsruhe. S. 82) für (›vor‹) eine lange zu ›stürzen‹, das wäre zusammenzudrängen, womit, da ihm die Hebungen Längen sind, weniger die Silbenverschleifung, z. B. bei ›haben‹ zu dem Werthe einer Silbe, gemeint wäre, als die aber auch sonst gestattete Umbildung von Wörtern wie ›segen, degen‹ zu ›sein, dein‹. ›Kegn, kein, kên‹ (= gegen) ist bei ihm sehr häufig. Jenes ›ûf‹ ist dem ›vor‹ wohl vorzuziehn. —

Wie sehr Jeroschin, der trotz seiner oben berührten bescheidenen Aeusse­rung (V. 302 ff.) doch die feste Zuversicht verräth, dass sein Werk gelingen werde (V. 320 ff.), die Sprache auch in Betreff der Fertigkeit im Reimen in der Gewalt hat, zeigen am besten die von Pfeiffer (S. XLIX f.) aus unendlich vielen ausgewählten Beispiele von Reimhäufungen; er hat dreimal 4, 5, 6, 7, ja 10 Mal, bis zweimal drei, bis sechsmal vier, zweimal fünf Gleichklänge hintereinander; in dem Schlussspruche der ursprünglichen Chronik (d. i. vor den Fortsetzungen der Stuttgarter Handschrift) folgen sich je vier Reime auf ›-ant‹, ›-ent‹, ›-int‹, ›-ont‹, ›-unt‹; ebenso p. 171 b. je vier Reime auf ›-arc‹, ›-erc‹, ›-irc‹, ›-orc‹, ›-urc‹. — Ohne bemerkbar grossen Zwang drängt sich ihm diese sprudelnde Fülle von Gleichklängen in die Feder. —

Der stoffliche Inhalt der Reimchronik hat bereits bei Gelegenheit des Ori­ginales von dessen Herausgeber die nöthigen Erläuterungen erhalten. Diese sind also stets bei der Benutzung zu Rathe zu ziehen. Es blieben nur noch ver­einzelte Bemerkungen nachzutragen übrig. Unter einigen Ergänzungen vor­nehmlich aus anderen poetischen Werken schien es besonders angemessen, in den Beilagen die wichtigen auf preussische Verhältnisse bezüglichen Stellen der livländischen Reimchronik anzufügen. —

Von älteren Handschriften, d. h. aus dem xiv. und xv. Jahrhunderte, sind bisher vier und ein Bruchstück einer fünften bekannt geworden (von Dusburg keine); von neueren Abschriften erwähnt Pfeiffer S. LXX »mehrere« und werden unten noch andere genannt werden.

1) S. Die Handschrift der königlichen Privatbibliothek zu Stuttgart, die älteste, vollständigste und beste. Sie ist auch die Grundlage der Pfeiffer’schen Arbeit. Auf dem vorderen Deckelblatte innen, auf welches ausserdem ein Pa­pierstreifen mit einer gleichzeitigen Notiz über die Tannenberger Schlacht (1410) aufgeklebt ist, steht von einer etwa dem Ende des xvii. Jahrhunderts angehöri­gen Hand geschrieben: »Dieses Buch habe ahn her Johan Stephan Khayl ver­kaufft. — Hanss Caspar Maienhofen.« Pfeiffer giebt an, dass die Handschrift an ihre jetzige Stelle aus der Deutschordensbibliothek zu Mergentheim gekommen sei. Schon der jetzt etwas unscheinbar gewordene Einband von carmoisinem Leder auf Eichenholz, welcher ehedem noch durch drei Spangen an jedem Deckel

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geziert wurde (im xvii. Jahrhunderte ist er mit einem neuen Rücken versehen), bereitet auf die prächtige Ausführung des Inneren vor. Jede Seite der 188 Perga­mentblätter in gross Folio, mit Ausnahme der letzten, ist innerhalb eines breiten Randes in zwei Columnen von je 38 Zeilen beschrieben, die Capitelüberschriften in rother Farbe. Jeder Anfangsbuchstabe einer Columne ist nach oben hinauf verlängert und zu sehr zierlichen und mannigfaltigen Formen stylisirt; auch der Anfangsbuchstabe jeder gewöhnlichen Zeile ist Majuskel, jedoch nur in der Grösse der Textschrift. Die Initialen der einzelnen Capitel und der in manchen derselben sich absondernden Abschnitte sind mit sehr eleganten, sich längs des Textes hin­ziehenden farbigen Verzierungen geschmückt, stets ein solcher blau mit rothen Schnörkeln, der folgende roth mit blauen. Der Anfangsbuchstabe der zweiten Columne auf Blatt 3, ein J, (Vers 331) erstreckt sich über die ganze Seite hin und ist sehr reich aber nicht sehr geschmackvoll mit einem grossen Vogel, Rankenwerk und Schnörkeln decorirt; ähnlichen Schmuck hatte, nach den Ueberbleibseln zu schliessen, das schon im xvi. Jahrhunderte (nach Pfeiffer LXXI beginnt eine Abschrift aus dieser Zeit auf dem königlichen Staatsarchive zu Stuttgart gerade mit Vers 145, also dem zweiten Blatte unserer Handschrift) aus derselben aus­gerissene erste Blatt. Eine Hand des xvii. Jahrhunderts hatte, glücklicherweise nur bis II, 5 hin, die Handschrift durch Beischreiben der Dusburg’schen Kapitel­überschriften nach Hartknoch’s Ausgabe und andere Bemerkungen zu verun­stalten begonnen. —

Die Handschrift ist von einem gleichzeitigen Corrector, der jedoch man­cherlei offenbare Versehen stehen liess, durchgesehen worden und gewiss kein Autographon des Autors, wie manche jener Irrthümer, z. B. auch Auslassungen von Versen, zeigen; gewiss ist sie aber noch im xiv. Jahrhunderte, etwa um die Mitte desselben, geschrieben worden. Während die übrigen Manuscripte, so­weit sie bekannt geworden, nur die Dusburg’sche Chronik bis III, 362 in der Uebersetzung enthalten und dann mit der Schlussrede endigen, ist dieser in dem Stuttgarter noch die Uebersetzung der zwanzig ersten Kapitel des Supple­mentes zu Dusburg und endlich noch eine wohl auch von Jeroschin herrührende Fortsetzung bis 1331 in zwei Kapiteln hinzugefügt, vielleicht ursprünglich deutsch gedichtet. Der Inhalt einiger Abschnitte daraus, in lateinischer Sprache, aber weniger vollständig und darum wohl als Auszug aus denselben aufzufassen, findet sich in einem höchst eigenthümlich compilirten annalistischen Werke zur Geschichte Preussens aus dem Anfange des xv. Jahrhunderts (1414 focht der Verfasser gegen Polen mit) in lateinischer Sprache, welches sich in einer merk­würdig entstellten Abschrift aus dem xvii. Jahrhunderte in dem Codex der her­zoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel Augustea 7. 11. fol. p. 171 ff. befindet.

Zur bequemen Vergleichung mit Pfeiffer’s Citaten sind die Seitenzahlen der Stuttgarter Handschrift neben dem Texte angegeben; die Columnen derselben durch die Buchstaben a bis d.

2) K. Die Handschrift der königlichen Bibliothek zu Königsberg Ms. fol. 1547, klein Folio auf Pergament, in ganz neuem Einbande, enthält 216 Blät­ter, indem die nur 213 zählende, im xvii. Jahrhunderte geschehene Paginirung drei Zahlen, 66, 93 und 95 doppelt hat. Auf ein kurfürstliches Rescript vom 23. Juli 1698 wurde sie dem Hof- und Legationsrath von Seidel in Berlin für eine Zeit lang zum Gebrauche überlassen, indem derselbe den Jeroschin mit Anmerkungen herauszugeben beabsichtigte. Er starb aber darüber; nach den Preussischen Sammlungen II, 65 hätte er die Recension druckfertig hinterlassen.

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Später benutzte Johann Leonhard Frisch die Handschrift in Berlin, welche in­dessen in das Staatsarchiv gelangt, erst im Jahre 1774 vom Geh. Legationsrath Oelrichs hier aufgefunden und auf Ansuchen des späteren Consistorialrathes Pisanski (s. dessen Entwurf der preussischen Litterärgeschichte I, 79 f.) der Königsberger Bibliothek wiedergegeben wurde und daselbst von späteren Be­arbeitern und Freunden der preussischen Geschichte vielfach benutzt worden ist. — Die Handschrift ist jünger als die Stuttgarter, gehört jedoch jedenfalls auch dem xiv. Jahrhunderte an. Obwohl bei weitem nicht so prächtig als jene geschrieben, sieht sie dennoch mit dem breiten, leider bei einem früheren Ein­binden schon etwas beschnittenen Rande sehr stattlich aus. Jede Seite enthält zwei Columnen zu 32 Zeilen. Das G zu Anfang und noch wenige andere Initialen sind mit mässiger Geschicklichkeit schwarz und roth ornamentirt. Die Ueber­schriften und die Anfangsbuchstaben der Kapitel sowie letztere auch bei den innerhalb der Kapitel gemachten Abschnitten sind mit rother Farbe geschrie­ben. An vielen Stellen finden sich die Ueberschriften und einzelne Buchstaben am Rande in schwächerer Schrift noch einmal vor; der Schreiber des Textes zeichnete sie sich dort auf, um, wenn er die rothe Farbe zur Hand genommen hätte, alle Ueberschriften auf einmal hintereinander schreiben zu können. An den übrigen Stellen ist die Vorschrift ausradirt worden. Auch die paginirende Hand des xvii. Jahrhunderts hat den Codex durch einige Randbemerkungen ent­stellt. Er ist von einem gleichzeitigen jedoch nach einem anderen als dem der Abschrift zu Grunde liegenden Manuscripte durchcorrigirt worden, wobei mehr­fach mit der Stuttgarter Handschrift übereinstimmende Lesarten entfernt wur­den. Die Ueberlieferung des Textes ist auch in der Königsberger Handschrift eine recht gute. Es wurde bereits oben erwähnt, dass dieselbe häufig, obwohl nicht durchgängig, wo die Stuttgarter dem verskundigen Leser das Verschleifen von Silben u. s. w. überlässt, dies auch graphisch ausdrückt, dass sie auch durch Ausfüllen der Lücken zwischen zwei Hebungen (›unde‹ statt ›und‹ u. s. w.) dem neu eindringenden Principe der Versbildung mehr Rechnung trägt, alter­thümlichere Formen häufiger durch die entsprechenden neueren ersetzt (›wer‹ statt ›swer‹); sie verdoppelt ferner öfter als die Stuttgarter die Consonanten nach kurzem Vocale. Zu ihren Eigenheiten gehört auch u. a., dass sie stets ›ken‹ schreibt, wo die Stuttgarter Handschrift kegn hat. Zur Probe sind bei den ersten hundert Versen alle irgend abweichenden Lesarten auch in Betreff der Orthographie, welche die Königsberger von unserem Texte bietet, angemerkt worden. Alle solche Abweichungen durch den ganzen Text hindurch vorzufüh­ren, würde wenig Gewinn gebracht haben; es ist nur eine Auswahl des Wich­tigeren, besonders das die Substanz der Wörter Angehende gegeben worden.

2 a.) Eine Abschrift der Königsberger Handschrift ist die auf der Stadt­bibliothek zu Danzig (Politische Geschichte, I, quarto E. 78) befindliche Papier­handschrift, welche Hanow zu seinem erwähnten Aufsatze aus der Bibliothek des Rathsherrn Valentin Schlieff, dem sie damals gehörte, leihweise erhielt. Schon das Wappen auf dem Einbande verräth den Entstehungsort. Der Titel lautet: »Preusch Cronica Nicolai ieroschin ein Caplan des xvi homeister hern Ditrich Burgraf von Aldenburg der ist gestorben 1341 iar wie sein leichstein auszweiset zu Margenburg in der gruft zu S. Anna Als ich selbs gesehen Jm 1560 Adi 24 und 25 Martii; der leichstein war 12 Schuh lang und {6{1/2}} schuh breit und gehet diese Cronica bis auf den xiiii homeister«. Die Schreiber sind der von Töppen (Historiographie S. 204) besprochene Christoph Falk und zwei

--- S. 301 ---

seiner Schüler. Falk sagt, er habe die Chronik den 8. November 1557 zu schrei­ben angefangen »aus der alten Pergamen grossen Cronick, so ich von F. (ürstlicher) Gn. (aden) Canczler zu leihen bequam a. 1557. Vollendet durch Michel Vos und Joachim Gros s. Alter im 12 Jahr und der andre im 13 jar Adi 16 Dec. in Ko­nigsbergk Kneiphoff Ihrem Praeceptor Christophori (!). Falconi zu Forderung 1557 und ist uber dieser Cronicka gleich {30{1/2}} tag geschriben worden« n°. {?V ZIFU} 16. — Die Handschrift, noch dazu häufig unverständig abgeschrieben, hatte für uns keinen Werth. —

3) B. ein halbes Blatt einer trefflichen Pergamenthandschrift aus der Biblio­thek Hoffmann’s (von Fallersleben) in die königliche zu Berlin gekommen, da­selbst Ms. germ. fol. 725, etwa vom Ende des xiv. Jahrhunderts. Jede Seite ent­hält eine Columne von 32 Zeilen, die eine entsprechend Stuttg. S. 136 d ›daz wirt uns ungelucke‹ bis 137 a ›und slugin in der zit‹ die andere S. 137 c ›do wart so luyte ir gebrach‹ bis ›ein mechtig her, da mit er quam‹. —

4) Im Jahre 1572 besass Melchior von Lesgewang eine Pergamenthand­schrift des Nicolaus von Jeroschin. Caspar Hennenberger (1561—1590 Pfarrer in [Preussisch] Mühlhausen) bemerkt in einem seiner Collectaneenbände, welche sich jetzt auf der Danziger Stadtbibliothek befinden, daselbst I. E. folio 17, »1572 aus eynem alten Exemplar auf Pergament geschrieben, den edlen Melchior Leszgewang gehorig, diesen Auszugk gemacht.« Hennenberger’s Auszug, Bl. 1—63, z. Th. prosaisch, z. Th. in verderbter modernisirter Schreibung Verse des Ori­ginals enthaltend, endet mit dem Baue von Gilgenburg, wonach ›finis‹ steht, bis wohin also die alte Handschrift auch ging. Die Schlussrede, welche für den Epitomator kein historisches Interesse hatte, wird darin nicht gefehlt haben. Bei der guten Ueberlieferung durch die oben genannten Handschriften durfte von Hennenberger’s Arbeit abgesehen werden. —

5) H. der Sammelband der Universitätsbibliothek zu Heidelberg fol. 367, von Pergament, in Schweinsledereinband aus dem xvii. Jahrhunderte, enthält auf S. 1—172 b. die Reimchronik des Jeroschin (auf S. 192—265 b. die livländische Reimchronik von anderer Hand). Die Handschrift gehört etwa der Mitte des xv. Jahrhunderts an. Jede Seite umfasst zwei Columnen von je 40 Versen. Die abwechselnd roth und blauen Initialen am Anfange der Kapitel und sonstigen Abschnitte sind sowie der Inhalt der roth geschriebenen Kapitelüberschriften am Rande dem Rubricator vorgeschrieben. Der Rand ist beim Einbinden stark beschnitten. — Die Handschrift giebt schon eine schlechtere Orthographie als die oben genannten: ›cz‹ statt ›z‹; statt ›kumin‹, ›disin‹u. dgl. zieht sie die gebro­chenen Formen ›komin‹, ›desin‹ u. s. w. vor, schreibt meist ›er‹ für ›her‹ und um­gekehrt in niederdeutscher Weise, wie sie auch ›da‹ und ›do‹ confundirt; statt ›ofte‹ giebt sie ›ufte‹ u. dgl. An sinnlosen Lesarten, aus der Flüchtigkeit des Abschreibers entstanden, ist kein Mangel, welche alle anzuführen, besonders wo der lateinische Urtext den Massstab für die Beurtheilung der richtigen gab, zwecklos gewesen wäre. In dem Bestreben, auch wie die Königsberger Hand­schrift einen regelmässigen Wechsel von Längen und Kürzen herzustellen, be­wirkt sie manchmal andere Resultate. Uebrigens ist ihre Verwandtschaft zu derselben weit grösser, als zu der allen übrigen gegenüberstehenden Stuttgarter. — Eine moderne, nicht sehr genügende Abschrift der Heidelberger Handschrift befindet sich auf der königlichen Bibliothek zu Berlin Ms. Borussica folio 303. —

6) D. Die Papierhandschrift der königlichen Bibliothek zu Dresden in Kleinfolio, Ms. G. 38 a., in neuem prächtigem Ledereinbande. Sie ist im Inneren

--- S. 302 ---

vorne und hinten stark durch Wurmfrass angegriffen. Auf dem oberen Schnitte ist die Marke {?VZIFU} eingebrannt. Bis 1832 befand sie sich auf dem k. Archive zu Dresden. Sie enthält auf 425 Seiten, wovon die letzte nur zum vierten Theile beschrieben ist, die Chronik, wiederum ohne das Supplement. Die Seite ent­hält je zwei Columnen von 33 Zeilen von einer Hand aus der Mitte des xv. Jahr­hunderts. Die Ueberschriften der Kapitel sind wie die Anfangsbuchstaben der­selben und der Abschnitte innerhalb der Kapitel mit roth geschrieben; der Anfangsbuchstabe jedes Reimpaares ist roth durchstrichen. Das G in Vers 1 ist reich mit Gold, aber etwas roh gemalt. Die Blätter des ersten Custoden sind verbunden. Auf dem Vorstossblatte steht in Handschrift des xvii. Jahrhunderts: »Bruder Peters von Duisburg Preussische Chronika so durch des Hochmeisters Capellan Nicolaus von Geroschin in Teutsche Verse übersetzet« und darunter eine sehr rohe Zeichnung in Umrissen, welche einen deutschen Ritter zu Ross darstellen soll. Die Handschrift ist jedenfalls aus derselben Quelle als die Hei­delberger geflossen, mit der sie sehr auffällige Fehler und Auslassungen gemein hat. — Die Sprachformen und die Schreibart der Dresdner Handschrift sind in hohem Grade verderbt; zudem hat sich eine Fülle von geradezu sinnlosen Lesar­ten eingedrängt. Die Vocale ›î‹ und ›û‹ treten bereits durchweg in dem späteren, aus Oestreich stammenden Gewande der Diphthongisirung auf, ›ei‹ und ›au‹; statt ›ei‹ steht ›ai‹, statt ›ou‹—›au‹, statt ›z‹—›cz‹, statt ›b‹—›p‹ (z. B. ›pischolf‹), statt ›ch‹—›qu«, überhaupt alles östreichische Eigenheiten; statt ›ôt‹ steht ge­wöhnlich ›halt‹.

7) Eine Handschrift, welche Herr Ottmar Schönhuth zu Edelfingen im Königreiche Würtemberg besitzt, ist 1601 von dem Deutschordensritter Caspar von Flachsland, nach einer, wie letzterer mittheilt, lange verborgenen Hand­schrift, die in seine Hand gekommen, geschrieben (›renovirt‹). Wir konnten leider keine nähere Auskunft über dies Manuscript erhalten. Nach Schönhuth (im Anzeiger für Kunde des deutschen Mittelalters 1858 Nr. 10. October. S. 332 ff.) besteht es aus 273 Blättern in Folio, in zwei Spalten mit je 30—32 Verszeilen beschrieben. Der Text steht auf 1—255; ein Register folgt auf funf­zehn Blättern. Der Text ist in dem alten Dialecte abgeschrieben. Die gereimte Ueberschrift des Registers, die ersten 46 Verse und eine Nachrede des Ritters von Flachsland gleichfalls in Versen sind a. a. O. bis 335 abgedruckt. —

Aus welcher älteren Handschrift die Münchener (Cod. Germ. 233, nach dem Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde I, 421 früher: P. 228) vom Jahre 1702 hervorgegangen sei, vermögen wir nicht anzugeben. —

Neben der guten directen Ueberlieferung durch Handschriften ist die oben S. 11 f. angeführte für Johann Długosz gemachte auszugsweise Rückübersetzung ins Lateinische ohne Werth. Das Manuscript, worin sich dieselbe befindet, ge­hörte der Familie Schottendorf in Thorn und kam von dieser an die Strobande da­selbst. Oberflächlich beschreibt es Peter Jaenich, Notitia bibliothecae Thoruniensis (in der es sich dann befand) in Georg Peter Schultz Gelehrtem Preussen. Thorn 1723. II, 223 f. Dass Jeroschin, wie Schultz selbst a. a. O. I, 17. 1722 nach ungenauer Kunde von diesem Manuscripte annahm, neben der Uebersetzung noch eine lateinische Chronik von Preussen geschrieben habe, bedarf bei der leicht ersichtlichen Entstehung dieser Vermuthung keiner besonderen Wider­legung. Die Handschrift, später durch Dr. Lucas im Bernhardinerkloster zu Thorn aufgefunden, kam dann in das k. geheime Archiv zu Königsberg. —

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--- S. 303 ---

KRONIKE VON PRUZINLANT.
1[1 a]    Got vatir, sun, heiligir geist,
2gewaldis, wîsheit, gûte meist
3dû hâst ob allen dingin.
4Âne dich volbringin
5mac sich keinrehande schaft.
6In gotlîchir meistirschaft
7himil, erde, meris trân
8unde swaz bevangin hân
9dî drî, mit wesins pflichte
10von nichte dû zu ichte
11gar gewerdin lîze,
12iz swebe, lige, vlîze,
13vlîge, loufe, swimme,
14krîche, slinge, wimme1;
15swaz ôt ist crêatûre,
16gehûre und ungehûre,
17weglîch unde unweggelîch,
18reglîch unde unreggelîch,
19dem hât dîn trinitas gegebin
20urhab, wesin unde lebin.
21Dir, vatir, ist benant gewalt,
22dir, sune, wîsheit zûgezalt,
23gûte dir, heilgem geiste,
24in gotlîchir volleiste.
25Dî drî persônen unzuslitzt
26sîn ein got gotlîch vorvitzt2,
27ûz dem, durch den, in dem ursprinc
28genomin habin alle dinc.
29Got vatir mit gewalt urhab
30[1 b]    allin crêatûren gab;
31got sun in gotlîchir wîsheit
32mit wundirlîchir undirscheit
33sî bildit unde formit;
34got heiliger geist sî normit
35in der nâtûren grûte3.
36Daz zimit gotis gûte.
37Sus alle geschaft volkomen stât
38von dir, ô vrône trinitât,
39in wunderen gar âne zil,
40wer iz rechte merkin wil.
41Unde ob al den wunderen
42hâstû dir besunderen
43nâch dînes râtis milde
44in einer volge bilde
45den menschin glîch getirmet4
46und des vornumft bevirmet5
47ob sîner arte grâdin
48mit sibinvaldir gnâdin,
49dî dîn geist îngeistit
50und allen menschen leistit
51mit sîner gâbin undirscheit
52iclîchem, swî daz im beheit
53und er dî herze lûtir weiz.
54ôwê, nû hât der sundin eiz
55bevlochtin mîner sêle gadim,
56daz des sûzin geistis âdim

--- S. 304 ---

57von mir lenkit sîne kumft,
58dâ von ich stumpf bin an vornumft
59unde tummir denn ein vî.
60Des bîg ich mînes herzin knî
61dir, vil mildir got, mit vlê,
62daz dû von allir sundin wê
63mîn armiz herze heilis
64unde an genâdin geilis
65durch dîner tuginde gebot.
66Berûche mich, getrûwir got:
67[1 c]    der vatir sende mir dî macht,
68daz iz werde vollinbrâcht,
69des ich hî gedenke;
70des sunis wîsheit lenke
71mîne cranken sinne,
72daz ich vornumft gewinne;
73ô sûzir geist, dîn gûte
74dî sêle mîn durchvlûte
75mich waschinde von erge,
76daz ich dir ein herberge
77muge sîn nâch dînre lust.
78Bewone, hêrre, mîne brust
79mich sêliclîch irlûchtinde
80und an genâdin vûchtinde;
81gib mir wâre wîse wort,
82daz dich mîner zungen ort
83gelobe mit getichte,
84dar ûf ich mich hî richte,
85alse mir gebotin hât
86des gebot mir obe stât!
87Zeichin unde wundir hôt1
88›getân bî mir der hôe got;
89›des wil ich sîne zeichin blôz
90›predigen, want dî sint grôz,
91›und kundin sîne wundir,
92›want sî sint starc besundir‹:
93Dise wort sprach dâ bevor
94kunic Nabochodonosor,
95dô er Daniellen
96mit sînen gesellen
97hîz werfin in den koven
98des gar gluenden oven,
99der ubir rechte gewonheit
100zu siben mâlen was geeit,
101daz ûz sich gôz des fûirs lô
102nûn und vîrzic ellin hô
103und vorbrante gar dî dît,
104dî vor des ovens eiten rît,
105und dî jungelinge drîe
106mitten in dem oven vrîe
107bliben allir brunst sô gar,
108daz wedir lîb noch kleit noch hâr
109dî glût an in vorterbete
110und roch nicht intverbete.
111Und dô der kunc daz wundir sach,
112dî vorgeleitin wort er sprach:
113›Got hât zeichin grôz getân
114[1 d]    ›und wundir starc bî mir begân.‹
115Dî selbin wort wol eigintlîch
116von Aldinburc brûdir Dîterîch,
117des dûtschin ordins hômeistir,
118mac sprechin, sint ein reistir
119gevurstent er in dirre vrist
120der lande dâ zu Prûzin ist:
121›Zeichin unde wundirtât
122›der hôe got begangin hât
123›bî mir in Prûzinlande
124›in schichtin manchirhande
125›an mînes ordins kindin,
126›den brûdrin, dî vor swindin
127›nôtin ofte hât irlôst
128›sîn vil zeichinlîchir trôst
129›in des ovens getwenge
130›gehôrsamlîchir strenge,
131›der in was sibinwerf geeit
132›mit sibinvaldir jâmirkeit.
133›Hitze, vrost, durst, hungirsnôt,
134›wundin, bant, den bittrin tôt
135›dem oven sî inmitten
136›durch got mit willen litten,
137›alsô daz ir menlîchir mût
138›in der mertirlîchin glût
139›nî wart vorsêrt mit ungedult;‹
140(als ir hernâch hôrin sult,

--- S. 305 ---

141wil got, daz wir gereichin
142zu der materien zeichin).
143Dî zeichin grôz, dî wundir starc
144›der vorgezzinheite barc
1452 a    ›nicht sol drucken undir.
146›Ich wil gotis wundir
147›predgen unde machin kunt
148›durch mînes capellânis munt,
149›want gotis wundirbêre werc
150›sol man nicht legen in vorberc‹
151mac jên der vurste wîse;
152und in der selben wîse
153warf er mir vor der crônken bûch
154von Prûzin, dî des prîstirs rûch1
155brûdir Pêtirs von Dûsburc
156vor etslîchir jâre schurc
157beschribin hatte zu latîne,
158und hîz dî sinne mîne
159mich darûf arbeitin
160unde in dûtsch bereitin,
161ûf daz er sus bedûten
162mug allen dûtschin lûten
163dî wundir unde zeichin gots,
164dî nâch gûte sîns gebots
165in Prûzinlande sîn geschên,
166und wâ man ir hôrt vorjên,
167daz sich dâ gote mêre
168lob, wirdekeit und êre.
169Der arbeit durch den werdin man
170ich mich angenumen hân
171und wil durch sîner gunst bejac
172sî volbrengin, ob ich mac;
173darumme, swer dâ lese
174diz bûch, daz im der wese
175zu wunschin heilis hî gereit
176und dort êwigir sêlikeit.
177Nîman mich hî vordenke,
178daz ich dî rede lenke
179brûdir Dîtirîche zû,
180der hômeistir wesit nû,
181want ich daran rechte tû.
182Ich weiz, iz ist gnûc lûten kunt,
1832 b    daz ich hatte vor der stunt
184ouch zu tichtene begunt
185bî meistir Lûdêre
186(sô got sîn sêle nere!)
187diz bûch durch sîne bete
188und des geschriben hête
189quinternen mê wen vîre,
190dî von dem argen tîre
191vortilgit wurdin, goteweiz!
192daz Josêphis roc zureiz.
193Dâvon, swaz ich nû mache,
194des ist gar ein sache
195der hômeistir Dîtirîch.
196Nû sol ich ouch hî nennen mich,
197zwâr nicht in rûmis gere,
198want ich des gerne impere,
199sundir durch dî geschichte,
200ob îman mîn getichte
201ansprêche, daz iz wêre tum,
202valsch, unglîch, sinnes krum,
203daz des in mîme namen ich
204schuldic stê, nîman vor mich.
205Darum wil ich mich kundin.
206Ouch nenn ich mich den vrûndin,
207daz sî nû durch vrûntlîche gir
208gerûchen heilis wunschin mir,
209daz ich diss bûchis lenge
210vornumfticlîch volbrenge,
211daz iz werd gezême,
212prîslîch und annême
213gote, Marîen und dem meistir,
214dem ich diss dînstis bin ein leistir
215und êwîclich im undertân
216wesen sol ein capellân;
217und daz des wirdic mug ich sîn,
218Nicolaus von Jeroschîn,
219des hilf mir, got vil gûtir,
220und dû, meitlîche mûtir!
2212 c    Wol bescheiden anbegunst
222ist des bûchis halbe kunst;
223und dâvon, swer dâ tichte,
224der hab des vlîzis pflichte,
225daz er vor dem beginne
226dî materie besinne,
227dâ sîn wille sich ûf treit,
228unde mit intscheidinheit
229sî teilinde zulitte2
230nâch predigêris sitte,

--- S. 306 ---

231der sîn rede in stucke schicht,
232ê er von der materien icht
233endehaftis spreche,
234unde nicht vorbreche
235der lidir ordenunge.
236Ouch des tichtêres zunge
237an der materien strâze
238sol dî rechte mâze
239behalden an den rîmen,
240glîch zu glîchim lîmen
241an lenge, sinne, lûte,
242daz ich alsus bedûte:
243vil wort man glîche schrîbit,
244der luit unglîch sich trîbit;
245sulch rîmen sol man mîden,
246den sin ouch nicht vorsnîden;
247dî lenge helt der silben zal:
248dar undir man ouch merken sal,
249daz vumf silben sîn zu kurz,
250zêne hân zu langen schurz;
251zwischin den zwên endin
252rîmen dî behendin,
253dî bûchir pflegin tichtin,
254und darnâch sal ich richtin
255mich an diss getichtis vart.
256Dî crônke teil ich in vîr part:
257zum êrstin wil ich sagen,
258von wem, in welchin tagen
2592 d    und wî von êrst sî wordin
260des dûtschin hûsis ordin.
261Daz andre teil ûch machit kunt,
262in welchir wîs, zu welchir stunt
263des dûtschin ordins brûder sîn
264zu Prûzinlande kumen în.
265Sô wil ich kundin an dem dritten,
266wî urlougit und gestritten
267mit der gotlîchen helfe craft
268widir dî vreise heidinschaft
269dî dûtschin brûdir in Prûzinlant
270hân, als ich geschriben vant
271und ein teil selbe hab gesehen.
272Daz vîrde teil sol ûch vorjehen,
273waz pêbist und keisir hân
274gerîchzit, sint daz êrst began
275des dûtschin ordins wesin;
276darin sô wil ich lesin,
277waz in iris lebins zît
278in der werlde manchirsît
279sîn vremdir schicht getriben,
280als ich dî vant geschriben.
281Daz wirt diss bûchis vîrde part.
282Nû ist mîn sin darûf gekart,
283daz ich daz teil wil mischin
284den andren teilen zwischin
285inhant der rede ein stucke
286vlechtinde in ein lucke,
287swâ daz ich dî gelege
288gevûclich noch gewege1,
289sô daz diz und gene mêr
290sich irvolgen î gewêr
291an der zal der jâre.
292Sus ist ûch offinbâre
293wurdin der materien stîm2.
294Ouch ich diss getichtis rîm
295ûf dî zal der silben zûne,
296sechse, sibene, achte, nûne;
2973 a    bîwîlen ich zwû kurze
298ûf eine lange sturze,
299und mîn rîm werdin gebuit
300an dem ende ûf glîchin luit,
301nicht velschinde der rede sin.
302Und want ich tummer sinne bin,
303meisterlîcher kunste wan,
304darzû lutzil dûtschis kan,
305ôt alse mich dî larte,
306der spune mich ê narte,
307dâvon ouch umbesnittin
308nâch hovelîchin sittin
309mînes mundis lippen sîn
310und an sprechin nicht sô fîn
311als in sîner schichte
312eischit diz getichte,
313des darf ich gûtis heilis wol,
314ob ich diz bûch volbrengen sol.
315Darum ich armer schrîe
316an dich, sûze Marîe.
317Ô mûtir, dich mir bîe
318und hulfe mich gezwîe3,

--- S. 307 ---

319als ich dir wol getrûwe!
320Ô vullemunt der trûwe,
321ûf dînen trôst ich bûwe:
322ich weiz dich sô getrûwe,
323daz ich gar bin zwîvils ân,
324dunmûzis mir bîgestân!
325Lâ sên, joch tarst dû mich vorlân! —
326Der trotz in hoffen ist getân
327dir, milde kuniginne;
328nû bis mîn leitirinne,
329want dir zu lobis winne
330diss bûchis ich beginne.

[Dusburg I, 1.]

3313 b    1In dem lobesamen
332unsers hêrrin namen
333sprechit allintsamen,
334dî diz hôrin: Âmen.
335Dô vorgangin wârin gar
336tûsint unde hundirt jâr
337in dem nûnzigstin vorwâr      [1190
338nach deme, daz dî meit sô clâr
339Cristum brâchte an gebort,
340in den zîten, dô aldort
341dî stat Akirs was belegen
342von der cristnenlûte wegen,
343den sî ouch in der selbin vart
344von gotis hulfe widir wart
345ûz den hendin der heidin
346nâch manchis sturmis vreidin;
347dâ wârin in der cristnen her
348ouch sô hin kumen ubir mer
349sumelîche burgêre,
350dî dâ vil minnenbêre
351andâcht zu gote hêtin.
352Sî wârin von den stetin
353von Lubek und von Bremen.
354Dî lîzin sich gezemen,
355daz sî an begondin sêhn
356und in mitlîdunge spêhn
357gebrechin grôz und ungemach,
358daz man dî armen sîchin sach
359lîdin in den zîten
360an der Dûtschin sîtin.
361Und als dî irbarmindin man
362griffin sî mildeclîchin an
363der barmeherzekeite amt
364unde stiften dâ intsamt
365ein spitâl ûf dem velde
366undir irme gezelde,
367daz von eime segle was
368einis koggin, als ich las,
3693 c    darîn dî sîchin wurdin brâcht,
370den sî mit dêmût und andâcht
371dînstis wârin dâ gereit;
372und in barmherzikeit
373schûfin sî in und gâbin
1) Zu dem Inhalte der von Jeroschin ausgelassenen Vorrede des Dusburg vor Buch I, o. S. 24 f. be­merke man noch das Folgende; vgl. auch u. V. 1080 ff. Der Name Romanien umfasst Achaja, Mittelgriechenland und die umliegenden Inseln. — Der deutsche Orden erhielt, als 1209 auf dem Parlamente zu An­dravida die Lehne des neugeschaffenen Fürstenthumes Achaja vertheilt wurden, wie die Johanniter und Templer, eine Baronie, nämlich vier grosse Lehne in der Castellanei Kalamata, dem eigentlichen Kron­lande der neuen französischen Fürsten von Achaja. Der Praeceptor von Romanien residirte in Mostenitza; die Besitzungen (darunter auch viele Klöster) erstreckten sich mit der Zeit bis zu dem venetianischen Modone und Korone, bis auf Negroponte und wohl auch bis Athen. Die Comture spielen in der Ge­schichte des Landes eine ziemlich erhebliche Rolle. 1432 bemächtigte sich der griechische Despot von Morea, Thomas Palaeologus, Schwiegersohn des letzten fränkischen Fürsten von Achaja, der Deutschordensbesitzungen in Morea. Nur in Modone bestand wohl bis zur Eroberung durch die Tür­ken 1500 noch ein Deutschordenshaus, das deutsche Pilger, welche zum heiligen Lande reisten, auf­nahm (erwähnt wird es noch 1484). — Die o. S. 25, Anm. 4 erwähnte Ernennungsurkunde des Johann von Scherwen im D. O. archiv zu Wien (früher in Altenbiesen) ist vom 14. Septbr. (Kreuzeserhöhung) 1337 aus Marienburg während des Generalcapitels datirt. S. den Abschnitt: ›Der deutsche Orden in Griechenland‹, in Karl Hopf, Veneto-Byzantinische Analekten, Wien 1860, S. 5—16 (aus dem Novem­berhefte vom Jahre 1859 der Sitzungsberichte der k. k. Akademie der Wissenschaften, XXXII, 367— 378), worin u. a. urkundliche Nachrichten aus den Archiven zu Venedig, Turin und Wien benutzt sind. — In dem Copiarium des Deutschen Ordens im kgl. Staatsarchive zu Berlin, Ms. fol. I. C. 12, befinden sich 22 Urkunden über die Vereinigung des dem Deutschorden von Gaufrid II. von Villehar­douin, Fürsten von Achaja, geschenkten Hospitals S. Jacob de Andrevilla mit ersterem aus den Jah­ren 1237—1241. — Unter Armenien ist Kleinarmenien oder Hormenien, d. i. Cilicien, zu verstehen; s. Wilbrand’s von Oldenburg Reise nach Palästina und Kleinasien, lateinisch und deutsch mit erklä­renden Anmerkungen und einer Biographie des Verfassers herausgegeben von J. C. M. Laurent, Ham­burg 1859, 4°, S. 73, vgl. auch Detmar lübische Chronik ed. Grautoff I, 123 und O. Abel, König Philipp der Hohenstaufe, Berlin 1852, S. 34 und 317. Im Jahre 1212 berührte Wilbrand von Oldenburg, Dom­herr von Hildesheim, (1226—1227 Bischof von Paderborn) in Cilicien auch die Schlösser des deut­schen Ordens ›Cumbetefort‹ und ›Adamodana‹ (wohl gleich Amuda). Letzteres, sagt er, habe König Leo, ›qui semper Alemannos dilexit‹ dem Orden ›pro remedio anime sue‹ geschenkt. Ausserdem ist in dem erwähnten Cod. dipl. p. 16 noch eine päbstliche Bestätigung über Schenkungen der arme­nischen Könige erhalten, nämlich von Innocenz III., d. d. 1213 25. Februar, Romae apud S. Petrum.

--- S. 308 ---

374mildeclîch von iren habin,
375dî in beschert hatte got,
376swes in durft was unde nôt.
377Sî nâmen daz zu sinne,
378daz in der tât der minne
379wirt an eim iclîchin
380armen adir sîchin
381intpfangin unsir hêrre Crist,
382der an des gerichtis vrist,
383sô sich jâmir grôz irbirt,
384vil lîblîchen sprechin wirt
385zu den zur zeswin sîten:
386›Kumt, ir gebenedîten,
387›besitzt mîn rîche êwiclich!
388›Mich hungirte, dô spîst ir mich;
389›ich was durstic unde nakt,
390›dô trenktit ir mich und dakt;
391›ich was sîch, ir pflâgit mîn. —
392›Ô hêrre, wâ hân wir dich sîn
393›gesêhn in den gebrechin?‹
394Sô wirt er zu in sprechin:
395›Vorwâr ich ûch daz sage,
396›dô iz mit mildir pflâge
397›dêmûticlîch von ûch irschein
398›an mînir minstin brûdre ein,
399›dô geschach iz mir vil gar.‹ —
400Nû sêt unde nemit war,
401wî Crist dî armen krankin hât
402und alle, dî dâ sîn vorsmât,
403sîne brûdere genant,
404daz wol wêrlich ist irkant,
405wan in menschlîchir mittewist
406er unser vleisch und brûdir ist.
4073 d    Nû sprichit sente Paulus
408der wîse lêrer alsus:
409›Ich habe pflanzin gesazt,
410›dî hât Apollo genazt;
411›abir got hât mit genucht
412›sî tûn wachsin zu der vrucht;
413swî an den wortin sich entslûzt,
414daz ›noch der, der dâ begûzt,
415›noch der dâ pflanzit, sullin icht
416›zu achtene sîn in der geschicht,
417›sundir der alleine ôt,
418›der daz wachsin gibit, got.‹
419Doch sol menschlîch vlîz sich wegin
420darûf, daz er rûche pflegin
421der pflanzin, dî in nûwir stift
422brengin rîchir vruchte gift
423und hernâch in rîfin tagin
424rîchir vrucht gelobin tragin.
425Darum dî vursten und dî hêrn,
426dî zu dînste und zu êrn
427gote dâ gesament wârn
428in des cristenheris scharn,
429als der werde patriarke
430der Jerusalêmschin marke
431und dî erzebischove dâ
432von Tirô, von Cêsareâ,
433von Nazarêth der dritte;
434und dî bischove dâmitte
435von Akirs und von Bethlêm,
436kunc Henrîch von Jerusalêm
437und sîner man ein grôze zal;
438der meistir ouch von dem spittâl
439des ordins sente Johannis;
440darzû der meistir vil gewis
441des ordins von dem tempil
442und ir beidir brûdre vil.
443Ouch man aldâ irkande
444ûz dem heiligin lande
4454 a    manchin grêvin, der dâ was,
446hêr Râdulf von Tiberias
447und sîn brûdir hêr Hûgô,
448hêr Johan von Ebelinô,
449von Cêsarîen hêr Eimar,
450hêr Rainalt von Sidon vorwâr
451und manch andir hêr êrlîche
452ûz Jerusalêm dem rîche;
453und ouch von dûtschin landen vil
454grôzir hêrren, dî in dem zil
455dar hatte brâcht der gotis rât:
456ein erzebischof hîz Conrât,
457der dâ zu Mênz des stiftis wîlt,
458und bischof Conrât, der dâ hîlt
459zu Wirzeburc den stûl gewêr
460und was benant ein kenzelêr
461ûf des rômischin rîchis hof;
462her Volkêr von Pazzow bischof;
463von Halbirstat bischof Gardolf,
464darzû von Zîz der bischolf,
465dî alle in den jârin
466durch got dar kumin wârin,
467und an geburt manch vurste clâr,
468dî kein den heidin nâmen war
469urlougis mit strîtlîchir hant.

--- S. 309 ---

470Dî vurstin wârm sus genant,
471als wir recht vornumen habin,
472herzoc Friderîch von Swâbin,
473dâswâr ein hêrre lobelîch;
474und ein vurste hîz Heinrîch,
475adilis und tuginde glanz,
476der was grêve der pfalanz
477an dem Rîne dâ genant
478und von Brûnswîc herzog irkant;
479ouch herzoge Friderîch
480ein vurste grôz von Ôstirrîch,
481und herzog Henrîch von Brâbant,
482der dem here vorgenant
4834 b    was gesazt ein houbitman;
484und ein vurste hîz Herman,
485pfalanzgrêve dâ zu Sachsin
486und an hêrschaft baz gewachsin,
487want er ouch lantgrêve was
488zu Duringin, als ich las;
489von Brandinburc marcgrêv Albrecht
490ein vurste creftig und gerecht;
491und ein hêrre vil genende1,
492der hîz Heinrîch von Kalende
493und was marschalc des rîchis dô;
494von Landisberc der marchiô,
495der hîz Conrât, sus las ich,
496und marcgrêve Dîterîch
497von Mîssin, als ich daz vornam.
498Dise hêrrin allintsam,
499dî ich genant habe nû,
500ouch grêvin, hêrrin vil darzû
501unde manig edil man,
502der ich allir nicht inkan
503bî namen ûch geoffinbârn,
504dî in dem selbin here wârn,
505dî sâhin sundir lougin
506mit irbarmenden ougin
507diss spitâlis pflanzunge
508sô nûwe und sô junge
509in gar bezîtir trechtikeit
510brengin vrucht der sêlikeit
511etslîchir mâze und daran
512hoftin sî des sundir wân,
513sô von gotis mildir gift
514gewûchse baz daz selbe stift
515und sîne zwîg irstrecte wît,
516iz wurde in kumftigir zît
517brengin ummêzlîche vrucht
518in gar rîchis nutzis tucht.
519Dâvon wart al der hêrrin rât
520mit beger darûf gesat,
5214 c    daz herzoge Friderîch
522von Swâbin undirwunde sich
523der sachin und benente
524botin, dî er sente
525nâch zimelîchir achtperkeit
526dem kunge hôhir lûtirkeit
527sînem brûdre Henrîche,
528der daz rômische rîche
529dô besaz und sint der vart
530der sechste keiser Henrîch wart,
531daz er dî sache tribe vort
532und an dem pâbest irwurbe dort,
533daz er mit stiftunge
534und bestêtigunge
535gerûchte widemen zuhant
536daz nûwe spittâl vorgenant.
537Dô dî botschaft vollingînc,
538der pâbist williclîch gehînc
539der reinen hêrrin bete,
540dî ir begirde hête
541an in gewant sô zimelîch
542unde stifte mildeclîch
543daz spittâl, dem er ebin
544gab des ordins lebin
545des spittâls sente Johannis
546als iz zu den sîchin is
547und armen pflegelîch gehaft.
548Ouch gab er im dî rittirschaft
549nâch des tempils ordin.
550Sus dî zwei lebin wordin
551dem spitâle vorgenant
552von dem pâbeste benant
553und in gotis namen
554bestêtigit intsamen.
555Des spitâls brûdrin beschît
556der pâbst ouch sulchin abît:
557sî soldin wîze mentil hân
558und swarze krûze dran.
559Ouch sô gab er dem spitâle
5604 d    dî vrîheite alzumâle,
561dî mit genâdin undirscheidin
562den êrbêrin ordin beidin
563des spitâls sent Jôhannis

--- S. 310 ---

564und des tempils vil gewis
565von den pêbistin wârin
566gegebin vor den jârin,
567daz ir daz spitâl vorgeseit
568gebrûch in allir nutzberkeit
569als gene ordne beidintsam;
570wan iz was wol wirdesam
571deswâr unde billîch,
572daz dî an genâdin glîch
573pêbistlîchir gâbin
574iz ouch soldin habin,
575dî an tugintlîchir tât
576woldin haldin glîchin grât.
577Sus wart bestêtigt und gestift
578und mit vil privilegien gift
579gewidmit und gemachit rîch
580der werde ordin rittirlîch
581der brûdre des spitâlis,
582daz sente Marîen is
583des dûtschin hûsis genant
584von Jerusalêm irkant.
585Diz ist der vil zarte
586irwelte wîngarte
587des hêrrin von Sabbaôt,
588den dû, Criste, sûzir got,
589has gestiftit und irlesin
590und bis sîn leitsman gewesin.
591Dû snit abe sîne sturziln
592und pflantztis sîne wurziln;
593des hât er lusticlîche
594irvullit daz ertrîche.
595Darnâch tructis dû in vort
596in daz lant zu Prûzin dort
597unde zu Lîflande,
5985 a    darûz dû manchirhande
599heidin has vorwurfin sâ
600und pflantztis in aldâ.
601Alsus hât er vil ebin
602gestrackit sîne rebin
603in gar wunniclîchir kêr
604manchirwein unz an das mer
605und bis an des wâgis vlût
606sînen zwîc in sûzir blût.
607Dise werde rittirschaft
608der bestêtigunge craft
609nicht allein intpfangin hât
610ûf erdin von der lûte rât,
611sundir got der rîche
612hat ouch in himelrîche
613sî bestêtigit und geprîst
614und an figûren vil bewîst.
615Wir lesin unvorborgin
616in den aldin histôrgin,
617daz der gûte Abrahâm,
618der grôze patriarch, ûznam
619sîner knabin gesundirt
620wol achzên und drîhundirt,
621mit den er an dî heiden reit
622und umme sînen brûdir streit,
623den sî gevangin hattin, Lôt,
624und irlôst in ûz der nôt
625und dî mit im gevangin wârn
626von den heidenischin scharn,
627den er den sic dô abeslûc.
628Und dô sîn wec sich widir trûc
629zu hûse von des strîtis dram,
630Abrahê inkegin quam
631Melchisêdêch, der, als ich las,
632ein kunic und ein prîstir was,
633und im dâ zu prisande
634brôt und wîn benande
635und bat sîn immir pflegin
636des allirhôstin gotis segin,
637in des schirme er ubirwant
638dî vîende gar mit sîner hant;
639und alsus von der selbin zît
640begondin rittirlîchin strît
641dî geloubinden mit vreidin
642zu ûbne kên den heidin.
643Ouch kuntte dô der heilige geist,
644mit welchir gunste volleist
645der, der dî obirste stat
646in der gots ecclêsien hât,
647lîb dî rittre sulle hân
648und mit dem segne sî intpfân
649zu der ecclêsien schirme,
650und sulle ouch nâch irme
651nutze daz gar wol bevestin
652mit vrîheit und hantvestin,
653swaz gûte lûte irre habe
654in gebin in geistlîchir gâbe.
655Dise rittirschaft ouch ist
656dî genêmste alle vrist
657und sal iz billîch hân zuvorn,

--- S. 311 ---

658want sî sich darzû hât gesworn,
659daz sî gots vorsmênisse
660und sînes crûzis gewisse
661rechin wolle mittir hant
662und vechtin um daz heilge lant,
663dan sî dî heidin hân vorstôrt,
664daz den cristnen zugehôrt.
665Der gûte sent Jôhan ouch sach,
666daz sich von himl hernidir brach
667dî strîtende ecclêsiâ
668in eime gleichnisse sâ
669Jêrusalêm der nûwin,
670darinne wol mit trûwin
671undir andrin himelischin scharn
672dî engle potestates wârn,
673dî mit strîtis kegintracht
6745 c    vortribin al des tûvils macht.
675Potestates gereite
676heizint mechtikeite,
677und ist bewîsit uns daran,
678daz dî ecclêsie solde hân
679sidir dise rittirschaft,
680dî dâ mit mechtigir craft
681von ir zu pflege tû vorschalt
682der ungeloubigin gewalt
683und alle sichticlîche plâge
684von ir nâch irre macht vorjage,
685als dî potestates
686sich zu pflege vlîzin des,
687daz sî dî cristinheit bewarn
688vor unsichtigin harmscharn;
689und daz ist wol offenbâr
690daz dise rittirlîche schar
691des dûtschin ordinis vorwâr
692vortrîbit engistlîche vâr
693mit strîtlîchir arbeit
694von der heiligin cristinheit.
695Sich vûgit ouch gewisse
696daz wol zu gezûgnisse
697Prûzinlande, daz dort ê
698undir Moysê und Josuê
699und andrin richtêrin geschach,
700dî man der Judin waldin sach,
701bî der richtêre jârin
702gotis rittere wârin,
703dî stritten als dî helde
704strîte, dî got irwelde
705und wol gevîlen im.
706Daz geslechte Enachim
707und andre ungewêre
708vermeinte înwonêre
709des heiligin landis sî bestrittin
710wol nâch der kûnen lewin sittin
711und ubir alle dî gebîte
7125 d    vortilgtin sô gar dî dîte
713von grunde ûf, daz ir nicht inbleib,
714ân dî daz gotis volc beschreib
715und behîlt zu sulchin sachin,
716daz sî sî kundic soldin machin
717des landis geleginheit
718und zu dînste sîn gereit. —
719Ouch als dî zît von anegenge
720hât gewachsin an der lenge,
721sus sîn gewachsin an mêrunge
722diss ordins vorbezeichenunge.
723Dâvît nâch gotis herzin was,
724ein kunic, den er selbe irlas
725an sînes volkis rîche
726und hôet in achperclîche
727und ouch ein grôz prophête
728was er, dâ von er hête
729kunftigir dinge kuntschaft.
730Des west er dise rittirschaft
731kumftic in disen stundin
732und wolde sî vorkundin
733nâch irme wesin rechte.
734Er welte zwei geslechte,
735das eine hîz Cerêti,
736daz andere Phelêti,
737ûz sînem volke allintsamt
738und bevûl in sulch ein amt,
739daz sî vor allin vârin
740soldin sîn houbt bewarin
741nâch irre namen entscheidinheit:
742Cerêti ist sô vil geseit
743als vortilgêre;
744wundirlîch heilêre
745spricht Phelêti der nam1.
746Dî ûzlegunge in wol gezam,
747want sî des kungis nâmen war
748und vortilgtin dî vil gar,
749dî sînes houbtis vârtin2.
750Dâwidir sî ouch kartin
7516 a    wundirlîchis heilis solt

--- S. 312 ---

752an dî, dî im wârin holt
753und sich bugin undir in.
754Wol zût sich der geschichte sin
755ûf dise rittirlîche schar,
756dî sich vlîzit des vorwâr
757in unvorvêrtim mûte,
758wî sî gepfleg der hûte
759dem kunge, der dâ heizit Crist
760und ein wâriz houbit ist
761der heiligin cristinheit;
762und daz dî rittere gemeit
763in den tôt ir lebin
764darumme sullin gebin,
765des sint sî harte clein irvêrt.
766Sî tragin rittirlîch ir swert
767dêswâr zu allin stundin
768ûf ir huf gebundin,
769als dî recken von Israhêl.
770An in ist ellenthafte wel
771zu strîtlîchir wette;
772sî ummegên daz bette
773des wârin Salomônis
774unde hûtin sîn gewis
775mit vil vrechir achte.
776Sus sî dî vâr der nachte,
777des vinstirn ungeloubin,
778crefticlîch betoubin
779und trîbin hin genende
780von der cristnen ende. —
781Wir nemen ouch zu sinne,
782waz durch dî gotis minne
783und durch dî gebot der ê
784dî werdin rittre lidin ê,
785dî Machabêi hîzin,
786dô sî ir erbe lîzin,
787und wichin in dî wûste,
788dâ ir manchir mûste
7896 b    ezzin lange gras vor brôt,
790als sî twanc des hungirs nôt,
791ûf daz sî wurdin nicht intreint
792noch mit der heidinschaft vormeint.
793Und wî sî strittin in der zît
794manchin lobelîchin strît
795kên den argin heidin,
796dî mit strengin vreidin
797sî darzû getwungin hân
798wolden, daz sî gar vorlân
799hêttin den obirstin got
800und sîner ê gebot
801und hêttin sich irgebin
802in ir heidenischiz lebin
803nâch suntlîchir abekust;
804dô stercte ires herzin brust
805got zu den selbin stundin,
806daz sî ubirwundin
807den argin Anthîochum,
808der dâ genant was darum
809ein wurzele der sundin,
810want er pflac erclîch schundin
811daz gotis volc zu sundin grôz,
812der dô vîl ûz im intsprôz.
813Sî zuribin in sô gar
814und alle sîne heris schar,
815daz sî in vridis sichirheit
816reinigitin andirweit
817al dî heiligin stete
818des tempils, dî dâ hête
819intreinigit dî heidinschaft.
820Ouch gewunnen sî mit craft
821den berc widir zu Syôn
822und besaztin den vil schôn
823und machtin mit strîtender hant
824vride ubir al ir lant.
825Disen strîtin ebin hât
826gevolgit nâch mit vrechir tât
8276 e    der heilige ordin rittirlîch
828des dûtschin hûsis, sô mein ich,
829und hât irarnit dâmitte,
830daz er mit manchim gelitte
831êrbêrlîch stêt gezîret,
832dî ouch geordenîret
833sîn nâch gotis lobe
834des ordins amtin obe.
835Rittre sint sî gewêre
836und irwelte strîtêre,
837dî sich in des tôdis wê
838wâgin durch dî gotis ê;
839unde um des vatir lant
840sîet man sî mit starkir hant
841vortilgin und betoubin
842dî vîende des geloubin.
843Ouch in der minnen ubirvlût
844entpfân dî werdin rittre gût
845geste, pilgerîm und armen.
846Sî sîn ouch, dî sich lân irbarmen
847dî sîchin, dî in den spitâlin

--- S. 313 ---

848ligin in manchir hande quâlin,
849den sî dâ von mildekeit
850sîn dêmûticlîch gereit
851mit dînstlîchir volleiste
852in eime burninden geiste.
853Undir disen gelitten
854sint pfaffin ouch enmitten,
855dî eine werde stat dâ hânt
856und sullin sîn gemant,
857daz sî in des vridis stunt
858glinstirnde sam dî vunkin tûnt,
859mittin undir in ummevarn
860und manen sundir sparn
861dî leigenbrûdre, daz sî sich
862vlîzin zu haldne vesticlîch
863dî regle und den ordin,
864des sî sint brûdre wordin.
8656 d    Darzû ouch dî pfaffin
866gotisdînst in schaffin
867mit den sacramentin
868nâch ires loufis rentin;
869sô man abir strîtin sol,
870sô sullin sî dî brûdre wol
871mit trôste sterkin an den strît
872unde manen in der zît,
873daz sî gedenkin an dî nôt
874und an den jâmirlîchin tôt,
875den got in grôzir bittirkeit
876ouch an dem crûze vor sî leit.
877Alsus sî vil genende
878von ende unz zu ende
879vil crefticlîchin rûrin,
880wen sî ir hûte vûrin
881von dem beginne der rittre starc1
882unz ûf den endehaftin sarc
883der unmechtigin sîchin,
884dî sî sorcveldiclîchen
885an den sêlin denne bewarn,
886sô sî hinnen sollin varn,
887und an allin dingin
888sullin sî vollinbringin
889in dînstlîche arbeit
890in des geistis senftikeit.
891Und want dirre ordin sundirlîch
892an nutze der ecclêsien sich
893gemeinlîchin irgûzit,
894dâvon er ouch genûzit,
895daz manchirleie pêbste hân
896vrôlîchin in gesehin an
897und mit grôzir vrîheit
898an privileigen undirscheit
899in bestêtigit habin,
900irlûchtit und irhabin.
Von brûdre Heinrîche Walbote genant, dem êrstin hômeistre des dûtschin ordins.

[Dusb. I, 2.]

9017 a    Brûdir Henrîch, der dâ was
902genant Walbote, als ich las,
903êrst zu hômeistre wart irkorn,
904daz er solde sîn bevorn
905dem spitâle der vrîen
906mait sente Marîen
907des dûtschin hûsis irkant,
908des sich dô undirwant
909der gotis helt gewêre.
910Alsus dô dî burgêre
911von Lubec und von Bremin,
912dî gotis vil genêmin,
913dî êrst stiftêre wârin
914des ordins in den jârin,
915als ich dâvor gesprochin habe,
916woldin hebin sich herabe
917widir heim zu lande,
918dô sich dî zît volande
919irre gelobtin mervart,
920mit râte iz dô geschickit wart
921herzogin Friderîchis vorwâr
922von Swâbin, eines vurstin clâr,
923den wir ouch ê nandin,
924und von dûtschin landin
925andirre grôzin hêrrin vil,
926dî ouch dâ wârin in dem zil,
927dô man Akirs belac,
928der allir rât sich darûf wac,
929daz sî daz spitâl vorgenant
930antwortin zu des meistirs hant
931mit den almûsin allin,
932dî im wârin gevallin
933und anderem gerête,
934des iz gnûc dô hête.
935Darinne ouch der degen gût

--- S. 314 ---

936mit sînen brûdren in dêmût
937den sîchin stête was gereit
9387 b    an dînstlîchir arbeit
939und in mildeclîchin schûf,
940swes irre nôtdurft was behûf.
941Darnâch dô Akirs dî stat
942widir ûf dî cristnen trat,
943dî sî gewunnen crefticlîch,
944dô koufte brûdir Henrîch,
945der selbe meistir gehûre,
946einen gartin bî der mûre
947vor sente Niclaus pforte
948und bûwete an des orte
949eine kirch und ein spittâl
950und gnûc gemachis ubiral,
951darinne der vil reine
952mit den brûdrin gemeine
953dînte vlîziclîchin
954gote und den sîchin. —
955In der selbin kirchin wart
956nâch etslîchir zîte vart
957herzoge Friderîch von Swâbin
958der hêrre wert begrabin,
959want der edle gotis helt
960dî bîgraft hatte dâ irwelt,
961dî wîl er dennoch lebete
962und in der sûche strebete,
963dî in bestandin hatte hart,
964dô er sich hûb kên lande wart;
965dâvon er ouch sîn ende
966nam in dem ellende
967und wart nâch sîner andâcht
968hin zu Akirs widir brâcht,
969dâ man, als er ê gerte,
970der bîgraft in gewerte. —
971Darnâch dô in gote
972meistir Henrîch Walbote
973des amtis manic jâr gepflac,
974zu Akirs er ouch tôt gelac
975und wart begrabin aldâ
9767 c    an dem vumftin tage sâ,      [5. Novbr.
977der nâch allin heilgin lît;
978sô ist sîne jârgezît1.
Von brûdre Ottin dem andren hômeistre.

[Dusb. I, 3.]

979Der ander meistir, der daz amt
980nâch im entpfînc, der was genamt
981brûdir Otte2 und pflac
982des spitâlis manchin tac.
983Zujungist starb er, dô man las
984brâchmândin vîrde nônas,      [2. Juni
985daz ist, sô wir begên alhî
986Marcellînî und Petrî,
987und wart begrabin dort
988zu Akirs, als ich hân gehôrt.
Von dem drittin hômeistre.

[Dusb. I, 4.]

989Darnâch der dritte meistir wart,
990der hîz brûdir Herman Bart
991und was dem ordin lanc bevor.
992Zuletst trat er des tôdis spor,
993des nîman mac sîn irhabin,
994und wart zu Akirs ouch begrabin.
995In dem aprile daz geschach,      [20. März
996dô man der kalendin sach
997drîzên wesin an der zal,
998daz er nam des tôdis val.
999Sîne jârgezît ir habint
1000an sente Benedictus âbint.
Von brûdre Herman dem vîrdin meistre des dûtschin hûsis.

[Dusb. I, 5.]

1001Brûdir Herman von Salzâ
1002vîrde meistir wart darnâ,
1003der manic jâr daz ammecht trûc
1004dêswâr lobelîchin gnûc.
1005Sîn lebin sach man endin
1006an den nûndin kalendin      [24. Juli
1007des oustin; man begrûb in dô
1008aldort zu Barlêtô
10097 d    mit vil jâmirlîchir clage
1010an sente Cristînen tage.      [24. Juli
1011Dirre ellenthafte degin
1012hatte den gotlîchin segin
1013an vil genâdin prîse;
1014gesprêche unde wîse,
1015vorbesichtic, minnesam,
1016gerêtic und ôt êrsam
1017was er an alle sînre tât.
1018Dô sînen ordin sach sô mat
1019wesin dirre gotis helt,
1020dem er zu meistre was irwelt

--- S. 315 ---

1021von sînen brûderen, er sprach,
1022daz vil sûfzinde geschach;
1023›Ô hêrre, himelischir got,
1024›nû wolde ich gerne an mînen tôt
1025›eines ougin ênic sîn,
1026›daz sô vil der ordin mîn
1027›bî mînre zît zunême
1028›und so hôhe quême,
1029›daz er mocht geleistin
1030›mit wâpenen zum meistin
1031›zên rittirbrûdre und nicht mê.‹
1032Diz wunschte er mit grôzir vlê.
1033Abir dû, vil mildir Crist,
1034der alle zît gereit ist
1035den gerechtin, dî dâ bittin
1036dich mit tugintlîchin sittin,
1037und irvullis vil gewêr
1038alle zimelîche ger,
1039waz têtsdû zu den sachin?
1040Lîzisdû vorswachin
1041sîne ger in îtilkeit?
1042Nein zwâr, dîn sûze mildekeit
1043in volleclîch gewerte,
1044des sîne sêle gerte;
1045want bî sîme lebene
1046gînc iz im sô ebene,
10478 a    dî wîle er wîlt der meistirschaft,
1048daz an rîcheit und an craft
1049der ordin alsô vil gewan,
1050daz man nâch sîme tôde sân
1051von dûtschin landin wol geborn
1052und an manheit ûzirkorn
1053gezalt zweitûsint brûdre vant
1054in dem ordin vorgenant.
1055Ouch sach man in den ordin varn
1056in des selbin meistirs jârn      [1234
1057den hêrrin an geburt vil clâr
1058lantgrêven Conrâde vorwâr
1059von Duringin, dem dâ was
1060meistir Herman, als ich las,
1061dennoch in werltlîchim wesin
1062zu gesinde ûzirlesin.
1063Alsus der hêrre lobesam
1064des ordins abît an sich nam,
1065und, der zu dînst im ê gezam,
1066dem swûr er nû gehôrsam
1067und irgab sich sînre zucht
1068mit einre lobelîchin trucht
1069ellinthaftir rittre gût,
1070dî beide gût unde mût
1071vorkurn durch got lûtirlîch
1072und mit im begâbin sich.
1073Dirre meistir ouch irwarb
1074dem ordne, ê den er starb,
1075dî nutzstin unde bestin
1076pêbistlîchin hantvestin
1077und ouch von keisirlîchir hant,
1078dî noch dî brûdre irgin hânt.
1079Ouch wart bî sîme lebin
1080dem ordene gegebin
1081manche hêrschaft vrîe
1082in Pulle, Romanîe,
1083Armenien, Dûtschinlande,
1084und ein gebît man nande
10858 b    in Ungirlande Wurzâ;
1086Lîfland unde Prûzin sâ;
1087diz alliz wart den brûdrin dô.
1088Er hûb den ordin alsô hô,
1089daz von anegenge ê
1090nî daz wart vornumen mê,
1091daz von eines menschin tât
1092kein ordin ûf sô hôhin grât
1093gestige î ûf erdin
1094an gûte und an werdin;
1095und daz enwas kein wundir.
1096Im hatte got besundir
1097gegebin der gnâdin runst,
1098daz alle lût im trûgin gunst,
1099sô daz man Salomônis wort
1100von im mochte sprechin dort
1101und in recht daran bedûten:
1102›Lîb ist er gote und den lûten‹.
1103Des gedechtnisse ist;
1104in dem segne alle vrist.
1105Lîb hatte in ûf erdin got,
1106want er î leiste sîn gebot,
1107dâvon er in sô hôhe zouch;
1108sô wârin im dî lûte ouch
1109gemein an lîbe zûgewant.
1110Des hatte er in sîner hant
1111pâbist und keisir gar,
1112kunge, herzog, vurstin clâr;
1113und ôt allir hêrrin mût
1114zôch an sich der hêrre gût,

--- S. 316 ---

1115daz alliz, daz er an in bat,
1116daz ûf nutz und êre trat
1117und ûf gemach des ordins sîn,
1118daz mûste gar irvullit sîn.
1119Dâvon geschach, daz in den jârn,
1120dô dî Venediêre wârn
1121gezuchtigit mit plâgin hert,
1122darumme daz sî sich gespert
11238 c    hattin erclîch widir daz rîche,
1124daz sî keisere Friderîche
1125dem andern sô hinabe
1126brâchtin zu hôhir gâbe
1127des heiligin crûzis ein grôz teil,
1128daran got worchte unsir heil.
1129Den ûzirweltin prisant
1130gab der keisir sâ zuhant
1131dem meistir Hermanne,
1132der iz ouch schîre danne
1133vurbaz kên Prûzinlande
1134zu dem Elbinge sande
1135ûf dî burc, dâ noch hûte
1136dî cristinlîchin lûte
1137im wirde grôz irbîten
1138durch sâldinbêr genîten,
1139daz sî dâ hân besundir,
1140want got vil manich wundir
1141an manchim menschin wirkit schôn
1142dâselbins durch sîn crûze vrôn.
1143Bî sînen zîten ouch geschach,
1144daz sich ein misshellunge irbrach
1145zwischin dem pâbste Honôriô,
1146den man den dritten nante dô,
1147und zwischin keisere Friderîche.
1148Dô dî gewêrte heimlîche
1149etslîche wîle undir in,
1150sî gevîlen ûf den sin,
1151daz sî ir sachin beide
1152ân alle undirscheide
1153zu brûdere Hermanne lîzin,
1154daz er sî solde entslîzin,
1155und waz er machte daran,
1156des woldin sî genûgic stân.
1157Sus was ir beidir willekur.
1158Und dô im quam dî rede vur,
1159nach wîsim sinne er sich brach
1160von den teidingin und sprach:
11618 d    ›Wî wêr mir daz gevûge,
1162›daz ich mich undirslûge
1163›des, daz ich zu sûne kêrn
1164›solde al der werlde hêrn,
1165›sint ich bin ein dêmûtic man
1166›und allir wirdekeite ân?‹
1167Darumme wurdin des in ein
1168keisir und pâbist gemein,
1169ûf daz brûdir Herman
1170,1wurde baz gesehin an
1170,2und desde achbêrre gehât,
1171daz sî in vurstintin ûf der stat,
1172und dî selbe wirdekeit
1173sold êwiclîchin sîn gereit
1174sînen nâchvolgêrin,
1175dî an dem amte wêrin
1176des dûtschin ordins meistirtûms.
1177Zur urkunde des vurstentûms
1178stîz im der pâbist vorgenant
1179ein vingirlîn an sîne hant;
1180darzû wart er gewirdit baz;
1181der keisir im vorlênte daz,
1182daz er sold an banîre,
1183an wâpin, an zimîre
1184vûrin des rîchis zeichin.
1185Diz lên ouch solde reichin
1186an dî meistre allentsamt,
1187dî nâch im quêmen an daz amt.
1188Den pâbist und den keisir dô
1189vorsûnte er vrûntlîchin alsô
1190und vil ofte ouch darnâch,
1191sô zwischin in sich icht irbrach.
Daz ist ein zûrede.
1192Nû sol ich ouch betichtin,
1193betichtinde intrichtin,
1194intrichtinde beschrîbin,
1195beschrîbinde întrîbin
1196und înbrengin dirre schrift,
11979 a    alse mir der schrifte gift
1198mit wârheit urkunde gît,
1199waz pêbste unde keisre sît
1200sîn gewesin von der zît,
1201daz der ordin mit begrift

--- S. 317 ---

1202des dûtschin hûsis wart gestift;
1203ouch darzû wol ebin trift,
1204daz ich herînvlichte
1205ein teil der geschichte
1206durch hovelîchiz sagin,
1207dî bî irin tagin
1208in der werlde sîn irgân,
1209und ouch was sî selbe hân
1210prûvelîchir tât getân.
1211In gotis namen heb ich an:

[Dusb. IV, 1.]

1212In Jhêsû Cristî jârin,
1213dô der vorgangin wârin
1214tûsint zweihundirt zehenre min,      [1190
1215dô der dûtsch ordin nam begin,
1216Cêlestinus pâbist was,
1217der dritte, und ouch, als ich las,
1218der sechste keisir Henrîch
1219rîchzte dô gewaldeclîch.
1220Darnâch man daz pâbistûm      [D. IV, 2]
1221den drittin Innocencium      [1198—1216
1222besitzin sach mit zîrde.
1223Keisir Otte der vîrde      [1198—1208
1224in der zît daz rîche hîlt.
1225Nâch deme ouch der crônin wîlt
1226rîchzinde wol keiserlîch
1227der andre keisir Friderîch. —      [1215— 1250
1228Dô der jâre unsirs hêrn      [D. IV, 3]
1229zwelfhundirt vorloufin wêrn      [1200 (1204)
1230dî stat Constantinôpolis,
1231dî daz hatte vil gewis
1232in irre prophetîen,
1233daz ir nîman gebîen
1234solde mit sô grôzir craft,
12359 b    durch den sich gêb in eiginschaft
1236ir mûrin ummekrengil,
1237wen durch einin engil,
1238dî gewunnin nû mit wer
1239dî Frankin und Venecier.
1240Sus wurdin dî burgêre
1241der prophetîen mêre
1242listiclîch betrogin,
1243swî doch ungelogin
1244blibin des wîssagin wort,
1245want sî durch dî mûre dort
1246quâmin, dâ ein engil stûnt
1247gemâlit. Zu der selbin stunt
1248wart zu keisere irkorn
1249aldâ der degin hôchgeborn
1250von Flandrin grêve Baldewîn.
1251Sint sach man ouch rîchzinde sîn
1252dî Latînin dâ vorwâr
1253sibin unde vumfzic jâr. —
1254Bî des Innocenciî      [D. IV, 4]
1255pâbstis zîtin an sich vî
1256vil nâch al dî cristinheit
1257sulchir bûze hertekeit,
1258daz sî karînen trûgin,
1259und want sî sich dâ slûgin
1260mit geislin in ablâzis ger;
1261des nante man sî geiselêr. —
1262In unsirs hêrrin jârin      [D. IV, 5]
1263dô der tûsint wârin
1264zweihundirt und zwei vorgân,      [1202
1265hûb sich der Tartren hêrschaft an.
1266In der selbin zît geschach,      [D. IV, 6]
1267daz man in Britannia sach
1268zu Roseô, ein stat sus hîz,
1269ein wundir, daz got schouwin lîz
1270aldâ ûf eim altâre.
1271Man sach daz offenbâre,
1272dô gotis lîcham handilte
12739 c    ein prîstir, das sich wandilte
1274brôt in vleisch und wîn in blût
1275zu sterkene der krankin mût. —
1276Ouch geschach ein wundir dô      [D. IV, 7]
1277dort in Vermendêsiô,
1278daz eime rittere sîn lebin
1279nâch tôde widir wart gegebin,
1280der kumftigir dinge vil
1281mit wârheit saite in dem zil
1282und lebte manche zît
1283sundir alle spîse sît. —
1284Bî sente Jôhannis tac      [24. Juni
1285des baptistin dort gelac      [D. IV, 8]
1286in Galliâ ein honictow,
1287der daz getreide sô durchzow,
1288swer sîn in den munt genam,
1289daz der hongis smac vornam. —
1290Zu Atrebatô ouch ein slôz      [D. IV, 9]
1291in dem heumânde irdôz
1292mit ungewittere vil grôz,
1293in dem sich hernidir gôz
1294sô ungevûge hagilstein,

--- S. 318 ---

1295der ob al daz lant gemein
1296slûc wîngarten, boume, korn,
1297daz ir vrucht wart gar vorlorn. —
1298In der vrist man ouch vornam,      [D. IV, 10]
1299daz in daz lant Ispânien quam
1300Almivolus1, ein vreisir
1301der Sarrazînin keisir,
1302mit menge volkis âne zal
1303kundinde daz ubiral,
1304er welde alle dî bestân
1305mit strîte, dî dâ bêttin an
1306den gekrûzigiten got.
1307Dirre uppeclîche spot
1308alsô nâ den kungin gî
1309von Ispânien, daz sî
1310in strît im kegingîngin
13119 d    und den sic gevîngin
1312und irslûgin alsô vil
1313Sarrazînin in dem zil,
1314daz man durch daz lant ir blût
1315sach vlîzin sam dî wazzirvlût.
1316Alsus Almivolus geschant
1317vlôch zurucke in sîn lant
1318mit lutzil sînre manne,
1319dî im volgtin danne. —
1320Dô der jâre unsirs hêrn      [D. IV, 11]
1321zwelfhundirt vorgangin wêrn
1322in des vîrden jâris vart      [1204
1323darnâch Lîflant bekêrit wart
1324zu dem geloubin, daz alsus
1325schûf pâbist Innocencius. —
1326Nâch Cristî unsirs hêrrin jârn,      [D. IV, 12]
1327dô der vorgangin zwelfhundirt wârn,
1328und darûf sibene irkorn,      [1207
1329wart sente Elizabeth geborn.
1330Honôrium den drittin dô      [D. IV, 13]
1331sach man pâbist wesin sô;
1332den andirn Friderîche
1333haldin daz keisirrîche. —
Diz ist, zu welchir zît dise ordin wurdin gestift.

[Dusb. IV, 14]

1334Darnâch ubir vumfhundirt jâr,      [500
1335daz Cristum eine mait gebar,
1336der ordin Benedictî
1337sîn wesin merclîch anevî.
1338Der dritte Fêlix, als ich las,
1339in den zîten pâbist was. —
1340Darnâch sach man wordin
1341der Clûniacensin ordin,
1342dô man Cristô zalte dort
1343nûnhundirt jâr von der gebort.      [900
1344Wesin in der zît sach man
1345den drittin pâbist Adriân. —
1346Der Kartusiêre
134710 a    ordin vil gewêre
1348begriffin und gestiftit wart
1349in unsirs hêrrin jâre vart
1350tûsint achzic, zwei dâmitte.      [1082
1351Pâbist dô was Victor der dritte. —
1352Des grawin ordins2 lebin
1353gestiftit und gegebin
1354wart in unsirs hêrrin jârn,
1355dô der gar mit loufe wârn
1356von sînre geburt vortribin
1357tûsint nûnzic sibin. —      [1097
1358Darnâch des spitâlis
1359ordin sente Jôhannis
1360ouch sîn wesin anevînc,
1361dô von gots geburt vorgînc
1362dî zal eilfhundirt jâre,
1363darzû vîre vorwâre.      [1104
1364Pâbist was dô mit gewalt
1365der andre Urbân gezalt. —
1366In unsirs hêrrin jârin
1367dô der eilfhundirt wârin
1368unde zwelve vorgân,      [1112
1369dô hûb sich mit wesin an
1370der ordin der Templêre.
1371Ein pâbist vil gewêre,
1372der andre Pascâlis,
1373pflac des stûlis dô gewis.
1374Der vorgenante ordin bleib
1375vil lange sint, unz in vortreib
1376und vortilgte allintsam
1377ein pâbst, Clêmens was sîn nam
1378und der vumfte gezalt.
1379Dirre ordin wart vorschalt
1380Viennê in conciliô,
1381daz der pâbist hatte dô
1382in den jârin unsirs hêrn,
1383dô der mit zal wêrn
1384tûsint und drîhundirt
138510 b    darzû zwelve gesundirt,      [1312. 22. März

--- S. 319 ---

1386dô der kalendin vîlin
1387eilve dem aprilin
1388des sibindin jâris der hêrschaft,
1389als er zu pâbiste was geschaft.
1390Nicht mit urteile endehaft
1391wart der ordin dô verschaft,
1392sundir in an kraft vorsneit
1393des pâbstis vorbesichtikeit.
1394Der sibinde Heinrîch, als ich las,
1395in den zîtin keisir was. —
1396Des dûtschin hûsis ordin wart
1397in unsirs hêrrin jâre vart
1398eilfhundirt nûnzic mitte;      [1190
1399Cêlestinus der dritte
1400des pêbistlîchin stûlis wîlt;
1401der sechste keisir Heinrîch hîlt
1402daz rîche dô gewêre. —
1403Der brûdre predigêre
1404ordin mit stifte began,
1405dô von gots geburt vorgân
1406wârn wol zwelfhundirt jâr
1407darzû sechzêne gar,      [1216
1408undir pâbiste Honoriô,
1409den man den dritten zalte dô. —
1410Bî des selbin pâbistis zît
1411der minre brûdre ordin sît
1412ouch mit anevange nam
1413sîn begin, als ich vornam,
1414nâch unsirs hêrrin jârin,
1415dô der mit loufe wârin
1416irvullit tûsint und dabî
1417zweihundirt zwênzic und drî.      [1223
1418Den orden der Heremîten,
1419genant ouch Carmelîten,
1420und den ordin vil mêre
1421des talis der schûlêre
1422bevestint mit stêtikeit
142310 c    der selbe pâbist vorgeseit. —
1424In den jârin unsirs hêrn      [D. IV, 16.]
1425dô der tûsint irvullit wêrn
1426zweihundirt zwênzic darzû ein,      [1221
1427Elisabeth dî vrouwe rein
1428zu êlîchin dingin
1429nam dort von Doringin
1430lantgrêvin Lûdewîge,
1431want von des adils zwîge
1432wolde got gewinnen vrucht
1433im zu lobelîchir zucht. —
1434Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn      [D. IV, 16]
1435zwelfhundirt vumf und zwênzic wârn      [1225
1436in dem lande Burgundiâ
1437ûf eime salzgebirge dâ
1438mit geschichte sich irwûc
1439ein wundir wundirlîch genûc,
1440daz in sulche wîs gerît:
1441ein berc von sîm gebirge schît
1442in einre erdbibunge schûr
1443und zu andrin bergin vûr,
1444dî dâ kegin lâgin wît
1445und bedakte in der zît
1446dâ inzwischin al den tal,
1447darinne dâ mit rûmir zal
1448vumftûsint mensche sturbin,
1449dî irdrukt verturbin. —
1450Dô von der zît, daz gebar      [D. IV, 17]
1451Cristum eine mait clâr,
1452in irme loufe vil gar
1453tûsint und zweihundirt jâr
1454ouch zwênzic und sibin      [1227
1455wârn hin vortribin,
1456sent Elizabetin man,
1457der lantgrêve, vûr hin dan
1458mit des crûzis zeichin,
1459daz er im lîz reichin,
1460als sîn andâcht in bant,
146110 d    in daz heilige lant,
1462dô er sô vorsêrit wart,
1463daz er ûf der widirvart
1464von der sûche vortarb
1465und des lîbis irstarb
1466in Sicilien zu Ortrant,
1467eine stat ist sô genant,
1468dâ der hêrre tôt gelac
1469an Prôthî und Jacinctî tac,
1470dô man dem herbistmânde
1471das dritte idus nande.      [11. Septbr.
1472Der nûnde pâbst Grêgôrius      [D. IV, 18]
1473und keisir Friderîcus
1474der andre dô schône
1475trûgin der werlde crône. —
1476In unsirs hêrrin jârin      [D. IV, 19]
1477dô der vorgangin wârin
1478zwênzic und zwelfhundirt
1479achte darzû gesundirt      [1228

--- S. 320 ---

1480begundin in Italiâ
1481dî partîen wesin sâ
1482Gelfin unde Gibbelîn,
1483daz zweiir brûdre namin sîn,
1484dî sich schîdin in der stunt:
1485Gelphus bî der kirchin stûnt;
1486sô Gibbelîn zûlegete
1487dem rîche und daz hegete. —
1488Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn      [D. IV, 20.]
1489zwelfhundirt und drîzic wârn,      [1230
1490der kunc von Arragûnen quam
1491in Ispânien, dâ er nam
1492dî inslin în mit strîten
1493genant dî Majorîten
1494unde Minorîten,
1495dî ouch in den zîten
1496wârn vientlîch belegin
1497von der Sarrazînen wegin. —
Hî endit sich daz êrste teil diss bûchis und beginnit daz andre, daz ist von der zûkunft der brûdere in Prûzinlant.
1498Hî endit sich daz êrste teil.
1499Nû gib mir, sûzir got, daz heil,
1500daz ich ouch daz andre
1501tichtinde durchwandre,
1502daz iz dir und der mûtir dîn
1503lobelîchin mûze sîn!
1504Leite mich, hêrre, an vornumft,
1505daz ich dî werde zûkunft
1506der dûtschin brûdere mache irkant,
1507wî sî quâmen in Prûzinlant! —

[Dusb. II, 1.]

1508In den zîten, dô vorwâr
1509der vurste edil unde clâr
1510herzoge Cunrât genant,
1511ein reine cristin irkant,
1512mit hêrschaft wîlt der lande dâ
1513Masow, Kuyaw, Poloniâ,
1514dâ was ouch ein bischof,
1515den der pêbistlîche hof
1516zu Prûzin hatte gesant,
1517daz er bekêrn solde dî lant
1518und an geistlîchin sachin
1519sî hirtlîchin bewachin.
1520Der bischof hîz Cristiân
1521und was ein geistlîchir man
1522des grawin ordins1 geacht.
1523Der pflag ofte mit andâcht
1524sêwin in gotis namen
1525der gotis lêre samen
1526sô hin an dî prûzsche dît,
1527dî er mante und in rît,
1528daz sî lîzin dî abgote
1529und des wârin gotis gebote
1530Jhêsû Cristî undirtân
1531wurden und den bêttin an.
1532Abir want der same werde
1533dâ nicht vîl in gûte erde,
1534des machte er ouch keine vrucht.
1535Ir bôse, suntlîche unzucht
1536hatte sî vorhart sô sêre,
1537daz dikeiner hande lêre
1538noch manunge der sêlikeit
1539sî konde entzîn von irrekeit
1540noch enmochte an in beroubin
1541iren valschin ungeloubin.
1542Swî sus vorsteinet was ir sin,
1543sô was einez doch an in,
1544daz man zu prîs in mochte kêrn,
1545want allein sî selbe wêrn
1546des geloubin gar geblant
1547und pflegin manchirhant
1548abgote anzubetin
1549îdoch sî vride hêtin
1550mit den cristin, dî in wârn
1551bîgesezzin in den jârn,
1552und lîzin sî sich ûbin
1553ân allirlei betrûbin
1554an des lebindin gôtis ê.
1555Diz tet dem argin vînde wê,
1556der ein widersache ist
1557wâris vridis allir vrist
1558und alle gûte ding î neit;
1559dâvon er dîz nicht lange leit.
1560Des hazzis tresp er drundir warf,
1561dâvon ein vêde harte scharf
1562undir in sich dô irhûb,
1563in der dî cristinheit intsûb
1564dêswâr jâmerlîchir nôt.
1565Ein teil wart geslagin tôt;
1566sumelîche weggetribin,

--- S. 321 ---

1567dî der Prûzin eigin blibin.
1568Ein teil ir mit der vlucht genas,
1569der doch zwâr vil cleine was.
157011 c    Sus schûf des argin tûvils nît,
1571daz in kurzir jâre zît
1572von den Prûzin Colmerlant
1573wart vortilgit und vorbrant
1574sô gar, daz iz vil manchin tac
1575sam ein wûstenunge lac.
Von der vorherunge polênschir lande.

[Dusb. II, 2.]

1576Und want herzoge Conrât
1577nicht zum êrstin widirtrat
1578irre turstigin gewalt
1579mit bequêmir bûze balt,
1580des wîstin sî dô vurbaz
1581iren vîentlîchin haz
1582und griffin gar erclîchin an
1583daz lant zu Polênen sân
1584mit vil grôzir heriscraft.
1585Daz lant wart ofte dô behaft
1586von in mit schadin harte grôz.
1587Sî hertin und brantin blôz;
1588swaz sî dô trâfin mannis wert,
1589daz irmorte gar ir swert;
1590wîb und kint sî dannen tribin,
1591dî êwiclîch sîn eigin blibin.
1592Waz ouch bîwîlen ein swangir wîb,
1593dî dâ trûc sô swêren lîb,
1594daz sî in nicht mochte gevolgin,
1595ûf dî wurdin sî irbolgin,
1596daz sî sî tôtten mit der vrucht.
1597Sî ructin vreislîch mit unzucht
1598den mûtren den vil armen
1599dî kindir von den armen
1600und spîztin sî mortlîchin sâ
1601ûf dî zûne hî und dâ,
1602dâ sî der pîn enzwischin
1603zabiltin unde krischin
1604und jâmirlîchin wurbin,
1605sô lange unz sî irsturbin.
1606Sus sî vorhertin her und dar
160711 d    des herzogin lant sô gar,
1608daz er allir sîner vestin
1609beide snôdin unde bestin,
1610der er ê mit hêrschaft wîlt,
1611nicht wen eine burc behîlt
1612dî ûf der Wîzelin dort lac:
1613Plotzk man sî nennen pflac.
1614Ouch wurdin in den stundin
1615vortilgit von den hundin
1616pfarrin wol drithalb hundirt,
1617dî man zalte gesundirt,
1618âne vil munstre schône,
1619darinne manich persône
1620geistlîch unde werltlîch
1621an gotis dînste ûbtin sich.
1622Capellin, muncheclôstre vil,
1623ouch nunnenclôstre in dem zil
1624vorterbtin sî mit brande
1625vil manchiz in dem lande.
1626Prîstere und andre pfaffin,
1627swî den was geschaffin
1628an ordenunge ir lebin,
1629begebin und unbegebin,
1630sach man sî vil gar irslân,
1631swaz sîr indirt quâmen an
1632bûzin kirchin und inbinnen.
1633Gar nâch tobinlîchin sinnen
1634pflâgin sî alumme varn.
1635Sî slûgin ubir den altarn
1636ir ouch vil in den stundin
1637dî wîle, daz sî stûndin
1638und handiltin mit andâcht gût
1639den hêrin lîcham und daz blût
1640Cristî, unsirs lîbin hêrn
1641Daz ubir gote zu unêrn
1642und zu smêhin unwerdin
1643wurfin sî ûf dî erden
1644und trâtin mit den vûzin
1645den tûweren, den vil sûzin
164612 a    Jhêsû Cristî lîcham
1647und sîn blût sô lobesam,
1648als in ir tobesucht gerît.
1649Noch sach man dî unreine dît
1650erge mêr irvullin;
1651kelche und ampullin
1652und allirhande kirchinvaz
1653nâmen sî durch iren haz,
1654ouch corporâlgewête1
1655mit allim dem gerête,

--- S. 322 ---

1656daz gotis dînste was gewît,
1657vûrtin sî dannen in der zît
1658und ûbtin gar dî heilikeit
1659in ungezêmir îtilkeit.
1660Ouch mochte man jâmir schouwen
1661an den reinen juncvrouwen
1662nicht alleine werltlîchin,
1663sundir ouch geistlîchin,
1664dî gewîhit wârin gote,
1665wan sî zôch des tûvils rote
1666ûz den clôstren mit gewalt
1667in herzeleide manicvalt
1668und tribin mit in ire lust
1669in schemelîchir abekust.
1670Und daz ich dem ôt gebe ein zil:
1671man sach sî ubils alsô vil
1672und lestirlîchir tât
1673an dem geloubin mit unvlât
1674und an den cristenen dô trîbin,
1675daz daz nîmant mac volschrîbin.
Diz capitil ist von den gâbin, dî der herzoge gab den Prûzin, ûf daz er semftigte ir vreidekeit.

[Dusb. II, 3.]

1676Ê von den Prûzin vorgenant
1677sô gar vortarb Polênir lant,
1678als ich dâvor itzunt las,
1679und dennoch etteswaz dâ was
168012 b    in dem lande her und dar,
1681dô was betwungin alsô gar
1682und in angist sô gesat
1683von in herzoge Cunrât,
1684swen sî im botin santen,
1685dî eischinde benanten
1686pferde odir schône cleit,
1687der mûste er in sîn gereit
1688und torste in keinewîs vorsain.
1689Dâvon, wen er sus betrain
1690was mit ungerête,
1691daz er nicht enhête,
1692dâ in an genûgete,
1693sus er iz denne vûgete,
1694als in twanc sîn armût:
1695zu einir wirtschaft er lût
1696sîn edilin wîb unde man
1697und andre, dî er wolde hân.
1698Und sô dî geste sâzin,
1699vrôlîch trunkin und âzin,
1700so schicte er den botin
1701der prûzischin rotin,
1702des sî woldin sîn gewert.
1703Der geste cleidir und pfert
1704schûf er in heimelîchin
1705und lîz sî dannen strîchin.
1706Daz was alliz gar vorlorn,
1707want er iren argin zorn
1708dâmite nicht gesweigete.
1709Ir vlîz sich darûf neigete,
1710daz sî vorterbtin gar sîn lant
1711als ich tet dâvor irkant. —
Diz capitil ist von den brûderin des or­dins der Cristisrittere, dî swertbrûdir heizin.

[Dusb. II, 4.]

1712Dô der herzoge vorgenant
1713sô jâmirlîchin sach sîn lant
1714vorterbin und sô gar vorhern
1715und des mochte nicht irwern,
171612 c    einis1 er dô anetrat
1717mit brûdir Cristânis rât,
1718von Prûzin des bischovis,
1719und ouch sînes hovis
1720etslîchir hêrn der bestin,
1721dî im zu ratene westin,
1722waz im und in daz beste was:
1723er stifte undir im, als ichz las,
1724zu schirme sîme lande
1725brûdere, dî man nande
1726dî rittere Cristî.
1727Wîze mentele trûgen sî
1728und darûffe rôte swert
1729mit sternen. Dise rittere wert
1730zu Lîflande in der zît
1731wontin, dâ sî manchin strît
1732ûf dî heidin hâtin,
1733der sî sô manchin tâtin,
1734daz sî irre lande vil
1735betwungin hattin in dem zil
1736undir des geloubin hof.
1737Der vorgenante bischof

--- S. 323 ---

1738nam dô und cleite sân
1739Brûnen, einen wîsen man,
1740in den ordin vorgeseit.
1741Mit im nâmen dô daz cleit
1742ouch andere wol vierzên;
1743und dô daz was geschên,
1744der herzoge in dem lande sîn
1745eine burc, dî hiez Dobrîn,
1746den selbin brudren bûwin lîz.
1747Nâch der burc man sî ouch hîz
1748dî brûdere von Dobrîn darnâ
1749dî wîle, dâ sî wontin dâ.
1750Darzû er in ein vorwerc gab,
1751daz was gelegin sô hinab
1752zu Kuyaw in dem lande,
1753Cedelicz man iz nande.
175412 d    Ouch mit den brûdrin gemein
1755quam des der herzoge ubir ein,
1756waz sî heidenischir lant
1757hernâch mit strîtendir hant
1758den heidin abgedringin
1759mochtin unde betwingin
1760mit gotis helflîchin pflichtin,
1761dî soldin sî ouch schichtin
1762mit mâze undireinandir glîch
1763und daz sus haldin eweclîch.
1764Dô diz wart den Prûzin kunt,
1765ir zorn hezlîchir wart entzunt
1766den dôvor ûf dî cristinheit.
1767Des zogin sî dô in vreidekeit
1768mit eime grôzin here
1769noch vîntlîchir kêre
1770zu Dobrîn vor dî vestin,
1771dî ouch wart von den gestin
1772gemûet mit manchim sturme swêr.
1773Sî wâren den brûdern sô gevêr
1774und anlâgin sô gemein,
1775daz sich seldin torst ir kein
1776ûz der burg irbîten.
1777Iz wart ouch von den dîten
1778darzû brâcht vil schîre,
1779daz vumfe odir vîre
1780der Prûzin eine gîngin,
1781slûgin unde vîngin
1782dî cristenen bî der burc vil nâ
1783und ûbtin ôt aldâ
1784ire strûterîe
1785allir vorchte vrîe. —
Diz ist, wî dî lant Prûzin, Colmen, Lu­baw gegebin wurdin den brûdren des or­dins dûtschin hûsis von Jêrusalêm.

[Dusb. II, 5.]

1786Nû hatte zu den zîten sâ
1787brûdir Herman von Salzâ,
1788der hômeistir vorgeseit,
178913 a    mit gûtir vorbesichtekeit
1790sô hô den dûtschin ordin brâcht
1791an brûdir menege und an macht,
1792an rîchtûm und an erberkeite,
1793daz sich dî lenge und dî breite
1794sîn lûmmunt und sîn name
1795gar sundir alle schame
1796an gûtem rûche wîte irgôz.
1797Sô verre joch sîn lob irdôz
1798an gar ellinthaftir tât,
1799daz herzoge Cunrât
1800zu Masow ouch dâ von vornam.
1801Ein wille in sîn herze quam,
1802daran er vil stête bleib,
1803als der gotis geist daz treib,
1804daz er wolde in sîn lant
1805des ordins brûdere vorgenant
1806zu beschirme ladin,
1807ob sî lîchte intladin
1808mochtin mit strîtlîcher craft
1809dî cristen von der heidenschaft
1810und dî heidin geswachin,
1811sint daz an den sachin
1812dî swertbrûdere nicht schûfin.
1813Alsust sach man berûfin
1814in zu sîme hove
1815alle dî bischove
1816und sîne edilin man,
1817dî er mochte dô gehân
1818unde offinbârte in
1819vil gar sînis herzin sin
1820und bat im darzû râtin.
1821Dô dî hêrren hâtin
1822vornomen des herzogin mût,
1823dêswâr iz dûchte sî wesin gut
1824und volgetin im dâan vil gar.

--- S. 324 ---

1825Sî sprâchin: ›Iz ist offinbâr,
1826›als wir vornomen hân
182713 b    ›von wârin mêrin sundir wân,
1828›daz dî dûtschin brûdere sint
1829›des geloubin vîendin vînt
1830›und rittere ûzirwelde,
1831›zu wâpin ellinthafte helde
1832›und geûbt von jungen zîten
1833›an urloige und an strîten.
1834›Darubir ist uns ouch bewêrt,
1835›daz sî ûzirmâze wert
1836›beide genême und gewêre
1837›sîn dem pâbiste und dem keisere
1838›und den vurstin, dî dâ pflein
1839›dûtschir lande allirwein.
1840›Des hân wir ganze hoffenunge,
1841›daz durch ire vurderunge
1842›der pâbist stifte ungespart
1843›sô her eine crûzevart,
1844›der diz arme lant getrôst
1845›werde und ûz nôt irlôst.‹
1846Dô dî hêrrin algemein
1847mit dem herzogin ubirein
1848trûgin an dem râte,
1849er schicte ûz vil drâte
1850boten wol achtbêre
1851mit brîven vil gewêre,
1852dî er sante danne
1853zu brûdere Hermanne
1854dem meistere ofte vorgeseit.
1855Und dô dî botschaft vorgeleit
1856im und sînen brûderin wart,
1857der meistir wûc dî sache hart
1858mit sînen brûdrin vorwâr
1859in manchim râte her und dar.
1860Zulest gerît der pâbist im sô
1861und der keisir, den sî dô
1862den andrin Friderîch nanden,
1863und von dûtschin landen
1864vurstin unde hêrrin vil,
186513 c    dî im gelobtin in dem zil
1866bîgestên in der geschicht
1867mit râte unde hulfe pflicht,
1868daz er nâch der bete,
1869dî da vlêlîch hête
1870herzog Cunrât an in gewant
1871sich der sachin undirwant.
1872Sus sante meistir Herman
1873brûdir Conrâde dan,
1874den man hîz von Landisberc,
1875an der botschafte werc
1876und noch einen andrin
1877brûdir, den er wandrin
1878hîz mit im und zogin
1879sô hin zu dem herzogin
1880von Polênen vorgenant,
1881daz sî besêhin Colmerlant
1882und irvûren ouch vorwâr,
1883ob dî botschaft wêre gar
1884geschên von sîme worte,
1885dî man dî boten hôrte
1886von sînen wegin werbin dâ.
1887Und dô dî brûdere quâmen sâ
1888zu Polênen, als ich las,
1889der herzoge ûzgezogin was
1890durch sache ein teil verre.
1891Dô hûb sich abir ein gewerre:
1892der Prûzin quam ein michil schar
1893und hertin her und dar
1894zu Polen in dem lande
1895mit roube und mit brande
1896dêswâr harte schedelîch.
1897Dô nâmen dî brûdere ouch an sic
1898der Polen ein michil rote
1899von der herzogîn gebote
1900Agâfien der vrouwen,
1901und begundin houwen
1902menlîch an der Prûzin her,
190313 d    daz ouch nam dî widirkêr
1904kegin in mit strîte hart.
1905Dô wanten sich ouch ûf der vart
1906an der êrstin zûzucht
1907dî Polêne an dî vlucht.
1908Alsô wurdin in der stunt
1909dî brûdre tôtlîchin wunt
1910und der Polênen houbtman
1911vûrtin sî gevangin von dan.
1912Darzû slûgin sî ouch vil
1913der Polênen in dem zil.
1914Und dô irgangin was dî nôt,
1915man vant dî brûdere vor tôt
1916ûf dem velde ligin
1917allir macht vorzigin.
1918Sî lîz dî vrouwe Agâfiâ

--- S. 325 ---

1919zu gemache brengin sâ
1920und schûf in gerête,
1921sô sî iz best dô hête;
1922darzû sî erzte in gewan
1923dî ire wundin heiltin sân;
1924und dô sî ledic wurdin
1925der smerzlîchin burdin,
1926sî wurbin wîslîch unvorholn
1927ir botschaft, als in was bevoln.
1928Dô her Cunrât vorgenant,
1929herzoge ûf polênische lant,
1930gehôrt ir botschaft hâte
1931mit clûgim rîfim rate,
1932als gesprochin ist dâvur
1933und mit vrîer willekur
1934mit voreintim mûte gar
1935und mit volge offinbâr
1936Agâfien der herzogîn
1937sîns weibes, und der sune sîn,
1938dî sus hîzin in der zît:
1939Boleslaw, Kasimir, Simowît,
1940gab er mit gesamtir hant
194114 a    dem dûtschin ordin dise lant:
1942Colmen ist daz ein irkant,
1943daz andre Lubau genant,
1944zu besitzene êwiclîch,
1945und al dî lant gemeinlîch,
1946dî sî nâch den zîten
1947mit gotis hulfe irstrîten
1948mochtin und intwendin
1949von der heidin hendin
1950mit al des nutzes rechte,
1951als er und sîn geslechte
1952sî her von anbeginne
1953mit hêrschaft hattin inne
1954und besezzin erbelîch.
1955Er vorzêch sich willeclîch,
1956darzû sîn wîb und sîne kint,
1957dî dâ vorgenennet sint,
1958allis rechtis und hêrschaft,
1959ansprâche und allir eiginschaft
1960êweclîch an den landin,
1961dî wir dâ vor benandin.
1962Und ûf daz dî gebunge
1963in ganzir vestenunge
1964mochte êweclîch bestân,
1965und daz dewedir wîb noch man
1966sî mochtin widirsprechin
1967noch hernâch vorbrechin,
1968des gab durch ganze sichirheit
1969der herzoge vorgeseit
1970den brûderen brîve wol bereit
1971nâch der sache intscheidinheit
1972mit sîme ingesigele ganz
1973wol bewârt ân allin schranz.
1974Dî dinc sach man urbarin
1975in unsirs herrin jârin
1976tûsint und zweihundirt
1977und darûf gesundirt
1978zwênzic und sechs jâr;      [1226
197914 b    in deme sechstin jâre zwâr
1980wurdin sî genende
1981berichtit ûf ein ende
1982vor hêrren und lûten vil,
1983der ich ein teil hî nennen wil
1984zu wârim gezûgnisse,
1985dî ouch vil gewisse
1986darzû gâbin râtis lêr:
1987von Masow bischof Gunthêr,
1988von Kuyaw bischof Michaêl.
1989Ouch was dabî in dem zel
1990von Prûzin bischof Cristiân,
1991prôbst Gernuld, Wilhelm decân,
1992und zwêne hêrren von Dirsaw,
1993dî beide hîzin Pacoslaw,
1994der alde und der junge.
1995Ouch gibt des gezûgunge
1996Jôhannes der kenzelêr,
1997der selbin brîve ein tichtêr,
1998der undirkenzelêr Gregôr,
1999und als ich ouch sprach dâvôr,
2000êrlîchir lûte noch vil mê,
2001dî bî den sachin wârin ê
2002dô sî wurdin sus bezilt,
2003der zu schrîbene mich bevilt1. —
Von der bestêtigunge der vorgesprochnen dinge und manunge, dî der pâbist zu den brûderen tet.

[Dusb. II, 6.]

2004Dô herzoge Cunrât,
2005von dem ir gnûc vornumen hât,

--- S. 326 ---

2006der heidin ummenschlîche tât
2007und dî clegelîche nôt,
2008dî sich sînen landin bôt,
2009in den hof zu Rôme intpôt
2010mit jâmirberndir clage sus,
2011der nûnde pâbist Gregôrius
2012in mitlîdunge wart beweit
201314 c    zu der armen cristinheit
2014in polênschin landin dort,
2015dô er dî clage hatte irhôrt
2016und gedâchte sî bewarn
2017vurbaz vor des jâmirs vârn,
2018darin gequelt was ir lebin.
2019Swaz geordint und gegebin
2020des dûtschin hûsis brûdren was
2021von dem herzogen, als ich ê las,
2022daz bestêtigte alliz sam
2023der pâbist in unsirs hêrren nam
2024und bevûl den brûdren daz
2025um allir sundin ablâz,
2026daz sî nâch all irre craft
2027soldin an der heidenschaft
2028daz unrecht rechin unde kêrn
2029des gecrûzigittin hêrn
2030mit vil swindin êchtin1,
2031und daz sî widir brêchtin
2032zu der cristenheite hant
2033dî gegenôte und dî lant,
2034dî von den heidin wârin
2035bekummirt in den jârin,
2036dî dî cristenen soldin hân.
2037Der pâbist dî brûdre ouch began
2038zu strîte manen unde sprach,
2039daz vil lîblîch sus geschach:
2040›Sune, gurtit ûwir swert
2041›und sît an creftin wert;
2042›gereit ûch zu allir zît
2043›kein der argin dît in strît,
2044›dî zu vorstôrne ist gereit
2045›uns und unsir heilikeit;
2046›wan uns bezzer ist dî nôt,
2047›daz wir in strîte ligin tôt,
2048›wenne daz wir sûllen sêhn
2049›und in jâmirkeite spêhn
2050›unsir volc bemeilgin
205114 d    ›und ouch unsir heilgin.‹
2052Er stercte ouch mit innekeit
2053dî brûdre zu grôzmûtekeit
2054mit wortin, dî got sprach vorwâr
2055zu der israhêlschin schar
2056dâ bevor in aldir zît:
2057›Zûch dû ûz‹, sprach er, ›in strît
2058›widir dî vînde dîn,
2059›und sîestû sî mechtigir sîn
2060›an menge, weinen und an rîtin,
2061›den dû sîs in den gezîtin,
2062›vorcht sî nicht in allir vrist
2063›want got dîn hêrre mit dir ist.‹
2064Ouch stêt dâbî ein andir wort,
2065dâmite er sî trôste dort:
2066›Ir sullit hûte sundir wân
2067›ûwern vîenden kegingân
2068›in vil hartis strîtis pflicht!
2069›Ûwer herze irschrecke nicht;
2070›nicht vorchtit sî, noch wîchit ôt,
2071›want mittin undir ûch ist got!‹
2072Dise grôze mûtikeit
2073volleclîchin was geleit
2074an Judam Machabêum zwâr;
2075want dô er hîlt mit cleinir schar
2076kein unzelîchir heidenschaft,
2077nâch unvorzagtis mûtis craft
2078stercte er dî sînen dô
2079und sprach zu in alsô:
2080»Invorchtit nicht ir menge grôz,
2081›noch ûch irschrek ir widirstôz.
2082›Nemit zu herzin und betracht,
2083›wî unsir vetre vrîe gemacht
2084›wurdin in dem rôtin mere,
2085›dô Pharaô mit sîme here
2086›in vîentlîchin zogete zû.
2087›Und schrîe wir in den himil nû,
2088›sô wirt ubir uns vil armen
208915 a    ›unsir hêrre sich irbarmen.
2090›Er wirt gedechtic der geschichte,
2091›wî er zu unsirn vetren pflichte
2092›und wirt vor unsern ougin hûte
2093›zurîbin al diss heris lûte,
2094›ûf daz alle dît irvarn,
2095›daz got alleine mac bewarn
2096›und irlôsen, wen er wil.
2097›Invorchtit ouch in keime zil

--- S. 327 ---

2098›des sundigin mannis wort,
2099›want al sîner êren hort
2100›ist ein unvlât und ein wurm.
2101›Hûte stîgit er als ein turm;
2102›morne ist er sô vorswundin,
2103›daz sîn nichtis nicht wirt vundin.
2104›Darum, ô lîbin sune, sît
2105der ê minnêre alle zît
2106unde wâgit bederbe
2107›umme der vetre erbe
2108›in strîte ûwir lebin hin!
2109›Vazzit gar in ûwirn sin
2110›und bedenkit ebene,
2111›waz bî irme lebene
2112›ûwir vetir hân getân;
2113›sô wert ir grôze êre entpfân
2114›und ûwer name sundir wân
2115›wirt êweclîch in prîse stân.
2116›Vazzit, edilin helde gût,
2117›vrîez herze, kûnen mût!
2118›Vorchtit keinerhande wê
2119›und werbit menlîch in der ê,
2120›want sô ir leistit dî gebot,
2121›dî ûch hât gebotin got,
2122›sô kumit ir in sulche êre,
2123›dî dô werit immir mêre.
2124›Des nemt zu ûch gewêre
2125›alle der ê gunnêre
2126und andit ûwirs volkis leit;
212715 b    sît mit starkir hant gereit,
2128daz ir geldit dî widirmîte1
2129der argin heidenischin dîte.
Von nûwen strîte der brûdere des dût­schin hûsis kegen den Prûzin.

[Dusb. II, 7.]

2130Dâbevor in aldir zît
2131manch und mancherleie strît
2132kegin den Prûzin ist geschên,
2133als dî histôrgen vorjên
2134von dem keisir Juliô
2135und von nûn gebrûdrin sô,
2136dî dî Gamptin wârn genant
2137und geborn von Swedinlant
2138und von hêrn Hûge, der dâ was
2139genant Potyre, als ich las,
2140zulest ouch bischof Cristân,
2141den wir dâ vor genennet hân,
2142von Prûzin ofte mit in streit
2143und dî swertbrûdere vorgeseit,
2144dî man nante von Dobrîn.
2145Abir swen dî Prûzin sîn
2146mochtin habin stâte,
2147sô rantin sî vil drâte,
2148daz sî ir houbitlûte sân
2149und andre, da icht macht lac an,
2150entwedir tôt irslûgin
2151odir mit unvûgin
2152sô verre sî vortribin hin,
2153daz sî nicht mochtin schadin in.
2154Mit sus getâne liste craft
2155sî daz joch der eiginschaft
2156und dînstlîcher arbeit,
2157dî in zûtreib dî cristinheit
2158von iren helsin leiten
2159und blibin in irrekeiten.
2160Abir in disen zîten
2161begondin kegin in strîten
2162dî dûtschin brûdere gemeit
216315 c    mit nûwir strîte sichirheit.
2164Diz mugin gene strîte wesin,
2165dî got nûwe hât irlesin,
2166daz er der vîende pfortin
2167vorkêr an allin ortin.
2168Want ob sî wol an eime tage
2169vortilgtin mit tôdis plâge
2170einen odir mêr houbtlûte,
2171sô werdin morgin oder hûte
2172alsô gûte an ire stat
2173odir bezzere gesat.
2174Und nicht allein dî nûwikeit
2175an ire strîte ist geleit,
2176sundir ouch mit undirscheit
2177in strîte nûwe forme treit,
2178want nicht alleine mit lîblîchin,
2179sundir ouch mit den geistlîchin
2180wâpenen wirt ubirwundin
2181der vîent in manchin stundin,
2182alsô daz gebete ist;
2183want von Môysê man list,
2184daz der bette bin den zîten,
2185dâz mit den Amalêchîten
2186streit dî israhêlische schar,

--- S. 328 ---

2187dî ouch gesigete vil gar,
2188dî wîl er zu gebete stûnt,
2189und swen sich im bôt dî stunt,
2190daz er des gebetis vorzêch,
2191sô gesigte Amalêch.
2192Diz selbe hât von Môysê
2193Salomôn gerûrt auch ê
2194in dem bûche der wîsheit,
2195dâ er alsust von im seit,
2196daz er ubirwant dî her
2197nicht mit wâpinlîchir wer
2198noch ouch mit des lîbis macht,
2199sundir mit wortin der andâcht.
2200Und ouch daz bûch der richtêre
220115 d    spricht von im sus gewêre:
2202›Gedenkit an den gotis wîgant,
2203›der nicht mit strîte ubirwant,
2204›sundir mit gebetis vlê
2205›Amalêch dî roten ê,
2206›dî in vrevele wilde
2207›sich trogin ûf ire schilde.‹
2208Ouch lese wir von den Machabên,
2209daz sî in gebete schrên,
2210dâ von irre vîende trucht
2211zegelîchin nam dî vlucht;
2212unde lesin ouch alsô
2213von Judâ Machabêô,
2214daz der zu gote sîn gebet
2215in zwein strîten nicht intet,
2216in den iz ubil im irgînc.
2217Kein Anthiocho er gevînc,
2218den man nante Eupator,
2219der strîte einen dâ bevor
2220und dô bleib er des sigis ân
2221und mûste intwîchin dan.
2222In dem andren gînc iz sus:
2223Bachides und Alchimus
2224zugin kegin im mit craft
2225und dô wart mit nôt behaft
2226der unvorzaite Judas,
2227der des mûts ein lewe was
2228und dez tat noch michil mê.
2229Alleine er tête harte wê
2230den vîandin ûf den tac,
2231der dô manchir tôt gelac,
2232doch sich der strît sô lange wîl1,
2233unz er ouch leidir dâ gevîl
2234und daz israhêlische her
2235wart dô vluchtic sundir wer.
2236Noch ist ein andir nûwekeit
2237zu strîtene uns vorgeleit
2238kein der alle sterke vûlt,
223916 a    und dî ist genant gedult.
2240In der hân vil gewêre
2241dî heiligin merterêre
2242des lîbis hi vorgezzin
2243und ir sêlin besezzin
2244bî gote dort in vroudin pflicht.
2245Dâ von sus ein pôêta spricht:
2246›Gedult ein edil kunne ist
2247›zu gesigne alle vrist;
2248›swer dâ dult, der vint den sic;
2249›wiltû gesigin, duldin pflic!‹ —
2250Ouch hât er geschribin sâ
2251von der gedult andirswâ:
2252›Gedult dî ist ein tugint grôz,
2253›des sigis pflegelîch genôz;
2254›sî ubirtwingit âne drôz
2255›dî in wapin unde blôz.‹ —
2256Von der gedult ouch sprichit sus
2257der gûte sente Gregôrius2:
2258›Ân îsins unde vlammen pîn
2259›mug wir merterêre sîn,
2260ob wir wêrlîch behaldin
2261›gedult in mûtis valdin.‹ —
2262Jêronimus ouch dâzû dônt:
2263›Sâ welch heilge wirt gecrônt,
2264›er endulde sundir crîgin?‹
2265Sint der kirchin von der wîgin
2266nî ab was druckindiz leit
2267noch duldende gerechtikeit.
2268Alsus sô hân wir nûwen strît,
2269dem nûw intscheidinheit bîlît,
2270in der wir mit geistlîchir wer
2271mugin der vîande her
2272der cristenheit und des geloubin
2273ubirwindin und betoubin.

--- S. 329 ---

Von vleischlîchin und von geistlîchin wâpenen.

[Dusb. II, 8.]

2274In canticis geschribin stât,
227516 b    daz allerleie wâpinwât
2276der reckin, als ich iz dâ las,
2277in kunic Davîdis turme was.
2278Von sechzic reckin ouch aldâ
2279stêt dâbî geschribin sâ
2280der sterkstin, sô man las mit wel
2281ûz den reckin von Israhêl,
2282gelart zu strîte und wert,
2283daz sî alle trûgin swert
2284und mit hûte nâmen war
2285ummewandrin her und dar
2286Salomônis bette.
2287Ir iclîchir hette
2288sîn swert ûf sîne huf vorwâr
2289gebundin durch der nachte vâr;
2290daran uns ouch bezeichint ist,
2291daz dî hûtêre alle vrist
2292des houbtis Jhêsû Cristî
2293wâpin sullin habin hî,
2294dâmitte sî betoubin
2295dî vîende des geloubin
2296und des geloubin turm bewarn
2297vor allin schedelîchin vârn
2298und vlîzin sich darzû,
2299daz sî in vridelîchir rû
2300und in stêtir sichirheit
2301hûtin der heiligin cristinheit,
2302dî dâ genant ein bette is
2303des wârin Salomônis.
2304Abir want dî schrift bewîst,
2305daz vrowe Judit ist geprîst
2306nicht von der wâpene achte,
2307sundir von tuginde machte,
2308dâmit sî Holofernem slûc:
2309›Wer hoffit dann, daz in genûc
2310›bewar sîn boge und sîn swert;
2311›odir welche sîn sô wert
2312›gewesin und sô vormezzin,
231316 c    ›daz sî hân besezzin
2314›mit ir swerte dî erdin?
2315Darum sol wir des werdin
2316Sente Paulus lêre intpfân
2317und dî wâpin legin an
2318gotis, daz sint tugint,
2319dî alleine mugint
2320den menschin, als Macrôbius1 spricht,
2321sêlic machin mit ir pflicht
2322und iren besitzêre
2323bewarn mit craft gewêre.
2324Der tuginde wâpin sullin gar
2325uns von vîentlîchir vâr
2326bewarin und beschirmen sus,
2327als dâ spricht Bôêcius:2
2328›Wir habin wâpin dir gegebin,
2329›dî dich bewart hêttin ebin
2330›mit ungeleztir vestinkeit,
2331›hêttis dû sî nicht abgeleit.‹
2332Nû sol ûch werdin hî geseit
2333von der wâpin undirscheit,
2334beide der vleischlîchin
2335und ouch geistlîchin,
2336der dî heilige schrift gewigit,
2337dâmit man in dem strîte pfligit
2338kempfin, den dâ nûw irkorn
2339got hât, als ich sprach dâvorn. —
Diz ist vom pukulêre.
2340Wer nû in disin strît wil gân,
2341der sal zum allir êrstin hân
2342den pokelêr und dâ stêt von
2343geschribin sus, daz Salomôn
2344machin lîz zweihundirt sper
2345und drîhundirt pokelêr.
2346Ouch lese wir dâvon alsô
2347in ecclêsiasticô:
2348›Der gerechte in allin zîten
2349›sol kein dem vîande strîten
235016 d    ›ûf den pokler des mechtigin,
2351›ob er an im wil gesigin.‹
2352Vor den poklêr sol uns zemin,
2353daz wir den geloubin nemin,
2354dâvon sente Paulus spricht:
2355›Nemt vor ûch in allir schicht
2356›des geloubin pokelêr,
2357›der ein vullemunt gewêr
2358›allir tugindin ist genant‹;
2359und âne den, als uns irkant

--- S. 330 ---

2360machit sente Augustîn,
2361alle tugint untuchtic sîn
2362und glîch dem zwîge werdin sôr,
2363der ûfwachsin wil inpor
2364unde enpirt doch der craft
2365des stammis, dî in tût besaft.
2366Ouch ist nâch sente Paulis sain
2367unmuglîch, daz îmant behain
2368gote ân geloubin muge
2369odir icht an genâdin tuge.
2370Hât in abir unsir mût,
2371uns kumt mit im alliz gût.
2372Des spricht unsir hêrre sô
2373in dem êwangeliô:
2374›Habit gotis geloubin gar,
2375›want ich sage ûch daz vorwâr
2376›swer dâ sundir zwîvils pflicht
2377›sust zu disem berge spricht:
2378»Irheb dich, lâz dich in daz mer!«
2379›geloubit er âne zwîvils kêr
2380›alliz, daz er spricht: »Geschich,«
2381›daz geschicht im sichirlîch.
2382Nû secht, wî rechte grôze craft
2383an den geloubin ist gehaft.
2384Diz ist der pokelêre
2385sô starc, sô sigebêre,
2386dâmite kunic Josaphat
2387von Judâ zu dem volke trat,
238817 a    daz er vorzaitis mûtis sach,
2389und sus mit trôste zû in sprach:
2390›Getrûwit gote ûwerme hêrn,
2391›sô wirt sich zu gelucke kêrn
2392mit sichirheit al ûwir dinc.
2393Daz ouch gar alsus irgînc:
2394want dî Amonîten
2395und ouch dî Moabîten,
2396dî geslechte beide,
2397dî in argir vreide
2398kegin in gesament wârn,
2399begundin dâ einandir vârn
2400und wuntin undir einandir sich
2401dêswâr alsô vîentlîch,
2402daz sî alle blibin tôt.
2403Dî nôt dâ vrûnt dem vrûnde bôt.
2404Ouch was iz, als wir lesin dort
2405eins starkin geloubin wort,
2406daz Dâvît sprach zu Goliat,
2407dô er in kampfe kein im trat,
2408›Dû kumist zu mir here
2409›mit swerte, schilde, spere,
2410›zu kempene vrevelîch;
2411›sô kum ich alhî widir dich
2412›in unsirs hêrrin namen.‹
2413Sus trâtin sî zusamen;
2414und dô gab got ouch alzuhant
2415Goliam in Dâvîdis hant,
2416daz er in dâ zu tôde slûc.
2417Ouch was grôz geloube gnûc
2418an Sauls sune Jonatâ
2419und Machabêô Judâ,
2420dô ir islîch dise wort
2421sprach bî sînen zîten dort:
2422›Gote ist des nicht zu vil;
2423›er mac helfin, swem er wil,
2424›sô wol kein grôzir menge zwâr,
2425›als kein einir cleinin schar.‹ —
242617 b    In des geloubin vestikeit
2427Jonatâs selbandir streit,
2428er ôt und sîn wêpenêr,
2429kegin der Philistêin her
2430und irslûgin ir zuhant
2431wol zwênzic, dî man ligin vant
2432kûm eins halbin morgins breit,
2433des dî dît gar wart irweit
2434und an dî vlucht gewant dâvon.
2435Man sach Judam ouch slân Serôn
2436und al sîn her getoubin
2437in creftin des geloubin.
2438Diz ist der sic, dâmite man
2439der werlde gesigit an.
2440Wer ist abir, der dâ gesigt,
2441wen der, der des geloubin pfligt,
2442daz gotes sun sî Crist Jhêsus?
2443Want unsir herre spricht sus:
2444›Swer an mich geloubit,
2445›und wêre er joch beroubit
2446›des lebins gar, im wirt gegebin
2447›widir wol gesunt sîn lebin.‹
2448Darumme wende her und dar
2449von ende bis zu ende gar
2450mit merkindis sinnis grift
2451der heilgin êwangêlien schrift,
2452sô vindistû vil nâch alle vrist
2453swâ man von unsim hêrrin list,

--- S. 331 ---

2454wî er hât nâch sîner macht
2455lîb und sele heil gemacht,
2456daz er î endet dî geschicht
2457mit sulchin wortin, dî er spricht:
2458›Dîn geloube hât gesacht,
2459›daz dû bist gesunt gemacht.‹
2460Alsus hât ir den pukeler.
Von dem swerte.
2461Nû nemt daz swert zu strîtis wer,
2462Von dem swerte sus ich las,
2463daz iz Jêremîas
246417 c    Judê gab und sprach zu im:
2465›Sêh, diz heilige swert nû nim
2466›von gote zu prisande,
2467dâmite dû dî vîande
2468›des volkis von Israhêl
2469›nidirwirfis sundir vêl
2470›und sî machis êren blas.‹
2471Diz ist daz swert, dâ mit Judas
2472pflac dî israhêlîschin scharn
2473schôn beschirmin und bewarn.
2474Diz swert, ir gotisrittere wert,
2475vûrt recht als Saul sîn swert,
2476daz nî îtel widirquam,
2477swâ iz sînen swanc hin nam,
2478daz an gotis vîendin dort
2479wirt irvullit gar daz wort:
2480›Bûzin sî daz swert vorhert,
2481›binnen gar dî vorchte irvêrt
2482›dî mait und ouch den jungelinc,
2483›den aldin und ouch den sûgelinc‹;
2484und daz sî sprechin alle zît,
2485sô icht nôt ûf in gelît:
2486›Nicht andirs ist, daz uns beswêrt,
2487›wenn ôt Gedeônis swert‹;
2488daz ist des getwangis craft
2489cristinlîchir rittirschaft.
2490Vor daz swert nim gûte tât,
2491want der geloube ist lebins mat,
2492der der werke nicht inhât. —
2493Etslîche wâpin ôt bewarn
2494den lîb vor vîentlîchin vârn.
2495Sô ist daz swert nâch sîne urbarn
2496wol dem werke glîch gezalt,
2497dâmite der vîent wirt gevalt;
2498und als daz swert itwedir sît
2499ist gescherfit unde snît,
2500sust dî gûtin werc gewêr
2501beschirmen irin wirkêr
250217 d    ûf ein sît vor der helle pîn,
2503ûf der andren sî in în
2504zu der vroudin leitin,
2505dî nîmant mac vol reitin1.
Von dem spere.
2506Nû nemit ouch zu strîtis ger
2507dî dritte wer, daz ist daz sper,
2508dâvon stêt geschribin sâ,
2509daz der prîstir Jôjadâ
2510sper den houbtmannen gab,
2511dî er gescheidin hatte ab
2512darzû, daz sî mit wartin
2513daz gotis hûs bewartin.
2514Dise sper Jôab mit craft,
2515ein vurste der ritterschaft,
2516in Absalônis herze stach,
2517an dem er vîentlîchin rach,
2518daz er vorvolgete mit nîde
2519sînen vatir, hêrn Dâvîde.
2520Vor daz sper, daz dâ ist recht,
2521nemt rechtin vorsatz slecht,
2522als sente Paulus lêre gît:
2523»Swaz ir tût zu allir zît,
2524›daz daz allentsamen
2525›geschê in gotis namen,
2526›iz sî an wortin odir an tât,
2527›swelchir wîs ir daz begât
2528›ezzinde odir trinkinde,
2529›wachinde odir winkinde2,
2530›und ôt waz ir andirs tût,
2531›daz des vorsatz wese gût
2532›und sich dâvon mêre
2533›gotis lob und êre.‹ —
2534Von disim spere sich vil schôn
2535beide lôn und ouch unlôn
2536eins itslîchin werkis treit
2537mit alsulchir undirscheit:

--- S. 332 ---

2538ein bôse vorsatz, der mac nicht
253918 a    zu gûtin werkin habin pflicht;
2540dawidir ouch ein vorsatz gût
2541bôsir werke nicht intût. —
Von deme schilde.
2542Den schilt ûch vor daz vîrde hât.
2543Dâvon in Isâiâ stât
2544mit wârin worten sus bezilt:
2545›Wol ûf, ir vurstin, vazt den schilt!‹
2546Zu Josuê sprach got ouch sô:
2547›Nim den schilt und heb in hô,
2548›den dû hâst in dîner hant
2549›und stê alsô gewant
2550›kein der stat Hay genant;
2551›dî wil ich gebin dir zuhant.‹
2552Darnâch stêt geschribin ouch,
2553daz Jôsuê nicht widirzouch
2554dî hant, dî er irhabin hîlt,
2555darinne er des schildis wîlt
2556sô lange, unz mit swêre
2557alle dî inwônêre
2558von Hay wurdin tôt geslagin.
2559In sulchir wîs sullin tragin
2560al edele strîtêre
2561iren schilt gewêre,
2562noch den vorwerfin in keinir vrist,
2563sam Saul tet, von dem man list,
2564daz ûf dem gevilde
2565vorwurfin wurdin schilde,
2566der starkin schilt, Sauls schilt,
2567sô zeglîch, sam er nî gebilt
2568zu kunge wêre vor der zît.
2569noch mit olei ê gewît.
2570Vor den schilt nim gotis wort,
2571daz dich mit lêre wîsit vort,
2572wiltû sî ebin merkin
2573zu allin gûtin werkin,
2574dâvon wir sus beschribin hân:
2575›Gotis wort ist sundir wân
257618 b    ›ein schilt durchvûgirt allin den,
2577›dî dran mit hoffenunge gên.‹ —
2578Der schilt darumme durchvûgirt heizit,
2579want er sicherheit intheizit
2580und bewart zu allin mâln
2581vor den vûrigin strâln,
2582dî der tûvil schûzit.
2583Hîvon dî schrift intslûzit,
2584daz Machabeus Judas
2585dî sînen alle, waz der was,
2586nicht wâpinte mit were
2587der schilde noch der spere,
2588sundir er pflac sî vestin
2589zu strîte mit den bestin
2590wortin, dî im wârin irkant
2591von gote, dî ouch sîn genant
2592dî bestin wol nâch rechte;
2593want gotis wort tût slechte
2594und machit waz iz wil;
2595iz nutzebêrit alle zil
2596dî, zu den iz wirt gesant.
2597Wirt der nutz an eim irwant,
2598sô hilft iz an dem andren sidir;
2599iz kumit î nimmir îtel widir.
Von dem halsberge.
2600Nû nemt zum vumftin den halsberc
2601ûf des nûwen strîtis werc.
2602Dâvon stêt geschribin sus,
2603daz Judas Machabêus
2604sam ein rise leite an
2605einen halsberc wolgetân
2606und beschirmte sîne lant.
2607Vor den halsberc sî genant
2608alhî dî gerechtikeit,
2609dâvon sente Paulus seit:
2610›Sît gemant, daz ir anleit
2611›den halsberc der gerechtikeit.‹
2612Gerechtikeit ist solchir art,
261318 c    daz sî gibit ungespart
2614daz sîne eim iclîchin wol,
2615als er von rechte habin sol.
2616Gote gibt sî dî dêmût,
2617dâmite sî sich undirtût,
2618(als er ouch selbe spricht, wir suln
2619sus al gerechtikeit irvuln);
2620dem nêstin mitlîdunge pflicht
2621irbûtit sî. Dâvon ouch spricht
2622sente Grêgôrius1 gereit:
2623›Dî wâre gerechtikeit
2624›stête mitlîdunge treit;
2625›dî valsche hât unwirdikeit.‹

--- S. 333 ---

2626Ir selbin gibt sî getwanc
2627des vleischis, daz gar sundir wanc
2628sal recht als eignîn
2629undir der sêle joche sîn. —
2630Dâvon ecclêsiasticus
2631sprichit dise lêre sus:
2632›Sun, wenne dû gevêhs den ganc
2633›in gotes dînstlîchin getwanc,
2634›sô stant in gerechtikeit;‹
2635und darzû sî dir mê geseit:
2636›Durch der rechte dulde pîn
2637›an dir um dî sêle dîn
2638›unde vicht unz in den tôt
2639›um dî gerechtikeit; wan got
2640›wil denne vechtin ouch vor dich
2641›kein dînen vîendin crefticlîch.‹
2642Sô wirt den irvullit dort
2643wol ebene ein sulchiz wort
2644gesprochen von Dâvîde1:
2645›Gerechtikeit und vride
2646›voreinit sîn in kûschir pflicht.‹ —
2647und andirs wirt kein vride nicht;
2648sundir daz vleisch treit gelust
2649widir den geist in abekust.
2650Dâwidir ouch der geist begert,
265118 d    daz dem vleische ist unwert.
Von dem kochir und von dem bogin.
2652Ouch vûgit sich zu des strîts gezoge2
2653beide kochir unde boge,
2654dâ von Isaac sprach zû
2655sîme sune Esaû:
2656›Nim zu handin dîne wer,
2657›bogin unde kocher!‹ —
Von der strâlin.
2658Strâln ouch hîzû gehôrn,
2659wolle wir dî vîende stôrn.
2660Von den strâln, als ich las,
2661sprichit Isâias:
2662›Den kunic von Mêdinlande hât
2663›irweckit der gotlîche rât
2664›widir Babilônem.‹ —
2665Vullit, daz ist ûch bequêm,
2666dî kochere mit pfîlen,
2667ûf daz in disin wîlen
2668got mit ûch muge andin
2669an sînes crûzis vîandin
2670dî wort, dî er gesprochin sô
2671hât in deutrônomiô:
2672›Samenen ich ûf sî wil
2673›ubils unde jâmirs vil
2674›unde wil ân irwendin
2675›nûn strâlin in in endin.‹ —
2676Wir sullin vazzin andrin sin
2677bî den vorgenantin drîn,
2678bogin, kochere, strâlin,
2679und dâbî uns mâlin
2680drî dinc, darûf sich ebin
2681ein iclîch geistlîch lebin
2682stiftin mûz, dî sint geseit
2683gehôrsam, armût und kûscheit.
2684Gehôrsam hât gewisse
2685wol des bogin glîchnisse;
2686wen als der bogin wirt gezogin
268719 a    gecrummit und widirbogin
2688und doch blîbit bruchis ân,
2689sust ein iclîch geistlîch man
2690sol ouch setzin sînen mût,
2691daz er ubil unde gût,
2692bequêm und unbequême
2693in glîchim mûte neme
2694âne murmelâte
2695unde in gehôrsam drâte
2696lâz er sich sundir trîgin
2697bîgin und widirbîgin.
2698Von dem bîgin sprach Isaac,
2699dô er Jacobe seines pflac:
2700›Vor dir bîgin sich zu tal
2701›dîner mûtir sune al.
2702›Ein hêrre dîner brûdre bis!‹ —
2703So mac sprechin wol gewis
2704der gehôrsame sâ
2705diz wort mit Jeremiâ:
2706›Den bogin sîn gespannin hât
2707›der hêrre und mich hât gesat
2708›als zu der strâlen ein zil.‹ —
2709Ô wî harte unde wî vil
2710bûgit sich denne in den span
2711der boge, sô ein geistlîch man

--- S. 334 ---

2712in strîte vor im sît den tôt
2713und nicht entwîchin tar der nôt!
2714Daz ist der gehôrsam
2715deswâr harte lobesam
2716und ubir alliz opfir gût;
2717want, als Grêgôrius1 kunt tût,
2718›Vremde vleisch daz opfir nôtit;
2719›der gehôrsam eiginz tôtit.‹ —
2720Dî strâlen daz geschutze treit
2721und bezeichint dî kûscheit,
2722want, als der wol schîzin wil,
2723mit sinnen merken mûz daz zil;
2724als mûz der sinnen ebin,
272519 b    der dâ wil kûschlîch lebin,
2726wî er mit der sêlin craft,
2727dî ir natûrin ist geschaft,
2728des vleischis sinnen widirstâ,
2729dî dâ sint geneigit nâ
2730zu den sundin alle zît.
2731Und als dî strâlin trîbin pflît
2732des schuzzis, nicht ir selbis macht,
2733als ist iz um kûscheit gemacht.
2734Nîmant kûsch mac gelebin,
2735iz werde von gote im gegebin.
2736Ouch vlûgt nâch vogils sittin
2737zwû vedren inmittin
2738dî strâl, ûf daz sî snelle
2739den vîant tôt gevelle.
2740Sust ouch an der kûscheit sint
2741zwû vederen, daz dî den vînt,
2742den argin, aldin trachin,
2743der kûsche widirsachin,
2744gar an creftin tû geblant.
2745Dî zwû vederen sint genant
2746aldis lebins nûwekeit
2747und des vornûwins nutzberkeit.
2748Von dirre zweir vedre schicht
2749Isâias alsust spricht:
2750›Dî ir hoffin hân gehaft,
2751›dî werdin wandelin ir craft
2752›des lîbis in des geistis gar
2753›und nemin vedrin als der ar:2
2754›want sô sich der vornûwin wil,
2755›sô legit er abe in dem zil
2756›al sîn alt gevidere
2757›und nimt nûwiz widere.‹
2758Zu alsulchir nûwekeit
2759mant uns Paulus, dâ er seit:
2760›Den aldin menschin abeleit
2761›mit der êrstin gewonheit,
2762›den der irrikeite ger
276319 c    ›pfligt machin wandilbêr,
2764›und tût den nûwen menschin an,
2765›der sich nâch gote schepfin kan
2766›in heilikeite und in tugint.‹ —
2767Sô wirt vornûwit ûwir jugint
2768glîchir wîse als des arn;
2769ir wert mit snellim vlûge varn
2770in der tugint der kûscheit
2771sundir alle mûdekeit,
2772want ouch dî strâle Jonathê
2773zurucke nî gepralte ê.
2774Des mac des kûschin menschin vleisch
2775mit Îoppe tûn alsulchin creisch,
2776sô iz twingit bande pîn:
2777›Dî gotis strâlin in mir sîn;
2778›der zorn ûztrinkit mînen geist
2779›der unkûschlîchen volleist.‹ —
2780Welchin zorn, wî harten strît
2781widir einandir alle zît
2782kûsche und unkûsche hân,
2783der kuntschaft wên ich nîman
2784alsô volleclîch gebrûcht
2785sam der, der iz hât vorsûcht.
2786Von der vornûwunge nutze sus
2787spricht sente Bernhardus:
2788›Sô waz hât grôzir zîrheit,
2789›wen dî reine kûscheit,
2790›dî daz wol reine machit,
2791›daz sich von unvlât sachit?
2792›Den vîent macht sî heimelîch.
2793›Ouch zûet ir vrucht sô hôe sich,
2794›swelch mensche ûf irin stengil
2795›sich pfropfit, der wirt ein engil.‹
2796Ouch lese wir von vrowin Judittin
2797daz sî nâch menlîchin sittin
2798Holofernem velte tôt
2799und lôste gotis volc ûz nôt.
2800Daz heil wart ir darum gegebin,
280119 d    daz sî minte kûschiz lebin.

--- S. 335 ---

2802Ô wî schôn in nutzis wunne
2803bistû, edilz kûschiz kunne! —
2804Der kochir uns bezeichint tût
2805mit glîchnisse daz armût;
2806want als dî strâl behaldin
2807wirt in des kochirs valdin,
2808sust wirt dî kûscheit in armût
2809vorborgin und behaldin gût.
2810Des mac dî kûsche sprechin dort
2811in Isâiâ ein sulch wort:
2812›Got der hât gesat mîn wesin
2813›als ein strâle ûzirlesin
2814›und hât vorborgin mich
2815›in sîme kochir sundirlîch.‹ —
2816Doch mac nicht gnûc gedûtin
2817an geistlîchin lûtin
2818daz armût zu der geschicht,
2819von dem sente Bernhart spricht:
2820›Sî wellin tragin der ermde joch,
2821›sô daz in nichtis gebreche doch,
2822›und minnen alsô daz armût,
2823›daz sî besitzin alliz gût‹;
2824sundir sich mûz darzû zechin
2825willig armût mit gebrechin,
2826dâvon Cristus sprichit alsô
2827in dem êwangeliô:
2828›Sêlic sint dî armin,
2829›dî in dem geiste armin.‹ —
2830Dî armunge sol geschên
2831nâch sente Bernhardis jên
2832in vorsatze gewêre
2833und in geistlîchir gere
2834allein durch gotis behegenis
2835und durch der sêlin heil gewis. —
2836Diz sint dî kochere rechte
2837Adâdezêris knechte,
2838dî der kunic Dâvît mit em
283920 a    vûrte zû Jhêrusalêm.
2840Sô vil sprichit Adâdezêr
2841als ein vordirstir scheidêr
2842und bedûtit armekeit,
2843dî dâ von rîchtume scheit.
2844Sô sprichit Dâvît mit witzin:
2845begerlîch des antlitzin,
2846unde bedûtit unsirn hêrrin Crist,
2847des antlitze sô schône ist
2848und sô rechte wunnenbêr,
2849daz dî engil in grôzir ger
2850âne drôzis mittewist
2851dar inbren zu allir vrist.
2852Der trûc dî kochre der ermde
2853mit bittirlîchir hermde
2854unz zu Jhêrusalêm sô hin,
2855dâ er durch unsers heilis gewin
2856an eime crûze nackit gehînc,
2857ûf daz wir ouch gên, als er gînc
2858und volgin sîme armûte
2859mit willigim gemûte.
2860Diz armûte vrîe
2861›ist ouch ein arzenîe,‹
2862als Grêgôrius dô seit:
2863›dî der sittin krancheit
2864›letzit unde machit kunt,
2865›dî tût armûte wol gesunt
2866›mit sîner arzedîe art.‹
2867Armûte tôtit hôchvart
2868mit sînes smackis pregiln1,
2869und dî zwû helleegiln,
2870unkûsche und girekeit
2871vorsteckit gar sîn tuchtikeit. —
2872Ouch sul wir ein slenkir hân,
2873ob wir zu strîte wollin gân.
2874Dâvon spricht, als ich las,
2875der wîssage Zacharias:
2876›Got der herre wirt bewarn
287720 b    ›und bedeckin sî vor vârn;
2878›sô werdin sî dem vrâze
2879›sich begebin mit unmâze,
2880›um daz vormeinen
2881›wirt er mit slenkir steinen
2882›herteclîch kein in swingin
2883›und sî dâmite betwingin.‹
2884Von der slenkern wir ouch hân
2885in der kunge bûche stân
2886sulche wort geschribin:
2887›Iz sal werdin getribin
2888›dî sêle um und umme
2889›nâch schîbelechtir2 crumme

--- S. 336 ---

2890›der vîende Dâvîdis vor wâr
2891›als in einim summin gar
2892›und in einim umme swenkirn
2893›des zirkils einer slenkirn.‹
2894Diz ist dî slenkre, dâ mit
2895kein Goliam trat Dâvît
2896und in in dî stirne warf
2897mit eime steine alsô scharf,
2898daz er im in den schedil dranc
2899dâvon der grôze rise lanc
2900vîl ûf sîn antlitze
2901dânidir âne witze.
2902Alsus Dâvît der cleine
2903mit slenkren und mit steine
2904den grôzin risin ubirwant
2905und slûc in tôt mit sîner hant. —
2906Ouch in dem nûwen strîte hab
2907bî der slenkren einin stab,
2908von dem spricht, als ich vornam,
2909got sus durch Isâiam:
2910›Wê dir, Assur, dî gerte
2911›mînes zornis vil herte
2912›wirt dich treffin und slân
2913›und mîn stab sal sundir wân
2914›in den êgiptschin wegin sich
291520 c    ›zu slag irhebin ubir dich.‹
2916Nû ist in der histôrgen
2917ein geistlîch sin verborgin
2918an slenkirn und an stabe,
2919dâ wir sus lesin abe,
2920daz Dâvît, dô der solde,
2921kempfin, als er wolde
2922mit dem risin Goliam,
2923sînen stab ôt mit im nam,
2924den er pflegelîchin trûc;
2925und vumf steine scharf gnûc
2926las er in sîn tasche
2927und eine slenkre rasche
2928trûc er ouch in sîner hant,
2929dâmit er velte ûf den sant
2930und tôtte alsô disin
2931wol gewâpintin risin.
2932Dirre rise Golias,
2933der sô hart gewâpint was,
2934den tûvil uns bedûtit,
2935der sich darzû irbûtit
2936mit wâpenen der liste,
2937wî er in allir vriste
2938den menschen angevechte.
2939Des saltû, bûzer rechte,
2940Dâvît sîn kên im genant,
2941want Dâvît spricht: starc mit der hant.1
2942Sust soltû widir in wesin,
2943und wiltû wol genesin
2944und gesigin an im, sô hab
2945des heiligin crûzis stab
2946bî dir zu allin stundin
2947und dî vumf scharfe wundin
2948Cristî des vil reinen,
2949dî dî vumf steine meinen,
2950dî er leit in strengir pîn;
2951dî lege in dî tasche dîn,
2952ich meine dînes herzin.
295320 d    Dî wundin mit iren smerzin
2954saltû recht bedenkin
2955und alumme swenkin
2956mit andâcht in der sêlin;
2957sô trifstû âne vêlin
2958den tûvil, daz er stirbit,
2959daz ist, sîn craft vortirbit
2960sô gar, daz er dir nicht enkan
2961mit bekorunge gesigin an.
2962Und ob der stab joch eine,
2963des crûzis vrôn ich meine,
2964nach Hêlisêî râte
2965wirt ûfgelegit drâte
2966des tôdin kindis antlitze,
2967daz ist, der âne witze
2968kintlîch pflegit gebârin
2969in vollinkumen jârin,
2970des sêle lît in sundin tôt;
2971daz tôde kint von tôdis nôt
2972wirt zu lebene widirbrâcht,
2973ob in der stab rûrt in andâcht. —
2974Wolt ir in vollim wâpin stân,
2975sô solt ir ouch gesturzit hân
2976helme unvorzagit,
2977dâ von dî schrift sus sagit,
2978daz Saul Dâvîd an tête
2979vil gar sîn strîtgewête,

--- S. 337 ---

2980und einen helm êrîn
2981sturzt er ûf daz houbt sîn.
2982Durch Jêrêmiam got ouch spricht:
2983›Zu dem strîte ûch bericht;
2984›sitzit ûf, ir rîter balt,
2985›und in vorbundin helmen halt.‹ —
2986Der helm bedûtit uns daz heil,
2987daz dem menschin wirt wol veil
2988von gote, der dâ ûbit sich
2989in disin wâpin tugintlîch.
2990Von dem helme sprichit sus
299121 a    der gûte sente Paulus:
2992›Den helm des heilis an ûch nemt
2993›der ûch zu sâldin wol gezemt!‹
2994So spricht Isâias:
2995›Ich sach, daz der gerechte was
2996›mit eime halsberg an geleit
2997›und mit der gerechtikeit
2998›und ûf sîme houbte stûnt
2999›der helm des heilis in der stunt.‹ —
3000Ô wî sichir macht dû stân,
3001in strîte, ob dû angetân
3002mit disem hergewête bist;
3003want got, hêr in allir vrist,
3004dîn heil wil selbe werdin
3005unz an daz ende der erdin. —
3006Diz sint dî wâpin starke,
3007dâ mit der patriarke
3008Jâcob ûz Amorêi hant
3009gewan daz abgeteilte lant,
3010daz er sîme sune ouch
3011Josêphe zû mit gâbe zouch.
3012Mit den selbin wâpin sint
3013ouch dî israhêlischin kint
3014vil wol nâch irre gere
3015tilgtin dî înwonêre
3016des heilgin landis gar
3017und besâzin iz vorwâr.
3018Ouch sô ubirwant Dâvît
3019sîns rîchis vîende dâmit.
3020Want dî Machabêî sidir
3021machtin und bûwetin widir
3022dî stat Jêrusalêm aldort,
3023dî dô vorterbit und zustôrt
3024vil gar von den heidin was
3025und gotis tempil, als ich las,
3026den besulwit hât ir mein,
3027machtin sî dô widir rein.
3028Ô ir starkin helde,
302921 b    ô rittere ûzirwelde,
3030ô ir ellinthafte man,
3031nû legit dise wâpin an
3032und rechit unvorzeit
3033daz unrecht und dî smâheit
3034des gecrûzigittin gots
3035und nâch willin sînes gebots
3036beengit daz heilige lant
3037ûz der argin heidin hant,
3038daz sî mit unrechtir kur
3039der cristenheit besitzin vur!
3040Tragit, edlin helde gût,
3041in dem strîte starkin mût
3042und ûwir hende nicht entlât,
3043wan ûwir arbeit lôn intpfât,
3044daz lôn vorwâre, dâvon ê
3045got sus sprach zu Abrahê:
3046›Ich wil selbir wesin schôn,
3047›dir ein alzû grôziz lôn.‹
3048Darumme ist, daz ûch irvert
3049dî arbeit, ûwir ougin kêrt
3050an daz lôn sô wunnenclîch
3051unde wizzit sichirlîch,
3052als dikeine missetât
3053ungepînit sich vorgât,
3054alsust inblîbit sundir wân
3055dikeine tugint lônis ân
3056und in daz lôn sich selbe wigit,
3057daz dî tugint gebin pfligit.
Diz ist von den sachin der ûbunge vleisch­lîcher und geistlîcher wâpene.
3058Sechs sachin sich irsûchin,
3059durch dî wir gebrûchin
3060der wâpene vleischlîchin
3061und ouch geistlîchin.
3062êrste sache daran lît,
3063daz wir ûbin unsin strît
3064nâch gotes willin, des wir hân
306521 c    ein urkunde wol daran
3066daz got ouch vor den zîtin
3067manc den Israhêlîtin
3068blîbin lîz der heidin vil,
3069ûf dazs dî Judin alle zil,
3070dî strîtis ungeûbit wârn
3071nâch heidenischin urbarn,
3072bî in strîtin lêrtin,

--- S. 338 ---

3073und dî lêre kêrtin
3074vurbaz ouch an ire kint,
3075daz dî kundin strîtin sint
3076kein den vîentlîchin hern
3077und geûbit in wâpin wêrn;
3078wan lutzil touc zu strîte ein man,
3079der mit wâpene nicht enkan.
3080Darumme in des vridis zît
3081man turnîre ûbin pflît
3082und andir rittirlîche spil,
3083swen intstê urlougis zil
3084und man des kein den vîndin darf,
3085daz man sî zu strîte scharf
3086und daz der ungeûbte nicht
3087sprechin durfe in der geschicht,
3088als zu Saule sprach Dâvît:
3089›Ich inhabe der ûbunge nit,
3090›daz ich gewâpint muge gân‹
3091und blîbe sust der wâpin ân
3092und mûze gar mit schandin
3093undirligin den vîandin. —
3094Und want des menschin lebin ist1
3095ein strît ûf erdin alle vrist,
3096und sô er kumt zur werlde, sân
3097trit er ouch ûf den plân
3098zu strîtene kein der macht der luft2,
3099daz ist kein der tûvile guft,
3100und want kein den vîanden nicht
3101dî wer vleischlîchir wâpin vicht,
3102sundir macht von gote,
3103des mant uns gotis bote
3104Paulus, daz dî wâpincleit
3105gotis sîn an uns geleit,
3106tuginde ich meine,
3107dî got gibit eine,
3108der sîn volc tût muginde
3109an craft und ouch an tuginde,
3110und daz wir ûbin uns daran,
3111sô daz wir kunnen widirstân
3112und mugin an dem argin tage,
3113der dâ gibit bekornde plâge,
3114und daz des ûbins lêre
3115tugint an uns mêre.
3116Dâvon uns Crisostomus
3117Jôhannes beschrîbit sus3:
3118›Als iclîche kunst gemêrt,
3119›gewunnen und behaldin wert
3120›mit des lîbis ûbindir tât,
3121›sust ouch iclîche tugint hât
3122›von ûbene mêrunge breit
3123›und minrunge von lazheit.‹ —
3124Dî andre sache, durch dî man
3125vleischlîche wâpin legit an,
3126durch vîndelâge daz geschît,
3127dâ von dî israhêlische dît
3128durch vîentlîcher lâge vâr
3129leitin an ir wâpin gar
3130unde sâzin an dî stête,
3131dî dî strâzze kên in hête,
3132und hîlden warte dâ mit macht
3133den tac vil gar und ouch dî nacht
3134Ouch sâ lisit man alsô
3135von Jûdâ Machabeô,
3136daz er dî israhêlische schar
3137hîz, daz sî gewâpint gar
3138an vêrlîchin stetin wêrn,
3139daz sî von der vînde hern
3140schadin durftin nicht entpfân,
314122 a    ob sî sî gelîch quêmen an.
3142Von der selbin sachin wein
3143wir ouch geistlîchir wâpin pflein,
3144alse sente Pauwil gît:
3145›Gecreftigit in gote sît
3146›und in sîner tuginde macht;
3147›legit an unvorswacht
3148›dî gotlîchin wâpin sân,
3149›uf daz ir mugit widirstân
3150›des tûvils lâge, der uns pflît
3151›vêrlîchin lâgin alle zît
3152›als ein lewe in sîme hol.‹ —
3153Diz ist genre lewe wol,
3154von dem Petrus tût irkant:

--- S. 339 ---

3155›Der tûvil, unsir vîant,
3156›der dâ ummewandirt swinde
3157›sûchinde, wen er vorslinde,
3158und den sullin wir betoubin
3159mit der tugint des geloubin.
3160Dî dritte sache, daz man leit
3161dem vleische an dî wâpincleit
3162ist durch offinlîchin strît,
3163den uns ouch der vîende nît
3164zûtrîbit mit gesûche.
3165Hîvon stêt in dem bûche
3166Machabêorum, als ich las,
3167dô der arge Lisias,
3168des hoffenunge unde tât
3169an heris menge was gesat,
3170dî gotis craft nicht wolde
3171betrachtin als er solde,
3172sundir mit vorlâznim mûte
3173Jêrusalêm dî stat vil gûte
3174und den gotis tempil ouch
3175vorterbit wolde hân, der gouch,
3176und dô er hatte und sîn her
3177gewunnen itzunt dî vorwer,
3178Machabêus leite an
317922 b    wâpin; und dô sîne man,
3180dî bî im wârin, daz gesân,
3181ir iclîch weinende began
3182mit heizin trênin gote vlên,
3183daz er wolde sendin en
3184einin gûtin engil dar,
3185der ir mit heile nême war.
3186Und dô daz gebete geschach,
3187ir mût zu creftin sich irbrach.
3188Des irhûbin sî ouch sich
3189an dî vîende vîentlich
3190und irslûgin in der stunt
3191vûzgenger wol eilftûsunt
3192und darzû gesundirt
3193tûsint und sechshundirt
3194slûgin sî der rîten.
3195Ouch wart in den zîten
3196al daz her in vlucht gekart,
3197dâ ouch wunt vil manchir wart,
3198der der vûze doch genôz,
3199daz er quam von dannen blôz.
3200Mit der vlucht bewarte sich
3201ouch Lysias vil lêstirlîch.
3202Diz ist dî sache ouch, dâvon
3203dî brûdere des sîn gewon
3204des dûtschin hûsis genant
3205von der înkunft in Prûzinlant
3206unz dâ her zu disin tagin,
3207daz sî ir swert zu pflege tragin,
3208ûf daz sî sîn mit wer gereit,
3209ob icht kegin in irweit
3210wurde vîntlîchir vâr
3211touge odir offinbâr.
3212Alsus wir ouch der tuginde wer
3213gebrûchin kein des tûvils her,
3214sô iz uns offinlîch anvicht.
3215Hîvon sente Pauwil spricht:
3216›Allein wir in dem vleische gân,
321722 c    ›doch sul wir nicht zu strîte stân
3218›nâch des vleischis gewonheit,
3219›want unsirs strîtis wâpincleit
3220›sint nicht vleischlîch,‹ (daz ist cranc),
3221›sundir creftic âne wanc
3222›hât sî got gemachit,
3223›daz dâmit geswachit
3224›der tûvle vestenunge sî,‹
3225(daz ist ir list), ›und dâbî
3226›zustôrt wirt ir rât vormeint,
3227›und al ir hôhe sî vorsweint,‹
3228(daz ist ir tûfe an vornumft,)
3229›dî sich ûflenit kein gotis kumft,‹
3230(daz ist kein dem geloubin,
3231den sî sust wellin toubin.)
3232Darumme saltû zu allin zîten
3233kein des tûvils anstrîten
3234gereit sîn unde muginde
3235mit wâpenen der tuginde,
3236want Paulînus1 tût irkant,
3237daz der tûvil unse vîant
3238zu schadene hât tûsint list,
3239und dem saltû alle vrist,
3240sô manchir wîse widirstân,
3241als er dich pflig zu vechtin an.
3242Anvichtit er dich offinlîch
3243odir lîchte touginlîch
3244mit dem lastir der hôchvart,

--- S. 340 ---

3245sô sî in wer kein im gekart
3246zuhant dî tugint der dêmût,
3247dî in vluchtic von dir tût.
3248Sust tû kein allin sunden,
3249darzû er dich wil schunden;
3250habe jô in dîner wer
3251kegintuginde in rechtir kêr,
3252swî er bûtit dir den schric,
3253sô gewinnestû den sic
3254Dî vîrde sache ist vride,
325522 d    durch dî wir dî gelide
3256mit wâpin deckin glîch,
3257ûf daz wir mugin vridelîch
3258besitzen unse habe.
3259Dâ hat gesprochin abe
3260in dem êwangeliô
3261unsir hêrre Crist alsô:
3262›Swen gewâpint der starke
3263›sîner wonunge marke
3264›mit hûte pflît, sô ist bevitzt1
3265›in vride gar, swaz er besitzt.‹ —
3266Sust wir alleine vride hân,
3267dî wîle wir in tugindin stân
3268gewâpint; want in keiner vrist
3269vride mit den argin ist.
3270Darumme spricht der wîse man:
3271›Di rîchin lûte, dî dâ hân
3272›tugintlîchir zirde rûch
3273›und vridelîchin sûch
3274›in iren hûsrin minnen,
3275›dês wâr dî gewinnen
3276›grôzir êrin mîte
3277›in iris kunnis dîte.‹
3278Hîvon Baruch gesprochin hât:
3279›Hêtstû gewandirt gotis pfat,
3280›so wêre dir gegebin
3281›ûf erdin vridis lebin.‹ —
3282Want als Salomôn dâ sait:
3283›Swen des menschin wec behait
3284›gote, sô kêrt er vorwâr
3285›zu vride sîne vîende gar.‹
3286Dî vumfte sache ist sus gewant,
3287daz wir widir zu der hant
3288gewinnen daz vorlorne gût;
3289als ouch dî schrift zu wissene tût,
3290daz dî israhêlsche schar
3291leitin an ir wâpin gar,
3292dô sî vûrin in daz lant,
329323 a    daz von gote was benant
3294iren vetren und gegebin
3295und gewunnen daz vil ebin
3296ûz der vîende hende widir,
3297dî iz bekummirt hattin sidir.
3298Sus wirt uns widir sundir wân,
3299ob wir der tuginde wâpin hân,
3300des himils lant zu erbe irkorn,
3301daz wir mit sundin hân vorlorn,
3302want dî tuginde sint sô balt,
3303daz sî iz zuckin mit gewalt,
3304als dâ Cristus selbe gît:
3305›Gewalt daz himmilrîche lît
3306›und dî gewaldigin iz zuckin,
3307›daz sint, dî tugint an sich ruckin,
3308›und besitzin iz êwiclîch.‹ —
3309In dise rede mischit sich
3310dî glôse unde sprichit blôz:
3311›Iz ist dêswâr gewalt vil grôz,
3312›ûf erdin nemin hî gebort
3313›und den himil zuckin dort
3314›und mit tugindin gewinnen,
3315›daz natûrlîch pflît intrinnen.‹ —
3316Dî sechste sache hât daz meinen,
3317daz man sich wâpint durch irscheinen,
3318ûf daz dî vîende inpfâhin schric,
3319sô sî der wâpin nemin blic,
3320als man Jûdit hôrte sain,
3321dô sî hatte tôt irslain
3322den vursten Holofernem;
3323sî sprach: ›Ûwir iclîch nem
3324›und lege sîne wâpin an,
3325›und sô man sîet dî sunne ûfgân
3326›sô loufit alle ûf mînen rât
3327›mit eime hûwe ûz der stat
3328›und kumit doch hin nidir nicht.
3329›Irscheinit ôt in der geschicht,
3330›als ir in in dî bûdin
333123 b    ›wolt loufin und sî lûdin,2
3332›ûf daz Holofernis man,

--- S. 341 ---

3333›dî dar an der warte stân,
3334›ûwir werdin sus gewar
3335›und îlen in der vâr
3336›balde sô hin mit den mêrn
3337›zu Holoferne irme hêrn,
3338›und sô sîn weckin wollin,
3339›daz sî in gar bewollin
3340›vindin in sîme blûte.
3341›Want sô wirt irme mûte
3342›ein vorchte alsô grûsam
3343›zûgên, dâvon in allintsam
3344›sô gar intgêt menlîche tucht,
3345›daz sî sich hebin an dî vlucht.‹ —
3346In der selben wîse hân
3347wir der tuginde wâpin an,
3348daz wir daran machin schîn,
3349daz wir in dem dînste sîn
3350des hêrrin, der zu allir vrist
3351ein kunic allir kunge ist.
3352Zu des selben dînstis pflicht
3353irbîte wir in allir schicht
3354als dî gotis dînêre
3355in vil gedult gewêre
3356begurt nâch gotis gere
3357mit wâpenen der gerechtikeit,
3358dî gotis tugint ist geseit.
3359Dî wâpin der gotlîchin tugint
3360gerechtikeit wol heizin mugint,
3361wan sî lêrit uns vil ebin
3362daz sîne eim iclîchin gebin,
3363alsô daz man sol vorlân
3364dî werlt und swaz ir clebit an
3365und zîn zu gote sân,
3366der dâ hât an sînem van,
3367der uns ist von im bevoln
3368hî zû vûrne unvorholn,
336923 c    gesatzt daz zeichin, dâvon dort
3370der engil sprach nâch Cristis gebort,
3371dî er den hirtin macht irkant.
3372Er jach: ›Zu zeichne sî benant
3373›ûch, daz ir vint ein kindelîn
3374›gewundin in kranke windelîn
3375›und geleit in eine krippe.‹ —
3376Nû sint drî tugint hî besippe
3377disin wortin ûzgeleit.
3378Zum êrstin an der kintheit
3379wir dêmûtikeit vorstân,
3380dî dî hôchvart dempfin kan.
3381Dî windlin bedûtin armût,
3382daz kein girekeit ist gût;
3383sô dût dî krippe ein herte lebin,
3384daz dî wollust dempfit ebin.
3385Disin vanin recke ûf
3386hô in tugintlîchir gûf
3387und pflig in oft irscheinin
3388dem tûvele dem unreinin,
3389want ein vorchte alsô grôz
3390und ein engistlîchir drôz
3391sich von dem zeichin ûf in zuit,
3392daz er zegelîchin vluit. —
Diz ist von der êrstin burc der brûdre des dûtschin hûsis, dî dâ hîz Vogilsanc.

[Dusb. II, 10.]

3393Nû wir dî wâpin hân intricht,
3394dî zu dem strîte tragin pflicht,
3395sô grîfe wir dî materie an
3396widir, dâ wir sî hân gelân.
3397Dô dî vorgesprochnin lant
3398Colmen, Lubaw, Prûzin genant
3399von herzogin Cunrâte
3400nâch vil manchim râte
3401ûfgegebin wordin
3402des dûtschin hûsis ordin,
3403als ir dâ vor vornumin hât,
340423 d    dô bleib brûdir Cunrât
3405von Landisberc, den wir ê nandin,
3406mit sîm gesellin bî den landin,
3407zu Prûzin ich dâ meine.
3408Ir hêrschaft abir cleine
3409dennoch dâ was und ir gewalt,
3410want sî keiner hant inthalt
3411in den landin mochtin hân;
3412des dâchtin sî zum êrstin an
3413von verrins zû und nêhir baz,
3414sô in got gevûgte daz,
3415alsô daz nû durch sichirheit
3416dî Wîzil wêr ein undirscheit
3417zwischin den Prûzin und in.
3418Darûf bezilte sich ir sin
3419und bâtin dâ vil drâte
3420den herzogin Cunrâte,
3421daz er in zum bestin
3422bûwete eine vestin,
3423darûf sî sich inthîldin

--- S. 342 ---

3424und des urlougis wîldin
3425Des was der edele reine man,
3426want er in gotis minne bran
3427alzuhandis in bereit.
3428Im wart in sinne vorgeleit,
3429daz er ouch betrachte dort
3430ein alsus pôêtinwort:
3431›Swer dâ wol gehebit an,
3432›der hât daz werc wol halb getân‹,
3433und saminte sîn volc vil gar
3434und lîz in eine burc vorwâr1
3435bûwin bî der Wîzlin nâ
3436ûf einin berc gelegin dâ
3437kein deme, dâ Torûn nû lît,
3438der Wîzelin ûf andir sît.
3439Dî burc man nante Vogilsanc,
3440darûffe des urlougis lanc
3441dî brûdere nâmen den anvanc
344224 a    und satztin sich gar âne wanc
3443mit wêninc wêpenêrin kranc
3444widir den heidenischin tranc,
3445(ummêzlîch was des ummeswanc,)
3446und sungen dâ vil nôtin manc,
3447nicht der nachtegalin klanc,
3448sundir manchin jâmirsanc,
3449als der swane singit,
3450sô in sîn sterbin twingit;
3451want sî hattin gar vorlorn
3452daz sûze lant, dâ sî geborn
3453und gezogin wârin
3454und hattin sich vorvarin
3455verre in ein vremde lant,
3456dar sî kummir manchir hant
3457mûstin lîdin al ir jâr,
3458und wârn âne hoffin gar,
3459daz daz mochte icht geschên,
3460daz sî immir mê gesên
3461ubir lanc odir ubir kurt
3462soldin daz lant der geburt.
3463Sî hattin ouch gelâzin
3464lant in gûtin sâzin
3465vruchtic, rûic, vridelîch,
3466und hattin vorellendit sich
3467in ein lant des grûwin,
3468daz nîmant dô pflac bûwin
3469durch wilde wûstenunge grôz,
3470dî allirwein darin erdôz.
3471Allir wunne was iz hol
3472und ôt hartis strîtis vol
3473und daz ichz alz beslîze ôt,
3474sî hattin slecht gelân durch got
3475vrîheit, êre, kunne
3476und al der werlde wunne
3477und hattin sich gegebin
3478in kummirlichiz lebin.
3479Durch hungir, ungemach,
348024 b    armût, snôdekeit man sach
3481sî in dêmût ummevân.
3482Nicht gar ich ûzgedruckin kan
3483mit wortin, noch vol sprechin
3484dî nôt und den gebrechin,
3485dâ mit sî wârin bewundin.
3486Hî von sî in den stundin
3487mochtin sprechin ouch alsô
3488wol mit sente Pêtrô:
3489›Nu sich, hêrre got, wir hân
3490›ûf erdin alle dinc gelân
3491›und hân dir gevolgit schôn:
3492›waz wirt darumme unsir lôn?‹ —
3493O sûzir Jêsû, der gewis
3494ein crône allir heilgin bis,
3495mit waz crônen soln gecrônt,
3496mit waz zîrheit suln geschônt
3497dî reinen von dir werdin,
3498dî sulche nôt ûf erdin
3499durch dich lîdin mit gedult?
3500Dêswâr an in wirt irvult
3501vil gar daz gotlîche wort,
3502daz Isâias schrîbit dort:
3503›Got hêrre trôstin wirt Siôn
3504›und iren val ûfrichtin vrôn.
3505›Er wirt ire wûste breit
3506›setzin als ein lustberkeit
3507›und ir wiltnis in allir wîs
3508›als daz gotis paradîs.
3509›In ir wirt wunne vundin
3510›und vroude in allin stundin;
3511dâ wirt gehôrt genâdin danc
3512und ein sûzir lobesanc.
Diz ist von der zûkumft mêr brûdre des dûtschin hûsis und von der bûunge der burc Nessow genant.

[Dusb. II, 11.]

3513Dô daz hûs, als ich nû las,

--- S. 343 ---

351424 c    Vogilsanc gebûwit was,
3515brûdir Cunrât sante,
3516den ich dâ vor ouch nante
3517brûdre Hermanne von Saltzâ,
3518dem hômeistere botin sâ,
3519dî dâ soldin im vorjên,
3520wî iz alliz was geschên
3521bî den sachin und volant,
3522darumme er was ûzgesant,
3523und bat mit grôzir vlê,
3524daz er im sente brûdere mê
3525und andre wêpenêre;
3526des ouch vil gewêre
3527der homeistir vorgeseit
3528was mit willin dô gereit.
3529Er sante im zu meistre sân
3530einen brûdir, der Herman
3531Balke was geheizin dô,
3532und sprach zu deme sô,
3533alse got gesprochin ê
3534hatte ouch zu Jôsuê:
3535›Starcmûtic und creftic bis,
3536›want dû leitin solt gewis
3537›der israhêlschin sune schar,
3538›daz sint dîne brûdere gar
3539›und brengin in daz lant,
3540›daz in von gote ist benant
3541›und got sal mit dir sîn
3542›in allin den arbeitin dîn.‹
3543Ouch sô sante er danne
3544mit brûdre Hermanne,
3545den man nante Balke,
3546einin zu marschalke,
3547der hîz brûdir Tîterich,
3548ein rittir dêswâr lobelîch,
3549und was von Bernheim genant.
3550Ouch sô wart mit in gesant
3551brûdir Cunrât, der geborn
355224 d    von Intele was und dâ bevorn
3553gewesin mit vil grôzir zucht
3554ein kemerêr der sûzin vrucht
3555sente Elizabêtin.
3556Mit in sî ouch dâ hêtin
3557noch zwêne brûdre rittirlîch,
3558dî hîzin beide Henrîch.
3559Ein Dorinc was der ein irkant
3560und von dem Berge genant;
3561sô was der andir von Zîz,
3562von Wittindorf derselbe hîz.
3563Disin brûdrin mite was
3564genûc wêpenêre, als ich las,
3565dî der hômeistir sande
3566alle kein Prûzinlande
3567zu hulfe brûdir Cunrâte,
3568als er gebetin hâte.
3569Und dô sî sus intsamen
3570zum Vogilsange quâmen,
3571ir rât vil snel dâ ûf gesaz,
3572daz sî bûweten nidir baz
3573ûf der Wîzlin strande
3574ein hûs, daz man dô nande
3575darumme ouch Nessouwe,
3576want dî selbe ouwe
3577dî dî burc dâ ummesaz,
3578was bevlozzin unde naz.
3579Und dô man ûf dem hûse sach
3580dî brûdre wonen, dô geschach,
3581daz dî Prûzin quâmen
3582in vîentlîchim râmen
3583in Polênsche lant sô hin;
3584und dô sî sâhin volgin in
3585dî brûdre in ir hergewête,
3586michil wundir sî des hête,
3587wan sich ir kumft irscheinte
3588und waz sî ouch dâ meinte.
3589Secht, dô wurdin sî bericht
359025 a    von eime Polêne der geschicht,
3591den sî gevangin vûrtin dô.
3592Er sprach: ›Daz volc, daz ir alsô
3593›hât gesehen hûte,
3594›daz sint begebene lûte;
3595›dî sint zu strîte helde
3596›unde rittere ûzirwelde.
3597›Der pâbist hât sî hergesant
3598von dûtschin landen in diz lant,
3599›daz sî zu allin zîten
3600›wider ûch sullin strîten
3601›unz sî gar betwingin
3602›ûch und darzû bringin,
3603›daz ir den heiligin touf
3604›intpfât nâch des gelouben louf,
3605›den Cristus geboten hât,‹

--- S. 344 ---

3606unde zu gebote stât
3607der rômischen kirchin dort.
3608Dô sî hattin daz erhôrt,
3609vil hônlîch sî sîn lachten
3610und sich kein hûse machten.
Diz ist von brûdre Hermanne Balkin dem êrstin lantmeistre zu Prûzin der brûdre des ordins des dûtschin hûsis.

[Dusb. II, 12.]

3611Brûdir Herman Balke genant
3612von dem dûtschin hûs irkant
3613der êrste lantmeistir was
3614in Prûzinlande, als ich las,
3615und pflac wol zwelf jâr
3616des gebîtis dâ vorwâr.
3617Ouch man in zu Lîflande
3618den êrstin meistir nande
3619und dô er des gebîtis dâ
3620ouch gepflac sechs jâr vil nâ
3621und beide lant mit strîtis macht
3622in gûte sâze hatte brâcht,
3623(want daz urloig in sînre hant
362425 b    was nâch wunsche î gewant
3625als hernâch wirt offinbâr)
3626dô was er wurdin ouch sô swâr
3627von arbeit und von aldirs wein,
3628daz er nicht inmochte pflein
3629des amtis mê; des vûr er widir
3630kein dûtschin landin, dâ er sidir
3631starb und ouch begrabin lît.
3632Wî gar achtber in sînre zît
3633mit sîme tûne sî gewesin
3634dirre degin ûzirlesin,
3635daz wîsit manche grôze tât,
3636dî er prîslîch begangin hât. —
Diz ist von der predegunge des crûzis und von dem ablâz der pilgerîme kên Prûzin unde kên Lîflande.

[Dusb. II, 13.]

3637Dî wîle dise dinc geschân,
3638alse wir dâ vor vorjân
3639brûdir Herman von Saltzâ
3640der hômeistir, der î sâ
3641vorbesichtic und klûc
3642was ûf rechtis nutzis vûc,
3643mit bete zu dem pâbste trat,
3644den er manchirleie bat,
3645daz sîme ordne was behûf.
3646Undir andrin betin er daz schûf,
3647daz der pâbist dô beschît
3648etslîche rîche unde gebît
3649als der homeistir wolde,
3650darin man predigin solde
3651daz crûze vil gehûre
3652zu helfelîchir stûre
3653Prûzinlande sô herab.
3654Der selbe pâbist ouch dô gab
3655und Innocencius darnâch,
3656den man den vîrdin wesin sach
3657pâbist in sulchim namen,
365825 c    den ablâz allintsamen
3659den pilgerîmen, dî durch got
3660zu swechene des tûvils spot
3661und den geloubin zu bewarn
3662in daz lant Prûzin varn
3663und ouch zu Lîflande dort
3664mit allir der genâdin hort
3665in privileigin êwikeit
3666mit vollenkummir sichirheit,
3667alse man zu allir zît
3668den pilgerîmin gebin pflît,
3669dî dâ varn in daz heilge lant
3670zu Jhêrusalêm genant. —
Hî endit sich daz andre teil diss bûchis und beginnit daz dritte teil und ist von den strîtin der brûdre des dûtschin hûsis widir dî Prûzin und zum êrstin von dem strîte kên den înwonêrin des colmischin landis.
3671Nû hab ich, als ich hatte gedâcht,
3672vil kûmelîchin vollinbrâcht
3673tichtinde daz andre part
3674diss bûchis von der învart
3675der dûtschin brûdre in Prûzinlant,
3676wî iz in gînc darnâch in hant
3677mit strîte kein den heidin,
3678daz ich daz nû intscheidin
3679wol mûze mit getichte.
3680Criste, daran mich richte

--- S. 345 ---

3681und lêre mit genâdin pflicht,
3682wânt âne dich intouc ich nicht!
3683Darzû hilf, sûze kunigîn,
3684want mîn getichte, daz ist dîn! —

[Dusburg III, 1.]

3685Brûdir Herman Balke genant
3686meistir ubir Prûzinlant
3687mit allim vlîze darûf gînc
368825 d    wî er des geloubin dinc
3689vorgetribe nutzeberlîch.
3690Des nam er den herzogin an sich
3691von Polênen vor geseit
3692mit allir sîner macht bereit
3693und vûrn in gotis namen
3694ubir dî Wîzil intsamen
3695ûf dî colmischin sîtin
3696und bûweten in den zîtin
3697nider baz ûf der Wîzlin strant
3698eine burc Torun genant.
3699Diz was nach unsirs hêrrin jârn
3700dô der gar vorgangin wârn
3701tûsint und zweihundirt
3702ouch drîzic darûf gesundirt      [1231
3703und einiz, in dem daz geschach,
3704daz min sî dâ bûwin sach
3705dî burg, als ich gesprochin hân.
3706Diz bûwin was alsus getân:
3707ein grôze eiche in der stunt
3708ûf eime hubele dâ stûnt
3709gewachsin; ûf der este
3710machtin sî erkre veste
3711geordint wol mit zinnen
3712nâch werlîchin sinnen.
3713Sî hîbin ouch dî crumme
3714dî burc allum und umme
3715veste heine her und dar
3716und vormachtin iz sô gar,
3717daz nicht inbleib den ôt ein pfat,
3718daran man zu der burc getrat.
3719Der brûdre, dî dâ blibin
3720was dô nicht mê wen sibin.
3721Dî mûsten ouch zu pflege hân
3722aldâ ir kanen bî in stân
3723durch der Prûzin anehurt,
3724swen iz hette sich geburt,
3725daz sî nicht mochtin blibin sîn,
372626 a    daz sî gevallin wêrn darin
3727und gevarin kein Nessow
3728und dâ besezzin vor ir drow.
3729Ubir etslîche zît ôt darnâch
3730dî brûdre man ouch stiftin sach
3731vor dî burc Torun ein stat,
3732dî man sint durch nutzis rât
3733mûste legin sô hin dan,
3734dâ Torun burc und stat nû stân
3735wan sich dî Wîzil oft irgôz,
3736daz sî dî stat hî gar durchvlôz.
3737Doch bleib dî burc vil manchin tac
3738ligin dâ, als sî ê lac. —
Diz ist von den gemerkin des landis zu Prûzin.

[Dusb. III, 2.]

3739Prûzinlant gelegin is
3740bin disin merkin gewis:
3741der Wîzlin, der gesalznin sê,
3742der Memlin, Rûzinlande mê,
3743dem herzogtum Masow genant
3744und herzogtûme Dobrîn irkant.
3745Wîzil ist eins wazzirs nam
3746und hât vil snellin stram.
3747Iz vlûzit von Krakow zu tal
3748und nimit in daz mer den val
3749in Pomerânschim lande sâ
3750bî Dantzk der burc gelegin dâ.
3751Dise Wîzle scheit Polênen
3752und ouch Pomerênen
3753mit irem vluzze offinbâr
3754von Prûzinlande, daz ist wâr. —
3755Memil ist ouch ein wazzir gût
3756und vlûzit in strengir vlût
3757ûz rûzischim rîche her
3758und in daz vorgenante mer
3759velt sî ouch bî einir stat,
3760an der ist ein burc gesat;
3761burc und stat dî beid intsam
376226 b    beslûzit Memilburc der nam.
3763Dise Memle vorgeseit
3764Kûrlande gibit ein undirscheit,
3765Littowin unde Rûzin
3766von dem lande Prûzin.
3767Sô ist daz mer dî dritte want1
3768und dî vîrde gene lant,

--- S. 346 ---

3769dî dâ vor genennit sîn,
3770Rûzin, Masow und Dobrîn.
Diz ist von der Prûzin undirscheit und von irre macht.

[Dusb. III, 3.]

3771Prûzinlant alsus gereit
3772ist geteilt mit undirscheit
3773in eilf teil und der iclîch
3774hât sînen namen sundirlîch,
3775nâch den ouch geheizin sîn.
3776dî Prûzin, dî den wonen în.
3777Daz erste teil was sus genant
3778Lubaw und Colmer lant
3779und daz was wûste allintsam,
3780ê dî brûdre lobesam
3781des dûtschin hûsis quâmen
3782und Prûzinlant înnâmen.
3783Daz andre heizit Pomezênen,
3784und daz dritte Pogezênen;
3785Ermin man daz vîrde nent;
3786Natangin man daz vumfte irkent.
3787Das sechste heizit Samin;
3788daz sibinde bî nâmen
3789geheizin ist Nadrowen
3790und daz achte Schalowen.
3791Sudowen man daz nûnde pflît
3792nennen und bî deme lît
3793daz zênde, als wir vindin,
3794und ist genant Galindin.
3795Daz eilfte Bartin nennet man,
3796dâ lît Plicke Bartin an,
3797dî man nû nent gemeine
379826 c    grôz Bartin unde kleine.
3799Undir disin landin al
3800was dikeiniz alsô smal,
3801iz leiste in allin zîten
3802wol zweitûsint rîten
3803und manch tûsint strîtêre
3804genennet vûzgengêre,
3805swen sî strîten soldin
3806odir reisin woldin.
3807Doch was Samen sunderlîch
3808vor den andrin alsô rîch
3809und volkis alsô vol,
3810daz iz mochte habin wol
3811vîrtûsint rîtêre
3812unde vûzstrîtêre
3813mêr den vîrzictûsunt.
3814Diz was ir macht in der stunt.
3815Sô wârin dî Sudowin,
3816als man mochte schouwin
3817dî edilstin vor in allin.
3818Des was in ouch gevallin,
3819daz sî an rîchtûm und an macht
3820vor sî alle wârin geacht.
3821Sî mochtin pflegelîchin hân
3822von rîtin wol sechstûsint man
3823unde vûzstrîtêre
3824âne zal als mêre.
3825Ouch hât iclîche dirre dît
3826dâvon ich dâ vor intschît,
3827veste burge und der vil,
3828dâvon ich nû nicht sprechin wil,
3829want iz vordrôzsam wêre
3830unde nutzis lêre.
3831Nû merkit al hîrundir
3832wî grôz sîn gotis wundir
3833unde wâ sîne zeichin,
3834mit creftin hin reichin,
3835daz sibin dûtsche brûdre ein
383626 d    mit wêninc wêpenêrin gemein
3837vestinde ein eiche dort,
3838als ir dâ vor hât gehôrt,
3839zum êrstin torstin setzin sich
3840mit urloige vîentlîch
3841kein sô unzellîchir dît
3842und in doch sô wol gerît
3843manic wunderlîchir strît,
3844sô daz nâch etlîchir zît,
3845nâch drîn unde vumfzic jârn,
3846von in sô gar betwungin wârn
3847al dî heidin vorgenant,
3848daz man einin nicht invant
3849in al den landen her und dar,
3850her inwêre gebogin gar
3851undir des geloubin joch.
3852Diz half in Crist der sûze doch;
3853des sî im lob und danc geseit
3854in immir werndir êwikeit!
Von der vorwûstenunge des landis Ga­lindin.

[Dusb. III, 4.]

3855Nû wârin dî Galindin
3856gewâchsin an gesindin

--- S. 347 ---

3857und was ir alsô vil
3858wurdin in der jâre zil,
3859daz ir menge âne zal
3860ir lant irvullit hatte al
3861dî breite und dî lenge
3862und was in joch zu enge.
3863Dês dâchten sî zu tûne sô,
3864als dâ vor Pharaô.
3865Dô der dî israhêlsche schar
3866wolde machin crefte bar
3867und ir menge minrin,
3868dô begunde er inren1
3869dî helfammin sulchir list;
3870er sprach: ›Daz haldit alle vrist,
3871›swaz knechtelîne wirt geborn,
387227 a    ›den sî der tôt von ûch irkorn;
3873›dî meidelîn ôt lebin lât.‹
3874Dâkegin sô was dirre rât:
3875dî solde man alle tôtin hin
3876waz meide wurdin undir in,
3877und allein behaldin
3878dî knecht ûf strîtis waldin.
3879Doch was dirre vunt ein wicht;
3880sî inschûfin alsus nicht,
3881wan sô dî wîb irsân dî barn,
3882daz sî sô zart, sô schône wârn,
3883sî irbarmte gar der nôt,
3884daz sî sî soldin mordin tôt;
3885des lîzin sî genesin
3886dî meidil unde wesin,
3887dâ man sî touginlîchen zouch.
3888Dô daz dî man gesâhin ouch,
3889sî wurdin al gemeine
3890mit râte des in eine
3891nach tobelîchin sittin,
3892daz sî gar abesnittin
3893allin iren wîbin
3894dî bruste von den lîbin,
3895ûf daz sî nicht inmochtin sint
3896irnerin keiner hande kint.
3897Dise unmenschlîche tât
3898und dî smâheit nâhin trat
3899den selbin wîbin in der zît.
3900Des quâmen sî ouch hin besît
3901zu einim wîbe, zu einir aldin,
3902dî dâ was gehaldin
3903von al der dît gewisse
3904ein heilge prophêtisse,
3905sô daz nâch irm gebote
3906al des landis rote
3907sich richte vil ebin
3908gar âne widirstrebin,
3909und dî mit vlîze bâtin,
3910daz sî in wolde râtin,
391127 b    wî sî gerochin wurdin
3912der smêhelîchin burdin,
3913dî in was mit bittirkeit
3914von iren mannen ûfgeleit.
3915Dî vrowe disen ungevûc
3916vil hôhe an den wîbin wûc,
3917want sî mitlîdunge trûc,
3918irme kunne grôz genûc,
3919dâvon sî ouch besande
3920dî bestin von dem lande
3921und sprach zu in mit listin dô:
3922›Ûwir gote wollin sô,
3923›daz ir alle sundir wer
3924›wâpin unde îsins lêr
3925›und allis des, daz wundin pflît,
3926›ûch irhebt in dirre zît
3927›und ûf dî cristnen reisit
3928›und dî mit strîte neisit.‹
3929Zuhant dô sî der vrouwin wort
3930hattin in sulchir wîs gehôrt,
3931gehôrsam wârn sî und nicht laz
3932und besamenten alliz daz,
3933swaz dâ reisin mochte
3934und zu strîte tochte,
3935und irhûbin sich zuhant
3936mit vroudin in der cristnen lant
3937daz in lac nêhist in dem zil
3938und tâtin aldâ schadin vil.
3939Ân andir ubil, daz sî dâ
3940begîngin in dem lande sâ,
3941tribin sî her dannen
3942von wîbin und von mannen
3943und von vîhe michil roub.
3944Des wart der cristnen vroude toub.
3945Und dô sî an der widirvart
3946zugin kegin lande wart,
3947der gevangin sumelîch
3948in intlîfin heimelîch,

--- S. 348 ---

394927 c    dî wider zu den cristen
3950quâmen und in gewîsten
3951sulche botschaft mit eidin,
3952daz daz her der heidin
3953gar âne wâpin wêre
3954und allir wer impere,
3955und rîtin daz mit trûwin,
3956daz sî in âne grûwin
3957volgtin mit menlîchin sittin
3958und sî sichirlîch bestrittin.
3959Von disin wortin wart vil gar
3960gecreftigit der cristnen schar.
3961Hîvon sî sich ûf machtin
3962und nach den vîendin gâchtin,
3963dî sî ouch anquâmen
3964nâch vîentlîchin râmen
3965und slûgin daz mechtige her
3966sô gar darnidir âne wer,
3967daz der heiden allintsam
3968dikeiner nî von dannen quam.
3969Und dô den Sudowin daz
3970und andren dîtin, waz der saz
3971dâ umme, genzlîch wart vorgên,
3972wî den Galindin was geschên,
3973sî zugin ân irwindin
3974in daz lant Galindin.
3975Dî mûtre mit den kindin
3976und allin den gesindin,
3977dî dâ wârin blibin,
3978sî von dannen tribin
3979und brâchten sî in ire haft
3980zu êwigir eigenschaft.
3981Alsus unz hûte an dise zît
3982daz selbe lant noch wûste lît. —
Diz ist von den abgotin und von dem ungeloubin und sittin der Prûzin.1

[Dusb. III, 5.]

3983Dî Prûzin nicht irkantin got
3984noch diwedir sîn gebot;
398527 d    tum und einveldic was ir sin,
3986des inmochtin sî nicht in
3987bevân mit der vornumfte grift,
3988und want sî ouch nicht hattin schrift,
3989darin man gote pflît irspên,
3990des mochtin sî in nicht irsên
3991mit den ougin der kentnisse.
3992In was joch sô ungewisse
3993und sô vremde von vornunst
3994der schrifte wîsheit unde kunst,
3995daz sî zum êrstin sundirlîch
3996daz dûchte alzû wundirlîch,
3997daz ein man dem anderen
3998mit brîven zwischinwanderen
3999mochte hin in vremde lant
4000sînen willin tûn irkant.
4001Und want in got sus was unkunt,
4002dâ von dî irrikeit intstûnt,
4003daz sî in tumplîchir vûre
4004ein iclîche crêatûre
4005vur got pflâgin betin an;
4006donre, sunne, stêrne, mân,
4007vogle, tîr und ouch dî crotin
4008wârin in irkorn zu gotin.
4009Ouch sô hattin sî velde,
4010wazzere unde welde
4011heilic nâch irme sinne,
4012sô daz sî nicht darinne
4013pflûgin noch vischin torstin,
4014noch houwin in den vorstin.
4015Nû was undir dirre
4016heidinschaft sô irre
4017wol inmittin gesat
4018eine vornême stat
4019in dem lande Nadrowe.
4020Dî stat dî hîz Rômowe
4021und was nâch Rôme genant,
4022want dâ was wonende irkant
402328 a    der obriste êwarte
4024nâch heidenischir arte.
4025Criwe was genant sîn name.
4026Dî heidin pflâgin allintsame
4027vor einin pâbst in haldin;
4028want als der pâbist waldin
4029pflît gemein der cristinheit,
4030sust wârin disem ouch gereit
4031dî Prûzin nicht alleine,
4032sundir ouch gemeine
4033Littowin und Lîflande;
4034swaz man dâ irkande

--- S. 349 ---

4035von heidenischin rotin,
4036dî wârin sînen gebotin
4037gehôrsamlîchin undirtân.
4038Gewalt sô grôz sach man in hân
4039undir in und achberkeit,
4040daz nicht alleine wirdikeit
4041im odir sînen mâgin
4042dî heidin irbîtin pflâgin,
4043sundir swâ ein bote ouch
4044durch ire gegenôte zouch,
4045dem dâ Criwe sînen stab
4046odir ein andir zeichin gab
4047der heidenischin dît bekant,
4048daz er wêr von im gesant,
4049den pflâgin sî sêre êren.
4050Dî kunge und dî hêren,
4051darzû dî gemeine schar
4052sich im irbôt mit dînste gar.
4053Ouch hegte und bewarte
4054der vorgenante êwarte
4055ein burnde vûer immir mê
4056nâch gewonheit der aldin ê.
4057Dî Prûzin ouch genende
4058geloubtin der urstende
4059und doch nicht rechtverteclich.
4060Alsus trûg ir geloube sich:
406128 b    swî nû hî ein wesin
4062dem menschin wêr irlesin,
4063edil odir unedelîch,
4064durftig odir gûtis rîch,
4065gewaldig odir âne gewalt,
4066sust wirt sîn wesin ouch gestalt
4067nâch der urstende ebene
4068in dem kumftigin lebene.
4069Hîvon daz pflegelîch geschach,
4070sô man dî edelin sterbin sach,
4071daz man wâpin unde pfert,
4072knechte, meide, cleidir wert,
4073jaithunde und vedirspil
4074und andirs gezûgis vil,
4075daz man zu hêrschaft nante,
4076mit den tôdin brante.
4077Sô mit den unedlin wart
4078vorbrant nâch iris tôdis vart,
4079swaz dâ angehôrt ir amt;
4080want, daz dî selbin dinc intsamt
4081mit in soldin widir irstân,
4082sus was irs geloubin wân,
4083unde in dînen vorbaz mê,
4084als sî getân hattin ê.
4085Bî disen tôdin was gewis
4086ein sulch tûvelisch trugnis:
4087want sô des tôdin mâge
4088quâmen hin durch vrâge
4089zu Criwin und in bâtin jên,
4090ob er îmande hêt gesên
4091an deme odir an dem tage
4092adir an sulchir nachtelâge
4093varin vor sîme hûse hin,
4094secht, sô pflac er sagin in
4095unde gar intscheidin
4096an wâpenen und an cleidin,
4097an gesinde und an pferdin
4098und ouch an gebêrdin
409928 c    mit zeichenin gewisse
4100des tôdin gesteltnisse.
4101Und daz sî des geloubtin baz,
4102sô wîste er in ofte daz,
4103daz er gevarn wêr dâ vur:
4104er hêt ein zeichin in sîn tur
4105gestochin odir gehouwin,
4106als sî dâ mochtin schouwin.
4107Al dise heidin vorgeseit
4108hâtin ouch gewonheit,
4109swen sî gesigit hâtin,
4110daz sî ir opfir tâtin
4111den abgotin durch ir heil,
4112und al der habe dritte teil,
4113dî in zûval des sigis gab,
4114wart von in geteilit ab
4115und geantwortit Criwin sân,
4116der daz den gotin ouch vorbran.
4117Nû pflegin dî Littouwin,
4118als man dâ mac schouwin,
4119und andere des tûvils kint,
4120dî des geloubin ênic1 sint,
4121daz sî sundirn an einir stat,
4122dî von in heilic ist gehat,
4123nâch iren tummen sinnen
4124daz selbe opfir brinnen.

--- S. 350 ---

4125Und sô sich daz geburt,
4126daz man zu dem opfre vûrt
4127pfert, dî man vorburnen wil,
4128dî rent man êrstin alsô vil
4129und jagit sî sô lange an,
4130unz sî vor mûdikeit gestân
4131kûme ûf den vûzin mugin.
4132Sust sî deme opfre tugin.
4133Dî Prûzin wâren ouch gewon,
4134als ich vornumen hab dâ von,
4135daz sî seldin tâtin icht,
4136was icht merklîch dî geschicht,
413728 d    sî wurfin êrstin ire lôz
4138nâch irem ungeloubin grôz,
4139dâ mit sî dâchtin sundir wân
4140irvarn an iren gotin sân,
4141ob in dî sache sus getân
4142wol odir ubil solde irgân.
4143An cleiderin rîcheite
4144und ubirvluzzikeite
4145nicht achtit noch daz selbe lût:
4146als er sî hûte abezût,
4147sus er sî morgin ouch antût.
4148Er lêzit daz gar wesin gût,
4149ob sî ebich sint gekart.
4150Weiche bette, spîse zart
4151sîn in ouch ungewonlîch.
4152Ir tranc, des sî ouch nertin sich
4153in aldin zîtin, was ouch drilch:
4154wazzir, mete, kobilmilch;
4155nicht westin sî von tranke mê.
4156Ouch intrunkin sî nicht ê
4157dî milch, unz sî geheilgit wart
4158nâch irre heidenischin art.
4159Swenn in ouch komen geste,
4160den tûn sî gar daz beste,
4161daz sî indirt mugint
4162(daz ist ir grôste tugint),
4163und nicht in irme hûse ist
4164von tranke, spîse in der vrist,
4165sî inteiln iz williclîch
4166in mitte unde mildiclîch.
4167Sî indunkit des ouch nicht,
4168daz sî iz vrûntlich hân bericht
4169und gepfloin der geste wol,
4170inwerdin sî nicht alsô vol
4171trankis, daz sî spîin.
4172Gewonlîch ist daz bî in,
4173daz sî einandir pflichtin
4174in unmêzlîchin schichtin
417529 a    glîche trunke und der vil.
4176Dâvon geschît iz in dem zil,
4177sô sî in tranc gesetzin sich,
4178daz dem wirte ein iclîch
4179hûsgenôze brengt ein maz
4180und trinkit im zû ûf daz,
4181daz der wirt ouch âne haz
4182ûztrinke vol daz selbe vaz.
4183Sust trinkin sî einandir zû
4184und lân dem napfe keine rû:
4185er loufit hin, er loufit her,
4186itzunt vol, itzunt lêr.
4187Sô lange trîbin sî daz an,
4188unz daz wîp unde man,
4189wirt und hûsgenôzin,
4190dî cleinin mit den grôzin,
4191alle werdin trunkin.
4192Daz ist nâch irn gedunkin
4193kurzewîl und êre grôz,
4194doch dunkit iz mich êren blôz. —
4195Nâch der aldin gewonheit
4196sich noch der Prûzin sitte treit,
4197daz sî koufin mit gedinge
4198ire wîb umme pfenninge.
4199Des helt er1 sî als eine mait.
4200Sîn tisch ist ir ouch vorsait,
4201daz sî dâ icht ezzin mûze.
4202Sî mûz tegelich dî vûze
4203dem hûsgesinde alle twân
4204und den gestin sundir wân. —
4205Betlin pflît ir keinir gân,
4206want sî dî gewonheit hân:
4207swer dâ arm ist undir in,
4208der mac her gên unde hin
4209von hûs zu hûse unvorjait
4210und ezzin dâ, swenn im behait. —
4211Geschît ouch an in ein tôtslac,
4212nîman daz vorsûnen mac,
421329 b    iz inwerde irslagin
4214von des tôdin mâgin

--- S. 351 ---

4215zum êrstin der schuldige,
4216odir tôt gelige
4217sînre nêstin vrûnde ein
4218von in um den selbin mein.
4219Swenn ouch den Prûzin unvorsên
4220ein unmêzlich leit geschên
4221was bîwîlin etswâ von,
4222secht, sô wâren sî gewon,
4223daz sî sich in den nôtin
4224selbe pflâgin tôtin. —
4225Ouch nemelîche undirscheit
4226an den tagin was vorseit
4227den heidin vorgesprochin;
4228sî reitin1 ouch nicht wochin.
4229Dâvon, sô iz sus gelac,
4230daz sî soldin einin tac
4231bescheidin unde machin
4232durch sumelîche sachin,
4233dî sî denne woldin
4234hantîren odir soldin,
4235den tac man mit der zal beschît
4236und den merkte sus dî dît:
4237swenn î ein tac vorvûr,
4238an einin rîmen odir ein snûr
4239machte einin knotin
4240iclîchir von der rotin
4241adir nam ein holzil sân
4242und sneit ein zeichin dran.
4243Sust reitin sî der tage zal,
4244unz daz sî irvullit al
4245biz an den genantin wârn,
4246an dem man sold dî sache urbarn. —
4247Etslîche Prûzin vlizzin sich,
4248daz sî battin tegelich
4249zu lobe irn abgotin.
4250Sô wârin in den rotin
425129 c    sumelîche ouch gesat,
4252dî nimmir quâmen in ein bat. —
4253Wîb und man manc disen scharn
4254beidentsamen spunnen garn,
4255dî wullîn, gene lînîn,
4256als sî den gotin dâchtin sîn
4257dar an behegelîch unde wert. —
4258Sumelîche swarze pfert
4259vormidin gar mit vlîze;
4260sumelîche wîze,
4261etslîche ouch andirsgevar;
4262in lac daran sô grôze vâr,
4263daz sî in keinen zîtin
4264dî pfert getorstin rîtin.
(Wî Dorge der heiden bekêrt wart.)

[Dusb. III, 6.]

4265Ein Prûze in Samelande
4266was, den man Dorge nande,
4267in dem gebîte Schâkin,
4268der hatte einin hâkin
4269an im sulchir irrekeit,
4270daz er nicht wîzir pferde reit.
4271und ir in sînen gewaldin
4272joch nicht wolde gehaldin.
4273Disen ungeloubin
4274wolde an im betoubin
4275der vogit ubir Samelant,
4276brûdir Dîterîch genant
4277und koufte im ein wîz pfert.
4278Daz was dem Prûzin unwert;
4279îdoch er in darzû twanc,
4280daz er âne sînen danc
4281iz nemen mûste in der stunt.
4282Und dô iz ubir nacht gestûnt
4283in dem stalle Dorgens
4284und iz quam des morgens,
4285daz pfert irwurgit vundin sî
4286und darzû tôt al sîn vîh.
4287Diz wart zu drîn stundin
4288vorsûcht und î sô vundin.
4289Zum vîrden male abir an
4290koufte der voit der reine mán
4291daz vîrde pfert von wîzin hârn,
4292als dî drî êrstin wârn,
4293daz er abir Dorgen gab.
4294›Nicht wil ich‹, sprach er, ›tretin ab
4295›der gâbe mit dir, unz ich deme
4296›ungeloub in dich intneme.‹
4297Sus bleib dô daz virde pfert
4298von dem tûvele unbeswêrt
4299und dô bekarte Dorge sich
4300unde bîchte lûtirlich
4301sîns ungeloubin irretûm

--- S. 352 ---

4302des er pflac durch des tûvils rûm
4303und wart nâch den vristin
4304ein vil gûtir cristin
4305und des geloubin ein gewêr
4306beschirmêr unde minnêr.
4307Er karte in brinnindir andâcht
4308an gotis dînst al sîne macht
4309und der nûwetouftin dît
4310er vil von ungeloubin schît,
4311want er sî zu geloubin sterkin
4312pflac mit wortin unde werkin.
Diz ist, wî zwû burge der Prûzin in wurdin gebrochin.

[Dusb. III, 7.]

4313Von sumelîchin wirt gehôrt,
4314dî wîl dî brûdre wontin dort
4315ûf der eichin, dâvon ê
4316ich gesprochin habe mê,
4317daz dî Prûzin hattin dô
4318eine burc gelegin sô
4319bobin Torûn der Wîzlin nâ,
4320Rogow hîz dî burc aldâ;
4321sô hattin sî ein andre ouch,
4322als man dî Wîzle nidir zouch
4323dâ bî gelegin in der zît
432430 a    dâ nû der alde Colme lît.
4325Zwischin disin burgen zwên
4326saz ein edil Pomezên,
4327der was geheizin Pippîn
4328unde hatte dî wonunge sîn
4329ûf eime bercvride1
4330an eime sê gelegin dâ,
4331der nâch im sint immir mê
4332ist genant Pippînissê.
4333Er hatte bî im heidin vil,
4334mit den er stritte alle zil
4335unde morte vîntlîch;
4336swâ der cristen indirt sich
4337einir vor dî burc irgînc,
4338den irslûc er odir vînc.
4339Dî cristnen grôze nôt dô lidin,
4340want gene obin, dise nidin
4341und Pippîn dâmittin saz
4342sî mûhende ân undirlâz.
4343Diz werte unz an eine zît,
4344daz von geschichte doch in strît
4345dî brûdre susamin
4346mit den von Rogow quâmin
4347unde, alse daz dô wolde got,
4348daz sî ir vil irslûgin tôt
4349und vûrtin mit in dan
4350gevangin iren houbtman,
4351der ouch zu der brûdre hant
4352Rogow dî burc vorgenant
4353mit willin dô antwortte
4354ûf daz man in nicht mortte,
4355sundir in lîze lebin.
4356Diz quam den brûdrin ebin,
4357want dô etslîche zît darnâch
4358was irgangin, dô geschach,
4359daz der selbe Prûze nam
4360an sich dî brûdre allintsam
4361mit irre macht ûf gûtin sin
436230 b    unde brâchte sî sô hin,
4363dâ dî burclûte lâgin
4364und irs getrenkis pflâgin,
4365(der andrin burc ich meine).
4366Und dô sî al gemeine
4367trunkin lâgin sam dî swîn,
4368dô vîlin ouch dî brûdre în
4369und iz dâ wol begîngin:
4370sî slûgin unde vîngin
4371in der burge sundir wer
4372al daz heidenische her,
4373darzû dî burc sî brantin
4374und dî in asche wantin
4375und saitin dem leitsmanne danc.
4376Darnâch ouch nicht ubir lanc
4377schikte er den swâgir sîn,
4378den vorgenantin Pippîn,
4379mit listin vil genende
4380in der brûdre hende,
4381des sî wurdin ouch vil vrô.
4382Sî bundin Pippîne dô
4383einem pferde an den stert
4384und sleiftin in kein Torûn wert,
4385dâ man an einin boum in hînc.
4386Alsus iz Pippîne irgînc

--- S. 353 ---

4387Dirre Pippîn, als ich las,
4388gens edlin mannis vatir was
4389von Pomezênen irkant,
4390der dâ Matte was genant;
4391und als der vatir toubin
4392pflac cristenengeloubin
4393und des was ein êchter,
4394sust was sîn ein vorvechter
4395der sun mit allim vlîze sint.
4396Vor den geloubin und dî kint
4397der vil heilgin cristenheit
4398was er zu strîtene gereit;
4399dâvon treib in dikeine nôt,
440030 c    unz er gelac darumme tôt. —
Diz ist von pilgerîmen und der bûunge des hûs und der stat Colmin.

[Dusb. III, 8.]

4401Nû wart ouch von des pâbstis wort
4402gepredigit daz crûze dort
4403in dûtschin landen ubiral;
4404und dô der nûwe strît irschal
4405in der predigâte,
4406den got irwelit hâte
4407zu Prûzin in dem lande
4408und dô man ouch benande
4409den ablâz und dî vrîheit,
4410dî den strîtêrin wêr bereit;
4411iz wart manch edil helt beweit
4412in dem dûtschin rîche breit,
4413der herze got dô rûrte
4414und in den willin vûrte
4415daz sî in gotis namen
4416das crûze an sich nâmen
4417und vorzigin allir rû.
4418Sî machtin ire wâpin zû
4419unde begundin zechin1,
4420daz sî woldin rechin
4421daz unrecht an den heidin,
4422daz sî in argin vreidin
4423an dî gelidir pflâgin kêrn
4424des gecrûzigitin hêrn.
4425Sî schubin ouch vil gar besît
4426swaz dâ mochte in der zît
4427geirren odir tûn gespart
4428ir sô sâldinbernde vart
4429und vûrn vrôlîch vort.
4430Zu herzin nâmen sî ein wort,
4431daz dâ spricht Jerônimus
4432in sêligir manunge sus:
4433›Is, daz dîn vatir dir daz pfat2
4434›vortretin ûf der swellin hât
443530 d    ›und dîn brûdir dich sô twengit,
4436›daz er dir an den hals sich hengit
4437›und ouch ob dî mûtir dîn
4438›implôzinde dir machit schîn
4439›dî bruste, dî dich hân gespunt,
4440›und alsus dir widirstûnt;
4441›nim doch nicht den widirwanc
4442›trettinde joch ubirganc
4443›vatir unde mûtir sân
4444›und île zu des crûzis van.‹
4445In sulchir wîs manch pilgerîn
4446vorzeich sich dô der vrûnde sîn,
4447der undir deme crûze ouch
4448hin kein Prûzinlande zouch.
4449Und dô ir gnûc zu Torûn quam,
4450brûdir Herman Balke nam,
4451der lantmeistir lobelîch,
4452al dî pilgerîm an sich
4453und bûwete mit den gestin
4454ân undirlâz dî vestin
4455Colmen burc unde stat,
4456dâ noch der alde Colmen stât,
4457in unsirs hêrrin jârin
4458dô der vergangin wârin
4459tûsint und zweihundirt      [1232
4460drîzig und zwei gesundirt.
Von den strîten der brûdere widir dî Po­mezênen und von der bûunge der burc Sente Merienwerdir.

[Dusb. III, 9.]

4461Dô dî vestin vorgenant
4462mit gotis helflîchir hant
4463gebûwit wârn in Colmirlant
4464und darûz mit besmin hart
4465dî unvlât der heidin wart
4466an allin endin wol gekart,
4467der meistir mit den brûdrin sîn
4468und dî reinen pilgerîn
446931 a    an gotis arbeit vil unlaz
4470griffin abir vurbaz

--- S. 354 ---

4471in dî lant und dî gebît
4472der nêstin heidenischin dît
4473mit sulchir vorbesichtikeit:
4474sî schûfin alliz daz gereit,
4475des man zu einer burc bedarf,
4476wan sî wârin der witze scharf,
4477und vûrtin ûz mit in
4478zu schif ûf einen werdir hin
4479der hîz Quedin, als ich vornam.
4480Diz triben dî brûdir allintsam
4481heimelîch und âne gûf.
4482Sî richtin eine burc dâ ûf
4483ûf eime huble, der gelein
4484was der stat vil nâ inkein,
4485dâ nû Merginwerdir lît.
4486Dî selbe burc sî in der zît
4487ouch Merginwerdir nantin;
4488und dô sî daz volantin,
4489dô zalt man unsirs hêrrin jâr
4490tûsint und zweihundirt gar      [1233
4491drî und drîzic ouch vorwâr
4492von dem, daz in dî mait gebar.
4493Darnâch ouch von Sachsin quam
4494ein rittir dêswâr lobesam
4495in pilgerîmis wîse
4496menlîch unde wîse,
4497wan er âne wandils turc1
4498burcgrêve von Meideburc
4499was in der zît irkant;
4500man nant in ›mit der kleinen hant.‹
4501Der brâcht ouch mit im in dem zil
4502rittir unde knechte vil,
4503mit den er zu dem Colmen bleib,
4504unz sich ein ganziz jâr vortreib,
4505ûf der burc vorwâre;
4506und in demselbin jâre
450731 b    vûr er und dî sînen al
4508mit den brûderin zu tal
4509und nâmin Mergenwerdir dan
4510dî burc von dem werdre sân
4511zu Quedin, dâ sî was gesat
4512und leitin sî hin an dî stat,
4513dâ man sî nû ligin sît
4514in ein pomezênsch gebît,
4515daz Risin genennit ist.
4516Der burc gewandilt in der vrist
4517wart an der bûunge schicht
4518dî stat und doch der name nicht.
Von der bûunge der stat Sente Merien­werder.

[Dusb. III, 10.]

4519Dô dennoch zu dem Colmin was
4520der burcgrêve, den ich las
4521dâ vor, von Meideburc genant
4522und er dennoch nicht volant
4523hatte sîns gelubdis ger,
4524secht, dô sach man komen her
4525zu Prûzin in daz lant vor wâr
4526manchin grôzin vurstin clâr
4527von polênschin landin dâ.
4528Diz wârin sî bî namen sa:
4529herzoge Cunrât von Masow
4530und der herzoge von Crakow2,
4531der herzoge von Kuyaw
4532und darzû der von Wrezlaw
4533genant herzoge Henrîch,
4534ein vurste dîswâr lobelîch,
4535den darnâch mit unvûgin
4536dî Tatarin irslûgin.
4537Ouch sach man dâ von Gnisin
4538den herzogin Odewisin
4539und vil manchin edlin man,
4540dî dâ sâzin sô her dan,
4541als dî Odir vlûzit
4542unz dâ dî Wîzil schûzit
454331 c    in irem vluzze nidirwart,
4544und von des vlîzis vart,
4545daz dâ heizit Bobir,
4546unz alsô hin obir
4547an des vlîzis vletze3,
4548daz dâ heizit Netze.
4549Swaz dâ zwischin in den jârn
4550mechtigir herrin gesezzin wârn,
4551dî quâmen alle und ir volc.
4552Ouch sô quam hêr Swantopolc,
4553ein herzoge sus genant
4554ubir pomerênsche lant;

--- S. 355 ---

4555darzû sîn brûdir her Schambor.
4556Dî hêrrin al genant hî vor
4557brâchtin sulche rîttirschaft
4558und sô grôzir menige craft
4559zu Prûzin, als ich hab irvarn
4560daz von cristinlîchin scharn
4561nî sô grôz ein her was ê
4562gesehen in dem lande mê,
4563daz in der zît ouch allintsam
4564zu sente Mergenwerder quam
4565und bûwetin dâ dî stat
4566und dî burc, dî dar gesat
4567was nûwelîchin vor dem zil;
4568dî machten sî ouch vestir vil.
Von eime sige der cristenin, dâ vumftû­sint Prûzin tôt blibin.

[Dusb. III, 11.]

4569 Dô daz bûwin was getân
4570und der wintir was intstân,
4571sô daz iz hart gevrorn was,
4572brûdir Herman an sich las,
4573der meistir, dô dî brûdir sîn
4574und darzû dî pilgerîn
4575dî ich dâ vor nante,
4576der ger ouch darûf brante
4577wî sî têtin hin geleit
4578der Prûzin arge turstikeit,
457931 d    und reiste mit in ôt
4580zu Risin in dî gegenôt,
4581dâ sî iz wol begîngin.
4582Sî slûgin unde vîngin
4583vil der heidenischin dît
4584und durchrittin daz gebît
4585unz an daz vlîz Sirgûne,
4586dâz sich ouch ein lûne
4587in vûgte und ein sulchiz spil,
4588des sî gewunschit hattin vil.
4589Gesamint sî dâ vundin
4590der Prûzin in den stundin
4591ein geweldic michil her
4592bereit mit strîtlîchir wer,
4593daz ouch dî cristnen vil gewêr
4594rittin an mit strîtis ger.
4595Und dô dî Prûzin sâhin
4596dî cristenen kein in gâhin
4597mit sô menlîchim mûte
4598ir spitz ein aftirhûte
4599wart1 in zegelîchir flucht.
4600Den sin der heidenischin trucht
4601vornam man dâ wol âne tolc.
4602Des richte zû her Swantopolc
4603und sîn brûdir her Schambor
4604mit irem volke, want sî vor
4605der Prûzin strîtlîch wandrin
4606baz westin wen dî andrin,
4607und vorhîldin kegen in
4608dî wege vor den hegenin,
4609ûf daz ir keinre quême dan.
4610Dî wart ein stechin und ein slân
4611hindin unde vorne
4612in vreislîchim zorne;
4613dâ wart daz rittirlîche swert
4614der cristinheite wol gewert
4615des vleischis der sundêre,
4616daz iz dâ vraz mit gere,
461732 a    und gerôtit wol ir sper,
4618want dî Prûzin hin noch her
4619sich mochten dô geneigin;
4620sî vîlen sam dî veigin.
4621Daz spil dî cristnen tribin
4622so lang unz dâ blibin
4623tôt der Prûzin in dem snê
4624wol vumf tûsint unde mê.
4625Und dô irgangin was der val
4626der Prûzin, dô hûb sich ein schal
4627in vroudin, der dô wît irhal
4628von den pilgerîmen al,
4629wan in dâ sô wol gelanc.
4630Des saitin sî mit lobe danc
4631Cristô dem heilande
4632und vûrn heim kein lande.
Von der bûunge der burc genant Reddin und von eime wundirlîchin gesichte eins brûdirs dâselbins.

[Dusb. III, 12.]

4633In unsirs hêrrin jârin
4634dô der vorgangin wârin
4635tûsint und zweihundirt      [1234
4636ouch drîzic zûgesundirt

--- S. 356 ---

4637und das vîrde darnâch,
4638dô man itzunt vortribin sach
4639vil gar ûz Colmerlande
4640dî Prûzin, dô besande
4641der meistir brûdir Herman
4642swaz er volkis mochte hân
4643und bûwete in daz selbe lant
4644eine burc Reddin genant
4645vil veste unde gewisse
4646sô hin vor dî wiltnisse,
4647dî zwischin Pomezênen was
4648und Colmerlande, als ich las,
4649al dâ an ein gelêge
4650dâ offene herwege
465132 b    kein Colmerlande lâgin,
4652dâ ê dî Prûzin pflâgin
4653sprengin in daz lant vorwâr
4654heimelîch und offinbâr.
4655Ûf dirre burc, hân ich gelesin,
4656sach man zu den zîten wesin
4657einen dûtschin brûdir,
4658den des tûvils lûdir1
4659mit trûgene zôch ûf den sin,
4660daz des genzlîch dûchte in,
4661des dûtschin hûsis ordin,
4662des er was brûdir wordin,
4663mochte im dî sêle nicht irnern.
4664Des wart sîn mût darûf sich kêrn,
4665daz er wolde sundir sparn
4666in einen andrin ordin varn,
4667der dâ wêre strengir
4668zu traine und getwengir.
4669Und dô er disin mût gevînc,
4670ein sulch gesicht im widirgînc
4671in eime troume, dô er lac
4672unde sînis slâfis pflac:
4673er sach sente Bernhardum,
4674Dominicum, Franciscum
4675unde sante Augustînin,
4676iclîchin mit den sînin
4677brûdrin schôn gezîrit
4678und wol geordinîrit
4679in ênzelin scharin vor sich gên,
4680dî er ouch bitten unde vlên
4681wart mit heizin zêrin,
4682daz sî in gewerin
4683woldin irre brûdirschaft
4684und zu ir ordin tûn gehaft,
4685daz im ouch vorsait vil gar
4686wart dô von iclîchir schar.
4687Und dô er alsus stûnt vorzait,
4688sô sît er komin her dî mait
468932 c    dî reine, wandils vrîe
4690gotis mûtir Marîe,
4691und mit ir brûdre vil
4692des dûtschin hûsis in dem zil
4693in wunnenclîchim schouwin.
4694Dô vîl er der juncvrouwin
4695weinende vur dî vûze
4696unde bat dî edle sûze
4697vlêhende dêmûticlîch,
4698daz sî ubir in irbarmte sich
4699und in wolde vurbaz lân
4700bî sînen brûderin bestân.
4701Dô sprach sî sust in der geschicht:
4702›Nein, nein, iz invûgt dir nicht
4703›want dich, tummir affe,2
4704›dunkit, daz dô slâffe
4705›dîn ordin allis jochis vrîe
4706›und daz darinne nicht insîe
4707›zu lîdene nâch dînre ger.‹
4708Dâmitte vûr dî vrouwe her
4709und zôch dî mentele besît
4710den brûderin, dî in der zît
4711bî ir aldâ stûndin,
4712und wîste im dî wundin
4713und dî slege manicvalt,
4714dâmit sî in den tôt gevalt
4715wârn durch des geloubin schirm
4716von den heidin ungehirm
4717und sprach zu im: ›Nû sich!
4718›mac daz icht gedunkin dich,
4719›daz hî dise brûdre dîn
4720›icht gelidin habin pîn
4721›durch den minnesamen
4722›Jêsû Cristî namen?‹
4723Nâch den wortin ouch zuhant
4724daz gesichte gar vorswant
4725und der brûdir intwachte,
4726vil balde sich ûfmachte
472732 d    und îlte sundir sparn
4728in daz capitil, dâ ouch wârn
4729dî brûdre dâ gesamint
4730und vor in allintsamint

--- S. 357 ---

4731knîte er dâ nidir
4732und quam des willin widir
4733dêswâr vil dêmûticlîch,
4734den er ê vrevelîch
4735den brûdrin hatte vorgeleit,
4736als in trôc sîn irrekeit
4737unde kuntte in gemein
4738daz gesicht, als im irschein.
4739Von dem mâle sich ouch vleiz
4740mit innenclîchir andâcht heiz
4741der selbe brûdir vurbaz mê
4742zu gotis dînste denne ê
4743und wart darnâch in kurzin tain
4744von den heidin ouch irslain.
Von der kunft in Prûzinlant des marc­grêven von Mîssin.

[Dusb. III, 13.]

4745In den zîten ouch geschach
4746dô man gebût den Reddin sach,
4747daz der vurste lîchtbêre
4748zu gote vil gewêre
4749mit andacht âne glîzin
4750der maregrêve von Mîzin,
4751der dâ Heinrîch was genant,
4752quam gevarn in Prûzinlant
4753und brâchte mit im sundir wân
4754wol vumfhundirt edele man
4755in wâpenen genende
4756unde ûf strît behende,
4757unde allis des gerêtis gnûc,
4758daz man zu des nôtdurft wûc.
4759Dirre edle hêrre gût
4760wante darûf sînen mût
4761mit allim vlîz und allir craft,
4762wî er dî arge heidinschaft
476333 a    mochte gar vorterbin,
4764vortilgin und interbin
4765und dî lant der cristinheit
4766gemêrin und gemachin breit.
Wî dî cristnen vil vestin brâchin unde dî Pomezênen wurdin betwungin.

[Dusb. III, 14.]

4767In pomezênschim lande was
4768gelegin, als ich ouch ê las,
4769genennit Risin ein gebît,
4770darinne wonte vreche dît
4771zu strîte und gar vormêrt;1
4772dî greif dô an der vurste wert
4773mit menlîchin hendin
4774âne widirwendin,
4775den ich dâ vor ouch nante.
4776Er roubte unde brante;
4777blûtis vil er ouch vorgôz
4778unde herte ofte blôz
4779nach vientlîchin vreidin
4780dî vorgenantin heidin.
4781Ouch eine burc was bî eime vlîz
4782gebûwit, daz dâ Muckir hîz,
4783dî man dî Prûzin haldin sach.
4784Dî gewan er unde brach
4785unde waz sî vestin hêtin
4786gelein an disin stetin,
4787als dâ Risinburc nû lît
4788und Risinkirche dâ besît
4789bî Postelin, bî deme Stûme,
4790Wildinberc ich darzû nume
4791und bî Drûsin deme sê.
4792Hî lâgin alliz vestin ê,
4793dî alle er ouch dô gewan
4794ubirhoubit den Prûzin an,
4795und waz ir in den stundin
4796darûffe wurdin vundin,
4797dî slûc er alle unde vînc,
479833 b    und sô ouch daz irgînc,
4799dî vestin er mit brande
4800vil gar in asche wande.
4801Sus zoite der marcgrêve dâr2
4802in dem lande her und dar
4803geweldic, menlîch, offinbâr
4804recht als ein lewe, der dâ bar
4805vert allir irschreclîchin vâr,
4806und treib sô manic harmschar
4807ûf dî ungetoufte schar,
4808daz ich des nicht kan dêswâr
4809vol tichtin noch vol schrîbin gar.
4810Er was in joch ein last sô swâr
4811in strîtin und alsô gevêr,
4812daz sî wedir hin noch her
4813mochtin im intwenkin;
4814sî inmûstin lenkin
4815sich undir des geloubin joch,

--- S. 358 ---

4816daz man sî sît tragin noch
4817Sus schûf der gotis werde man
4818daz den brûdrin undirtân
4819dî Pomezênen wurdin dô.
4820Des mach in got in himle vrô!
4821Und alse mit entscheidinheit
4822der Pomezênen vrîheit
4823in den zîten wart gegebin,
4824darnâch richtin sich ouch ebin
4825dî andrin lant vurbaz hinnidir,
4826dô sî sich ouch satztin sidir.
Von zwên herschiffin unde von der ab­vart des marcgrêven.

[Dusb. III, 15.]

4827Der wîse wîslîch alle zît1
4828trachtin unde werbin pflît
4829und schûbit manchin schadin besît,
4830der sich kumftic kein im vlît.
4831Deme tet wol glîche dô
4832der vorgenante marchiô,
4833want er vorbesichtic
483433 c    was und gar intrichtic
4835in vil wîsir sinne grif.
4836Des lîz er bûwin zwei herschif;
4837daz ein was ›Pilgerîm‹ genant
4838und daz andre ›Vridelant‹.
4839Den schiffin ouch dî namin
4840vil ebene gezâmin
4841nâch ires amtis achtin;
4842want sî den cristenen machtin,
4843in Prûzinlande vridis vil,
4844dî drinnen wontin in dem zil.
4845Mit disin selbin schiffin
4846wurdin êrst begriffin
4847und gebûwit, als ich vornam
4848dî zwû burge lobesam,
4849der Elbinc und dî Balge,
4850und ûf des wâgis swalge,
4851der dâ heizit daz vrische hab,
4852wart sô gar gelegit ab
4853der heidinschaft ir wandrin,
4854daz noch ein noch andrin
4855darûf getorstin komen
4856den cristnen zu unvromen.
4857Dise selbin schif vorwâr
4858wurdin ubir manic jâr
4859vorsenkit beide nâch der stunt
4860in des Drûsinsêhis grunt.
4861Und dô iz alsô wol getân
4862der vil edle gotis man,
4863den ich dâ vor ouch nande,
4864hât in Prûzinlande
4865swechinde mit allir craft
4866dî vreitsame heidinschaft,
4867als ûch dâvor intscheidin ist,
4868und irvullit was dî vrist
4869sîner pilgerîmschin vart,
4870dô vûr er heim kein lande wart.
4871Doch so lîz er in dem zil
4872zu Prûzin in dem lande vil
4873blîbin sîner rittirschaft
4874dî mit hulfe zûgehaft
4875dô den brûdrin soldin,
4876want sî bûwin woldin
4877aldâ dî burc den Elbinc,
4878als iz sint vollingînc.
Von dem strîte der Pogezênen und von bûunge der burg Elbinc.

[Dusb. III, 16.]

4879Dô von gotis genâdin
4880dî cristinheit intladin
4881von den Pomezênen wart
4882und sî hattin sich bekart
4883und den brûdrin undirtân,
4884dô schictin ouch dî brûdre sân
4885nach strîtlîchin witzin
4886vurbaz ire spitzin2
4887kein der Pogezênschen dît.
4888Daz urloige sus gerît:
4889Der meistir und dî brûdre sîn
4890und darzû dî pilgerîn,
4891dî zu Prûzin hatte dô
4892gelân der clâre marchiô
4893von Mîsinlande vorgeseit
4894schictin in der zît gereit
4895in gene schif gerêtis gnûc,
4896daz zu gebûwe hatte vûc,
4897und quâmen in daz lant,
4898daz Pogezênin ist genant
4899ûf einen werdir, den bevînc

--- S. 359 ---

4900aldâ daz vlîz der Elbinc.
4901Der werdir lac alsô hinab,
4902dâ der Elbing in daz hab
4903sînes vluzzis vellit;
4904dâ wart ouch zûgestellit
4905von den cristinlîchin scharn
4906und gebûwit sundir sparn
4907eine burc, dî man dô hîz
490834 a    ouch den Elbing als daz vlîz.
4909In unsirs hêrren jârin
4910dô der vorgangin wârin
4911tûsint und zweihundirt
4912drîzic zûgesundirt
4913und in dem sibindin darnâch      [1273
4914dise bûunge geschach.
4915Dî selbe burc, hab ich gehôrt,
4916von den heidin wart zustôrt;
4917des bûwten sî dî cristin sît
4918dâhin, dâ sî hûte lît
4919und ouch eine stat daran,
4920dî man aldâ noch sît stân. —
Von eime zeichene.

[Dusb. III, 17.]

4921Dî brûdre vom Elbinge
4922âne vridis gedinge
4923hîldin sint der selbin zît
4924sô manchin lobelîchin strît
4925kein der dît von Pogezên,
4926daz daz nîmant kan voljên
4927mit schrift noch mit getichte;
4928doch wil ich ein geschichte
4929harte wundirlîch dêswâr
4930ûch hî machin offinbar,
4931daz den brûdrin widir quam
4932von dem Elbinge, als ich vornam.
4933Zu einen zîtin iz geschach,
4934daz man sî in zorne sach
4935ûf dî heidin irbolgin
4936mit wêninc lûtin volgin
4937einim michlin here,
4938daz in argir kêre
4939hernde unde burnde blôz
4940einen roub genumen grôz
4941hât in irme gebîte.
4942Und dô sî mit der dîte
4943itzunt zusamin soldin slân,
4944secht, dô wante sich hin dan
494543 b    zegelîchin an dî vlucht
4946al dî heidenische trucht,
4947dâ mit sî ouch intgîngin,
4948sô daz dî brûdre vîngin
4949nicht wen einen Pogezên.
4950Dannen vûrtin sî ouch den;
4951und dô er sach sô cleine
4952der brûdre her gemeine,
4953er vragete, wâ ir wêre mêr,
4954dî dâ gehôrtin in daz her.
4955Des wart er alsus bericht,
4956ir wêre mêr gewesin nicht,
4957wen als er sêge in der schar.
4958Dô sprach er: ›Wizzit daz vorwâr,
4959›daz wir sâhin hûte,
4960›al daz velt vol lûte
4961›zu strîte rechte wol bereit,
4962›dî hâttin gar ân undirscheit
4963›wâpin und gewête an,
4964›als dî brûdre pflegin hân,
4965›und von der menige craft
4966›wurdin wir sô zagehaft,
4967›daz wir allintsamen
4968›an dî vlucht uns nâmen.‹
4969Daz selbe sprâchin offinlîch
4970dî Pogezênen gemeinlîch,
4971dî mit gewesin wârn dâ,
4972dô sî bekartin sich darnâ
4973zu dem geloubin cristinlîch,
4974daz darnâch schîre vûgete sich;
4975want wî hart, wî swêre
4976kein den brûdrin wêre
4977der Pogezênen strîten,
4978doch wart in den zîten
4979sî ein teil irweichin
4980diz wundirlîche zeichin.
4981Ouch sî dâbî zechtin,
4982daz sî daz anvechtin,
498334 c    daz mit pflegelîchir mû
4984in dî brûdre tribin zû,
4985nicht lengir mochtin dougin;
4986des wurdin sî dô bougin
4987ir hertin nackin allintsam
4988und ir helse vil unzam
4989âne widirstroubin
4990undir den geloubin
4991und zu der brûdre hant;

--- S. 360 ---

4992des wurdin gîsele benant
4993den brûdrin durch sichirheit.
4994und durch wernde stêtikeit.
Von dem strîte der brûdere, der Ermin, Bartin und Nattangin und daz vil brû­dere unde cristenen wurdin geslagin.

[Dusb. III, 18.]

4995Iz mac nîmant vol achtin,
4996vol schrîbin noch vol trachtin,
4997noch vol sprechin, wên ich, gar
4998daz ungemach, dî nôt, dî vâr,
4999dâ sich zu pflege satztin în
5000der meistir und dî brûdre sîn,
5001ûf daz durch sî gemêrte sich
5002der geloube cristinlîch
5003und dî lant der cristinheit
5004gelengit wurdin und gebreit;
5005dâvon in der zît geschach,
5006dô man von gotis hulfe sach,
5007ân den gûtis nicht geschît,
5008daz dî heidenische dît,
5009ich mein dî Pomezênin
5010und ouch dî Pogezênin
5011den geloubin angetân
5012hatten und sich gelân
5013in der brûdere gewalt,
5014daz dî selben brûdre balt
5015kein Ermin, kein Nattangin,
5016dî sî dâ pflâgin drangin,
501734 d    und kein den Bartin
5018mit urlouge kartin.
5019Des hattin sî ein sulch begin:
5020der meistir sante brûdre hin
5021und wêpenêre gnûc mit in
5022in genin schiffin ûf den sin,
5023daz sî soldin sô hin abe
5024varn ûf dem vrischin habe
5025und irspêhin eine stat,
5026dî bequêmlîch wêr gesat
5027zu bûwne eine vestin dâ
5028bî dem stadin ettiswâ
5029kein den Prûzin vorgenant.
5030Und dô sî quâmen an daz lant,
5031daz man Ermin nande,
5032dô trâtin sî zu lande
5033und wurdin dâ gewar
5034einer Prûzschin burc vorwâr,
5035dî was gelegin in der zît
5036dâbî, dâ nû dî Balge lît.
5037Der burc torstin sî nicht vârn,
5038want sî alzû kranc dâ wârn;
5039îdoch daz nicht mit lêrir hant
5040ir reise dannen wurd irwant;
5041sô herten sî dî dorfir gar
5042gelein darumme her und dar
5043mit roube und mit brande.
5044Und dô ouch daz irkande
5045dî însezne heidinschaft,
5046daz sô cleine was ir craft,
5047dî vart sî kein in nâmen
5048und slûgin allintsamen
5049dî brûdre und ir wâpinman,
5050daz nî keinre quam her dan
5051ân dî, dî dâ geschickit wârn
5052zu den schiffin durch bewarn
5053Und dô dî ouch sâhin
5054dî iren sus irslahin
505535 a    und in gehelfin mochtin nicht,
5056betrûbit sêre der geschicht
5057an dî vlucht sî griffin
5058vil balde mit den schiffin
5059und quâmen in den stunden,
5060dâ sî den meistir vunden,
5061dem sî genzlîch vorjân,
5062wî iz jenin was irgân.
Von der burc Balge.

[Dusb. III, 19.]

5063Dô der meistir vil gewêr      [1239
5064dise jâmirberndin mêr
5065von den botin sus vornam,
5066so grôz betrûbnis ûf in quam
5067und sô leidir smerze,
5068daz des geloubt kein herze;
5069doch nam er im zu trôst ein wort
5070damitte Dâvît trôste dort
5071den vurstin sînir rittirschaft
5072Joâbe, der sich tet gehaft
5073in al zu grôzir leide pîn
5074um den tôt der lûte sîn.
5075Den strâfte er sus unde sprach,
5076dô er in alzû leidic sach:
5077›Diz dinc lâz dich bewegin nicht,
5078›wan manchirlei ist dî geschicht

--- S. 361 ---

5079›des strîtis, als wir ofte sên;
5080›itzunt disen, itzunt den,
5081›tôtit des urlougis swert.
5082›Des sterke dû daz volk beswêrt
5083›und mane dîne strîtêre,
5084›daz sî sîn gevêre
5085›des rîchis widirsachin
5086›und dî verterbit machin!‹
5087Sust wart der meister doch getrôst
5088und ein teil von leide irlôst
5089und sant ein michil her
5090bereit zu strîte wol mit wer
5091zu schiffe sô hinnidir,
509235 b    daz sî soldin widir
5093tûn daz unrecht und daz leit
5094der irslagnen cristenheit.
5095Und dô sî quâmen an den strant
5096zur Balge, aldâ alzuhant
5097sî zu lande trâtin
5098und vor dî burc dâ gâtin
5099und waz sî schutzin hâtin
5100dî sach man sî bestatin1
5101kein der burc bequêmelich.
5102Ouch schiktin sî zu sturme sich
5103und gîngin menlîch an
5104mit leitrin, dî sî leitin an
5105in des hûsis zinnen.
5106Nû hât aldâ inbinnen
5107der beseznin houbitman
5108zu den brûdrin sich getân
5109in tougim gerûne;
5110genant was er Kodrûne.
5111Der half ouch in, daz sî balt
5112dî burc gewunnen mit gewalt.
5113Secht, dô wart ein tôtin,
5114dô rach man nôt mit nôtin;
5115dô wart gerochin wol daz blût,
5116daz dâ vor dî cristnin gût
5117vorguzzin bî dem hûse,
5118want in dem geprûse
5119den Prûzin harte leit geschach.
5120Stich, how, morde und slach
5121was der cristnen spil irkant,
5122dî wîl man icht dâ Prûzin vant;
5123doch man der dît ein teil dâ vînc.
5124Und dô dî kurzewîle irgînc,
5125dî brûdre saitin gote danc,
5126daz in dâ sô wol gelanc.
5127Dî burc sî ouch wol besâzin,
5128und kein der dît vorwâzin
5129hîldin sî dâ sint der zît
513035 c    manchin lobelîchin strît.
5131Diz was in Cristis jârin
5132dô der vorloufin wârin
5133tûsint und zweihundirt
5134drîzic drûf gesundirt
5135und darnâch in des nûndin vart,      [1239
5136daz besatzt dî Balge wart.
Diz ist wî dî Balge von den Prûzin wart belegin.

[Dusb. III, 20.]

5137Dô kein Prûzin in daz lant
5138wurdin dise mêr irkant,
5139Pyopse hîz ein houbtman
5140der Ermin, der besante sân
5141alle sînes heris craft
5142und mit der selbin heidinschaft
5143dî burc zur Balge er belac.
5144Ouch want er dô des amtis pflac,
5145daz er ein houbt der andrin
5146hîz, des wolde er wandrin
5147zuvordirst vor den sînen
5148und sam ein helt irschînen
5149an des hûsis sturme dâ.
5150In sulchim rûme er ouch sâ
5151vaste hinzû gâhete
5152und er sus genâhete,
5153daz er quam in rechtin râm2.
5154Ein brûdir daz gemerke nam
5155zu im mit eime pfîle
5156und schôz in in der wîle,
5157daz er allis sturmis laz
5158zu der erdin tôt gesaz.
5159Dirre sô vreislîche blic
5160gab den andrin sulchin schric,
5161daz sî ouch ûfbrâchin sân
5162und ungesturmit zugin dan.
Von der bûunge einre mul und wî sî ouch wart vorterbit.

[Dusb. III, 21.]

5163In der selbin zît geschach,
516435 d    daz man gnûc von Ermin sach
5165der edlin unde mechtigin,

--- S. 362 ---

5166dî dâ lîzin ligin
5167iren ungeloubin gar
5168unde ir erbe ouch dêswâr
5169und vûrn zu den brûdrin hin
5170zu der Balge ûf gûtin sin
5171mit wîbin und mit kindin
5172und allin irn gesindin,
5173want sî merctin offinlîch,
5174daz got zu pflege zeichinlîch
5175mit in was und vor sî streit.
5176Ouch wârn dî brûdre vil gemeit
5177irre zûkunft in dem zil,
5178want ir schar gesterkit vil
5179von der selbin rotin wart.
5180Des bûwtin sî ouch mit der vart
5181eine mul mit rûche1
5182ûf andir sît dem brûche,
5183dâ dî brucke ende hât
5184und nû ein lantstrâze gât.
5185Dî mul sach man sî vestin
5186vor vîentlîchin gestin,
5187der vil darumme sâzin nâ.
5188Ouch sô lîzin sî aldâ,
5189zwêne brûdre und genûc
5190wêpenêre durch den vûc,
5191daz sî soldin ir mit wer
5192hûtin vor der vîende her,
5193daz nicht lange doch bestûnt;
5194want darnâch in kurzir stunt
5195wart dî selbe mul behaft
5196von den Prûzin, dî mit craft
5197sî ouch dô gewunnen
5198und sî gar vorbrunnen.
5199Darzû dî brûdre und ir man
5200dî mit in wârin dâ gelân
5201sach man sî mit vreisir nôt
520236 a    allintsament slâhin tôt.
Diz ist von dem geistlîchin lebene der brûdre von der Balge und ouch ûf an­drin hûsirn.

[Dusb. III, 22.]

5203Welchis lebins lûtirkeit,
5204waz tugint, welche strengekeit
5205und welchin twanc geistlîchir zucht
5206truge dô der brûdre trucht,
5207zu der Balge unde andirswâ
5208in dem lande hî und dâ
5209ûf allin hûsirn gemein,
5210zwâr daz weste der allein,
5211dem alle herzin offin sint
5212und dem kein touge sich bewint.
5213Ir betehûsir der betêre
5214harte seldin wârin lêre;
5215keinen winkil man ouch vant
5216ûf den hûsirn vorgenant,
5217dâ sich nicht vorborgin hêttin
5218nach complête und nâch mettin
5219brûdere, dî dâ heimelîch
5220castigitin mit rûtin sich
5221odir vîlin venien2 vil.
5222Iz quâmen munche in eime zil
5223hin zu Engilsberc gevarn,
5224dî einis andrin ordins wârn;
5225und dô dî prûftin ebin
5226aldâ der brûdre lebin
5227und ir geleginheite irsân,
5228sî begundin vragin sân
5229um des hûsis namin.
5230Und dô sî vornâmin,
5231daz iz hîze Engilsberc,
5232›Wêrlîch der name und dî werc
5233›sich wol ebin‹, sprâchin sî,
5234›an dirre burc irvindin hî,
5235›wan dî brûdre, dî hî wonin
523636 b    ›in engilischim lebene donin3.‹
Von der bûunge des hûsis Partegal und des bercvridis Schrandin.

[Dusb. III, 23.]

5237Iz wârn in Erminlande
5238Prûzin, dî man nande
5239dî Gobotinin und dî wârn
5240sêre mechtic in den jârn
5241und den brûdrin gar gevêr;
5242dî besamintin ein her
5243von strîtêrin âne zal
5244und ûf dem velde Partegal

--- S. 363 ---

5245bûwtin sî mit starkir hant
5246ein hûs ouch Partegal genant
5247nâch dem velde, und dâmit
5248ouch ein andir bercvrit
5249bûwte daz gesperge1
5250dort ûf Schrandinberge.
5251Dî selbin vestin beidirsît
5252mannetin sî in der zît
5253mit vil wêpenêrin starc,
5254dî ouch den brûdrîn alsô arc
5255wârn zur Balge tegelîch,
5256daz ir keinir torste sich
5257darnâch vor den dîtin
5258ûz der burc irbîtin.
Von der bûunge der burc Snigkinberc.

[Dusb. III, 24,]

5259Daz velt, darûffe ist gelein
5260daz hûs zur Balge, allirwein
5261hât ein ummelâge
5262von brûche und von wâge,
5263daz sumirzît darûf nîman
5264gerîtin mochte noch gegân
5265ân ubir einir bruckin pfat,
5266dî ob daz brûch noch hûte gât.
5267Vor der selben brucke
5268ûf kumftic gelucke
5269und zu vortrîbne vêrlich ubil
527036 c    bûwtin dâ ûf einin hubil
5271dî brûdre eine burc, der nam
5272hîz Snickinberc, als ich vornam,
5273und satztin dar ûf brûdre gnûc,
5274ouch einin edlin man der klûc
5275und menlîch zu urloige was;
5276Hertwîc hîz er, als ich las.
5277Derselbe ouch einin sun sint lîz,
5278der Hertwîc von Pokarwin hîz,
5279unt strîtlîchir lûte mêr
5280dî der dît soldin mit wer
5281unde mit warte dâ engin
5282ir heimelîch însprengin.
Von der kumft herzogin Ottin von Brûns­wîc2 und von der slachtunge der Prûzin unde von der vorterbunge der burc Par­tegal und des bercvridis Schrandin. —

[Dusb. III, 25. 26.]

5283Ûf dî vestin vorgeseit,
5284dî von den Prûzin wârn bereit,
5285ich meine Schrandinbercvrit
5286unde Partegal dâmit,
5287was der dît sô vil geleit,
5288dî stête kein den brûdrin streit
5289und vorhîlt in dâ dî vart
5290vil gar kein den vîndin wart
5291und allis anevechtins vûc.
5292Des wârn dô betrûbit gnûc
5293dî brûdre unde quâmin
5294vil ofte des zusamin
5295sûchinde in râte
5296wî sî vundin state
5297dî Prûzin an zu strîtin;
5298und dô sî in den zîtin
5299des keine list irtrachtin
5300kundin, sî gedâchtin,
5301daz nicht tochte ir wesin dâ
5302sint sî wêrn vorbûwit sâ
5303von den vîendin sô starc,
5304dî in ouch tâtin manig arc,
5305des sî gekêrn mochtin nicht.
5306Ouch twanc sî ein andir schicht,
5307dî in was zumâle swâr:
5308in gebrach der lîbnar.
5309Des woldin sî dî Balge hân
5310vorbrant und intwîchin dan.
5311Doch was beswêrit in der mût,
5312daz sî der vestin alsô gût
5313soldin sus vorzîen.
5314Mit trênin hôrt man schrîen
5315sî ofte an den sûzin got,
5316daz er durch sîner trûw gebot
5317in wolde hulfe sendin
5318und diz leit intwendin.

--- S. 364 ---

5319Dî wîle sî diz tribin an
5320noch inwestin waz angân
5321und in zu mûte was vil wê,
5322dô sâhin sî ouch ûf der sê
5323schif dort here strîchin
5324darinne sî genzlîchin
5325hoftin sô her in zu vromin
5326cristinlîche lûte komin.
5327Îdoch in harte bange
5328waz unz alsô lange,
5329daz dî schif înquâmen.
5330Und dô sî ganz vornâmen,
5331wes kumft in was aldâ benant
5332und wî sîn komin was gewant,
5333eiâ, hêrre got, und ô1!
5334wî wunnenclîch, wî rechte vrô
5335wurdin in den vristin
5336dî brûdere und dî cristin!
5337Want als ein brunne vrisch und kalt
5338kumt deme, der in durste qualt,
5339und als ein bote, der von vern
5340landin kumt mit lîbin mêrn,
534137 a    sus in den zîtin ouch vorwâr
5342daz edle blût, der vurste clâr,
5343der got was î minnende
5344und in der minne brinnende
5345nî vorlîz der tuginde stîc,
5346herzog Otte von Brûnswîc
5347und ouch von Lûneburc genant,
5348der quam aldâ in Prûzinlant
5349durch got in pilgerîmis wîs.
5350Derselbe grôze herre wîs
5351brâcht ouch mit im allgemein
5352sînen hof, als der irschein
5353dort heime an gerête.
5354Mit im her ouch hête
5355jaithunde und vedirspil
5356und jaitgezûgis vil,
5357des in Prûzinlande ê
5358nicht inwas gewesin mê,
5359darzû sîne jegêre
5360und, daz ich ôt dî mêre
5361mit kurzin wortin ende,
5362der vurste vil genende
5363brâchte allis des genûc,
5364des sîner herschaft was gevûc
5365und ein strîtlîch her vil grôz.
5366Der kumft daz lant vil wol genôz
5367und dî brûdre alsam,
5368want er in zu hulfe quam
5369und hûb ûz nôtin sî.
5370In sulchir wîs sich daz irgî.
5371Der herzoge leite sich
5372zur Balge ûf sô heimelich,
5373daz dî ummesezne dît
5374der heidenschaft inweste nit
5375sîn wesin dâ noch sîne kumft.
5376Nû was der hêrre an vornumft
5377behende unde wîse;
5378des gînc er ûz vil lîse
537937 b    mit vragindir bescheidenheit
5380um der brûdre geleginheit
5381und umme des urlougis schicht;
5382und dô er des was gar bericht,
5383mit gâbe grôz zôch er daran
5384Pomandin, einin edlin man
5385an geburt nâch Prûzschir art,
5386der ouch nûlich sich bekart
5387zu dem geloubin hatte zwârn
5388und zu den brûdrin was gevarn,
5389dem dâ vor vil achtberkeit
5390manc den Prûzin was gereit,
5391daz er der sachin des geloubin,
5392den dî Prûzin pflâgin toubin,
5393gar mit vîntlîchir hant
5394in sulchir wîs sich undirwant.
5395Der selbe Pomande nam
5396sich von der Balge unde quam
5397zu sînen lantlûtin,
5398den Prûzin, den er dûtin
5399dô in sulchir wîse wart
5400dî sache sîner abevart:
5401er sprach, er wêre komin
5402den cristnen zu unvromin
5403und welde in zihin zû
5404grôzin schadin unde mû,
5405want er ir tûn wol weste dort.
5406Und dô dî Prûzin diz irhôrt
5407hattin von Pomandin sô,
5408dêswâr sî wurdin harte vrô,
5409want sî hoftin sundir wân,
5410daz sî vorterbin soldin dan

--- S. 365 ---

5411dî brûdre vil drâte
5412nach Pomandin râte.
5413Sus in Pomande dô gerît,
5414daz dî allirwêgste1 dît
5415von Ermin, von Natangin
5416von Bartin ûz den crangin2
541737 c    sich besaminte in ein her
5418und darzû alle, dî mit wer
5419kondin unde mochtin
5420unde icht zu strîte tochtin,
5421und zogin vur dî Balge hin
5422gar ûf sichirin gewin
5423unde stalletin dâvor.
5424Nû westin ûf der burc inpor
5425dî brûdre vil wol dî geschicht,
5426wî iz was dâ vor bericht
5427mit Pomandin tougintlîch.
5428Des irhûbin sî ouch sich
5429mit dem vil lûtrin vurstin
5430von Brûnswîc, den dô durstin
5431pflac in heizim mûte
5432nâch der heidin blûte
5433und mit alle sîner schar,
5434dî mit im was komen dar,
5435und wurfin ûf daz hûs
5436unde nâmen einin sûs
5437mit den Prûzin zusamen
5438in unsirs hêrrin namen
5439unde hîldin in der zît
5440einen hôch gelobtin strît
5441mit den ungetouftin.
5442Sô gar sî sî besouftin
5443in ires selbis blûte,
5444daz sîn got der gûte
5445immir mûse êre hân.
5446Jâ quam ir nî dikeinre dan,
5447der dâheime mochte gên,
5448wî daz desin was geschên.
5449Dô der strît was sus volant
5450und dî heidin gar geschant
5451wârin von der cristinheit,
5452dô wart ouch lengir nicht gebeit.
545337 d    Herzoge Otte von Brûnswîc,
5454dêr alse ein sûze vruchtic zwîc
5455dî brûdre in der zît so matte
5456mit trôste wol irlabit hatte,
5457schaffinde der Prûzin val,
5458zôch vor dî burc zu Partegal
5459und der brûdre macht dâmit,
5460dî beide hûs und daz bercfrit,
5461daz man nante Schrandin,
5462gewunnin, vorbrandin;
5463und waz dar ûffe Prûzin was,
5464ein einigir der nicht genas;
5465sî mûstin alle reisin
5466in tôtlîchin vreisin
5467nâch iren hergesellin
5468ân undirlaz zur hellin.
5469Nû bleib zur Balge ein ganziz jâr
5470der vorgenante vurste clâr
5471mit alle sîner heris macht,
5472daz er zû Prûzin hatte brâcht,
5473und streit sô manchin strît
5474kein den Prûzin bin der zît,
5475daz ich der inweiz kein zil;
5476dâvon ich ir geswîgin wil.
5477Waz sol ich lange redin mê?
5478Er worcht in ôt sô wê
5479und sô hertlîch ûf in lac
5480mit urlouge nacht und tac
5481und mit sô swindir âchte,
5482daz er sî dôzû brâchte,
5483daz sî mûstin gote ebin
5484und den brûdrin sich irgebin
5485und inpfân dî cristinheit,
5486als ûch wirt hîrnâch geseit.
5487Und dô daz jâr ein ende nam,
5488der herzoge lobesam
5489dî brûdre rîchlîch berît
5490und mit grôzin vroudin schît
549138 a    zu schiffe hin kein lande wert.
5492Er lîz in wâpin unde pfert,

--- S. 366 ---

5493swaz er der dô hête,
5494und alle sîn gerête
5495von spîse. Der was alsô gnûc,
5496daz sich daz hûs dâ von betrûc
5497zur Balge wol ein ganziz jâr
5498nâch sîner heimvart vorwâr.
5499Ouch lîz er in der stunde
5500in alle sîne hunde,
5501dî er hatte zu gehetze
5502und alle dî wiltnetze,
5503dî er brachte in daz lant,
5504als ich tet dâvor irkant
5505und sîner vûzjegêre
5506zwêne vil gewêre,
5507dî beide brûdre wurdin
5508sint in dem dûtschin ordin.
5509Mit disem jaitgeverte
5510vil manic jâr man nerte
5511dî nidirstin hûsir al,
5512want man wildis âne zal
5513dâ mitte slûc und darzû ouch
5514man von den hundin hunde zouch.
5515Alsus man von des Ottin zît1
5516unz hûte grôzir jait pflît
5517in Prûzinlande manchirwein.
5518Und daz dî dûtschin brûdre pflein
5519sulchir jagit bisundirn,
5520des darf nîmande wundirn,
5521want in irloubit ist dî jait2,
5522dî andrin ordin ist vorsait. —
Diz ist wî dî Ermin, Natangin und Bar­tin sich undir dî brûdre satztin und von bûunge mê burge.

[Dusb. III, 27.]

5523Nû wârn ouch der dîte
5524von Ermin dem gebîte,
552538 b    von Bartin und Natangin
5526sô vil itzunt vorgangin
5527von der ordenunge gotis,
5528der nâch willin sîns gebotis
5529daz schûf mit der edlin hant
5530des hêrrin von Brûnswîc vorgenant
5531und mit der brûdre macht,
5532daz sî wârn sô gar geswacht,
5533daz sî nicht mochtin widirstân
5534den brûdrin mê; und dô sî sân
5535sich wesin sô unmuginde
5536an dî werc der tuginde,
5537betwungin sî dô trâtin      [1241
5538unde gîsle satin,
5539daz sî vurbaz sundir wân
5540woldin wesin undirtân
5541Cristô dem wârin gote
5542unde der brûdre gebote.
5543Nû wârn doch dî brûdre dis
5544dennoch ein teil ungewis
5545noch torstin wol getrûwin in.
5546Des vîln sî ûf sulchin sin
5547nâch wîslîchim râte,
5548daz sî in dî state
5549woldin gar vorsperrin,
5550daz dikeinin werrin
5551gestiftin mochtin lîchtelîch
5552dî Prûzin vornoigîrnde sich,
5553und bûwitin zuhant
5554ein hûs Crûceburc genant
5555in Nattangin ûf ein vlîz,
5556daz dî Kauxtere dô hîz.
5557Ouch in dem lande Bartin
5558sî des nicht inspartin:
5559sî bûwitin drî burge dâ,
5560Wisinburc und Reisil sâ
5561und darzû Bartinstein.

--- S. 367 ---

5562Sumelîche sus ouch sein1,
556338 c    als ich genzlîch hab gehôrt,
5564daz sî in Erminlande dort
5565bûwtin zweiir vestin werc,
5566Brûnsberg unde Heilisberc
5567ubir etslîche zît dar nâch,
5568unde eine stat, dî man sî sach
5569bûwin in dem lande,
5570daz man Galindin nande.
5571Und ûf dî vestin vorgeseit
5572wurdin brûdre gnûc geleit
5573mit andrim volke, zu bewarn
5574sî vor schedelîchin vârn.
5575Darzû wurdin in dem zil
5576unde sint gebûwit vil
5577ouch andirre vestin
5578von den edlin gestin,
5579rittrin unde knechtin,
5580dî ouch mit irn geslechtin,
5581wîbin unde kindin,
5582und allin irn gesindin
5583albûwis2 quâmen in den jârn
5584von dûtschin landin gevarn
5585zu hulfe deme lande her
5586zu Prûzin in willigir ger
5587und in innekeit vil heiz.
5588Got ir allir namen weiz.
5589Von den selbin stundin
5590zu breitin ouch begundin
5591sich dî cristenin vorwâr
5592in Prûzinlande her und dar
5593und gotlîch dînst sich mêrin
5594zu lobe und zu êrin
5595Cristô dem vil hêrin,
5596der ouch âne kêrin
5597sî in deme lande wît
5598êwiclîch gebenedît! —
Diz ist, wî Lîflant quam an dî brûdre des dûtschin hûsis.

[Dusb. III, 28.]

559938 d    In der zît ouch sundir wân
5600wârn wol sechs jâr vorgân,
5601in den brûdir Volgwîn,
5602den man den andrin meister sîn
5603des ordins der swertbrûdir sach,
5604geworbin hatte al darnâch
5605wesinde zu Lîflande,
5606mit botin, dî er sande
5607wol achberlîch von danne
5608zu brûdre Hermanne,
5609der von Salzâ was genant
5610unde hômeistir irkant
5611des dûtschin ordins in dem zil,
5612vlêhinde mit bete vil
5613daz er gerûchte schaffin
5614an dem obirstin pfaffin,
5615den pâbist ich dâ meine,
5616daz sîn ordin eine
5617wurde mit dem ordne sîn
5618unde gewandelit darîn.
5619Dî wandelunge was alsô,
5620daz dî swertbrûdre dô
5621irin ordin soldin lân
5622und den dûtschin ordin intpfân.
5623Und dô meistir Herman
5624und mit irn brûdir Jân
5625von Meideburc (der, als ich las,
5626dô ein bote bî im was,
5627von brûdre Volgwîne
5628um dî sache sîne),
5629vor den pâbist wârin komen
5630und hattin ûfgenomen
5631dî sache und im vorgeleit,
5632dô quam ein brûdir ouch gereit,
5633von Lîflande ein bote,
5634genant Gêrlach der rôte,
5635unde brâchte mêre,
5636daz meistir Volgwîn wêre
563739 a    wol mit vîrzic brûdren sîn
5638und dar zu manch pilgerîn
5639und der cristnen grôze zal
5640gevaln in eime strît zu tal
5641nûlîch vor den tagin
5642von den heidin irslagin.
5643Dô diz dem pâbste wart irkant,      [1236
5644dô volant er ouch zuhant
5645dî vorgenante sache
5646und brûdre Gêrlache,
5647darzû brûdre Jôhanne
5648dî vorgenanten manne,

--- S. 368 ---

5649dî ê swertbrûdre wârn irkant
5650von irme ordne er impant
5651und cleite sî in den abît
5652des dûtschin ordins in der zît
5653mit wîzin mentlin, und daran
5654sach man swarze crûze stân
5655und satzt in in der stunde
5656vor alle ire sunde
5657und al den brûdern, dî dâ wârn
5658zu Lîflande in den jârn
5659in der swertbrûdre lebin,
5660daz sî ouch begebin
5661in den dûtschîn ordin sich
5662und den trûgin wirdeclich.      [1237
5663Und dô diz alsô was irgân,
5664dô sante brûdir Herman,
5665der hômeistir vorgenant,
5666ouch sô hin kein Lîflant
5667den geistlîchin wîsin man
5668brûdir Hermanne sân,
5669den man Balke nande,
5670und in Prûzinlande
5671meistir dô gewesin was.
5672Ouch sant er mit im, als ich las,
5673vîrzic brûdre ûzirwelt
5674unde manchin rischin helt
56755675    zu strîtis gewalke.
5676Und dô der selbe Balke
5677meistir in dem lande zwâr
5678gewas unz in daz sechste jâr,
5679als ich gesprochin hab ouch ê,
5680und er nicht vormochte mê
5681der arbeit, do vûr er ouch widir
5682kein dûtschin landin, dâ er sidir
5683nach sô erbeitlîchir mû
5684nam vil reinis todis rû.
Diz ist von brûdir Poppin dem andrin meistir in Prûzinlande.

[Dusb. III, 29.]

5685Brûdir Poppe von Ostirmâ      [1241
5686was der andir meistir dâ
5687zu Prûzin in dem lande;
5688unde dô er daz benande
5689amt wol sibin jâr getrûc
5690dêswâr lobelîch genûc,
5691der burdin er sich dô intwant
5692unde vûr in dûtsche lant,
5693dâ ouch sint nicht obir lanc
5694ein swêrir burde ûf in dranc,
5695want er dem ordene bevorn
5696zu hômeistre ward irkorn.
Diz ist von den manicvaldigin gebrechin der brûdere und andere luite in Prûzin­lande.

[Dusb. III, 30.]

5697Iz kan nîmant volsprechin
5698den kummir, den gebrechin,
5699den in êrstin vristin
5700dî brûdre und andir cristin
5701zu Prûzin in dem lande
5702lidin manchirhande
5703an cleidrin, tranke, spîse;
5704und waz in allir wîse
5705gehôrte zu der lîbnar,
5706des wârn sî vorarmit gar,
5707und ob ouch in den jârin
570839 c    dâ sumelîche wârin,
5709dî ackir woldin bûwin
5710und dî vrucht vornûwin,
5711daz mûste sîn bî nachte
5712durch der vîende âchte
5713und daz selbe, daz sî dô
5714in grôzir vêrlîchkeit alsô
5715und mit arbeit sêwitin,
5716andere daz mêwitin,
5717sô daz in lutzil nutzis wart
5718von irin arbeitin hart.
5719Nû secht, wî hart, wî swêre
5720in daz lebin wêre,
5721sô was in in îdoch sô grôz
5722gots gnâde, dî durchvlôz
5723sô gar ir herze unde ir brust,
5724daz sî dâvon nâmin lust
5725und vroude, sô sî icht
5726lidin alsuchir geschicht
5727durch den minnesamen
5728Jêsû Christi namen,
5729durch den sî wârin ouch gereit
5730zu trinkene mit sûzikeit
5731des mûtis âne zwîvils wanc
5732der bittirlîchen martir tranc.
Diz ist eine zûrede.

[Dusb. IV, 21—29.]

5733Nû sul wir hî vorzuckin,

--- S. 369 ---

5734dî rede lâzin nuckin1
5735und abir her învlichtin
5736ein teil von den geschichtin,
5737dî nach der wârheit jên
5738in andrin landin sîn geschên. —

[Dusb. IV, 21.]

5739Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
5740zwelfhundert ein und drîzic wârn,      [1231. 19. Nov.
5741dî milde sente Elizabet,
5742als uns dî wârheit wizzin lêt,
5743des krankin lebins hî irstarb
5744und daz himilrîch irwarb
574539 d    in decembre, dô man las
5746dî drizêndin Kalendas. —

[Dusb. IV, 22.]

5747In des selbin jâris vart      [1231
5748vorhert von den Tartrin wart
5749Ungirn und Polênerlant. —

[Dusb. IV, 23.]

5750Ouch in den zîtin hêr Ferrant,
5751der kunic von Castellin,
5752wart gesehen bewellin
5753mit strîtlîchir tâte
5754den kunic von Granâte,
5755der der Sarazênen wîlt.
5756Mit kreftin er in sô bevîlt2,
5757daz er im vil manche zît
5758zu zinse mûste gebin sît
5759teglîch in dî kammir sîn
5760goldis tûsint marrobortîn. —

[Dusb. IV, 24.]

5761Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
5762zwelfhundirt zwei und drîzic wârn,      [1232
5763ein jude zu Tolêtô
5764gelegin in Ispanien dô
5765vant ein wundirlîchiz bûch
5766wundirlîchin âne sûch
5767in eime steine, der was ganz
5768bûzin sundir allin schranz
5769und doch innewendic hol.
5770Daz bûch sach man geschribin vol
5771mit drîerhande schrifte sîn,
5772êbrêisch, krîchisch und latîn.
5773Sîne bletir holze glîch
5774wârin unde volliclîch,
5775sô vil man schrift iz habin sach
5776sam ein saltir, unde sprach
5777von drîer werlde undirscheit
5778intscheidinde dî wîlicheit3
5779der lûte von Adâmis vrist
5780unz hin an den Antecrist. —
5781Von der drittin werlde dô
5782las man an dem bûche alsô:
578340 a    ›In der drittin werlde wirt
5784›gotis sun, des himils wirt,
5785›mensche wundirlîch geborn
5786›von einir magit ûzirkorn,
5787›dî sal Marîa sîn genant.
5788›Daz kint, der werlde heilant,
5789›wirt lîdin mertirlîchin tôt
5790›und dâmit ûz allir nôt
5791›menschlîch kun irlôsin
5792›und dî craft des bôsin
5793›tûvilis gar machin blas.‹
5794Dô der jude diz gelas,
5795er wart ûz irrekeit geslouft
5796unde cristinlîch getouft
5797mit alle dem gesinde sîn.
5798Dem bûch ouch was geschribin în,
5799iz solde werdin vundin
5800bî kunic Ferrandis stundin. —

[Dusb. IV, 25.]

5801Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
5802zwelfhundirt vunf und drîzic wârn,      [1235
5803dô wart dî milde Elizabet
5804in der heilgin zal geset
5805und alsô irhabin,
5806daz man sî heilic habin
5807solde in al der werlde dô,
5808von pâbiste Gregôriô
5809dem nûndin. Diz geschach alsus:
5810in dem convente zu Perûs
5811der brûdre predigêre,
5812dâ ouch der pâbist gewêre
5813der vil sûzin mûtir clâr
5814zu lobe wîte ein altar. —

[Dusb. IV, 26.]

5815Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
5816zwelfhundirt nûn und drîzic wârn,      [1239
5817dî dornîne vrône
5818unsirs hêrrin crône
5819von Constantinôpolim

--- S. 370 ---

5820brâchte Lûdewîc mit im,
582140 b    der kunic von Vrankrîche,
5822und dî wirdeclîche
5823satzte hin zu Parîs,
5824dâ von dî stat hât hôhin prîs. —

[Dusb. IV, 27.]

5825In des selbin jâris vart      [1239
5826der Tartrin dît von ôstin wart
5827quam gevarn mit starkir hant
5828in Ungirn und Polêner lant,
5829dâ iris heris vane
5830in strîte slûc Colmane,
5831der des kunigis brûdir was
5832von Ungirn. Ouch dâ nicht genas
5833zu Polênin herzoge Henrîch.
5834St slûgin in und gemeinlîch
5835alliz, daz sî quâmin an,
5836junc und alt, wîb unde man
5837mit mortlîchin vreidin.
5838Dî vorwâznin heidin
5839dî lant sô gar vorwûstin,
5840daz gnûc der lûte mûstin,
5841dî dâ wârn inthaldin
5842ûf bergin und in waldin,
5843einis bergis sich genern
5844und des stoub vor mel dâ zern. —

[Dusb. IV, 28.]

5845Ouch sach man offinbâre      [1239. 3. Juni
5846in dem selbin jâre,
5847dô der brâchmânde gelac,
5848ûf des mândin drittin tac
5849in des tagis mittilvrist,
5850daz dî sunne leit gebrist
5851an irme schîne sô gar,
5852daz man sach dî sterne clâr
5853ân alle hinderunge
5854sam in der demerunge. —

[Dusb. IV, 29.]

5855Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
5856zwelfhundirt und vîrzic wârn,      [1240
5857dô sach man zu Rôme sîn
5858den vîrdin pâbist Celestîn
585940 c    unde keisir Friderîche
5860den andrin an dem rîche. —
5861Nû sî dî rede hin getân
5862unde griffin widir an
5863des landis crônke, dâ wir hân
5864dî materie ê gelân. —
Von der êrstin vornoigîrunge der Prûzin unde von dem strîte des hern Swantepol­kis widir dî brûdre des dûtschin hûsis in unsirs hêrrin jârin tûsint zweihundirt und in dem andrin und vîrzigistin, und zum êrstin von dem nîde des tûvels widir den wolganc des geloubin.

[Dusb. III, 31.]

5865Iz wêr zu hô, zu breit, zu lanc      [1242
5866mînen cleinin sinnen kranc,
5867daz gar zu intrichtene
5868und ênzillîch zu tichtene,
5869wî grôzlîch, wî geweldiclîch,
5870wî hêrlîch und wî rittirlîch
5871der meistir und dî brûdre sîn,
5872dî dâvor genennit sîn,
5873recht als der Machabêin trucht
5874wantin mit volligir tucht
5875darûf ire hende,
5876daz sî der cristnen ende
5877gebreittin und gemachtin wît,
5878des sî ouch sô manchin strît
5879behîldin kein der heidenschaft
5880und irsturmit hân mit craft
5881sô vil irre vestin,
5882snôdin unde bestin,
5883daz ir strîtlîche sigenumft
5884unz an des jungstin tagis kumft
5885mûz mit lobe wesin breit
5886in al der heilgin cristinheit.
588740 d    Und dô dî burge vorgeseit
5888gebûwit wâren und bereit
5889mit hulfe Cristî unsirs hêrn
5890im zu lob unde zu êrn
5891und dî dît gesezzin nâ
5892in dem lande alumme dâ
5893ir helse vil zangir1 doch
5894undir des geloubin joch
5895und der brûdre getwanc
5896gebogin hattin sundir wanc,
5897darzû sî doch nicht wârin brâcht

--- S. 371 ---

5898ân der iren grôze slacht
5899noch âne michil blût,
5900daz vil manic cristin gût
5901hatte darumme vorgozzin
5902durch got vil unvordrozzin,
5903und dô an des geloubin craft
5904dî selbe dît was wol behaft
5905und hatte zûgenomin
5906vil sêr an sêliclîchen vromin,
5907des mochte zwâr nicht lange
5908der ald unreine slange,
5909der vorgiftige trache,
5910der leide widirsache
5911menschlîchin heils, irlîdin.
5912Er wart hezlîchin nîdin
5913den wolganc und dî sêlicheit
5914der vil reinin cristinheit,
5915dî dâ pflac sô sêre
5916î mêr und î mêre
5917zu Prûzin wachsin in der zît,
5918und daz gotis dînst sô wît
5919in dem lande sich irbrach,
5920daz er geschant dî heidin sach
5921und dî cristnin mit gewalt
5922in tugindin stîgin manicvalt,
5923und daz got nûwe wundir
5924gemeine und besundir
592541 a    urbarte in den vristin
5926bî den nûwin cristin,
5927daz was dem hellehunde
5928gar ein tôtlîche wunde,
5929dâvon er ouch begunde
5930irsûchin in der stunde
5931mêr wen tûsintleige list
5932in vêrlîchir mittewist,
5933wî er mochte schîzin
5934geluppe unde gîzin
5935sîne mortlîche vorgift
5936in daz nûwe gotisstift
5937und den edlin zartin
5938gotlîchin wîngartin
5939mochte gar vorterbin
5940und allir vrucht interbin,
5941(darûf sô was er wackir),
5942und wî er in den ackir
5943gotis alsô vruchtsam
5944gewurfe sînes trespis sam.
5945Sô lange er daz anetreib,
5946unz sîn valscheit doch becleib,
5947als er ê gedâchte.
5948Mit vil hartir âchte
5949man in leide harmschar
5950kein der cristinlîchin schar
5951stiftin und irweckin sach,
5952daz in sulchir wîs geschach.
Von der âchte, dî her Swantepolc ûf den geloubin und dî cristnin treib.

[Dusb. III, 32.]

5953Iz was in Pomezênerlant
5954ein herzoge sus genant
5955her Swantopolc gehezzin
5956ûf bôsheit gar vormezzin
5957und zu allir gûte blint.
5958Er was gar des tûvils kint
5959und ein sun der vorlust.
596041 b    Im was herze unde brust
5961wârheit und trûwin bol
5962unde valschir trûgne vol.
5963Dirre selbe Swantopolc
5964begunde an der Prûzin volc
5965sich in vrûntschaft heftin,
5966daz nûwilîch mit creftin
5967nâch vil manchim strîte hart
5968zu dem geloubin was bekart.
5969Undir der vrûntschafte wân
5970trûc er heimelîchin an
5971mit den Prûzin vorgeseit
5972ein engistlîche valscheit,
5973in der sich mit gelubde walc
5974zûzin sus der lastirbalc,
5975daz sî mit gemeinre macht
5976dî brûdre woldin tûn vorâcht
5977unde gar intlîbin
5978odir hin vortrîbin
5979ûz Prûzinlande mit gewalt
5980und alliz, daz dâ was gezalt
5981zu cristinlîchim namin.
5982Und dô sî sus vornâmin
5983dî rede, wol gevîl sî in
5984unde kartin ûf den sin
5985vil nâch algemeine,
5986als in rît der unreine.
5987Dô der herzoge sus bericht
5988dî sô lestirlîche pflicht
5989mit den Prûzin hâte,

--- S. 372 ---

5990dô vestinte er drâte
5991sîne burge, waz der lâgin
5992bî der Wîzlin in den tagin,
5993als im sîn valschir wille rît,
5994und leite darûf arge dît,
5995sundic volc, vormeinte man,
5996dî den brûdrin wurdin sân
5997ein gar vîntlîchir stric
599841 c    und ein schedelîchir schric,
5999want sî stêtlîch pflâgin
6000wartin unde lâgin
6001von den selbin vestin sâ
6002ûf dî Wîzil hî und dâ;
6003und waz sî dâ begriffin
6004von lûtin unde schiffin,
6005dî dî brûdre hôrtin an,
6006der sach man sî etslîche vân
6007und mit der habe vûrn hin,
6008dâ sî vil wê gewurchtin in.
6009Ouch sî sumelîche
6010dêswâr vil jêmirlîche
6011mortin und irslûgin;
6012mit sulchin ungevûgin
6013vil manchim reinin cristin gût
6014vorguzzin sî vreislîch sîn blût.
6015Und daz geschach sô dicke,
6016daz vor deme schricke
6017sich zujungist nîman
6018ûf dî Wîzil torste lân,
6019der dâ von der brûdre wein
6020icht gewerbis mochte pflein,
6021odir sô hin abe
6022von spîslîchir habe
6023mochte brengin ichtis icht
6024den brûdern in der geschicht,
6025dî zum Elbinge wontin dâ,
6026ouch zur Balge und andirswâ
6027in den landin dâ nidin,
6028dî in den zîtin lidin
6029an lîbnar den gebrechin,
6030des nîmant kan vol sprechin.
6031Diz woldin lîbir mit gedult
6032dî brûdir lîdin in unschult,
6033wen daz sî sich woldin wern
6034und an den herzogin kêrn
6035mit râche zu den vristin,
603641 d    want er hîz ein cristin1. —
Von eime legâte des pebstlîchin stûlis.

[Dusb. III, 33.]

6037In den selbin zîtin was
6038pâbist wurdin, als ich las,
6039der vîrde Innocentius,
6040dô sich diz jâmir treib alsus,
6041daz im ouch geoffinbârt
6042in dem êrstin jâre wart
6043sîner pêbistîe,
6044(darnâch, daz Marîe
6045Cristum den heilant gebar,      [1243
6046was daz ubir tûsint jâr
6047zweihundirt vîrzic und drîe)
6048want der hômeistir wandils vrîe,
6049von Salzâ brûdir Herman,
6050hât im vil gar kunt getân
6051mit weinlîchir clage
6052dî mortlîche plâge,
6053dî der arge Swantopolc
6054ûf daz cristinlîche volc
6055treib mit swindir âchte,
6056und daz vil sêre swachte
6057von sîner vurvolgunge
6058des geloubin pflanzunge
6059sô nûwe und sô junge
6060zu Prûzin in dem lande.
6061Daz tet dem pâbste ande;
6062dâvon er ouch sô hin sande
6063zu Prûzin ouch vil drâte
6064dem lande zu legâte
6065einin hêrrin lobesam;
6066Wihelmus was des selbin nam,
6067und was bischof zu Mûtinâ,
6068ouch wart zu pâbiste darnâ
6069irwelit und benant er;
6070der vîrde Alexander
607142 a    wart er bî namin dô gereit2.
6072Dem legâte vorgeseit
6073mit vollir gewalt bevûl
6074dort der pêbistlîche stûl,

--- S. 373 ---

6075swaz er in der stunde
6076zu Prûzin werrin vunde,
6077daz er dî solde intrichtin.
6078Ouch sô hîz er in schichtin
6079dî lant in vier bischtûme,
6080ûf daz mit lobis rûme
6081got geêrit wurde mê
6082in den landin denne ê.
6083Dirre selbe legât
6084sante brîve ûf ir stat
6085hêrn Swantopolc durch dî nôt,
6086in den er hertlîch im gebôt
6087mit des pâbstis gewalt,
6088dî im dô was zûgezalt,
6089daz er nicht ûbte vurbaz
6090sînen tûvelischin haz
6091an der reinin cristinheit,
6092der er mit swindir bittirkeit
6093was ê sô gevêre
6094gewesin ein êchtêre
6095mit alle sînis vlîzis craft.
6096Nû hatte in sô gar behaft
6097der arge tûvil an sîn seil,
6098daz er sîner sêlin heil
6099vil gar vorgezzin hâte;
6100dâvon er dem legâte
6101und dem pâbste alsam
6102wart dô ungehôrsam,
6103daz er nâch den vristin
6104ûf dî armin cristin
6105treib mêr plâgin sundir wân,
6106den er hatte vor getân,
6107zu wazzir und zu lande.
6108Er vînc, roubte, brande
610942 b    und morte in vreislîchirvûr
6110alliz, daz im widirvûr,
6111daz cristinlîchis namin jach.
6112Und dô der legât ouch gesach
6113an dem argin herzogin,
6114daz er sô ungebogin
6115vorhart in sîner bôsheit bleib
6116und waz manung er an in treib,
6117daz der nicht an im becleib,
6118sô daz er wolde begebin
6119sîn vormeintiz lebin
6120unde wolde strebin
6121widir in der kirchin schôz,
6122darûz er sich hertlîch schôz,
6123dô was iz ouch wol billich,
6124dâ der vrevil mêrte sich,
6125daz dâ der castenunge pîn
6126solde ouch gemêrit sîn.
6127Alsus ouch der legât
6128nicht schûf mit der manunge rât,
6129noch ouch mit dem banne
6130an dem vorwâznen manne.
6131Dô greif er andre wege an,
6132ûf daz er mochte widirstân
6133sîner bôsheite kraft
6134und sîner geselleschaft
6135unde lîz kein irm gestrûze
6136predigin daz crûze
6137mit pêbistlîchir volbort
6138in den landin hî und dort
6139und in den rîchin, dî dâ wârn
6140darzû bescheiden in den jârn;
6141und dî in gotis namin
6142dô daz crûze nâmin,
6143den gebôt er allintsam
6144bî rechtir gehôrsam
6145und ouch den dûtschin brûdrin daz
6146und satzte in vor ablâz
614742 c    alle irre sundin,
6148daz sî den argin hundin,
6149Swantopolke und der trucht,
6150dî im volgte mit unzucht,
6151vurbaz zu allin zîtin
6152soldin widirstrîtin
6153recht als andrin heidin,
6154want sî abgescheidin
6155wêrin gar durch iren mein
6156von der cristinheite rein,
6157ûf daz der geloube gotis
6158und dî behelder sîns gebotis,
6159dî vil reinen cristin,
6160dî dâ in den vristin
6161gesamint manchirhande
6162wârn in Prûzinlande,
6163intladin alsô wurdin
6164von der swêrin burdin
6165sô gar vreislichir âchte,
6166dî mit allir machte
6167der tobinde unreine hunt
6168ûf sî treib zu allir stunt.

--- S. 374 ---

Von der vorherunge der niddirstin lande zu Prûzin.

[Dusb. III, 34.]

6169Dô diz alsus was getân,
6170Swantopolc, der gar vorlân
6171hatte gotis vorchte,
6172nâch bôsim ergirz worchte,
6173want er was vorzwîvilt gar.
6174Er lîz im werdin offinbâr
6175ein ubil alzû lastirber,
6176daz er hatte unz dâ her
6177getribin und angeleit
6178in tougintlîchir valscheit,
6179des er in sulchir wîse pflac.
6180Er schicte daz ûf einin tac
6181mit vil argin listin,
6182daz dî nûwin cristin,
618342 d    dî vil schîre sîn beweit
6184zu der êrstin irrekeit,
6185gar den geloubin leitin nidir
6186und satztin sich den brûdrin widir
6187mit vorevelîchir hant
6188ubir alle Prûzinlant.
6189Und dô dî Prûzin ûf den mein
6190ubir al daz lant gemein
6191gesamint wârin gar in ein,
6192dô wart der vurste trûwin wan
6193ir herzoge und ir houbtman
6194und zoite mit in sân
6195in des landis nidirste teil
6196den cristenin gar ûf unheil
6197und zu grôzim harme;
6198want mit gestractim arme
6199und mit gewâpintir hant
6200slûc des tûvils wîgant
6201in gar mertirlîchir nôt
6202al dî aldin cristnen tôt,
6203dî ê von dûtschin landin
6204durch beschirmlîch andin
6205des geloubin und durch vrumin
6206hin zu Prûzin wârin kumin
6207und hattin dâ beerbit sich1.
6208Ouch wurdin harte jêmirlîch
6209ir wîb gevangin und dî kint,
6210dî vil arbeitlîchin sint
6211mûstin blîbin ouch behaft
6212in êwiclîchir eiginschaft.
6213Dâ mochte man jâmir schouwin
6214an den edlin vrouwin,
6215dî dâ irzogin wârin zart,
6216daz dî mûstin nû sô hart
6217lîdin manchis smachtis pîn
6218und dâbî betwungin sîn
6219zu pflegelîchir arbeit
6220in vil strengir hertekeit.
6221Dêswâr in was wers denne wê.
622243 a    Swaz ouch an in jâmirs mê
6223und smâheit dâ geschach,
6224daz reche, der daz alliz sach.
6225Ouch sô wart von dem gehunde
6226brûdir Conrât von Dortmunde2,
6227ein vil reinir man dêswâr
6228unde vorbesichtic gar
6229zu urlouge und ûf strît,
6230irslagin in der selbin zît
6231mit alle sîm gesinde.
6232Ouch in der nôt sô swinde
6233wurdin al dî vestin
6234von den leidin gestin
6235gewunnin ûz der cristnin hant
6236sô gar ubir al dî nidirstin lant,
6237daz sî ir nî dikeine
6238diwedir grôz noch kleine
6239behîldin in der lande rinc
6240ân dî Balge und den Elbinc. —
Von der vorherunge der obirstin lande zu Prûzin.

[Dusb. III, 35.]

6241Nicht ubir lange zît darnâch,
6242als daz jâmir sus geschach,
6243des tûvils sun her Swantopolc
6244sich abir in der sundin kolc3
6245tîfir und tîfir warf

--- S. 375 ---

6246dêswâr mit bôsheit harte scharf
6247vortilginde dî cristinheit.
6248Er besaminte andirweit1
6249dî nûwin abtrunnigin cristin,
6250dî mit im vûrn in den vristin
6251vîntlîch mit gewâpintir hant
6252in dî obirstin prûzschin lant,
6253den man pflac sulche namen gên:
6254Colmen unde Pomezên,
6255und vorhertin dî dêswâr
6256von ende unz zu ende gar
625743 b    roubinde unde brinninde.
6258Ouch sî mit kraft gewinninde
6259vortilgtin al dî vestin,
6260dî crankin zu den bestin,
6261dî in der cristnen handen
6262dâ wârn in beidin landen
6263ân drîe, dî sus genennit sîn:
6264Thorûn, Colmen und Reddin.
6265Darzû sî mit unvûgin
6266der reinin cristnin slûgin
6267mortlîch in des tôdis wê
6268wol vîrtûsint unde mê,
6269und daz ich ôt dem geb ein ort,
6270sî ûbetin dô sulchin mort
6271in Prûzinlande ubiral,
6272daz man beide berc und tal
6273mit cristinlîchim blûte sach
6274gerôtit, ô wê, ach und ach!
6275Diz schûf der arge Swantopolc;
6276des sal im vlûchin al daz volc!
Diz ist, wî Schartowitz dî burc gewun­nen wart; darûffe sente Barbarin houbit ouch dô wart vundin.

[Dusb. III, 36.]2

6277Wer wêr der cristin sô ungût,
6278der ôt vornumftigin mût
6279hête unde rechtin sin,
6280der daz lîze strîchin hin,
6281daz ein einic êchtêr
6282sô snôde und sô ungewêr
6283solde den geloubin
6284sus swechin unde toubin
6285mit sîner valschin bôsheit,
6286der mit hartir arbeit
6287und mit kost sô grobe
6288was in gotis lobe
6289sus gewachsin in der zît,
6290daz er hôhe unde wît
629143 c    irdôz in Prûzinlandin,
6292er inmûste andin
6293nâch allir sîner machte
6294dî mortlîche âchte
6295und sô leidin smerzin
6296in mitlîdigim herzin?
6297Darumme dô dî brûdre sân
6298gotis lob sus undirgân
6299und daz jêmirlîche leit
6300irbîtin sus der cristinheit,
6301ir herze în bittirkeite sôt.
6302Des woldin sî vil ê den tôt
6303irweln in strîtis wâge,
6304wan in sulchir plâge
6305vurbaz sêhn bemeilgin
6306ir volc und ouch ir heilgin.
6307Dirre brûdre einre was
6308der alde marschalc, als ich las,
6309von Bernheim brûdir Dîterîch,
6310ein rittir dêswâr lobelîch
6311beide mûtis und der tât.
6312An manheit er sô hôhe trat
6313als Ulixes und Hector
6314dî vrechin helde dâ bevor.
6315Der nam dô an sich schîre
6316andirre brûdre vîre
6317und vîr und zwênzic wêpenêre,
6318mit den sich machte der gewêre
6319hin an sente Barbern nacht      [3. Dec. 1242
6320(als sî daz hattin vor betracht)
6321vor dî burc zu Schartowitz
6322(vil heimlîche tribin sî ditz),
6323dâ sî ouch leitirn leitin an
6324unde quâmin touge sân
6325in dî vestin Swantopolks.
6326Nû vundin sî darinne volks
6327wol vumfzic gar strîtlîche man;

--- S. 376 ---

6328dî wârin ûf dî burc getân,
632943 d    daz sî mit hûte nêmin war;
6330kein den dî brûdre und dî schar
6331sich satztin menlîch dô in strît.
6332Nû wârin gen ûf andre sît
6333sterkir und ouch menlîch:
6334des wertin sî sich crefticlîch
6335und leitin vîentlîchin zû
6336den brûdrin mit strîtis mû.
6337Dâ hîldin einin strît sô hart
6338kein einandir beide part:
6339itzunt dise, itzunt gene
6340lidin nôt in dem gedene,
6341sô daz man sî zurucke dranc.
6342Sus werte der sô herte pranc
6343von deme, daz ûfbrach der tac,
6344unz daz dî terziezît gelac.
6345Dô sach ouch an dî sînen got
6346nâch sîner tuginde gebot,
6347als er ôt nimmir pflît vorlân
6348dî hoffenunge zu im hân,
6349unde gab von himle craft
6350den brûdrin, daz sî sigehaft
6351wurdin an der dît sô arc.
6352Wî sî doch wêre zwîr sô starc
6353vil nâch an der menige zal,
6354doch slûgin sî vil gar zu tal
6355alle der vîande trucht,
6356âne ob ir mit der vlucht
6357sumelîchir dô genas,
6358der îdoch vil cleine was.
6359Ouch vîngin unde bundin
6360dî brûdre in den stundin
6361wol vumfzic unde hundirt
6362vrouwin, dî gesundirt
6363ûf dem hûse wârin,
6364sundir ire barin.
6365Dô diz alsus was geschên,
6366dî brûdre wurdin ummespên
636744 a    in dî gadme her und dar,
6368dâ sî schatzis nâmin war
6369und ouch andirre habe.
6370Sust quâmin sî her abe
6371in einin kelre gegân,
6372dâ vundin sî inne stân
6373einin wol beslagnin schrîn,
6374darinne sî vorslûgin sîn
6375entswedir silbir odir golt
6376odir andrin rîchin solt,
6377als ouch dâ was gewisse,
6378allein sî sêre misse-
6379achtin dâ des schatzis war.
6380Daz schûf unwitzinheit vorwâr.
6381Und dô dî reinin cristin
6382gebrâchin ûf dî kistin,
6383secht, sî vundin in der stunt
6384einin sâldinrîchin vunt,
6385kein dem daz golt zu achtin ist
6386und allir rîchtûm als ein mist.
6387Dem schrîne was gesetzit în
6388eine buchse silberîn,
6389darinne stûnt ein houbit fîn,
6390daz hâte megetlîchin schîn
6391an forme und an hâre.
6392Nicht westin sî doch zwâre,
6393wes daz selbe heilictûm
6394odir wî iz wêre drum,
6395unz in aldâ widirlîf
6396an dem houbite ein brîf,
6397der in genzlîch seite
6398mit intscheidinheite,
6399daz houbit aldâ inne
6400wêr der merterêrinne,
6401der sûzin, der vil clârin,
6402der reinin mait Barbarin.
6403Und dô sî sust vornâmin
6404an der bîschrift den namin
640544 b    Barbarin sô minnesam,
6406in snellir gêhe ûf sî quam
6407sô unmêzlîchir vroudin slac,
6408dâ von ir iclîch ouch irschrac
6409und vîlin kein der werdin
6410langis ûf dî erdin
6411dankinde got innenclîch
6412um den prisant sô minnenclîch,
6413den er in gab sô wundirlîch,
6414daz sich dirscheinte sundirlîch,
6415daz der tac den bejac
6416in sô sêliclîchin wac,
6417an dem ouch der juncvrouwin
6418daz houbit abgehouwin
6419was von iris vatir hant

--- S. 377 ---

6420dort verre in Egyptinlant
6421vor vil manchim jâre.
6422Wî nû daz houbit dare
6423zu Schartwitz quêm ûf daz hûs,
6424daz man iz barc in dem clûs,
6425des will ich hî gedagin.
6426Swer daz nû wil irjagin
6427unde ouch wizzin ebin
6428dî martir und daz lebin
6429Barbarin der hêrin,
6430den wil ich wege lêrin.
6431Er sûche an dem bûche,
6432daz mit grôzim rûche
6433von der selbin magit zart
6434der herzoge lîchtir art
6435brûdir Lûdir, von Brûnswîc
6436des stammis ein vurstlîchir zwîc
6437und hômeistir ouch irkorn
6438dem dûtschin ordene bevorn,
6439hât gebrâcht zu dûtsche ganz1
6440mit getichte âne schranz2;
6441dâ vindit er daz sundir wân.
6442Hîmite sî daz hin getân
644344 c    unde sprechin abir vort,
6444wî dî brûdre wurbin dort,
6445dô sî den tûwrin hort
6446vundin in des schrînis bort
6447von gote in irloubit.
6448Sî hûbin ûf daz houbit
6449in vil reinis herzin guft3
6450und trûgin iz hin ûz der gruft
6451dêswâr mit vroudin harte grôz,
6452darundir sich îdoch vorgôz
6453vil manic inninclîchir trân,
6454dâ sich ir andâcht wîste an.
6455Nû stûnt aldort ein aldiz wîb,
6456der ouch gebundin was der lîb
6457mit den gevangnin vrouwin.
6458Dô dî begunde schouwin,
6459mit welchir wunne vûgin
6460daz heilictûm sî trûgin,
6461zû den brûdrin sprach sî dô:
6462›Ir mugit vil wol wesin vrô
6463›und vrouwit ûch von rechtir schicht,
6464›want alle des geluckis pflicht
6465›und al dî êre, dî ir hât
6466›intpfangin hûte an dirre stat,
6467›dî hât irwurbin ûch dî mait,
6468›der heilgiz houbit ir dâ trait.
6469›Barbara ist sî genant.‹ —
6470›Wâvon ist dir daz irkant
6471›und wer hât iz bewîsit dir?‹
6472sprâchin dî brûdre zu ir.
6473›Ich habe‹ sprach sî ›stêticlîch
6474›manche zît gevlizzin mich,
6475›daz ich mit holdir andâcht
6476›zu sente Barbren mich vlacht,
6477›dâvon sî mich bedâchte
6478›hînt in dirre nachte,
6479›dâ ich slâfis pflac allein,
6480›daz sî drîstunt mir irschein
648144 d    ›recht als ein dirne, dî begurt
6482›und wol ebene geschurt
6483›hette sich in ire cleit
6484›und zu wandirne gereit.
6485›Und dô ich sî alsus gesach,
6486›vrâginde ich zûzir sprach:
6487»Juncvrouwe gût, wô wilt dû hin?«
6488›Dô sprach sî »wizze, daz ich bin
6489»darzû gereit in disim zil,
6490»daz ich zu dem Colmin wil
6491»und âne widirstôrin
6492»dâ hûte messe hôrin.«
6493›Und dô sî zu der drittin stunt
6494›des gesichtis mir wart kunt,
6495›vil nâ sî bî mîn bette trat
6496›ahir in alsulchir wât
6497›und sprach zu mir: »Vrûndinne mîn,
6498»got lâz dich im bevolin sîn,
6499»wen ich nû von hinnen scheide.«
6500›Secht, dô wart mir alsô leide,
6501›daz mir der slâf ein teil intsleif.
6502›In dem twalme4 ich nâch ir greif
6503›und wolde sî gehaldin hân:

--- S. 378 ---

6504›dô intweich sî mir hin dan.
6505›Dô vil ich von dem bette.
6506›Vil gerne ich dennoch hette
6507›undirstandin ire vart
6508›und volgt îr zu der ture wart.
6509›Dô intspranc sî mir hin vur,
6510›und dô ich quam unz in dî tur,
6511›dô was sî mir vorswundin.
6512›Des blict ich in den stundin
6513›nâch ir beide her und dar.
6514›Hîmit ich ûwir wart gewar
6515›in der burc gewâpint stân
6516›unde schrei den wechter an:
6517»Wâfin, immir wâfin,
6518»wechtir, ubir dîn slâfin!
651945 a    »Dû hâst uns nicht bewart wol,
6520»wan dî burc ist vînde vol.«
6521›Nû secht, von dem gesichte
6522›zwîvil ich mit nichte,
6523›iz enhabe Barbara
6524›mit irre bet an gote sâ
6525›irwurbin ûch in dirre vrist,
6526›daz dise burc ûch wurdin ist,
6527›unde wil, daz ir zuhant
6528›brengit hin in Prûzinlant
6529›ir houbit, dâ ir wirt bereit
6530ݐrin unde wirdekeit
6531›von ûch zwâr verre mê,
6532›denn ir hî sî irbotin ê.‹ —
6533Dô dî brûdre gar gehôrt
6534sô bescheidin dise wort
6535hattin ûz der aldin munt,
6536ein nûwe vroude in intstûnt,
6537in der sich iclîchir lî
6538weininde nidir ûf dî knî
6539und gemeinlîch al ir rote
6540danctin dô dem gûtin gote
6541und Barbarin der hêrin,
6542daz sî zu in kêrin
6543wolde sô genêdeclîch,
6544als sî dâ hôrtin offinlîch.
6545Darnâch brûdir Dîterîch
6546schicte vil genendiclîch
6547brûdre und gewâpinte man,
6548dî dî burc soldin vorstân
6549unde ir pflein mit warte,
6550und selbir dannin karte
6551mit einre sumelîchin schar,
6552dî mit im kumin wâren dar,
6553und vûrte kein dem Colmin hin
6554den sô tûwrin gewin
6555daz heilictûm sô wêhe.
6556Und dô sî in dî nêhe
655745 b    quâmen sô hin zu der stat,
6558vil wol geordint kein in trat
6559dî lobelîche pfafheit
6560mit ornâte angeleit
6561und gezîrit schône
6562in processiône
6563mit heilictûm und vanen.
6564Ouch volgite der banen
6565mit andâcht zwâr vil reine
6566al daz volc gemeine
6567ûz der stat, wîb unde man.
6568Barvûz sach man dise gân;
6569sô gîngin gene wullîn.
6570Ouch sach man dô vil manche sîn
6571mit inprantin kerzin.
6572Alsus in lûtirm herzin
6573und mit vil grôzir zucht
6574gînc dî cristinlîche trucht
6575dem heilictûm inkegin.
6576Und dô sî wurdin nêgin
6577unde quâmen, dâ iz was,
6578langis nidir an daz gras
6579vîlin sî dô alle
6580mit gebetis schalle
6581kegn dem houbte vrône.
6582Darnâch in sûzim dône
6583irhûb dî pfafheit einin sanc
6584unde richtin iren ganc
6585widir kegn der stat wart
6586mit dem heilictûme zart.
6587Darumme wart ein michil dranc
6588und ein wunninclîchir clanc.
6589Dî pfaffin sûze sungin,
6590dî glockin lûte clungin,
6591dî leigin ire leise
6592sungin dî wegereise,
6593und daz ich ôt dem geb ein ort,
6594dô wart vroude grôz gehôrt

--- S. 379 ---

659545 c    von der cristinlîchin schar,
6596dar sich doch vil manic zâr
6597mischte in der zît inmanc,
6598als ir innekeit sî twanc.
6599Und dô mit sulchir andâcht
6600wart unz in dî kirche brâcht
6601daz heilige houbit vorgenant,
6602messe hûb man an zuhant
6603mit vil grôzir achperkeit
6604von sente Barbarin der meit,
6605daz wol dem amte ebin lac,
6606want daz was irre martir tac,
6607an dem sî was irstorbin ê,
6608als ich habe gesprochin mê.
6609Ouch wart irvullit nû daz wort,
6610daz sî zu der aldin dort
6611gesprochin hatte sundir tôrn:
6612›Ich wil hûte messe hôrn
6613›zu dem Colmen dort vorwâr;‹
6614daz ouch nû geschach vil gar.
6615Und dô dî messe vollinquam,
6616mit gesange man ûfnam
6617daz heilictûm gebenedît
6618unde trûc iz in der zît
6619ûf dî burc durch sichirheit,
6620dâ iz in hôhir wirdekeit
6621rastit uns an dise vrist.
6622Dî burc der alde Colmen ist;
6623dâ sûchin iz noch hûte
6624lûte ubir lûte,
6625want dâ ist der genâdin vlût:
6626sô grôze wundir got dâ tût
6627durch Barbaram dî magit gût
6628unde zeichin alsô vil,
6629daz ir nîman weiz ein zil.
6630Dâvon ich beslîzin wil
6631in kurzen worten langin sin:
6632iz quam nî nîmant al dâhin,
663345 d    der ôt genâdin rûchte
6634und dî mit andâcht sûchte
6635an Barbaren der magit wert,
6636er wurde ir alsô vil gewert,
6637daz er mûst offinlîchin gên,
6638wundir wêr an im geschên,
6639er wêr ouch sundic odir rein.
6640Des sint dâ zeichin sô gemein,
6641daz si nicht vor wundir stân.
6642Man wil daz vor wundir hân,
6643ob îman dannen gînge,
6644sô daz er nicht intpfînge
6645gewonlich dâ der sâldin pfant.
6646Ô wol dich, wol dich, Prûzinlant,
6647vrou dich, vrou dich immer mêr,
6648daz der prisant alsô hêr
6649rûin wil in dîner schôz
6650unde wesin dîn genôz!
6651Ouch vroie, vroie, vroie dich,
6652dû dûtschir ordin, sunderlîch,
6653daz dû sus begnâdit bis!
6654Jâ hâst dû des ein pfant gewis
6655von der sûzin Barbaran,
6656daz sî dich nimmer wil vorlân.
6657Irbuit, irbuit ir wirde grôz,
6658daz sî vlechte sundir drôz
6659zu dir in stêtin gunstin sich
6660und mit dir blîbe êwiclich:
6661sô blîbis dû intladin
6662gar allirhande schadin
6663und stîgis in den grâdin
6664zûwachsindir genâdin,
6665daz unz an dem jungistin tac
6666dir sâldin nicht gebrechin mac.
6667Ô zarte Barbara, nû blîb
6668bî uns unde von uns trîb,
6669waz dû uns weist widir sîn,
6670durch dî bittir martir dîn!
46 a    Diz ist, wî Schartowitz belegin wart und wî nûnhundirt Pomerênen wurdin geslagin.

[Dusb. III, 37.]

6671Dô Swantepolc der bôse wicht
6672irvrîsch dî wârheit der geschicht,
6673wî Schartowitz im was vorlorn
6674und den brûderin irkorn,
6675ummêzlich er betrûbit wart
6676und karte mit der vart
6677alle sînis herzin sin
6678ûf vorgiftige râche hin
6679und besaminte zuhant
6680al dî Prûzin vorgenant,
6681dî abtrunnigen cristin,
6682mit den er in den vristin
6683vîentlîchin ouch belac

--- S. 380 ---

6684und hertlîch sturmin pflac
6685zu pflege wol vumf wochin
6686dî vestin vor gesprochin
6687stellinde dâ vur den berc
6688manchirleige hantwerc,
6689dâ man vestin mit brechin pflît.
6690Doch wertin sich in der zît
6691sô menlîch und sô swinde
6692dî brûdre und ir gesinde,
6693dî belegin darûffe wârn,
6694daz in nicht schatte dirre vârn.
6695Und want der êchter vorgeseit
6696vol was allir trûginheit,
6697des sach man pflegelîchin
6698in werbin trûginlîchen,
6699nnd treib sô lange daz,
6700unz daz zulest der gotis haz
6701durch sîne sunde ûf in quam.
6702Daz meiste teil er an sich nam
6703des heris, daz er hatte dâ,
6704unde lîz daz andre sâ
6705vor dem hûse ligin
670646 b    unde zôch vorswigin
6707und in heimelîchir wîs
6708nachtis ubir der Wîzlin îs
6709hin zu Colmen in daz lant,
6710daz er mit mechtigir hant
6711vorherte manicvaldiclîch.
6712Nû hûb sich brûdir Dîterîch,
6713der vorgesprochene marschalc,
6714kegen des tûvils lastirbalc
6715gar mit einre cleinin rote
6716hulfe hoffinde an gote,
6717der dâ slêt mit lîchtir wer
6718ein grôziz als ein kleiniz her
6719und gesigit wâ er wil1,
6720und bestreit in in dem zil
6721und slûc mit sulchir pflâge
6722dî vîande an dem tage,
6723daz sî lidin michil nôt.
6724Ir blibin ûf dem velde tôt
6725volliclîch nûnhundirt;
6726dî anderin gesundirt
6727dannen quâmen mit der vlucht.
6728Alsus wart dâ der brûdre trucht
6729von gote des sigis gewert.
6730In wurdin ouch der vîende pfert
6731wol vîrhundirt als ich las
6732ân andrin roub, des vil dâ was,
6733und Swantopolc der valsche man
6734quam mit wênic lûtin dan
6735mit schandin und mit unheile
6736widir zu jeme teile
6737des heris, daz er dort gelân
6738hatte vor dem hûse stân.
6739Er quam al dar sô lîse,
6740daz jene in keinre wîse,
6741dî ûf der burc belegin wârn
6742geprûvin mochtin noch irvarn,
6743wî der strît dort wêr geant.
674446 c    Des wart ein brûdir ouch gesant
6745von dem hûse heimelîche
6746hin zu brûdir Dîterîche
6747zu irvarne dî geschicht.
6748Und dô er genzlîch in bericht
6749hatte, wî der strît geschach,
6750er sant in widir unde sprach:
6751›Ouch sold ir werdin hûte irlôst,
6752›wil uns bî sin der gotis trôst.
6753›Sît ôt ûf der burc gereit,
6754›und wen ir uns sêht andirweit
6755›mit strîte an dî vîende slân,
6756›sô kumit uns zu hulfe sân
6757›alle von dem hûse dort.‹
6758Darzû sprach er dise wort:
6759›Und wer den sic behalde,
6760›des hûsis der ouch walde.‹
6761Dô sus Swantopolc intsûb,
6762daz der marschalc sich irhûb
6763und mit strîte abir an
6764wolde in und sîn her bestân,
6765her hatte zeichin vil gewiss
6766an dem êrstin strîte diss,
6767den er hatte sus verlorn,
6768daz der engistlîche zorn
6769gotis ûf in was inzunt
6770und im inzogin in der stunt
6771hatte sînis schirmis schilt
6772durch sîn suntlîchiz unbilt,
6773des wart sîn herze crefte sôr2,

--- S. 381 ---

6774al sîn manheit weich ûf hôr1
6775und vorzagete sô gar,
6776daz er einre kleinin schar
6777mit eime grôzin here sâ
6778nicht getorst irbeitin dâ,
6779sundir vluchtic dannen schît
6780lestirlîch mit sîner dît.
6781Dô der marschalc daz gesach,
678246 d    daz daz her sich dannen brach,
6783almeclîch mit den sînen er
6784stapfte zu den bûdin lêr,
6785dî man in ouch dô burnin sach.
6786Er lîz nicht wesin im zu gâch
6787den vluchtigin vîandin nâch,
6788want er lâge sich vorsach
6789und vorchte dî nackeit
6790des herzogin vorgeseit
6791als einis vuchsis, der da pflît
6792mit sînen listin undir zît
6793betrîgin des jegêris sin.
6794Des torste er nicht volgin in;
6795sundir er hîlt dâ den tac
6796mit den sînen unde pflac
6797an dem hûse machin widir,
6798swaz dâ was geworfin nidir
6799mit blîdin in des sturmis dram.
6800Und dô iz an den âbint quam,
6801er lîz ûf deme hûse mê,
6802den dâ was gewesin ê,
6803von werlîchin mannen
6804unde zôch von dannen. —
Diz ist, wî Nakil dî burc den brûdren wart und wî Pomerênenlant wart vor­hert.

[Dusb. III, 38.]

6805Nû was der legât vorgeseit
6806mit grôzir sorcveldikeit
6807und mit allis vlîzis craft
6808darûf pflegelîch gehaft,
6809wî er sô gewurbe,
6810daz Swantopolc vorturbe
6811des geloubin êchtêr
6812und wî dî cristenheit gewêr
6813und der geloube nême zû.
6814Dâvon dô er gesach, daz nû
6815daz urloige sich began
6816etslîchir mâze wol anlân
681747 a    in der dûtschin brûdre hant,
6818dî vurstin von Polênerlant
6819besante er vil schîre,
6820herzogin Kasimîre
6821und den herzogin von Kalîs,
6822darzû dî eldisten brûdre wîs
6823und rît mit trûwin in,
6824daz sî allintsamint hin
6825mit allim irim volke
6826zugin ûf Swantopolke,
6827den gotis vorvolgêr sô gram.
6828Nû wârin sî gehôrsam
6829vil gerne dem legâte;
6830des saminten sî drâte
6831ûf Swantopolc ein michil her
6832und zugin ungevêr
6833vor sîn hûs Nakil genant
6834und slûgin ûf zuhant
6835her und dar ir gezelt
6836vor der burc ûf daz velt
6837nâch rittirlîchin schichtin.
6838Darnâch sî ûfrichtin
6839blîdin vor des hûsis berc
6840unde manchirhande werc,
6841dâmit man vestin brechin pflît.
6842Und dô ouch jene in der zît,
6843dî von Swantopolkis wegin
6844wârin ûf der burc belegin,
6845sich sâhin sus vorbûwin,
6846in begonde grûwin,
6847sô daz sî dingetin abe
6848den lîb, darzû ir habe,
6849und antwortin ûf daz hûs
6850den brûdren âne sturmis prûs,
6851daz sî ouch mantin in dem zil
6852mit brûdern und mit luitin vil;
6853und mit dem andrin here
6854nâmen sî dî kêre
685547 b    vort in Pomerênerlant,
6856daz ouch vîentlîch durchrant
6857wart dô von der gotis schar
6858von ende unz zu ende gar
6859dî lenge und dî breite.
6860Man sach sî an der reite
6861Swantopolkin gar vorhern,

--- S. 382 ---

6862swaz daz vûer mochte zern;
6863dâ hêtte man wol nâch gekart
6864Ouch slûgin sî an der vart,
6865swaz sî manne quâmen an;
6866wîb und kint tribin sî dan
6867und einin roub ummâzin grôz.
6868Und dô sî iz dâ gehertin blôz,
6869mit vroudin sî sich wandin
6870heim kegen irin landin. —
Diz ist, wî iz wart gevrit zwischen hêrn Swantepolk und den brûdrin.

[Dusb. III, 39.]

6871Dô sus irgangin was dî geschicht
6872von gotis genêdiclichir pflicht,
6873der iz sus vûgte sundir wân,
6874Swantopolc, der tumme man,
6875der ê vorstockit und vorstart
6876in ungeloubin was sô hart,
6877daz in nîman kunde
6878irweichin von der sunde
6879mit bete noch mit mîte,
6880noch mit drouwegebîte,
6881daz er welde bîgin sich
6882widir recht geloubiclîch
6883in der heiligin kirchin schôz,
6884darûz er sich sô erglîch schôz,
6885dem begonde gebin nû
6886ein teil vornumfte dise mû,
6887dâmite er sich bevangin sach.
6888Ouch was er wurdin alsô swach,
6889daz im nicht intochte
689047 c    noch er ouch inmochte
6891den brûdrin vurbaz widirstân;
6892des greif er dô ein andirz an.
6893Vur dî brûdir und den legât
6894er dêmûticlichen trat
6895unde sprach sus offinbâr
6896mit rûwigim gebêrde zwâr:
6897›Ô wê leidir mir, ich hân
6898›lestirlîche mein getân
6899›widir den geloubin gots
6900›und dî heldêre sîns gebots;
6901›daz rûwet mich und ist mir leit
6902›unde vlê mit innekeit,
6903›daz ir mir tût genêdiclîch
6904›irbarminde ûch ubir mich,
6905›want ich gote bûzin wil
6906›und ûch bezzirn alle zil.
6907›Und daz ir diz geloubit,
6908›sô sêht, hî ist mîn houbit.
6909›Nemit mich zu eigene hin
6910›mit allim deme, des ich bin
6911›gewaldic ê gewesin,
6912›ûf daz ich ôt genesin
6913›muge an der sêlin mîn!
6914›Sô lât ûch sus gebezzirt sîn!‹
6915Nâch disin wortin der legât
6916hatte manchirhande rât
6917mit den brûdrin hîvon.
6918Er sprach: ›Wir sîn an im gewon,
6919›daz er ofte hât zutrant
6920›sîns gelobtin vridis bant.
6921›Des ist im zu geloubene swêr.‹
6922Dâ inkegin wûc ouch er,
6923daz man der genâdin tur
6924nîmanne sol beslîzin vur,
6925der ôt sûchit sî mit ger.
6926Hî zwischin der legât gewêr
6927hîlt, dô daz im dûchte sîn
692847 d    daz beste nâch den sinnin sîn,
6929daz was stêtis vridis pflicht.
6930Er wûc daz ebin, daz man nicht
6931wen ôt in des vridis zît
6932des vridis schepper êrin pflît.
6933Darumme er in dô enpfînc,
6934als im der brûdre rât gehînc,
6935zu gnâdin der cristinheit,
6936doch mit sulchir undirscheit,
6937daz ein sûne sundir schranz
6938zwischin Swantopolken ganz
6939und sô den brûdrin vurbaz
6940wêre sundir allin haz.
6941Des gab er in zu pfande
6942dî burc in sînem lande
6943Schartowitz, von der ich ê
6944ouch gesprochin habe mê.
6945Darzû den eldistin sun sîn,
6946der was geheizin Mestowîn,
6947gab er in zu gîsle dare,
6948ouch sînen burcgrêvin Wîmare
6949und sînen hergrêvin Wojac.

--- S. 383 ---

6950Noch mêr gewisheit er in pflac
6951dâmit er vridis sich vorbant;
6952er swûr mit ûfgeleitir hant
6953und mit often wortin sô
6954ûf gotis êwangeliô,
6955daz er zu allin vristin
6956widir al uncristin
6957den brûdrin helfen wolde
6958und daz er nicht ensolde
6959dikeine wîs sich stroubin
6960vurbaz kegn dem geloubin
6961noch kegn der gotis cristinheit,
6962als er dâ vor was gereit.
6963Ûf dise sachin vorgenant
6964gab er den brûdrin zu hant
6965sînin brîf, dô sach man an
696648 a    vil ganz sîn ingesigil hân
6967durch stête und gewisse
6968der dinge gezûgnisse.
6969Dô diz was alsô irgân,
6970man antwort im widir sân
6971sîne gevangnin allintsam,
6972swâ man indirt sî vornam
6973wesin ubir al dî lant,
6974manc den man sunderlîchin vant
6975wol sibinzic edele wîb
6976âne manchin andrin lîb
6977von vrouwin unde kindin
6978und anderin gesindin
6979hôhir unde swachir art.
6980Ouch hîldin kegin im sô hart
6981dî brûdre sint des vridis bunt,
6982daz sî joch zu keinre stunt
6983ûf dî heidin rîtin
6984odir mit in strîtin
6985woldin wedir hî noch dort
6986âne sînes râtis wort.
Diz ist von der anderin vorkêrunge Swan­tepolkis und von dem strîte an deme Rensin.

[Dusb. III, 40.]

6987Abir want zu allir vrist1
6988menschlîch sin geneigit ist
6989lîchtlîch hin zu missetât
6990und dî sittin kûme lât,
6991dî er ûf von jugint hât
6992brâcht unz in des aldirs grât2,
6993alsus ouch dirre Swantopolc,
6994allir erge ein tîfir kolc,
6995dêswâr nicht lange des vormeit.
6996Sîne angeborne bôsheit
6997lîz er werdin offinbâr.
6998Dô vorgangin was ein jâr,
6999sînes heilis er vorgaz
7000unde des eidis, den ê maz
700148 b    sîn hant und ouch sîn zunge
7002ûf vridis vestenunge
7003mit willin vrîes mûtis
7004und joch sînes blûtis
7005vorgaz der vil unreine,
7006sînin sun ich meine,
7007und dî andrin sîne man,
7008dî er zu giselin getân
7009den brûdrin hatte, als ich ê sprach.
7010Den geswornin vrid er brach,
7011der von im vorbrîvit was.
7012Zusamene er abir las,
7013als im sîn valschir mût gerît,
7014al dî vornogîrte dît
7015unde von Sudowin ouch
7016unzellîch volc, mit den er zouch
7017hin zu Colmin in daz lant.
7018Dî stiftin mort unde brant
7019und jâmirs alzu vil,
7020und daz ich ôt dem geb ein zil,
7021sî vorwûstin alsô gar
7022daz lant zumâle her und dar,
7023daz man nicht inweste
7024noch dorf, noch stat, noch veste
7025mê in al dem lande sîn
7026wen Thorûn, Colmen und Reddin.
7027Und dô mit âchte swinde
7028des tûvils gesinde
7029daz lant durchvarin hatte
7030und gemacht sô matte,
7031sî zugin vur den Colmen hin
7032und blibin durch uppigin sin

--- S. 384 ---

7033in guftin1 manicvaldin
7034al den tac dâ haldin,
7035unz daz der âbint trat herzû.
7036Dô zugin sî durch legirs rû
7037an ein brûch hinabe,
7038daz sich mit urhabe,
703948 e    zôch ûz dem sêhe Rensin.
7040Nû wart dî brûdir irgrensin2,
7041dî ûf dem hûse wârin
7042zum Colmin in den jârin,
7043daz jâmir, daz dâ was geschên
7044und daz sî soldin vur in sên
7045dî cristnin kint unde wîb
7046und ouch manchis mannis lîb
7047hin trîbin von der heidinschaft
7048in êwige eiginschaft.
7049Dâvon dô sî irspêtin,
7050daz dî heidin hêtin
7051sich an daz brûch gelegirt dâ,
7052sî zugin in des nachtis nâ
7053mit vîrhundirt mannen ôt.
7054Und dô dî heidin durch daz mot
7055wol halb gebrochin hattin sich,
7056dô wolde brûdir Dîterîch,
7057der alde marschalc, ûf ein heil
7058anrîtin daz hindirste teil.
7059Er sprach: ›Irheb wir hî den strît;
7060›want ê gen ûf andir sît
7061›her widir kumen durch den vort,
7062›sô mugin dise sîn irmort!‹
7063Diz dûcht ouch gût dî eldistin sin;
7064abir brûdir Berlewîn
7065der nûwe marschalc widirsprach
7066disen rât. ›Nein, nein‹, er jach,
7067›mich dunkit daz vil baz getân,
7068›daz wir dî vordistin bestân.‹ —
7069Dâ inkegin hôrte man
7070dî eldistin brûdre sprechin sân,
7071want sî dûchte, ob sî an
7072dî vîende vorne soldin slân,
7073daz sî drungin sî ûf wer,
7074sô nicht gewîchin mocht ir her.
7075Doch allein dî eldstin al
7076vordûchte, daz er missehal
707748 d    von des aldin râte;
7078sô volgitin sî im drâte
7079und rittin an vil hart
7080der vîende vordiste part,
7081daz ouch zuhant greif an dî vlucht.
7082Dâ jaite nâ der cristenin trucht
7083manchir wegen durch den bor4
7084alliz ûf der vîende spor.
7085Dâ bleib vil manic heide
7086tôt ligen ûf der heide.
7087Und dô dî cristinlîche schar
7088was zustrouwit her und dar,
7089dô quam der marschalc von geschicht
7090bî einin berc sô hin gericht
7091mit vîr und zwênzic cristin.
7092Dâ vant er in den vristin
7093vîrtûsint Prûzin haldin,
7094dî sich zu strîte staldin;
7095und dô dî selbin ouch gesân,
7096daz aldâ der brûder van
7097bî in alsô cranc irschein
7098und der cristnin was sô clein,
7099al ir zageheit vorswein;
7100des irhûbin sî gemein
7101sich kegin in aldâ in strît
7102und irslûgin in der zît
7103den marschalc und dî mit im wârn.
7104Darnâch sî ouch ummevarn
7105begondin in vreislîchin girn
7106nâch den brûdirn und den irn
7107her und dar in strîtis dram,
7108unz sî irslûgin allintsam
7109dî brûdir und ir vîrhundirt
7110âne zêne, dî gesundirt
7111sich vluchtic dannen spîldin
7112und sus den lîb behîdin. —
7113Nû quâmen ouch aldar gerant
7114dî brûdre von Thorûn zuhant,
711549 a    als diz was alreist irgân,
7116und mit in zweihundirt man
7117ûf dî stunt und an dî stat,
7118als in der marschalc gesat
7119hatte dar zu kumen;
7120und dô dî den unvrumen

--- S. 385 ---

7121und daz jâmir sâgin,
7122wî dî brûdir lâgin
7123und ir volc irslagin,
7124sî begondin jagin
7125vluchtic dannen sundir sparn.
7126Nû wurdin in dî Prûzin vârn
7127unde volgin vaste nâch.
7128In dem rinnin ouch geschach,
7129daz der cristin vîlin gnûc,
7130dî dî prûzsche dît irslûc.
7131Dô iz sus Swantopolke
7132und sîm vormeintin volke
7133nâch willin gar irgangin was,
7134dî dît den roub zusamne las,
7135des dâ was unmâzin vil
7136von wîbin, kindin in dem zil
7137und ouch ein teil von mannen
7138und tribin von dannen
7139mit michilim goidin
7140und mit grôzin vroidin.
7141Manc den gevangnin was Mertîn,
7142den man nante von Golîn,
7143ein man zu strîte zangir1,
7144und eine, dî gînc swangir,
7145sînre swestren und dô dî
7146nicht inmochte volgin î
7147durch dî swêrikeit des barn
7148dem here, daz kegn hûse varn
7149pflac mit grôzir île,
7150dô wart ouch in der wîle
7151der, der sî gevangin treib,
7152dô sî sô ofte hindin bleib
715349 b    noch inmochte volgin,
7154sô sêre ûf sî irbolgin,
7155daz er ân irbarmin
7156den lîb ûfhîb der armin,
7157sô daz daz kint dâ zuhant
7158lebinde vîl ûf den sant
7159und dî vrouwe bleib dâ tôt.
7160Dirre mein und dise nôt
7161Mertîne sô nâhin gînc,
7162und sô grôzin haz er vînc
7163darumme kên der heidinschaft,
7164daz er sint, dô er inthaft
7165von irre gevencnisse wart,
7166sî slûc mit manchir pflâgin hart
7167ân alle barmherzikeit,
7168als ûch wirt hernâch geseit.
7169Dô sus dî vîande
7170quâmen von dem lande
7171und dî brûdre wurdin spên
7172daz ubil, daz dâ was geschên
7173und daz grôze herzeleit
7174an der reinen cristinheit,
7175ir iclîch zu dem andrin sprach,
7176daz vil jâmirlich geschach:
7177›Wê uns! durch waz sîn wir geborn,
7178›sint uns daz jâmir ist irkorn,
7179›daz wir hî mûzin schouwin
7180›sus unsir volc zuhouwin,
7181›zustuckit und zuribin,
7182›sô gene wec getribin!
7183›Ô wê, hêrre got, ô wê!
7184›wâfin hût und immirmê!
7185›sul wir nû sehin unsir lant
7186›kumin in der vîende hant?
7187›Ô wê dî wîsin aldin,
7188›dî man mit râte waldin
7189›sach diss landis hî und dort,
7190›ligin jâmirlich irmort,
719149 c    ›darzû dî jungin helde,
7192›dî man ûzirwelde
7193›und zu strîte wârin balt,
7194›dî hât der vîende swert gevalt!
7195›Diz, hêrre, dir geclagit sî;
7196›juncvrouwin, vrouwin, dî dâ vrî
7197›wârin ê, darzû dî kint,
7198›êwiclîch voreigint sint
7199›gar in bittirlîchir dol.
7200›Diz lant, daz ê was lûte vol
7201›und wunnenclîch besat,
7202›nû sêht, wî daz vorwûstit stât!
7203›Dî gotishûsir sîn vorbrant
7204›und ir zîrheit gar vorwant,
7205›Al unsir clârheit ist vorhert;
7206›wir sîn jâmirlîch vorschert2
7207›den unreinin heidin;
7208›dî hêrschin uns mit vreidin;
7209›in ist gewalt ob uns gegebin.
7210›Wê, waz sal uns mê daz lebin!

--- S. 386 ---

7211›Wir sîn vortorbin leidir!‹
7212Nû rizzin ire cleidir
7213dî brûdir in grôzir jâmirkeit
7214und zugin an hêrîne cleit,
7215darin sî clage ûbtin.
7216Ouch mit in dî betrûbtin
7217cristin, dî dâ wârin blibin,
7218al zû weinlîch jâmir tribin.
Von eime zeichene, daz dâ geschach.

[Dusb. III, 41.]

7219Nû vûgtiz sich ouch nâch der zît,
7220dô irgangen was der strît,
7221daz dî burgerinne
7222in betrûbtim sinne
7223von dem Colmin ûz der stat
7224quâmen an dî walstat,
7225ûf daz sî dannen hûbin
7226ir tôtin und begrûbin
7227nâch cristinlîchin sitin.
722849 d    Nû was eine mit in,
7229dî dennoch vant iren man
7230vil kûmelich daz lebin hân.
7231Und dô dî vrouwe wolde
7232in dannen, als sî solde,
7233kên dem Colmen brengin,
7234er wart dâ widirstrengin.
7235›Lât mich‹, sprach er, ›sterbin hî!‹
7236Dâ inkegin sprâchin dî,
7237dî dâ ummestûndin in:
7238›Warûf meinit diz dîn sin,
7239›daz dû nû begeris sâ,
7240›daz man dich hî sterbin lâ‹? —
7241›Das wil ich kundin ûch‹, er jach,
7242›vil offinlîch; ich hûte sach
7243›daz sô her dî magit clâr
7244›quam, dî Cristum uns gebar,
7245›ich meine dî wandils vrîe
7246›trôsterin Marîe,
7247›in wunnenclîchim schouwin.
7248›Vur ir zwû juncvrouwin
7249›trûgin kerzin schône inprant.
7250›Sô trûc sî in irre hant
7251›ein sûze rûchbêr rouchvaz.
7252›Iren ganc sî ummemaz
7253›zu allin den lîchnamin
7254›cristenlîchis namin,
7255›dî hîrumme ligin tôt.
7256›Lîblîch sî sich zûzin bôt.
7257›berouchinde sî allintsam.
7258›Zujungist sî ouch zu mir quam
7259›und dô sî des intsebete,
7260›daz ich dennoch lebete,
7261›mit alsulchim trôste
7262›sî lîblîch zu mir kôste‹1:
7263»Ô vil lîber kempfe mîn,
7264»nû lîd vrôlîch dise pîn!
7265»An dem drittin tage
726650 a    »volendit sich dîn clage,
7267»want dû den irsterbin solt
7268»und den himilischen solt
7269»mit wunnen alzû grôz intpfân,
7270»als alle dî intpfangin hân,
7271»dî durch mich hî ir lebin
7272»hân in den tôt gegebin.« —
7273›Mit disen wortin ouch vorswein
7274›von mir dî sûze magit rein.‹
7275Nû vûrtin sî den wundin
7276mit in in den stundin
7277zu dem Colmin widir,
7278dâ ouch der gûte sidir
7279vil ebin ûf den drittin tac,
7280als er ê saite, tôt gelac.
7281Und dô sô glîche sîne wort,
7282dî er hatte gesprochin dort,
7283mit der geschicht irvolgtin sich,
7284im geloubte sichirlîch
7285gemeinlîch al dî rote
7286unde danctin gote
7287und der trûtin mûtir sîn,
7288Marîen der kunigîn,
7289dî von nôtin tût intladin
7290und pflît hôhir gnâdin
7291alle dî gezwîdin2,
7292dî icht durch sî lîdin.
Von zweier wîbe krîgin um einin man.3

[Dusb. III, 42.]

7293Dô nâch dirre slachte
7294der vîentlîchin âchte

--- S. 387 ---

7295der colmische bischof gewêr
7296gesach sô wûste und sô lêr
7297den Colmen manne wesin
7298(want sî ungenesin
7299wârin blibin alle
7300in des strîtis valle),
7301dî witwin er allintsam
730250 b    in eime râte vor sich nam
7303und satzte in offinlîchin daz
7304vor allir sundin ablâz,
7305daz iclîche iren knecht
7306nême ûf êlîche recht,
7307ûf daz der gotis gloube
7308sô gar nicht wurde toube
7309noch zumâle hingeleit
7310von der vînde vreidikeit.
7311Hîvon irbôt sich dî geschicht,
7312dô durch andâchticlîche pflicht
7313zwû vrouwin zu der kirche wart
7314soldin gân, und an der vart
7315wurdin sî aldort gewar
7316toplin1 in der bûvin schar
7317einen knabin, der was risch,
7318kreftic, schône unde vrisch.
7319Doch wârin snôde sîne cleit.
7320Nû sprach dî eine irre meit
7321vil heimelîche dise wort:
7322›Sîstû genin knabin dort?
7323›Breng in in dî herberge
7324›und sag im sundir erge,
7325›daz er dâ beit (iz wirt sîne vrume)
7326›unz ich von der kirchin kume!‹
7327Dî andre merkte wol den sin;
7328des sante sî ouch balde hin
7329vil toigintlîch ir dirne;
7330sî sprach: ›Louf, bis virne2!
7331›Hâstû genen knecht gesên?
7332›Den lâz dir mit nicht intspên3,
7333›in zu hûse mit dir nim
7334›unde lâz ôt nicht von im;
7335›bis im mit gûtir pflage bîe,
7336›unz ich widir kumen sîe.‹
7337Nû was ouch wol genendir
7338dî leste und behendir,
7339wen dî êrste magit dô:
734050 c    dâvon ir gelanc alsô,
7341daz sî den knabin an sich las.
7342Und dô dî vrouwe kumen was,
7343sî cleit in ûf von vûze gar
7344unde lîz sich offinbâr
7345mit im trûwin zu der ê.
7346Und dô gene, dî dâ ê
7347ire mait ûzsande,
7348dise mêre irkande,
7349wî sî was vorsûmit
7350des knabin und beglûmit4,
7351sî gevînc hezlîchin nît,
7352den sî trûc vil manche zît
7353kegn genre, dî sî sus betroic
7354und den knabin ir intzoic.
7355Dirre selbe knabe
7356von Halle sô her abe
7357kumin was und ouch geborn
7358und wart sint sô hô irkorn
7359an wîsheit unde an prîse
7360tugintlîchir wîse,
7361daz man in Prûzinlande
7362nicht glîchis im irkande.
Von dem betrûbnisse der brûdre nâch dem strîte.

[Dusb. III, 43.]

7363Nû vroite sich in vroidin grôz
7364Swantopolc der wûtegôz5,
7365daz dî brûdre wârn irslain
7366und begonde abir train
7367erg ûf erge, leit ûf leit,
7368und vornûwit andirweit
7369mit bittirkeit dî wundin
7370der brûdre in den stundin.
7371Er want al sînen vlîz daran,
7372wî er daz volk, daz undirtân
7373den brûdrin was und dô dêswâr

--- S. 388 ---

7374gevangin mit vil grôzir vâr,
7375den brûdrin intzuge
737650 d    unde sî gebuge
7377an sich nâch sîner valschin ger.
7378Diz warb vil tougintlîchin er
7379mit gâbe und mit bete,
7380und allein er hête
7381sumelîche sus geblant,
7382daz sî wârn im zûgewant
7383in gunstlîchir pflichte,
7384doch von vorbesichte
7385gotlîchir ordenunge wart
7386von den brûdrin daz bewart,
7387daz nîman getorste sich
7388an in haldin offinlîch
7389noch urbarin, daz er warb.
7390Alsus sîn argelist vortarb.
Diz ist, wî Swantepolc Colmerlant herte und wî sîn her vortranc.

[Dusb. III, 44.]

7391Dô Swantopolc dâ vorgeseit
7392nicht schûf mit der valscheit,
7393dî er hatte angeleit
7394zu schandin der cristinheit,
7395er vant ein andir, als ich las,
7396dî ergir unde swêrir was.
7397In dûchte kumen sîn dî zît,
7398der sîn tûvelischir nît
7399hatte lange ê begert,
7400in der er setin solt sîn swert
7401an den armin cristin,
7402der dâ in den vristin
7403nâch des letstin strîtis schicht
7404vil wêninc was blibin icht
7405zu Prûzin, unde dâcht alsô
7406ân allirhande widirdrô
7407gar leschin und vorbrunkin
7408des geloubin vunkin,
7409der dâ krenclîch dennoch glam.
7410Zweitûsint man er an sich nam,
7411dî dâ tochtin wol in strît,
741251 a    mit den er vûr ûf andir sît
7413der Wîzlin zu schiffe zuhant
7414und zôch in Colmerlant.
7415Dâ herte er und brante gar
7416in dem lande her und dar
7417zwêne tage und zwû nacht
7418mit sînre tûvelischin macht,
7419swaz ê den Prûzin ubirbleib.
7420Dî wîle er diz jâmir treib
7421und in dem lande ummezouch,
7422dô hattin von dem Colmen ouch
7423sich dî brûdere besamt
7424und ir luite allintsamt
7425edele und burgêre,
7426und dô sî dî êchtêre
7427sulch ubil sâhin ûbin,
7428sî wurdin sich betrûbin,
7429als sî wol irscheintin.
7430Sî sûfztin unde weintin,
7431als sî twanc ir smerze.
7432Sî slûgin an dî herze
7433unde schrêhin bermelîch:
7434›Irbarme, hêrre, irbarme dich
7435›ubir dîn vil armiz volc,
7436›daz der arge Swantopolc
7437›mit nôtin twingit herbe!
7438›Ei, sûzir got, dîn erbe
7439›gib sô gar nicht in vorlust
7440›nâch des tûvils abekust!‹ —
7441Waz sal ich andirs sprechin mê?
7442Den cristin was wirs denne wê.
7443In den swindin âchtin
7444dî brûdere sus gedâchtin,
7445stritin sî dî vîende an
7446unde wurdin sigis wan,
7447sô wêre Prûzinlant vorlorn
7448und daz hoffin in vorkorn,
7449daz immer mê daz selbe lant
745051 b    quême in der cristin hant.
7451Sus wurde der geloube
7452dâ êwiclîchen toube;
7453daz wêre irme herzin swêr.
7454Dî edlin unde burgêr
7455besamnit von dem Colmin dô
7456sprâchin zu den brûdrin sô,
7457sî woldin lîbir êrlîch
7458in den tôt gebin sich
7459und in strîte sterbin,
7460wen alsô vorterbin
7461in lebelîchir volleist.
7462Nû quam der starke gotis geist
7463in dî brûdere dâ în zwârn,
7464und in alle, dî dâ wârn,

--- S. 389 ---

7465und alleine wêre
7466kegn der vîende here
7467alzû kranc ir rote,
7468doch hoftin sî an gote,
7469daz er in solde bîgestân.
7470Sus sprengtin sî dî vîende an
7471vor dem Colmin der stat.
7472Dâ wart ein herte strît gehât
7473zwischin in in der zît.
7474Ir vîlin gnûc von beidir sît,
7475dî dâ blibin ligin tôt.
7476Zûlest sach an der sînen nôt
7477der vatir der barmherzikeit,
7478der mit grôzir sûzikeit
7479in allim betrûbnisse
7480dî sînen vil gewisse
7481sterkin unde trôstin kan,
7482und gab den brûderin sân
7483und den iren sulche craft,
7484daz Swantopolc wart zagehaft
7485und alle sînes heris trucht.
7486Sî wurdin neigin sich in vlucht
7487kegen der stat ân ummegrif,
748851 c    dâ sî hattin ê dî schif
7489an der Wîzelen gelân,
7490darin sî hoftin kumin dan,
7491des gote lob! doch nicht geschach,
7492want man wundirlîchin sach
7493kumin einen wint sô scharf,
7494der dî schif zumâle warf
7495verre von dem stadin hin.
7496Daz wart der vîende ungewin,
7497want iz in mit den schiffin hî
7498sam dort Paligânô gî,
7499dem kunge Sarrazînen,
7500der dâ sigelôs mit sînen
7501vor Karle dem keisre vlouch.
7502Alsus irgînc iz disen ouch;
7503want, dô sî an den stadin quâmin
7504und der schif dâ nicht vornâmin,
7505sî vortôrtin alsô gar,
7506daz sî wedir her noch dar
7507den brûdrin mochtin entwenkin.
7508Sî mûstin sich vortrenkin
7509in der Wîzil allintsam;
7510ôt Swantopolc von dannen quam
7511und der sînen cleine.
7512Dî andrin algemeine,
7513swaz der was dem swerte
7514intrunnen, dî gewerte
7515des tôdis gar der Wîzlin vlût.
7516Alsus der milde got sô gût
7517sînem volke hulfe irbôt,
7518daz dâ was in grôzir nôt.
Diz ist, wî ein vride widdir gemacht wart mit Swantepolke und er den brach und wî er bûwete Zantir dî burc.

[Dusb. III, 45.]

7519Nû wârn dî brûdre durch daz heil
7520dêswâr gevrouwit wol ein teil
7521und doch in angist grôz gesat,
752251 d    want ir macht was wurdin mat,
7523sint daz ir volc wart irmort,
7524als ir hât dâ vor gehôrt.
7525Des stûndin sî in zwîvelât
7526unde sûchtin manchin rât,
7527wî sî dî lant behîldin,
7528der sî sô krenclîch wîldin
7529in arbeitlîchir pîne.
7530Nû was zû dem Redîne
7531ein brûdir vrum, Rabe genant,
7532an gûtim râte wîs irkant
7533und menlîch an der tât.
7534Der gab den brûdrin disin rât,
7535daz sî sentin sundir zogin
7536von Ôstirrîche dem herzogin
7537Mestwîne, Swantopolkis sun,
7538(den man in ê zu gîsle tûn
7539sach durch vridis sichirheit)
7540und mit intscheidinheit,
7541wî iz um sî wêr gewant,
7542imputtin hin in dûtsche lant,
7543in Bêmin und in Polên
7544und swâ sî hulfe sich vorsên,
7545und irclaitin dâ dî nôt,
7546dî sich Prûzinlande bôt,
7547und daz der geloube sân
7548darinne mûste gar vorgân,
7549irwent iz got vil snelle nicht
7550und ouch irre hulfe pflicht.
7551Dô dise clegelîchin mêr
7552wârin wurdin schallebêr
7553in den landin vorgenant,

--- S. 390 ---

7554meistir Poppe quam zuhant
7555und mit im brûdere vîre.
7556Darzû quâmen schîre
7557ouch sechs brûdere starke
7558von Mîssin und ûz der Marke
7559und von Duringin.
756052 a    Sô tet zu disin dingin
7561dêswâr ouch vil tugintlîch
7562der herzoge von Ôstirrîch.
7563Ûf sîne kost er sande
7564zu hulfe Prûzinlande
7565drîzic schutzin gerittin
7566wol nâch strîtlîchin sittin.
7567Eiâ, wî von herzin vrô
7568wurdin dirre geste dô
7569dî armin brûdre und ir volc!
7570Abir dâwidir Swantopolc
7571dirre mêr vil sêre irschrac.
7572Sô grôze vorchte ûf in wac,
7573daz er dâ vridis rûchte
7574unde gnâde sûchte
7575an den brûdrin in dem zil.
7576Er gelobte alsô vil,
7577daz sî im echt getrûwitin
7578und mit im vornûwitin
7579den aldin vride andirweit.
7580Îdoch sîn alde bôsheit,
7581dî im angeborn was î,
7582er darumme nicht inlî.
7583Er nekte alle stunde
7584dî brûdere, swâ er kunde,
7585in bedaktir valscheit,
7586und sô man um dî nakheit,
7587dî von im alsô geschach,
7588in strêflîchin ansprach,
7589des achte er vil cleine.
7590Zuletst ouch der unreine
7591began sîn argiz neckin
7592offinlîch inpleckin1,
7593daz er hemischlîch barc.
7594Er saminte ein her vil starc
7595und zouch uf dî Kuyow
7596ân allir entsagunge drow
7597in herzogin Kasimîris lant.
759852 b    Dâ stifte er roub unde brant
7599vil grôz in den vristin.
7600Er slûc dâ manchin cristin
7601zu tôde; ouch vînc er ir gnûc.
7602Alsus mit im der arge trûc
7603von luitin und von habe
7604grôzin roub her abe,
7605und dâ man in darumme ansprach,
7606vil stolzlîch er dâwidir jach:
7607›Jâ, ich wil den vîndin mîn,
7608›swî ich mac, zu pflege sîn
7609›ein êchtêr und ein neiser
7610›und daz nicht durch den keiser
7611›noch ouch durch den pâbist lân,
7612›noch durch keinen lebindin man!
7613Und an den brûdrin sundirlîch
7614sprach er sus: ›Wolt ir, daz ich
7615›vride mit ûch halde,
7616›sô wil ich, daz ir balde
7617›mir wider gebit mînen sun.‹
7618Und dô sî des woldin nicht tûn,
7619er vorvolgte abir als ê
7620sî offinbêrlîch unde mê.
7621Er bûwete darnach vil schîr
7622eine burc, dî hîz Zantîr.
7623Dî legte er an eine stat,
7624dô dî Wîzil und der Nogat
7625dî zwei wazzir nâmin
7626iren vluz zusamin,
7627und ûf dî burc er beschît
7628dêswâr ungetrûwe dît
7629zu allir bôsheit swinde,
7630dî der brûdir gesinde
7631und ir luite sidir
7632diwedir ûf noch nidir
7633lîzin varn mit schiffin
7634sî enwurdin angegriffin,
7635gewunt und ouch beroubit
763652 c    und des lebins betoubit. —
Diz ist, wî dî Swetze gebûwit wart und wî sî gesturmit wart.

[Dusb. III, 46.]

7637Dô dî brûdir intsûbin,
7638daz sich in irhûbin
7639abir nûwe strîte
7640von Swantopolkes sîte,
7641dî er schûf durch sîne gûf;
7642sî gâbin sîme sune ûf

--- S. 391 ---

7643Schambore, irme vrûnde sâ
7644daz hûs zu Schartowitz aldâ
7645mit allim dem gerête
7646unde nutze, den iz hête.
7647Nû mugt ir spên hîrundir
7648ein ungewonlîch wundir,
7649daz Swantopolkis sune sich
7650kegn im satzte vîentlîch
7651durch der vreise ungevûc,
7652dî er ûf dî cristin trûc,
7653und den geloubin leite an.
7654Und dô diz was alsus getân,
7655dî brûdre santin drâte
7656botin dem legâte
7657der bêbistlichin sîtin,
7658der dô in den zîtin
7659was in dûtschin landin dâ.
7660Und ouch dem hômeistre sâ
7661wurdin brîve dâ gesant,
7662dî ouch machtin gar irkant,
7663wî iz abir in gelegen
7664was von Swantopolkis wegen
7665zu Prûzin in dem lande.
7666Und dô dî mêr irkande
7667der vorgenante legât,
7668zuhant er selbe ûftrât
7669und predigte offinbâr
7670eine crûzevart vorwâr
7671widir den vil argin hunt
767252 d    und gebôt ouch in der stunt
7673von des pâbistis gewalt,
7674daz man predigte vil balt
7675daz crûze gemeinlîchin
7676in al den ummerîchin.
7677Aber want der argin mein
7678ist sô bôse und unrein,
7679daz sî sich vrouwin der geschicht,
7680swen sî gestiftin ubils icht,
7681des vroit sich ouch der bôsewicht,
7682daz er hatte ûfgericht
7683den cristnen sulche ubirlast
7684an Zantîr, dem hûse vast,
7685dan sî lidin grôze mû,
7686und begonde noch darzû
7687ein andre burc zu bûwin dort
7688obin an der Wîzlin bort
7689ein halbe mîle von der stat,
7690dem Colmen, dâ dî nû stât
7691benidene ûf andir sît
7692der Wîzlin, dâ sî noch lît.
7693Dî burc er Swetze nante.
7694Sîn gemûte wante
7695dar ûf der unholde,
7696daz er genzlîch wolde
7697tûn den brûdrin vorspart
7698beide ûfvart und nidirvart
7699zu schiffe ûf dem wâge.
7700Diz was in gar ein plâge,
7701want sî swêrlîch dâ inparn
7702niddir und ouch ûf zu varn
7703durch nôtdurft manchirhande.
7704Und dô der meistir irkande,
7705daz er des bûwins began,
7706er gebôt den brûdrin sân
7707dî dô zu dem Colmen wârn,
7708daz sî zu schiffe soldin varn
7709mit iren lûtin niddirwart,
771053 a    sô wold er ouch ungespart
7711von Thorûn mit den brûdrin sîn
7712zu rosse wol gereit sîn
7713und darzû herzog Kasemir,
7714und in zu hulfe kumin schîr
7715an dî stat zur Swetze hin.
7716Darûf gînc des meistirs sin,
7717daz er wolde hân gewert,
7718ob iz mochte sîn beschert,
7719daz bûwin, daz aldâ geschach.
7720Und dô Swantopolc gesach
7721dî brûdre in den schiffin,
7722daz sî zu ûbre griffin,
7723und woldin zu im an daz velt,
7724er lîez ûfnêmin dî gezelt
7725und warf dî brucke ab,
7726dî zûganc zu dem hûse gab
7727und hûb sich balde an dî vlucht.
7728Doch dô er sach der brûdre trucht,
7729dî zu rosse quâmin dar,
7730und des ebin wart gewar,
7731daz dî geritnen mochtin nicht
7732zusamme kumin in der schicht
7733mit den Colmenêrin,
7734dî dâ zu schiffe wêrin,
7735durch dî tûfe der Bdâ,
7736dî zwischin in gînc aldâ,

--- S. 392 ---

7737dô irmannete er widir
7738und karte umme sidir
7739kegn der burc mit sîner schar.
7740Und als er wart gewar,
7741daz sich darûf neigte
7742der meistir und daz zeigte,
7743daz er wolde tretin zû
7744der nûwin burc mit sturmis mû,
7745er macht in kurzir wîle
7746mit vil grôzir île
7747dî brucke, dî er ê zubrach,
774853 b    unde machte sich darnâch
7749zuhant mit sîme here dan.
7750Doch liez er dâ drîhundirt man,
7751dî des hûsis waldin
7752soldin und iz haldin
7753kegn den brûdrin mit wer.
7754Nû trat ouch zû der brûdre her
7755mit Kasimîre dem herzogin
7756unde begondin swinde lôgin
7757der burc mit sturme harte,
7758dâkên mit wer sich karte
7759gene dît, dî sî besaz.
7760Zwischin in was mortlîch haz.
7761Des wart al dâ ein sô swinde strît,
7762daz ir vil ûf beidir sît
7763intpfîngin verche wundin.
7764Ouch sach man in den stundin
7765vil manchin gerne von der burc
7766nemen sulchis vallis turc1,
7767daz er bleib des lebins blas.
7768Und want dî burc sô veste was,
7769daz man in lîchtlîchir schicht
7770ir gewinnen mochte nicht,
7771des lîzen sî dî brûdre stân,
7772und dô sî wârin kumin dan,
7773dô quam vil schîre Swantopolc
7774hin widir und darzû sîn volc
7775und machtin in dem zil
7776dî burc zur Swetze vestir vil. —
Wî dî burc Puttirberc gebûwit wart.

[Dusb. III, 47.]

7777Brûdir Poppe vorgenant,
7778des ordins hômeistir irkant,
7779begonde prûvin in der vrist
7780Swantopolkis herbe list
7781und dî daran merkin,
7782daz er sich pflac sterkin
7783mit vestin, dî er bûwete
778453 c    und manchir sît vornûwete.
7785Des wolde er daz lant bewarn
7786zu Prûzin von kunftigin vârn,
7787dî Swantopolc im keginwac.
7788Zwischin dem Aldin hûse lac
7789und dem Colmen der stat,
7790dî dâ nû ist gesat,
7791ein berc veste unde hô.
7792Darûf lîz er bûwin sô
7793eine burc und daz werc
7794nante er den Puttirberc,
7795want der berc ouch sô hîz.
7796Ûf den berc er blîbin lîz
7797zwelf brûdere gewêre
7798und vil wêpenêre,
7799dî ir soldin nemin war.
7800Und daz man dise burc aldar
7801den hômeistir bûwin sach,
7802darumme daz dêswâr geschach,
7803daz der ungetrûwe
7804den berc nicht mit gebûwe
7805begriffe unde machte vast
7806den cristnen zu ubirlast.
Diz ist von dem ansturmen der stat und der burg Elbinge.

[Dusb. III, 48.]

7807Nû vornam her Swantopolc,
7808daz dî brûdir und ir volc,
7809von dem Elbinge ich meine,
7810wârin algemeine
7811gereisit ûz, als man sî îsch.
7812Und dô der gotis vîent irvrîsch
7813der geschichte ganze mêr,
7814er saminte ein kreftic her
7815und zôch vor den Elbinc.
7816Sîn hoffenunge darûf gînc
7817sint iz dâ was manne ân,
7818daz er solde sundir wân
7819gewinnin burg unde stat
782053 d    ân allirhande widirsat.
7821Und als dî vrouwin diz gesân,
7822daz dî nôt gînc heran,

--- S. 393 ---

7823als der sturm urkunde gab,
7824sî leitin algemeine ab
7825ir vrouwelîch gebende
7826und zugin an genende
7827wâpin und menlîchin sin.
7828Sî trâtin an dî zinnen hin,
7829dâ sî ouch bewîstin sich
7830zu der wer sô menlîch,
7831daz nîndirt an den wîbin rein
7832zegelîchir mût irschein.
7833Und dô daz her diz hât irkorn,
7834sî hettin alle wol gesworn
7835daz dî brûdir sidir
7836wêrin kumin widir
7837und darzû der burger volc.
7838Des weich hin dan her Swantopolc
7839mit schandin vor den wîbin,
7840dî man in vortrîbin
7841in menlîchir wîse sach.
7842Vil ofte daz ouch mê geschach
7843in dem lande manchir wegn,
7844sô dî man urlougis pflegn
7845soldin und gereisit wôrn,
7846daz dî vestin wêrn vorlorn
7847gewesin von der vîende pflicht,
7848inhettiz undirstandin nicht
7849dî kûnheit der wîbe
7850mit werlîchim lîbe.
Diz ist von eime rittere Swantepolks.

[Dusb. III, 49.]1

7851Swantopolc der swinde
7852hatte zu gesinde
7853undir sîner manne schar
7854einen rittir, der sô gar
7855dî brûdre trûc in vorchte,
785654 a    daz, swâ er indirt horchte
7857der dûtschin brûdre namin,
7858al sîne lit irquâmin,
7859sîn herze joch sô sêre irschrac,
7860daz al sîn lîb irbibin pflac.
7861Nû geburt iz2 ûf ein zît,
7862daz her Swantopolc besît
7863in einiz sîner dorfir quam
7864durch kurze wîle unde nam
7865darzû sîner rittir ein teil,
7866mit den er wolde wesin geil
7867unde in wirtschaft goidin.
7868Nû wold er zu vroidin
7869ein getûsche machin,
7870des man mochte lachin.
7871Des sprach er heimelîchin
7872sus zu sumelîchin:
7873›Lât daz blîbin ungemelt:
7874›wir wollin sendin ûf daz velt
7875›gerittin einen knabin,
7876›und sô wir denne habin
7877›der kost ein teil genumin,
7878›sô sol er jainde kumin
7879›unde sprechin, daz gevêr
7880›ûf uns kum der brûdir her,
7881›unde beschouwe wir spotlîch,
7882›wî daz wolle stellin sich
7883›der zagehafte rittir.‹
7884Nû wart dâ ein gevlittir3
7885von den herrin und ein pfnust4.
7886Si sprâchin algemeine sust,
7887iz wêr ein lechirlîchir sin.
7888Sus schickte man den botin hin.
7889Nû was daz fôrest5, daz man tet,
7890den brûdrin vil wol vorspêt,
7891des hattin sî mit irre macht
7892vorholnlîch sich ûzgemacht
7893ûf geluckis vrumin
789454 b    unde wârin kumin
7895bî daz selbe dorf aldar.
7896Des wart ir ouch der knecht gewar
7897unde irschrac vil sêre.
7898Er nam dî widirkêre
7899balde kegn dem dorfe wert.
7900Implôst vûrte er sîn swert
7901swenkende alumme.
7902Er jaite sundir krumme
7903mit geschrei unde blas,

--- S. 394 ---

7904dâ Swantopolk sîn herre was.
7905›Bald ûf!‹ sprach er ›vlît durch got,
7906›want ich sage ûch sundir spot
7907›in ernstlîchir wârheit,
7908›daz dî brûdre algereit
7909›zîhin vîentlîch dâ her.‹
7910Dô gene hôrtin dise mêr,
7911dî den schimpf ê machtin,
7912vil gemelîch1 sî lachtin.
7913Abir genre rittir
7914inpfînc dî mêr vil bittir:
7915dô man dî brûdre nante,
7916sîn varwe sich vorwante,
7917er spranc vil snel ubir den tisch
7918unde vlôch von dannen risch,
7919dâvon ein lachin grôz geschach.
7920Abir dô der bote sach,
7921daz dî andrin sîne wort
7922vor einen gam2 intpfîngin dort,
7923er wart mit starkin eidin
7924dî mêr in andirweidin3:
7925›Vorwâr ûch daz gesagit sî,
7926›daz der brûdre her hî bî
7927›ist itzunt vil nâhin.‹
7928Dô wart ouch dannen gâhin
7929der herzoge unreine
7930mit eime knechte alleine.
7931Noch bleib dâ dî andre trucht.
793254 c    Und dô er sich gab zu der vlucht
7933unde vaste dannen brach,
7934im jaite ein brûdir hezlîch nâch,
7935dem daz was bevolin.
7936Und dô er nicht irholin
7937den herrin mocht, ûf den er wûc,
7938den knecht er im abeslûc
7939tôt, in einis vlîzis stram.
7940Darzû der andrin allintsam
7941Swantopolkis manne
7942quam nikeinre danne,
7943want dî brûdre sî vorwâr
7944vîngin unde slûgin gar.
Diz ist von eime schifstrîte.

[Dusb. III, 50.]

7945Brûdir Poppe vorgenant,
7946der hômeistir, was gewant
7947mit vlîz in allin vristin
7948ûf daz heil der cristin,
7949wî er daz gemêrin
7950mochte nâch gotis êrin.
7951Des sante er gerade4
7952brûdere Conrâde,
7953den man nante Bremêr,
7954unde mit im wêpenêr,
7955daz sî mit drîn schiffin
7956soldin, dî begriffin
7957und geladin mit spîse wârn,
7958hin zu dem Elbinge varn,
7959der dâ dî cristnin wurden vil zîr5.
7960Und dô sî bî den Zantîr
7961in dî nêhe quâmin,
7962schîre sî vornâmin
7963al dâ Swantopolke
7964sîn mit sînem volke,
7965der in hatte dâ vorleit
7966in zwênzic schiffin gereit.
7967Und dô brûdir Conrât
7968gesach, waz im dâ zûtrat,
796954 d    geringe er dî schicht vorslûc.
7970Sîn herze gar an gote wûc,
7971an den er dô genante
7972und dî sînen mante,
7973daz sî rûtin6 crefticlîch
7974und ûf dî vîende schictin sich;
7975daz vil snelle ouch geschach.
7976Mit creftin man sî rûin sach
7977den stram zutal ân ummegrif
7978ûf der Pomerênin schif,
7979und trâfin dî sô harte,
7980daz ir manchiz karte
7981den bodin ûf, dî bort zutal.
7982Dî anderin zubrâchin al.
7983Dô sach man wischin7 ûf den grunt
7984vil manchin Polen in der stunt,
7985des bûch in dem geprûse
7986wart eine quappinrûse8.
7987Und dô dî vîende sâhin
7988dem ûbere sô nâhin
7989der brûdere schif dâ strîchin nû,

--- S. 395 ---

7990dô lîfin sî mit steinen zû
7991unde wurfin swinde
7992ûf daz schifgesinde,
7993des brûder Conrât mû gewan:
7994im wart gewurfin ûz ein zan.
7995Ouch wart der andren gnûge
7996vorsêrt in der unvûge.
7997Îdoch sî alle quâmin
7998dan in gotis namin
7999mit lîbe und mit dinge
8000wol zu dem Elbinge,
8001dâ sî ouch nâch den stundin
8002ir smerzin wol vorwundin.
Ein andir schifstrît.

[Dusb. III, 51.]

8003Dî brûdere, dî in den jârn
8004al dâ zum Elbinge wârn,
8005hattin dirre schif gebeit
800655 a    mit grôzir vordrozzinheit,
8007want sî wârin ungespîst.
8008Und dô sî wurdin des irwîst,
8009wî iz in Colmerlande stûnt,
8010sî santin widir ûf der stunt
8011dî schif mit andrin botin
8012ûz iris selbis rotin;
8013und dô dî quâmin an dî vart
8014hin ûf kegn der Swetze wart,
8015dô hatte abir Swantopolc
8016besamint dâ ein michil volc
8017gewâpint ûf der brûdre mû
8018und zehin schif darzû.
8019Dâmite streit er sî ouch an.
8020Nû was aldâ sîn houbetmann
8021unde treib vreislîche
8022ûf brûdir Friderîche,
8023der von Wîdâ was genant
8024und obriste was irkant
8025ubir dî mernêre1.
8026Er was im vil gevêre
8027und râmte sîn sô lange2,
8028unz er in durch ein wange
8029mit eime spere gestach.
8030Doch galt im daz ungemach
8031brûdir Friderich wol gnûc:
8032zu tôde er in aldâ slûc.
8033Ouch quam iz in der wîle,
8034dô in gêhir île
8035dî brûdir ir schif ûfrûtin
8036und sî dî vîende mûtin,
8037daz sô sîchte wart der wâc,
8038daz ir einiz dâ belac
8039ûf dem sande dêswâr,
8040daz sî wedir her noch dar
8041sich mochtin bewegin.
8042Dô wurdin in zûlegin
8043dî vîende, als ir haz gebôt,
804455 b    und slûgin in dem schiffe tôt
8045zwêne brûdir, als ich vornam,
8046unz brûdir Friderîch doch quam;
8047der rette dî gevertin sîn
8048und nam sî zûzim în.
8049Sus blibin von der brûdre sît
8050zwêne brûdre in der zît
8051und von irme gesinde drî.
8052Ouch gelâgin tôt dâbî
8053der vîende zwênzic man.
8054Dî andrin quâmin alle dan.
Diz ist von eime edlin manne, der sich begab in des dûtschin hûsis orden.

[Dusb. III, 52.]

8055Nicht ubir lange zît darnâch
8056in Prûzinlande kost gebrach
8057ûf den hûserin sô gar,
8058daz dî brûdere vorwâr
8059und ir volc lidin grôze nôt.
8060Sî wâren vil nâch hungirs tôt.
8061Des schrêhin sî mit innekeit
8062an got, des sûze mildekeit
8063den betrûbtin alle vrist
8064bî mit ganzim trôste ist,
8065daz er in hulfe sente
8066und iren kummir wente.
8067Daz tet ouch got, want er is gût.
8068Einis edlin mannis mût
8069von Krakou neicte er darûf,
8070daz er vorlî der werlde gûf
8071und zu dem ordin sich begab.

--- S. 396 ---

8072Der selbe sante vor herab
8073drî grôze schif, dî wâren wol
8074geladin und gevullit vol
8075mit wîne und mit mete
8076und mit andrim gerête,
8077des zu spîse was behûf.
8078Drîhundirt rindir er ouch schûf,
807955 c    pfert und andirs vîhis vil.
8080Diz vant er alliz in dem zil
8081zu Thorûn, als ich vornam.
8082Darnâch er ouch selbe quam;
8083des wart al daz lant gemeit.
8084Mit vil grôzir wirdekeit
8085wart er dort intpfangin
8086und wol mit im begangin.
8087Alsus nam er an sich gereit
8088des dûtschin hûsis ordinscleit
8089und wart daz lant vil wol getrôst
8090und ûz nôtin grôz irlôst.
Wî di brûdere im strite slûgin tûsint und vumfzic Pomerênen.

[Dusb. III, 53.]

8091Nû sante brûdir Poppe hin,
8092der hômeistir, ûf den sin
8093vorholinlîch spehêre,
8094dî im daz gewêre
8095irvûrn und machtin kunde,
8096wes Swantopolc begunde
8097odir waz er tête.
8098Binnen des ouch hête
8099der hômeistir vorgenant
8100herzogin Kasimîr besant.
8101Des volc und ouch des meistirs her
8102zusamne quâmin mit ir wer
8103bî der burc zu Wischegrot.
8104Der meistir beidin hern gebôt,
8105daz sî ûfrichtin ir gezelt
8106und dâ lêgin ungemelt,
8107unz iz zît wurde sidir.
8108Nû quâmin ouch dî botin widir
8109und jâhn, daz Swantopolc
8110und mit im ein michil volc
8111aldâ zur Swetze lêge
8112und dî burc vestin pflêge.
8113Des was daz ir allir rât,
8114daz man in an der selbin stat
811555 d    bestritte unde rente an.
8116Der Colmenêre zehin man
8117wurdin dâ vorûz gesant
8118gerittin und des gemant,
8119daz sî dî vîende ankêrtin
8120und daz her irvêrtin1,
8121rentin beide ab und zû
8122unde tribin sî ûf mû.
8123Und dô diz selbe sus geschach,
8124eine rote sich ûzbrach
8125von der vîende here sân,
8126der wârin wol zwênzic man.
8127Dî hûbin kegn den zehenen sich
8128und rantin mit in vîentlîch;
8129daz ouch sô lange sich nû treib,
8130unz daz einre tôt dâ bleib,
8131ein rittir von der vîende schar.
8132Dî andrin wurdin dô gewar
8133aldâ der brûdre vane ouch,
8134dâvon ir iclîch dannen vlouch
8135widir zu Swantopolke,
8136der ouch mit allim volke
8137an dî vlucht sich balde nam.
8138Ûf dî burc ein teil ir quam,
8139und dî rote dô genas;
8140dî andrin alle, waz der was,
8141dî vorslant des wâgis grunt
8142odir vraz des swertis munt.
8143Sus iz ûf den tac gerît,
8144daz der pomerênschin dît
8145man dî brûdre sach irslân
8146tûsint unde vumfzic man.
8147Des sigis wart grôz lob geseit
8148gote und der reinen meit
8149Marîen von den brûdrin al.
8150Dâ wart ein wunnenclîchir schal,
8151want al ir trûrin was nû toub.
8152Sî vûrtin dannen rîchin roub;
815356 a    dâmitte sich ouch wande
8154daz her vrôlîch zu lande.
Von eime zeichne, daz geschach.

[Dusb. III, 54.]

8155In den zîten, als ich las,
8156ein pilgerîm von Mîssin was
8157in daz lant zu Prûzin kumin,

--- S. 397 ---

8158der daz crûze an sich genumin
8159hatte kegn der heidinschaft.
8160Des gelubde was geschaft,
8161daz er ein jâr zu Prûzin bleib.
8162Und dô dî zît sich gar vortreib,
8163dô hûb er sich kegn lande wart.
8164Ûf des selbin wegis vart
8165geschach iz, daz er tôt gelac.
8166Nû hât er einen sun, dem pflac
8167wesin sêre bange,
8168daz hin heim sô lange
8169sich des vatirs kumft ûfzouch.
8170Des hûb er sich zujungist ouch
8171nâch dem vatir in Prûzinlant.
8172Und dô er dô sîn nicht invant,
8173den weg er widdir heimwert nam;
8174dâ er von geschichte quam
8175in ein dorf, dâ ein bischof
8176wîete einen kirchhof.
8177Und dô der bischof ummegî
8178sprenginde dâ unde hî
8179der tôtin grebir, dî dâ wârn,
8180dô wart sich im dâ offinbârn
8181ein gesichte wundirlîch.
8182Er sach, daz sich dâ sundirlîch
8183ein grab ûftet und darûz spranc
8184ein tôtir, der dâ vor nicht lanc
8185was begrabin an der stat.
8186Der mensche bî dî kirche trat
8187und an dî want sich leinte.
8188Diz wundir sich irscheinte
8189dem bischof alleine;
819056 b    doch bat der gotis reine
8191gote, daz iz offinbâr
8192wart al dâ ouch al der schar,
8193dî dâ hin was kumin.
8194Der bischof dô durch vrumin
8195den tôtin hertelîch beswûr,
8196daz er im mit wortin pûr
8197der wârheit seite mêre,
8198wan und wer er wêre
8199und warum er ûz dem grabe
8200wêr getretin sô hinabe.
8201Dô sprach der tôte: ›Ich bin gesîn
8202›wol ein jâr ein pilgerîn
8203›durch got in Prûzinlande;
8204›und dô ich widir wande
8205›mich kegn mîner gegenôt,
8206›dô begreif mich hî der tôt
8207›und wart hî begrabin;
8208›und want ich, dô man habin
8209›mich dennoch sach mîn lebin,
8210›hatte vil unebin
8211›nach velschlîchir tucke
8212›gebrochin abe ein stucke
8213›ackirs mîme nâkebûr,
8214›des was bittirkeit sô sûr
8215›unde jâmir mir irkorn,
8216›daz ich solde sîn verlorn
8217›und vortûmit immer mê.
8218›Abir want ich hatte ê,
8219›den ich starb, vorbundin mich
8220›daz ich wolde vlîzeclîch
8221›andin gotis ande
8222›widir dî vîande
8223›Cristî und des crûzis sîn,
8224›des ist gewandilt mir dî pîn
8225›der hellin ungehûer
8226›in ein vegevûer,
8227›und darinne mûz ich sîn
822856 c    ›sô lange, unz dî vrûnde mîn
8229›den ackir gebin widir;
8230›sô werde ich ouch sidir
8231›zuhant ûz allir nôt irlôst
8232›und in himele getrôst.‹ —
8233Do diz was alsus geschên,
8234der bischof wart sich ummesên
8235und dî lûte vragin an,
8236ob îman kente disen man.
8237Dô sprach der sun: ›Hêrre, jâ,
8238›der tôte ist mîn vatir sâ
8239›und ich gelobe an disme zil,
8240›daz ich gar den ackir wil
8241›widirgebin an dî stat,
8242›dannen in mîn vatir hât
8243›bôslîch gezogin an sich.
8244›Des gelobe hûte ich.‹
8245Dô sprach der bischof bermelîch:
8246›Ô gûtir man, nû lege dich
8247›in dîn grab; got geb dir rû!‹
8248Daz geschach. Dô tet sich zû
8249daz grab widir in dem zil. —
8250Nû merkit, wî genâden vil
8251gibit Crist den sînen

--- S. 398 ---

8252getrûwin pilgerînen,
8253sî sîn lebind odir tôt.
8254Dî sich gebin hî in nôt
8255mit lîbe und mit gûte
8256und in willigim mûte,
8257darzû stête sîn gereit,
8258daz sî dî heilige cristinheit
8259nâch irre macht beschirmin
8260vor der ungehirmin
8261heidenischin dîte,
8262den wil er zu mîte
8263daz êwige lebin
8264in himilrîche gebin. —
Von eime strîte, dô der Pomerênen tôt gelâgin tûsint und vumfhundirt.

[Dusb. III, 55.]1

826556 d    Dô des pâbistis legât,
8266von dem ir ê vornumin hât,
8267gekundit selbe hâte
8268daz crûze in predigâte,
8269und iz ouch predigin gebôt
8270in rîchin und in gegenôt
8271in dûtschin landîn manchirsît,
8272dî darzû in der zît
8273gelegin und bescheidin wêrn,
8274dô wâren vurstin unde hêrn
8275in dûtschin landin vorwâr,
8276dî diz jâmir bewegin gar
8277wart, daz dî arme cristinheit
8278zu Prûzin in dem lande leit;
8279darum der tugintlîche
8280herzoge von Ôstirrîche
8281zu hulfe deme lande
8282Drusigêre sande,
8283der sîn truchtsêze was,
8284mit vil rittern, als ich las,
8285und andrin mannen, dî dâ wârn
8286geûbt zu strîte in den jârn.
8287Ouch quam dô ein rittir rein,
8288hêr Heinrîch von Lîchtinstein,
8289und mit im pilgerîme vil.
8290Mit disen gestin nâch dem zil
8291und mit herzogin Kasimîre
8292der meistir und dî sînen schîre
8293in Pomerênen machtin sich
8294unde zugin vîentlîch
8295mit gewalt durch al daz lant
8296stiftinde roub unde brant
8297wol nûn tage und nûn nacht.
8298Sô gar der meister mit der macht
8299daz lant durchvûr und durchtreib,
8300daz nindir dâ ein winkil bleib,
830157 a    er mûste werdin toube
8302von brande und von roube.
8303Bin der zît daz diz geschach,
8304Swantopolk sich umme brach
8305und besaminte mit wer
8306michil unde grôz ein her
8307von sînen Pomerênin
8308und darzû von genin
8309Prûzin, den er rât ê gab,
8310daz sî den brûdrin trâtin ab
8311und den touf vorsmêtin,
8312den sî intpfangin hêtin,
8313unde zôch den brûdrin nâch.
8314Im was bange und gâch,
8315wî er sich gerêche,
8316den roub in abe gebrêche.
8317Des volgte er in snelle sâ
8318und lac î des nachtis dâ,
8319dannen sî des morgins wârn
8320mit irme here vort gevarn
8321heim kegn irme lande wert.
8322Sîne ros und sîne pfert
8323lîz er zu den statin
8324stallin, dâ ê hatin
8325dî brûdre ire pfert gestalt.
8326Ouch wurdin dî gezelt gezalt,
8327darzû ir herwege,
8328und an dem gelêge
8329vant der sûre Swantopolc,
8330daz zwîer grôzir wêr sîn volc,
8331wen der brûdre wêre dô.
8332Des wart sîn herze in vroudin vrô;
8333er trôste wol dî sînen dort
8334und gab in dise wort:
8335›Vrout ûch, lât alle clage,
8336›wir wollin morgin an dem tage
8337›tûn den dûtschin alsô wê,
8338›daz dî Prûzin immir mê

--- S. 399 ---

833957 b    ›und dî Pomerênen gar
8340›von irme joche sullin zwâr
8341›und von irs getwangis pîn
8342›êwiclîch intladin sîn.‹
8343Des morgins, dô der brûdir her
8344von der herberge nam dî kêr,
8345dô rantin sumelîche man
8346ûz Swantopolkis here an
8347den roub (und was sô vil,
8348daz er betrette in dem zil
8349volleclîch zwû mîle)
8350und slûgin in der wîle
8351wol drîzic man von der schar,
8352dî des roubis nam dô war.
8353Und dô dem meistir dise mêr
8354quâmen, dô wart Drusigêr
8355von dem here ouch zuhant
8356in zu hulfe hin gesant.
8357Und dô er des wart gewar,
8358daz der vrûnde her und dar
8359alsô vil irslagin lac,
8360sam ein zage er irschrac
8361und hûb von dannen sich.
8362Diz merkte wol her Heinrîch
8363von Lîchtinstein, dâ von er sân
8364sprengete dî vînde an.
8365Dî wichin vor im als ein stoub.
8366Sus nam er widir in den roub,
8367den sî hattin abe getrant.
8368Diz wart Swantopolc irkant,
8369des quam er vil snel gevarn
8370zu hulfe sînen mit drîn scharn.
8371Und dô dî Kujauwêre sâhn
8372sô vil der vînde kegn in gâhn,
8373sî vorgâzin allir trucht
8374unde griffin an dî vlucht
8375ân ein rittir, der dâ hîz
8376her Mertîn von Cruschewiz
837757 c    und dem was ir vane
8378bevolin dô, und âne
8379der herzoge Kasimîr.
8380Der rît, daz man besente schîr
8381hern Heinrîch von Lîchtinstein.
8382Dî wîle schiktin sich gemein
8383dî brûdre in strit und ouch ir volc.
8384Und dô daz merkte Swantopolc,
8385daz dî brûdre woldin nicht
8386im intwîchin in der geschicht,
8387dô las er ûz wol tûsint man
8388der bestin, dî er mochte hân,
8389unde in sulche lêre gab,
8390daz sî soldin tretin ab
8391von den rossin in der zît,
8392sô sî sêhn zûgên den strît,
8393und soldin machin
8394ein schrîen und ein brachin1
8395und alsus den brûdrin zû
8396tretin mit strîtlîchir mû,
8397und sî vor sich setztin
8398ir schilde und ôt letztin
8399mit den spern der cristnen pfert.
8400›Des sigis werde mir gewert‹
8401sprach er ›gar mit vrumin,
8402›ob sî zu uns kumin:
8403›want ir wâpin sint sô swêr,
8404›daz sî wedir hin noch her
8405›sich gewendin mugin
8406›noch zu strîte tugin.‹
8407Dô dî her ûf beidir sît
8408geordint hattin sich ûf strît,
8409dô quam widir zu der gemein
8410her Heinrîch von Lîchtinstein.
8411und dô er an dî vîende sach,
8412zuhant er zu den brûdrin sprach:
8413›Sûmit nicht, daz ist mîn rât,
8414›want sûmen hî zu schadin gât.‹
841557 d    Dô irhûbin sî ouch sich
8416kegn den vîendin ellintlîch
8417und trâfin zusamin
8418mit in in gotis namin.
8419Dô wart ein strît vil grûwesam,
8420der doch ein vrôlich ende nam
8421den cristinlîchin heltin,
8422want sî des tagis veltin
8423ûf dem velde sundir wân
8424der vîende vumfzêhnhundirt man,
8425alsô daz in den vristin
8426nî mensche manc den cristin
8427intpfînc tôtlîche wundin,
8428sundir in den stundin

--- S. 400 ---

8429sturbin in zêhn ros aldâ,
8430dî dî vînde stâchin sâ,
8431als daz ê mit suirkeit
8432Swantopolc hât ûz geleit.
8433Unde dô des strîtis dram
8434ein ende lobelîch genam
8435(daz zwâr von gote mûste sîn),
8436dî brûdre und dî pilgerîn
8437hûbin sich kegn lande sân
8438unde vûrtin mit in dan
8439tûsint ros gesundirt
8440und darzû sechshundirt
8441und andre pfert, wâpin, habe,
8442dî sî den vîndin slûgin abe,
8443der ich keine achte habe
8444hî in rechenunge wîs,
8445und darzû des sigis prîs,
8446der in von der gotis hant
8447wart dô zeichinlîch gesant.
8448Des sî lob mit wirdekeit,
8449Jêsû Criste, nû geseit
8450dîme sûzin namen
8451und êwiclîchin! Âmen.
8452Nû hatte brâcht vil bôse mêr
845358 a    hin zu Torûn Drusigêr
8454der truchtsêze, als ich hân
8455dâ vor vorjehn, dô er intran
8456mit den sînen gar vorzait.
8457Er hatte offinbar gesait,
8458daz der meistir wêre
8459mit al dem cristnen here
8460irslagin dort in strîte tôt.
8461Dô was in jâmirlîchir nôt
8462sô grôze clage intstandin
8463in beidin disen landin
8464zu Colmen, zu Polênen,
8465daz nîman des sol wênen,
8466diz wêr in wol sô grôz ein leit,
8467als in dâ vor war î bereit.
8468Abir ûf den andrin tac,
8469dô dî vesperzît gelac
8470und alz daz her in vollir craft
8471widir heim quam sigehaft,
8472nû merkit, ob icht wurdin vrô
8473dî betrûbtin cristnen dô!
8474Dêswâr ir vroude wart sô grôz,
8475daz sî mit schalle ubirdôz
8476al dî jâmirbernde nôt,
8477dî in der andre tac ê bot.
Wî sich dî brûdre vorsûntin mit hêrn Swantopolc.

[Dusb. III, 56.]1

8478Dô sus Pomerênerlant
8479was vorwûst und vorbrant
8480und gar gemacht zu nichte
8481von gotis rechtim gerichte,
8482hêr Swantopolc, der î dâ vor
8483trûc den hals trotzlîch inpor
8484sûchinde zu allir vrist
8485beide mit macht und mit list,
8486wî er den geloubin
8487vorterbin und beroubin
848858 b    mochte ubir Prûzinlant,
8489der dâ nûwelîch was geplant2
8490mit cristinlîchim blûte,
8491des der ungûte
8492selbe durch des tûvils spil
8493vorgozzin hatte sêre vil,
8494und ê sam ein lewe bram —
8495der wart nû stille als ein lam,
8496sîn houbit lîz er nîgin
8497und daz antlitze intsîgin
8498als ein betrûwit rûwic man,
8499unde quam dî brûdre an
8500mit dêmûteclîchir vlê,
8501daz sî gerûchtin, als sî ê
8502hattin ofte mê getân,
8503zu genâdin in intpfân.
8504Nû wûgin ouch dî brûdre daz,
8505swenne er benôtit saz
8506und was ungeweldic,
8507daz alle zît einveldic
8508was sîn schîn und sîn lût
8509und undir lemmerînre hût
8510trûc ein vuchsîn herze,
8511daz ûf der cristnen smerze
8512allir trugene was vol,
8513daz der ûzganc wîste wol
8514(want diz was nû dî dritte stunt,

--- S. 401 ---

8515daz er den vride, den sîn munt
8516den brûdrin swûr mit eidin starc,
8517brach mit manchir valschheit arc):
8518des vorchtin sî sîn lîgen,
8519er wurde sî abir trîgen.
8520Abir want man alle vrist
8521sol vride sûchin âne list
8522und want ein schepper ist
8523des vridis und ein minner Crist,
8524dâvon dî brûdre abir vort
8525nâch manchirhande undirwort
852658 c    machtin abir sidir
8527vride mit im widir.
Von brûdir Heinrîche von Wîdâ dem drittin lantmeister in unsirs hêrrin jârn tûsint zweihundirt sibin und vîrzic.

[Dusb. III, 57.]

8528Brûdir Heinrîch von Wîdâ      [1247
8529was in Prûzinlande dâ
8530der dritte meistir vorwâr
8531und trûc daz amt achte jâr.
8532Dirre brâcht in Prûzinlant
8533den hêrrin von Wîdâ genant
8534mit vumfzig ûzirweltin
8535ellinthaftin heltin,
8536der menlîch tât vil wît
8537was irschollin in der zît,
8538und andirre edlin gnûc,
8539dî dî gotis min irwûc
8540ûz dûtschin landin manchirwein,
8541daz sî strîtis woldin pflein
8542durch cristinlîchin namin,
8543dî alle mit im quâmin.
8544Der selbe brûdir Heinrîch
8545was gewesin êlîch
8546und nam îdoch an sich
8547dêswâr vil bescheidinlîch
8548des dûtschin hûsis ordin;
8549sîn wîb, dî im was wordin
8550an der ê gesellic,
8551gab im des loube willic
8552und begab ouch williclîch
8553in ein vrouwinclôstir sich,
8554daz man nante Cronswitz.
8555Brûdir Heinrîch hatte ditz
8556gebûwit selbe und gestift
8557und belân mit rîchir gift.
8558Dâselbins wart er ouch darnâch
8559begrabin; (abir daz geschach
8560nâch manchis strîtis hertikeit,
856158 d    dî er an dem amte streit
8562menlîch und êrlîch dêswâr,
8563als hernâch wirt offinbâr,)
8564want der hômeistir hatte in
8565geladin zu capitle hin,
8566und an dem selbin wege
8567wart er sûchelêge,
8568dâvon er starb und wart begrabin,
8569als wir dâ vor gesprochin habin.
Wî dî brudre eine burc gewunnen und nanlin sî Cristburc.

[Dusb. III, 58.]

8570Dô brûdir Heinrîch vorgeseit
8571der meistir mit intscheidinheit
8572an den brûdrin irvûr,
8573waz ubils in velschlîchir vûr
8574Swantopolc der ungewêre
8575und darzû sîne volgêre,
8576dî abtrunnigin cristin,
8577hattin vor den vristin
8578getribin durch des tûvils rûm
8579ûf den armin cristintûm
8580zu Prûzin in dem lande,
8581er wart in swindir ande
8582wendin sîne ger darûf,
8583wî er ir erclîche gûf
8584vorterbte und vordructe
8585und ôt hô ûfgezucte
8586des geloubin heilikeit;
8587darûf was al sîn vlîz geleit.
8588Des saminte er dî brûdre sîn
8589und darzû dî pilgerîn,
8590mit den er eine reise zouch.
8591An der reite quam er ouch
8592vorholnlîch mit der macht
8593an des heiligin Cristis nacht      [24. Decbr.
8594vor eine burc, dî was gesat
8595zu Pomezênen, dâ noch stât
8596daz burcwal offinlîch irkant,
859759 a    und Aldin - Cristburc genant.
8598Dô dî nacht daz mittil lîf
8599und al dî burcdît herte slîf,
8600dô leitin sî ir leitirn zû

--- S. 402 ---

8601und irstigin âne mû
8602daz hûs, darin sî slûgin
8603nâch vîentlîchin vûgin
8604unde vîngin swaz dâ was.
8605Ouch besatzt iz, als ich las,
8606mit brûdrin und mit wêpenêrn
8607der meistir, dî iz soldin wern
8608und sîn pflegn mit hûte.
8609Und want Cristus der gûte
8610in sînre nacht daz heil in gab,
8611daz sî dî burc gewunnin ab
8612den Cristisvîandin,
8613dâvon sî sî nandin
8614Cristisburc, und zwâr der nam
8615von menschinsinne nicht dar quam.
8616sundir Cristus der heilant
8617in irme herzin in sô vant.
Wî dî stat Colmen brâcht wart an dî stat, dâ sî nû lît.

[Dusb. III, 59.]

8618In den selbin zîtin quam
8619der edle vurste lobesam,
8620der dâ Ânlant1 was genant,
8621mit rittirn vil in Prûzinlant,
8622und ân andirs gûtis vil,
8623daz er dâ schûf in deme zil
8624zu nutze der cristinheit,
8625sô wart von im herabgeleit
8626vom Aldinhûse dî stat
8627der Colm und an den bere gesat,
8628dâ sî ouch noch huite lît.
8629Dî wandelunge in der zît
8630was ûzirmâzin heilsam
8631Colmerlande allintsam.
Von manchirleige — 59 b — teidinge Swantepolkis.

[Dusb. III, 60.]

8632Dô Swantopolc vornumin
8633hatte, daz sô kumin
8634der meistir was zu lande,
8635botin er im sande
8636bittinde vrûntlîche,
8637daz er hêrn Heinrîche
8638im sente von Lîchtinstein.
8639Dô zu im quam der rittir rein,
8640er hûb ûf vor im und intslôz
8641manchirhande clage grôz,
8642wî unrecht daz im soldin hân
8643dî dûtschin brûdre getân.
8644Zu jungist er sus seite:
8645›Ich bin des gereite
8646›zu vorbindene mich sân,
8647›daz ich zu allim rechte stân
8648›den brûdrin zu Prûzin wil
8649›und waz sî wollin alle zil,
8650›daz wil ich mit vlîze tûn,
8651›ob sî mir widir mînen sun
8652›wollin gebin, den ich in
8653›dâ vor zu gîsle satzte hin.‹ —
8654Dô antwort im hêr Heinrîch
8655und sprach vil sitticlîch:
8656›Der hoffenunge ûch vorzît,
8657›daz man zu keinir zît
8658›ûch widirgebe ûwir kint;
8659›wan ir hât gebrochin sint
8660›nicht eines, sundir manche stunt
8661›den vride, durch des sichrin munt
8662›ir iz zu gîsle gâbit.
8663›Zu den heidin ir babit
8664›ûch gesellit und gepflicht
8665›und hât mit in vornicht
8666›und vorterbit dî eristinheit
8667›in unmenschlîchir vreislîchkeit
8668›zu Prûzin in dem lande
866959 c    ›mit roube und mit brande;
8670›und den geloubin, der aldâ
8671›was vil wol irhabin sâ
8672›mit nôtin vil und arbeit,
8673›den hât ûwir bôsheit
8674›vortiligit gar offinlîch.
8675›Ir hât dî cristnin jâmirlîch
8676›geslagin, gevangin und gemort
8677›und mit hezlîchir volbort
8678›juncvrouwin unde wîb gehaft
8679›in der heidin eiginschaft.
8680›Dâvon ir nicht rechtis hât;
8681›genâde sûcht, daz ist mîn rât!‹
8682Abir want den bôsin leit2

--- S. 403 ---

8683ist zu hôrin dî wârheit
8684in strêflîchir ande,
8685darum sîn ôrin wande
8686Swantopolc der stumme gouch
8687von dirre strâfunge ouch,
8688dî antrûc der rittir gût.
8689Er tet alsam dî slange tût,
8690dî dâ bezeichint uns dî tôrn:
8691sî vorstopfit ire ôrn,
8692swen ir meistir sî bespricht,
8693daz sî der worte hôre nicht.
8694Dem tet wol dirre glîche.
8695Doch lîz er hêrn Heinrîche
8696âne mûe von im zîn
8697widir zu dem Colmen hin,
8698der ouch dem meistir gar vorjach,
8699wî und waz er kegn im sprach.
8700Darnâch kurzlîch mit botin gnûc
8701abir Swantopolc irwûc
8702den meistir, daz er mit im quam
8703ûf einen werdir intsam
8704in der Wîzlin gelein.
8705Dâ hôrte man sî rede pflein
8706dêswâr kegn einandir vil.
870759 d    Îdoch ûf daz letzte zil
8708schidin sî von dannen sich
8709in zorne vil unminenclîch.
Wî Swantopolc den vride ûfsaite und herte daz lant zu Kujaw.

[Dusb. III, 64.]

8710Nâch dirre zît nicht ubir lanc
8711Swantopolc abir twanc
8712sîn aldir tûvelischir haz,
8713daz er der woltât gar vorgaz,
8714dî im der brûdre gûte irbôt,
8715dô er was in strenge nôt
8716und in angist grôz gevalt.
8717Gût er in mit arge galt,
8718als ôt î dî bôsin pflein.
8719Er begonde manchirwein
8720in mortlîchin êchtin
8721der brûdre lût anvechtin;
8722daz er vorholn doch begînc.
8723Disn irslûc er; gen er vînc
8724und betrûbt sî manchir wîs.
8725Zuletzt lîz ouch der gîf1 unwîs
8726bleckin sîner erge gûf
8727und saite den vride ûf
8728den brûdrin und den cristnen gar
8729und begond sî offinbâr
8730vêdin unde vechtin an,
8731als er hatte ê getân.
8732Er saminte ein michil her
8733unde zouch vil gewêr
8734in hêrn Kasimîris lant,
8735daz dâ Kujaw ist genant.
8736Das lant er ungewarnit vant.
8737Dâ stift er roub unde brant
8738und treib dâ jâmir gnûc.
8739Vil cristnen er zu tôde irslûc
8740und stumelte manchin lîb.
8741Kinde, meide unde wîb
8742vûrt er mit im her abe
874360 a    und darzû rîche habe.
Wî Cristburc wart vorlorn.

[Dusb. III, 62.]

8744Nû was der unvlâte kolc2,
8745der unreine Swantopolc,
8746îtil allis gûtis
8747cristinlîchis blûtis
8748dennoch turstig und unsat;
8749dâvon er mit suntlîchir tât
8750vorevelîchin vurbaz trat
8751widir sînen schepfer.
8752Er vleiz sich mit allir ger
8753und mit macht, wî daz er
8754irzurnte den hôestin got.
8755Vorsmêhinde gar sin gebot
8756wûc er ûf des tûvils teil.
8757Des hazte er der cristnen heil
8758und der brûdre allirmeist
8759daran, daz der gotis geist
8760der craft in wolde gunnen,
8761daz sî hattin gewunnen
8762nûwelîch vor den zîten
8763sundir widirstrîten
8764ûz der Pomezânen hant
8765eine burc, als ich irkant
8766ûch dâ vor gemachit hân.
8767Daz dâchte der vorwâzene man
8768mit vîentlîchir ande
8769rechin und besande

--- S. 404 ---

8770alle sînis heris craft.
8771Darzû wart von im geschaft,
8772daz al dî Prûzin ê getouft
8773mit alle irre macht gehouft
8774zu sîme hofe quâmin
8775und mit im intsamin
8776sich kein den cristin nâmin.
8777Und want er trûgne vol
8778was, des kond er trîgin wol
8779ûf der cristinheit unheil,
8780sîn her in zwei teil
8781er schichte dêswâr harte listiclîch.
878260 b    Mit der einen schar er sich
8783vorne zu der burg irhûb,
8784dâ er sî crenkist sîn intsûb;
8785daz andir teil trat hindin zû,
8786unde worchtin michil mû
8787den brûdrin mit sturme hart,
8788daz vil gnûc zu tûne wart
8789allin, dî darûffe wârn,
8790dî eine sîte zu bewarn.
8791Und dî wîle sî den ort
8792wertin, dô sach man aldort
8793brechin în daz hindre her
8794ân allis widirsatzis wer.
8795Dâ wîstin iris hazzis zorn
8796dise hindene, gene vorn
8797in mortlîchin unvûgin
8798sô lang, unz sî irslûgin
8799ûf der burc dî brûdre gar
8800und al irs gesindis schar.
Wî Cristburc widdir gebûwit wart von den brûdrin.

[Dusb. III, 63.]

8801Dirre clegelîchin schicht,
8802dî Swantopolc der bôse wicht
8803sô mortlîch hatte geûbit,
8804vil sêre wârn betrûbit
8805der meistir und dî brûdre al,
8806want sî crenkte dirre val
8807vil sêre, dî dâ lâgin tôt,
8808unde merktin in der nôt,
8809daz sî dî vorevle dît
8810andirwîs inmochtin nit
8811bekêrin noch betwingin
8812noch zu geloubin bringin;
8813sinmûstin êrst sundir wân
8814eine vestin mang in hân,
8815dannen sî sî pflegelîch
8816anvechtin allirtegelîch.
8817Des samintin sî andirweit
881860 c    von pilgerîmen vil gemeit
8819eine lobelîche schar,
8820dî von dûtschin landin dar
8821quâmen pflegelîchin
8822durch dî gnâdin rîchin
8823und den grôzin ablâz,
8824den man in von gote maz
8825in des crûzis predigât,
8826daz man predigte an manchir stat.
8827Mit den gestin vorgeseit,
8828dô alliz daz was vorbereit,
8829daz man darf zu gebûwe
8830einre vestin nûwe,
8831zugin dî brûdre ouch zuhant
8832zu Pomezênen in daz lant
8833und wandiltin dî stat
8834der burc, dâvon ir mich ê hât
8835hôrt sprechin allintsamen,
8836und doch nicht den namen,
8837Cristburc ich dâ meine.
8838In dem namen reine
8839bûwtin sî sî in der zît
8840dar, dâ sî noch hûte lît,
8841zu lobe und zu êrin
8842Cristô unsirm hêrin;
8843und ûf dî burc man ouch dô schûf
8844alliz, des dâ was behûf
8845zu kost, zu hûte in dem zil
8846und ouch wêpenêre vil.
8847Darnâch nicht ubir lange vrist
8848gehalf in der sûze Crist,
8849daz von den brûdrin eine stat      [1247
8850bî dî burc wart gesat,
8851darîn cristne quâmen,
8852dâ ir wonunge nâmen
8853und satztin tegelîch
8854dêswâr vil unzegelîch

--- S. 405 ---

8855den lîb mit dem gûte
885660 d    vor des geloubin hûte.
Wî geistlîch dî brûdre zu Cristburc lebtin.

[Dusb. III, 64.]

8857Ûf disme hûse in den jârn
8858zu Cristburc dêswâr brûdir wârn,
8859dî dâ trûgin ebin
8860ein vil geistlîch lebin
8861an wachin, betin, vastin.
8862Sî pflâgin lutzil rastin,
8863und ich daz beslîze ôt:
8864sî hîldin vesticlîch durch got
8865dî reglin und des ordins joch
8866unde wârn dâbî doch
8867rittre vrech zu allir zît
8868und irwegin gar ûf strît,
8869alsô daz man ûf prîsis sin
8870mochte wêrlîch jên von in:
8871sî sîn zu clôstremunche gût
8872und hân zu velde rittirs mût.
8873Undir disin was irkant
8874ein brûdir, von Glîzberc genant,
8875der was sô grôzir heilikeit,
8876als uns dî wârheit von im seit,
8877daz an eime karvrîtage,
8878dô mit inneclîchir jage
8879man begînc daz ammecht
8880nâch der cristenheite recht
8881von unsirs hêrrin martirât,
8882dirre brûdir zû hin trat
8883und mit innekeit vil scharf
8884sich an sîne vengin1 warf
8885vor ein crûze hulzîn,
8886daz man nâch Cristis martir sîn
8887sach aldâ gesnitzit.
8888Und dô er sus irhitzit
8889in andâcht sich zû hin bôt
8890zu kussene dî wundin rôt
8891an des crûzis bilde,
889261 a    der sûze Crist, der milde,
8893tet dâ wundirlîchin schîn,
8894wî lîb im wêr der rittir sîn:
8895als man offinlîch intsûb,
8896daz bilde hulzîn sich irhûb
8897bîginde sîne arme sân
8898und wold den brûdir ummevân.
8899Îdoch intweich der gûte,
8900want er in dêmûte
8901sich dûchte des unwirdic sîn.
8902Her sprach: ›Ô lîbir hêrre mîn,
8903›ich bin vil ungenême;
8904›des ist dir ungezême,
8905›daz dû sô zu mir nâhis
8906›und mich ummevâhis!‹ —
8907Ouch was ein andir brûder dâ,
8908ein rittirlîchir helt î sâ
8909und in andâcht gotis truit,
8910der an sîner blôzin huit
8911vor einen nachtgurtil trûc
8912eine kettin grob gnûc,
8913dî was von îsene gesmit.
8914Unz an sîn ende treib er dit.
Diz ist, wî vil Pomerenen unde Prûzin geslagin wurdin.

[Dusb. III, 65.]

8915Dô andirweit gebûwit was
8916Cristburc, als ich dâ vor las,
8917sô veste und sô nûwe,
8918Swantopolc der ungetrûwe
8919wart des betrûbit und gemût,
8920und dî prûzsche dît ungût
8921betrûbte sich darumme gar.
8922Sî gedâchtin her und dar
8923und sûchtin manche list,
8924wî sî mochtin in der vrist
8925dî burc abir gewinnen,
8926vortilgin und vorbrinnen.
8927Zu jungist wurdin sî gemein
892861 b    mit Swantopolke des in ein,
8929daz sî mit al irre craft
8930Cristburc woldin tûn behaft
8931und nimmir kumin dan,
8932iz inwurd in undirtân
8933und wêre gar zustôrt.
8934Des besamintin ouch dort
8935dî Prûzin ein michil her
8936und santin vor vil wêpenêr,

--- S. 406 ---

8937dî mit hûte soldin pflein
8938der herwaine undirwein,
8939der sî vor hin hattin vil
8940geschickit in dem selbin zil
8941mit wâpin und mit lîbnar.
8942Nû wurdin von Cristburc gewar
8943dî brûdre dirre rote.
8944Sî genantin1 an gote
8945und rittin an dî schar
8946und dî slûgin, daz sî gar
8947tôt ûf dem velde blibin.
8948Dî waine sî ouch tribin
8949ûf daz hûs Cristburc hin
8950unde buttin2 den gewin.
8951Und dô dî leidin mêre
8952dem prûzischin here
8953gesait wurdin und irkant,
8954sî wurdin gar in zorne inprant
8955und zurittin in ummûte
8956ielîchir heim zu sîme gûte.
8957Nû was ouch in der zît vil schîre
8958Swantopolc zu dem Zantîre
8959kumin mit der hôstin macht,
8960dî im dô was zûgeacht,
8961und lîz ob al daz velt
8962slain ûf vil gezelt
8963in rûmlîchir hôchvart.
8964Ouch er dô zu râte wart,
8965daz er vor hin sante
896661 c    vil rittre unde benante
8967darzû wêpenêre vil
8968und bevûl in in dem zil,
8969daz sî im irvûrn dî mêre,
8970ob Cristburc belegin wêre,
8971als iz vor was angeleit.
8972Nû was ouch dî geleginheit
8973den brûdrin wol kunt getân;
8974des sprengtin sî dî vîende an
8975und irslûgin ir vil gnûc.
8976Daz andre teil sich gar irwûc
8977der vlucht in zegelîchir gere
8978widir hin zu dem here
8979mit geschreie harte grôz,
8980daz ouch in daz her irdôz,
8981und der zegelîche schal
8982daz grôze her intherzte al,
8983daz sî griffin an dî vlucht
8984her ein trucht, dâ ein trucht.
8985Und dô dî brûdre daz gesâhin,
8986sî begondin nâch in gâhin
8987und irslûgin in der zît
8988vil der pomerênschin dît.
8989Ein teil sî ir dâ vîngin.
8990Ouch ir vil dâ vorgîngin
8991in der Wîzlin strâme.
8992Îdoch der gotis grame
8993Swantopolc intwischte dan
8994zu schiffe und sînre man
8995ein teil, der doch was cleine.
8996Nû was ouch der unreine
8997allir sînre herismacht
8998in der reise sô geswacht,
8999daz er kegn den brûdrin mê
9000sich urloigis gar vorzê. —
Von eime strîte in Nattangin, dâ geslagin wurdin vir und vumfzic brûdre und vil andir cristnen.

[Dusb. III, 66.]

900161 d    Nû was sint den vristin,
9002daz dî nûwin cristin,
9003dî Prûzin ich meine,
9004Swantopolc der unreine
9005dem geloubin hât intrant
9006und nâch sîner ger gewant,
9007den brûdrin in vêde hart
9008dî strâze sô gar vorspart
9009zu wazzre und zu lande
9010von lâge manchir hande,
9011daz in dî lant hin niddir
9012noch ouch sô her widdir
9013intkumin mochte nîman,
9014er inzuge starke dan.
9015Dâvon der meister benande
9016gnûc brûdre, dî er sande
9017und ouch wêpenêre vil,
9018dî an sich nâmen in dem zil
9019dî brûdre, waz der in den jârn
9020zum Elbinc und zur Balge wârn,
9021und zugin mit gewâpintir hant
9022sô hin in Nattangirlant,
9023daz sî vorhertin her und dar

--- S. 407 ---

9024mit brande und mit roube gar
9025und irslûgin vil der dît.
9026Und dô ir vart sich dannen schît,
9027dô vundin sî in allin wein
9028dî vîende sô starc gelein
9029daz sî in wertin dî ûzvart,
9030unde drungin sî sô hart,
9031daz sî wichin zurucke
9032in ein dorf, hîz Crucke.
9033Und dô diz irsâgin
9034dî Prûzin, sî belâgin
9035dî brûdre in dem dorfe sâ
9036und hîldin kegn einandir dâ;
9037nicht sî hinîn, nicht gen herûz
9038torstin ûf strîtis gestrûz.
903962 a    Doch zu jungist wart sô grôz
9040der Prûzin trucht, dî dâ zûvlôz
9041und dî brûdre ummerane,
9042daz sî mûstin âne danc
9043vor der vîende dringin
9044sich aldâ vordingin,
9045daz in sulchir wîs geschach:
9046zu gîsle man sî setzin sach
9047brûdir Heinrîch, als ich las,
9048Botel, der dâ marschalc was,
9049und andre brûdre drîe.
9050Diz was der Prûzin ger, dâbîe
9051soldin sich gevangin gebin
9052dî andrin sô, daz ir lebin
9053solde blîbin unvorsmalt.
9054Diz gedinge alleine schalt
9055brûdir Jân, hûscomdûgir
9056von der Balg, ein helt sô tûgir.
9057Er sprach: ›Ich rât intrûwin,
9058›daz wir ûf gôte bûwin,
9059›der nîmande zwâr vorlât,
9060›der zu im hoffenunge hât,
9061›und dî vîende anrîtin;
9062›lîbir menlîch strîtin,
9063›wen daz wir uns vorsetzin
9064›und lâzin alsô letzin1,
9065›daz uns hî zu vorchtin stât.‹
9066Hîwidir was der andrin rât.
9067Gemeine blibin sî daran,
9068als ich vor gesprochin hân:
9069gîsele sî satin
9070und dô sî diz getâtin
9071und sich den Prûzin gâbin.
9072dô wart kegn in irhabin
9073dêswâr ein unbescheidin strît.
9074Dî Prûzin brâchin in der zît,      [1249. 30. Nov.
9075swaz sî hattin ê gesworn
9076und ûbtin iren zorn
907762 b    vreislîch an den cristnen ôt.
9078Vîr und vumfzic brûdir tôt
9079slûgin sî in den vristin
9080und darzû al dî cristin,
9081dî mit in dar gereisit wârn.
9082Diz was in unsirs hêrrin jârn
9083tûsint und drithalb hundirt
9084ân einiz ab gesundirt.
9085Dô dirre vreislîche mort
9086zu Cruckin was geschên aldort,
9087dô stacte ein Natange
9088ûf einis speris stange
9089brûdir Jânis houbt zuhant,
9090des hûscomdûris vor genant
9091und hûb iz ûf vil hô.
9092Mit sulchin wortin jach er dô:
9093›Hêtte dîme râte gût
9094›gevolgit dînre brûdre mût,
9095›dêswâr sî wêrin hinnen kumin
9096›unirslain mit grôzim vrumin.‹
9097Manc disen cristnin vorgeseit2
9098ein brûdir sulche martir leit:
9099dî Prûzin in den stundin
9100um einen boum in bundin
9101mit sîner arme gabil
9102und snittin ûz den nabil,
9103der des gedirmis was ein doum,
9104und zwictin in in den boum.
9105Darnâch mit hartin pflâgin
9106begondin sî in jagin
9107den boum alum und umme,
9108unz in mancvaldir crumme
9109dî derme sich ûzreiftin3
9110und um den boum becleiftin4.
9111Alsus der brûdir reine
9112in der martir meine5
9113mit des geloubin volleist6
9114gab ûf gote sînen geist. —

--- S. 408 ---

911562 c    Wend und widir wende
9116von ende unz zu ende
9117durchsûchinde dâ und hî
9118dî schrift des martilogii,
9119dunvindist nîndir drinne sîn,
9120daz in martilîchir pîn
9121î kein heilig irsturbe sus1;
9122joch der vorevele Tarquinius2,
9123der dâ vant zum êrstin mâle
9124alle mertirlîche quâle,
9125sulche martir nî irvant.
9126Dâvon sô ist uns irkant,
9127daz nî kein heilge dâ vor mê
9128geleit an sulchir martir wê.
9129Nû sêt, wî got der hêrre grôz3
9130sîn volc in swerte dâ beslôz!
9131Dî arge dît nâch wunschis lôz
9132ir blût sam wazzir dâ vorgôz,
9133daz iz daz lant al um bevlôz
9134unde nîman sich ûzschôz,
9135der sî in der erdin schôz
9136begrûbe, sundir man lîz blôz
9137ir vleisch ûf dem gevilde
9138den voglin und dem wilde
9139zu spîslîchir gilde.
9140Ô sûzir got vil milde,
9141intwende dînes zornis strîch;
9142irbarme, hêrre, irbarme dich!
9143Lâz dich irbarmen, hêrre gût,
9144dîner armin knechte blût,
9145daz sô jâmirlîchin ist
9146vorgozzin, und in kurzir vrist
9147irgîz in râche dînen zorn
9148ûf dî dît, dî dich vorlorn
9149hân und dich nicht betin an
9150und dînen namen gar vorsmân!
9151Ei, sûzir got vil hêre,
9152durch dînes namin êre
9153bis den dînen gnêdic
9154und mache sô getwedic4
915562 d    dî heidin, daz sî icht durch spot
9156uns sprechin an: ›Wâ ist ir got?‹ —
Wî mit pilgerînen daz lant widir be­twungin wart.

[Dusb. III, 67.]

9157Dirre grôze gotis slac,
9158der ûf den brûdrin sus gelac
9159und ûf irme volke al,
9160zuhant in dûtsche lant irschal
9161beide vurstin unde hêrin,
9162dî ouch beweit von disin mêrin
9163und von der leidin burdin
9164in mitlîdunge wurdin.
9165Dâvon ubir kurze vrist
9166unse lîbir hêrre Crist,
9167der dî sînen pfligit slân
9168und sî ouch wol heilin kan,
9169gôz sîner genâdin vlût
9170in sumelîchir vurstin mût,
9171daz sî woldin andin
9172daz leit, daz in den landin
9173dâ zu Prûzin was geschên,
9174als ir mich nû hôrtit jên.
9175Der einre was geheve5
9176von Brandinburc der marcgrêve,
9177der quam in Prûzinlant gevarn
9178mit macht in unsirs hêrrin jârn
9179tûsint zweihundirt vumfzic ein.      [1251
9180Darnâch quam der bischof rein
9181von Merseburc vorwâre
9182in dem andrin jâre      [1252
9183unde grêve Heinrîch
9184von Swarzburc. Dirre iclîch
9185brâchte mit im volkis vil
9186und durchrittin in dem zil
9187der abtrunnigen Prûzin lant,
9188dî ûch sîn dâ vor genant,
9189hernde beide her und dar

--- S. 409 ---

9190iclîchir mit sîner schar
919163 a    einre vor, der andir nâch.
9192Diz tribbin sî sô gevâch;
9193sî vîngin, slûgin, roubitin,
9194unz sî sô gar betoubitin
9195dî dît in al den gegenôtin,
9196daz sî mûstin sich von nôtin
9197den brûdrin abir irgebin
9198und nâch ir willin lebin.
9199Von der zît dî Pomezênin,
9200Ermin und Pogezênin,
9201Bartin und Natangin
9202lîzin gar ir prangin
9203und ir urlouge sidir
9204unde trâtin widir
9205in des geloubin gebot,
9206als daz ordinte got,
9207Cristus unsir heilant,
9208in des gotlîchir hant
9209alle gewalt stêt vil slecht
9210und ouch allir rîche recht.
9211Sus sî sich undirtâtin
9212den brûdrin unde satin
9213gîsle durch sichirheit.
9214Des sî gote lob geseit!
9215In den selbin zîtin
9216hatte mit den dîtin
9217Swantopolc gehaldin zû
9218unde hatte sulche mû
9219von kost und von arbeit
9220getragin, daz gar hin geleit
9221was vollin alle sîne macht.
9222Des wart ein sûne gemacht
9223zwischin im und den brûdrin dô
9224von eime archidiâconô
9225von Leôdien irkant,
9226und was Jacôbus genant.
9227Pâbist sint der selbe wart,
9228des wart der name im vorkart
922963 b    und genant in der wirde
9230Urbânus der vîrde.
9231Dî sûne Swantopolc von nôt
9232hîlt dô ganz an sînen tôt.
9233Sus entte daz urloige sich,
9234daz er hatte vîentlîch
9235kegn den brûdrin vorwâr
9236gehât unz in daz elfte jâr,
9237und Prûzinlant began      [1253
9238darnâch in vride stân. —
Eine undirredde.

[Dusb. IV, 29 ff.]

9239Nû lân wir eine wîle rûn
9240dî materie unde tûn
9241mit undirred ein teil bekant
9242der geschichte, dî volant
9243in andrin landin manchir sît
9244sîn ouch binnen dirre zît.

[Dusb. IV, 29.]

9245Dô von unsirs hêrrin geburt
9246wârin mit zal vollinvûrt
9247tûsint und zweihundirt jâr
9248ouch drîe und vîrzic gar,      [1243
9249Innocencius der vîrde
9250mit pêbistlîchir wirde
9251des stûles zu Rôme wîlt;
9252sô Friderîch der andre hîlt
9253rîchzinde vil schône
9254dî keiserlîche krône. —

[Dusb. IV, 30.]

9255In unsirs hêrrin jârin      [1245
9256dô der zwelfhundirt wârin
9257unde vîrzic vorgân
9258darzû vumfe, dô sach man
9259den selbin Innocencium
9260habin ein concilium
9261zu Lugdûne in der stat,
9262dâ ouch wart von im gesat,
9263daz man octâve solde hân
9264und dî vîerlîch begân
9265mit amte êwiclîchin vort
926663 c    von dem veste der gebort
9267der reinen wandils vrîen
9268gotis mûtir Marîen.

[Dusb. IV, 31.]

9269Ouch zu der selbin stunde      [1245
9270den gûtin sente Êmunde,
9271von Cantilberc den erzbischof,
9272irhûb der pêbistlîche hof
9273und sente Stanizlauwe
9274den bischof von Crakauwe,
9275den der vormeinte vurste
9276irslûg in argir turste,
9277und den heiligen mertirêre

--- S. 410 ---

9278des ordins der predigêre
9279sente Petrum ouch dâbîe.
9280Dise heiligin hêrrin drîe
9281der sêlige pâbist dô
9282in dem selbin conciliô
9283wol lobelîchin zîrte
9284und sî canonizîrte,
9285sô daz sî nû dî kirche hât
9286vor heilig und ir vest begât.

[Dusb. IV, 32.]

9287Dô Cristî unsirs hêrrin jâr      [1246
9288zwelfhundirt und vîrzic gar
9289darzû sechse vorgîngin,
9290dô wart dort von Duringin
9291ein lantgrêve hôch geborn
9292zu rômischim kunge irkorn. —
Von brûdir Conrâde dem vumftin hômeistir.

[Dusb. IV, 33.]1

9293Brudir Conrât, der dâ was
9294zu Duringin, als ich las,
9295lantgrêve ê gewesin,
9296dem dûtschin hûs irlesin
9297wart der vumfte hômeistir.
9298Des ordins er ein reistir
9299was zwâr an geistlîchir zucht
9300in gar lobelîchir tucht,
9301dî wîle im daz lebin
9302ûf erdin was gegebin,
930363 d    daz man in ouch sach endin
9304an der nûndin kalendin
9305des oustin (daz ist, sô ir habint      [1240 24. Juli
9306des grôzin sente Jâcobs âbint)
9307und zu Martburc begrabin lît,
9308als noch sîn grab urkunde gît2.
9309Dô man disen gotis dein
9310dennoch sach der werlde pflein,
9311eine stat gewunnin er
9312hatte, dî hîz Fritzeheler,
9313und dâ gewurbin in der zît,
9314als man in sulchin sachin pflît.      [1232 15. Sept.
9315Und dô er darnâch sich begebin
9316wolde in ein geistlîch lebin,
9317want er dâ ê betrûbete
9318vil manchin, des er ûbete
9319mit dêmût sulche bûze:
9320barhoubit und barvûze
9321er des kirchhovis crumme      [1238. 29. Juni
9322gînc vor den crûzin umme
9323unde lac darnâch gestrakt
9324vor der kirchin tur intdakt
9325in der vorgenantin stat
9326und sich mit einre gertin bat
9327slân daz volk, dî er dâ trûc,
9328um der missetât unvûc,
9329den er mit schandin ûf sî wûc.
9330Und dô in dâ nîman inslûc,
9331dâbî er iz nicht enlî:
9332in der stat dâ unde hî
9333von hûse er zu hûse gî,
9334vallinde ûf sîne knî
9335vor einer iclîchin tur.
9336Daz hûsgesinde her vur
9337bat er gên mit vlêhe schûr3
9338und hîz, daz sî nâch willekur
9339in vor dî sunde soldin slân.
9340Ouch gîzinde vil manchin trân
934163 c    bat er im dî schult vorlân,
9342dî er hêtt an in begân,
9343daz ouch vil lûtirlîch geschach.
9344Gnûc man ir mit im weinen sach
9345mitlîdinde daz ungemach,
9346daz an im ûz mit rûwe brach.
9347Dî stat der vurste sô durchgînc,
9348daz er nî slege mê intpfînc,
9349sundir ôt ein aldiz wîb
9350dî durchslûc im sô den lîb
9351mit der scharfin rûtin,
9352daz man in sach blûtin,
9353rêchinde an im dî schult.
9354Daz leit der herre mit gedult.
9355Der selbe brûdir Conrât
9356von seldsênir schichte tât
9357den sô sâldinrîchin rât

--- S. 411 ---

9358zu dem êrstin anevînc,
9359der ouch an im vollingînc,
9360daz er den dûtschin ordin intpfînc.
9361Und daz geschach in sulchir wîs.
9362Der vorgenante hêrre wîs
9363intwichin was zu einre zît
9364von der menge hin besît
9365ûf Deneburc dî vestin,
9366dâ er wold in restin
9367von têdingin habin rû,
9368und hât im genumin zû
9369zwêne sînre lîbstin man,
9370mit den er kurzwîle hân
9371wold, im glîche junge:
9372Hartman von Helderunge
9373und Dîtrîch von Grûningin.
9374Zu disen jungelingin
9375hât er ouch gesindis clein.
9376Und dô aldâ mit in gemein
9377der lantgrêve in vroidin saz
9378und schimpf kegn schimpfe maz,
937964 b    sam kumpanîe daz wil hân,
9380dô quam ein ledic vrouwil gân.
9381Und als der hêrre dî gesach,
9382vrâginde er zûzir sprach:
9383›Wannen kumistû, dirne?‹
9384Sî antwort im gevirne1
9385mit wortin sus vormezzin:
9386›Hêrre, ich hab gesezzin
9387›in gem gestrûche disin tac
9388›dâ sûchinde mînen bejac
9389›dêswâr vil vrostic unde naz!‹
9390Und dô er gehôrte daz,
9391er sprach: ›Dû arme durftigîn,
9392›dû lîdis um der helle pîn
9393›und um daz êwige wê
9394›hî bittirlîchis jâmirs mê,
9395›wen manch ander mensche tût
9396›um daz himelische gût.‹
9397Sî sprach ›Ô herre, edilz blût,
9398›lât daz bedenkin ûwerin mût,
9399›daz ich mir durftiginnin
9400›nicht andirs kan gewinnin,
9401›dâmitte ich irner den lîb.‹
9402Dô sprach er: ›Nû sag mir, wîb,
9403›woldistû kûschlîchin lebin,
9404›ob dir wêr sô vil gegebin,
9405›daz dû genern mochtis dich?‹
9406Dî arm irsûfzin jêmirlîch
9407began und heize weinen
9408und sprach zu dem vil reinen:
9409›Jâ ich, jâ ich, jâ vorwâr!‹
9410Dô lîz der edle vurste clâr
9411sich durch got irbarmin
9412den kummir der vil armin
9413und schûf ir gulde2 alsô vil,
9414daz sî an iris lebins zil
9415dâvon dî lîbnar mochte hân
9416unde wol genûgic stân.
941764 c    Dô diz was irgangin dort,
9418den lantgrêvin sîne wort
9419begondin widirstechin,
9420dî er ê pflac sprechin,
9421dô er dî strâfunge scharf
9422an dî sunderinne warf,
9423und wart merkin, daz der sin
9424vil strêflîchir trat ûf in
9425wen ûf dî vrouwe vorgenant,
9426kegn der dî wort wâren gewant;
9427want alleine wêre
9428ir lebin wandilbêre,
9429doch er sich ergir achte
9430und daz alsô betrachte:
9431daz daz wîb ê sundete,
9432nôtdurft sî darzû schundete3
9433und kummirbêre armût.
9434Er wûc sô stête irn mût,
9435daz sî nicht sundin tête,
9436ob sî dî lîbnar hête:
9437sô suntte er ôt mûtis mur4
9438und von vrîer willekur,
9439want andirs nicht wen wollust
9440zu der sundin abekust
9441in î schuntte3 unde treib.
9442In den gedanken er sô bleib
9443und dâmitte al dî nacht
9444sich bekummirte unde vacht,
9445sô, daz dâvon sîn herze
9446gewan rûwige smerze
9447und vil lutzil slâfis pflac.
9448Des morgins, dô irschein der tac,
9449Hartman unde Dîterîch

--- S. 412 ---

9450mit gedankin semelîch
9451wârin ouch bevlochtin,
9452dâvon sî nicht inmochtin
9453geslâfin, jân sî beidintsam.
9454Und dô er daz von in vornam,
945564 d    der vor begriffene gedanc
9456abir in sîn herze sanc
9457tîfir unde tîfir î,
9458sô daz er mit in beidin gî
9459in vil baldir snelle
9460zu sent Niclaus capelle,
9461dî er zu Glatbach weste sîn,
9462barvûz unde wullîn
9463mit grôzir andâcht unde bat
9464den gûtin got im gebin rât
9465ûf dî geschicht. — Nû sêt, zuhant
9466wart von gote im îngesant,
9467daz er machte ungespart
9468zu dem pâbste sîne vart
9469mit lutzil sînre knechte
9470unde bîcht im slechte
9471ûz bittirs herzin grunde
9472alle sîne sunde,
9473dî er von kinde î begînc,
9474und ablâz dâvor intpfînc
9475mit gewêrir bûze,
9476dî im der vil sûze
9477pâbist sulche wîs beschît,
9478daz er solde den abît
9479des dûtschin ordins nemin
9480und im den lân gezemin
9481zu tragin an sîn ende
9482vor alle missewende.
9483Dô er diz sus volande
9484und widir quam zu lande,
9485der herzoge von Ôstirrîch
9486bôt dem herrin tugintrîch
9487dî tochtir sîn zu wîbe,
9488der er zwâr sîme lîbe
9489vorgonde1 und sî gar vorkôs,
9490want vil veste und nicht lôs
9491was sîn sêligir wille.
9492Doch was dî sache stille,
949365 a    durch dî er sich der ê intslôz,
9494dî er ouch darnâch machte blôz
9495etslîchin sînen tougin
9496und dî mit nazzin ougin
9497bat manende getrûwelîch,
9498daz sî durch gote lûtirlîch
9499mitsamint im ir lebin
9500in den ordin gegêbin
9501des dûtschin hûsis vorgeseit,
9502des sî wârin ouch gereit
9503durch sîne lîb und sîne vlê,
9504doch durch gotis minne mê,
9505unde in gotis namen
9506den ordin mit im nâmen.
9507Dî wîle sich diz alsô treib,
9508eine vêde im anecleib
9509von eime sîner rittere,
9510der dâ mûtis bittere
9511besaminte sich starke
9512und sînis landis marke
9513ein teil mit roube herte.
9514Und dô er dannen kêrte
9515trîbinde kegn hûse wart,
9516im widirlîf an der vart
9517von sînre burc ein bote her
9518brenginde im leide mêr.
9519Er jach, daz sîn vil lîbiz wîb
9520hête jêmirlîch den lîb
9521mit eime kinde vorlorn,
9522daz mit ir tôt geborn
9523zu der werlde wêre.
9524Diz leit sô clagebêre
9525vant er nâch des botin jên
9526ebin in der zît geschên
9527dî wîl er in dem lande
9528hernde ummerande,
9529und der schicht vil sêr irquam.
9530Betrûbit er zu herzin nam,
953165 b    daz mit sulchir plâge nôt
9532in bevaldin hatte got
9533darumme, daz er wolde,
9534als er nicht insolde,
9535irwendin sînis herrin mût
9536von dem vorsatze gût,
9537den er mit willin stête
9538itzunt begriffin hête,
9539unde in sulche rûie quam,
9540daz er den roub allintsam
9541den beroubtin widirgab
9542unde machte sich hin ab,
9543dâ er den lantgrêven vant,
9544unde vîl vor in zuhant
9545vlêhinde, daz er dî schult

--- S. 413 ---

9546an im vorsêhe mit gedult,
9547dî er vorevelîch ê brach.
9548Der lantgrêve zûzim sprach:
9549›Wî torstis dû irschînen
9550›vor den ougin mînen
9551›schuldic sulchir missetât?‹ —
9552›Hêrre, ûwir gûte hât‹,
9553sprach er, ›dî ich an ûch weiz,
9554›mir der hoffenunge intheiz
9555›gegebin gar mit sichirheit,
9556›daz mir sulle âne leit
9557›genâde von ûch kumin,
9558›want ich hab genumin
9559›genzlîch in mîn herze dit,
9560›daz ich âne widirtrit
9561›mit ûch wil ouch mîn lebin
9562›dem gûtin gote irgebin
9563›in den dûtschin ordin dort.‹
9564Dô der lantgrêve dise wort
9565vornam von im, er wart sô vrô,
9566daz er im vîl von vroidin dô
9567um den hals vil minnenclîch
9568und vorgab im innenclîch
956965 c    al dî bruche, dî er î
9570widir in dâ vor begî.
9571Darnâch der gotis wîgant
9572und der rittir vorgenant,
9573ouch Hartman unde Dîterîch,
9574darzû manch rittir lobelîch
9575unde edelinge vil
9576voreint in gote in dem zil
9577kegn Martburc mit einandir vûrn
9578und in den ordin sich dâ swûrn.      [1234 18. Nov.
9579Und dô man sî dâ solde,
9580alse man ouch wolde,
9581cleidin mit dem abitte
9582nâch des ordins sitte
9583und sî gestrakt vorwâre
9584lâgin vor dem altâre
9585irdischir lust vil gar irwein
9586und ob in des ordins sein
9587ein reinir prîstir dâ las
9588unde sô hin kumin was,
9589daz er mit lûtir stimme swanc
9590begonde singin disen sanc:
9591›Veni, sancte spiritus,‹1
9592daz zu dûte sprichit sus:
9593›Ey, nû kum, heiligir geist,
9594›der hôistin sûzikeit volleist,
9595›irvulle unde gib dich în
9596›den herzin der getrûwin dîn
9597›und dînre lîbe vûer
9598›inzunde in in gehûer‹ —
9599nû secht, dô lîz got werdin schîn,
9600daz er zu dem dînste sîn
9601dî sô edlin helde
9602sundirlîch irwelde:
9603want, dô der prîstir angehûb
9604›Veni‹, alzuhant intsûb
9605mit gesichte offinbâr
9606al dî ummestênde schar,
960765 d    daz als einis vûers flam
9608der heilige geist dar ûf sî quam
9609und sî schînbêrlîch besaz.
9610Ouch sô wart geprûvit, daz,
9611î mêr iclîches sinne
9612in der gotis minne
9613wârn irhitzit und inzunt,
9614î grôzir flamme ob im stûnt. —
9615Den lantgrêve vorgenant
9616und hômeistir sint irkant
9617got mit sîme geiste
9618irlûchte und durchreiste,
9619daz er der lûte touge
9620weste sundir louge,
9621dâvon er ouch mit nichte
9622in sîme angesichte
9623mochte den irduldin,
9624der dâ lac in schuldin
9625unkûschlîchir unvlâte.
9626Dise rede hâte
9627ein abt vornumin und gehôrt
9628unde wart darûf bekort,
9629daz er irvarn dî mêre
9630wold, ob iz wâr wêre,
9631daz er sus von im vornam,
9632unde zu dem meistre quam
9633mit zwên jungelingin,

--- S. 414 ---

9634dî er mit den dingin
9635gar bewollin weste.
9636Zuhant ouch, dô dî geste
9637der hômeistir an gesach,
9638vil ernstlîch er zu in sprach,
9639daz sî dannen gîngin.
9640Von dem wort intpfîngin
9641sî rûwige scheme,
9642dî in wart bequême:
9643want sî gîngin an der stat
9644bîchtin ire missetât.
964566 a    Und dô sî diz getâtin,
9646widir hin sî trâtin
9647abir vor den gotisman.
9648Und dô er sî geblikte an,
9649dî ougin er kegn himele bôt
9650unde sprach: ›Ô mildir got,
9651›vil lîbir hêrre Jêsû,
9652›wî gar barmherzic bis dû,
9653›des ich wol intsabin
9654›hab an disen knabin:
9655›dî wârn ê des tûvils kint
9656›unde nû sî gotis sint.‹

[Dusb. IV, 34.]

9657Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn      [1249
9658zwelfhundirt vîrzic nûne wârn,
9659der lantgrêve gewêre,
9660ein kunic der Rômêre,
9661von dem tôde wart gevelt
9662und nâch im zu kunic irwelt
9663grêve Wilhelm von Hollant
9664den man ouch darnâch zuhant
9665daz lebin sach vorlisen:
9666in slûgin tôt dî Frisen.
9667Alsus dî beide sturbin,
9668ê sî dî crône irwurbin.
9669Dô tûsint jâr von gots geburt      [D. IV, 35]
9670und drithalbhundirt wârn volvûrt,      [1250
9671Heinrîche den vil starkin
9672kunic von Denemarkin
9673mortlîch sîn jungistir brûder slûc
9674und vornûwete den unvûc
9675den ê Abele tet Kaîn,
9676und tet daz ûf den sin,
9677daz er undir sîn gebot
9678daz rîch brêchte. Abir got
9679daz vil schîre slichte
9680mit rechtim gerichte,
9681want in des andrin jâris vart
9682er ouch von den Frisin wart      [1251
968366 b    irslagin und mortlîch vorschalt.
9684Alsus er mort mit morde galt.
9685Disin mort vil ebene
9686hatte dennoch bî lebene
9687dem kunige vorgeseit
9688sente Wenzlaw mit wârheit,
9689dô er in slâfe im irschein,
9690der ouch semelîchin mein
9691von sînem brûdere leit,
9692dô er sîn lebin im vorsneit
9693wol vor drîhundirt jârin
9694durch andirs nicht inzwârin,
9695wen daz zu Bêmin im geschaft
9696wurd des landis hêrschaft.
9697Ouch bat in dem irscheinen
9698sente Wenzlaw den reinen
9699selbin kunic Heinrîche,
9700daz er in sîme rîche
9701eine kirche stifte
9702und dî rîchlîch begifte
9703in sînis namin êre;
9704daz ouch tet der hêre.
9705Zu Revil er benande1
9706ein stat dort in Lîflande,
9707darûf er ouch lîz bûwin
9708zu lobe dem getrûwin
9709hêrn sente Wenzlawe
9710ein achbêr clôstir grawe. —

[Dusb. IV, 36.]

9711Dô sich Cristô vorlîfin gar      [1251
9712zwelfhundirt vumfzic und ein jâr,
9713keisir Friderîch des andrin bar,
9714den sâ dî tochtir im gebar
9715des kungis von Jêrusalêm —

--- S. 415 ---

9716Conrât sus was der name em —
9717der vûr sô crefticlîche
9718zu Pulle in daz rîche,
9719daz er zu Nâpils in der stunt
9720dî mûrin brach unz in den grunt.
972166 c    Darnâch in dem jâre      [1252 (1254)
9722nêstvolginde vorwâre
9723vorlôs er ouch daz lebin,
9724want im wart vorgebin. —
9725Dâmit sî diz hin getân
9726und griffin abir an
9727dî crônke, dâ wir ê hân
9728dî materie gelân.
Von dem urlouge kên den Samin und wî Girmow wart gehert.

[Dusb. III, 68.]

9729Manchirleige strîte
9730sîn in êrstir zîte
9731kegn den Samin geschên,
9732der mich allir zu vorjên
9733vordrûzit, wen iz wêre zu lanc.
9734Doch wil ich ir hî inmanc
9735ûch ein teil machin bekant.
9736Brûdir Heinrîch Stange genant
9737von Cristburc der cometûwer,
9738ein helt zu strîte tûwer,
9739von des meistirs gebote
9740nam an sich ein michil rote
9741brûdir und wêpenêre
9742und zôch in strîtis gere
9743in unsirs hêrrin namin
9744sô hin kegn dî Samin,
9745und trettin in daz lant
9746ubir sê, dâ nû genant
9747eine burc Lôchstete lît
9748(want iz was dô wintirzît)
9749unde hertin beidirsît
9750daz gebît lanc unde wît
9751mit roube, brande, slachte
9752nâch vîentlîchir âchte
9753unz an daz dorf Girmowe.
9754In werlîchir schouwe
9755begeintin in dî Samin dâ
9756und legtinz in sô nâ,
975766 d    daz dî brûdre und ir her
9758nâmin zu der vlucht dî kêr.
9759Dô diz der comdûr gesach,
9760kegn den vîendin er ûzbrach,
9761ûf daz er sî irrete
9762sô lanc, unz sich gevirrete
9763sîn volc und dannen quême
9764und keinen schadin nême.
9765Recht als ein lewe er dô streit
9766sundir alle zageheit,
9767unz er der Samin vil vorsneit.
9768Zu jungist doch in ummereit
9769dî menige der heidin,
9770dî in swindin vreidin
9771slûgin ûf in sêre
9772î mê und î mêre,
9773unz sî von dem pferde
9774in veltin ûf dî erde.
9775Dô diz brûdir Herman,
9776sîn brûdir, sach, sich began
9777irwegin gar sîn herze
9778in bittirlîchir smerze,
9779daz er solde schouwin an
9780sînen brûdir sô irslân,
9781der im was vleischlîch geborn.
9782In bevîng ein michil zorn,
9783in dem er zûrante
9784und dâ ummewante
9785sîn hant vil ellintlîchin
9786mit slegin und mit stichin
9787und daz alsô lange treib,
9788unz der vîende vil dâ bleib
9789um in ligin in der stunt,
9790etlîche tôt, etlîche wunt.
9791Sus schutzte er den brûdir sîn
9792und worchtin beide michil pîn
9793aldâ manchim Samin.
9794Zu lest sî beidintsamin
979567 a    blibin ouch dâ ligin tôt.
9796Daz andre volc ân alle nôt
9797sich dî wîle dannen nam
9798und wol zu lande quam.
Ein wundir, daz an dem selbin commen­tûre brûdre Heinrîche Stangin geschach.

[Dusb. III, 69.]

9799Von disim brûdre Heinrîche
9800Stange, von dem iche

--- S. 416 ---

9801ûch habe dâ vor geseit,
9802vornam ich in der wârheit
9803ein zeichin harte wundirbêr.
9804Zu einen zîtin knîte er
9805vor dem altâre mit andâcht,
9806und als sîn innekeit volbrâcht
9807was an dem gebete,
9808got bat er, daz er tête
9809im mit etlîchim zeichin schîn,
9810ob er der genâdin sîn
9811an ichte wirdic wêre.
9812Und dô der vil gewêre
9813begerlîch dise wort gesprach,
9814ein schône wundir dâ geschach.
9815Ein bilde aldâ vorwâre
9816stûnt ûf dem altâre,
9817daz gesnitzt von holze was
9818nâch Cristis martir, als ich las.
9819Daz bilde lôste sîne hant
9820obin von des nagils bant
9821und gab im sînen sein
9822in crûzewîs, und dô der dein
9823den zeichinlîchin sein intpfînc,
9824genûgic er von dannen gînc.
9825Daz wundir alsô zarte
9826sach und offinbârte
9827ein prîstirbrûdir tugintlîch
9828zu Cristburc — hîz hêr Heidinrîch —
9829der dô in der capellin lac
983067 b    in einem winkil, dâ er pflac
9831in tougintlîchin geistin
9832sîn andâcht gote leistin. —
Von der vorwickunge des sigis kên den Samin.

[Dusb. III, 70.]

9833Dô dî brûdre hâtin
9834gebûwit und besatin
9835dî burc zu der Balge
9836ûf des habis swalge,
9837dô begundin râmin
9838dî heidenischin Samin,
9839wî sî der brûdre lebin
9840irvarn mochtin ebin
9841und ouch ir geleginheit.
9842In der wîse wart gereit
9843der eldstin einre und gesant
9844zur Balge; und dô dî brûdre irkant
9845hattin sîns gewerbis sin,
9846sî intpfîngin lîblîch in
9847und wîstin im vil gar,
9848al ir tûn her unde dar
9849in capellin, rebbintêre,
9850in slâfhûse, und dô ere
9851ebin al ir tûn besach,
9852er zôch von dannen unde sprach
9853alsô zu den lantlûten sîn:
9854›Wizzit, daz dî brûdre sîn
9855›als wir vleisch unde bein
9856›und tragin mit uns ubir ein
9857›an wâpene und an spîse
9858›und an manchir wîse;
9859›doch habin sî ein undirscheit
9860›von uns an einre gewonheit,
9861›dî uns vorterbit sundir wân.
9862›Den sittin sî zu pflege hân,
9863›daz sî ûf des nachtis stân
9864›und zusamin alle gân
9865›in ir bethûs, daz dâ ist,
986667 c    ›und tagis ouch in manchir vrist
9867›und irbîtin inneclîch
9868›mit lobe irme gote sich;
9869›und des intûn wir nicht.
9870›Wizt vorwâr, daz von der geschicht
9871›in strîte sî uns an gesigin
9872›und wir sigelôs geligin.‹
9873Ouch hatte dirre Same wol1
9874gesên dî brûdre ezzin kol,
9875des dî Prûzin nicht inpflâgin
9876nutzin dennoch bî den tagin.
9877Des wânte er, iz wêre gras.
9878›Ich sach ouch sî,‹ sprach er, ›vor âz
9879›zu des lîbis generde
9880›gras ezzin sam dî pferde.
9881›Dâvon wer mochte widirstân
9882›dem volke, daz alsô sich kan
9883›in der wiltnisse generen
9884›und gras vor spîse zeren?‹

--- S. 417 ---

Wî dî Samin wurdin betwungin.

[Dusb. III, 71.]

9885Dô dî vorgenantin dît,
9886als ich ûch ouch ê intschît,
9887ich mein dî Pomezênin,
9888Ermin, Pogezênin,
9889Natangin unde Bartin
9890zu dem geloubin kartin,
9891dô bleib noch der Samin lant
9892rechtis geloubin gar geblant,
9893want sî unbetwungin wârn.
9894Des vûgte Cristus nâch den jârn,
9895daz er dî menschheit hât intpfân,
9896dô der tûsint wârn irgân
9897zweihundirt vumfzic vîre ouch,      [1254
9898daz in daz lant zu Prûzin zouch
9899von Bêmin kung Ottackir,
9900ein hêrr in strîte wackir
9901und an tuginde lobesam.
9902Ouch marcgrêve Otte mit im quam
990367 d    von Brandinburc, der, als ich las,
9904sîn marschalc ûf der reise was,
9905ein man menlîchir turste,
9906von Ôstirrîch der vurste
9907und der marcgrêve von Mêrn.
9908Vil starc gemannit dise hêrn
9909hîltin ire hove.
9910Ouch quâmen dâ bischove,
9911hêrrin dêswâr lobelîch,
9912von Colmen bischof Heinrîch
9913und ein bischof von Ermelant,
9914der was hêr Anshelmus genant.
9915Ouch quam in der lûne
9916von Olmunz bischof Brûne.
9917Dise drîe bischove gût
9918hattin manchis mannis mût
9919darûf gewant mit lêre,
9920daz sî durch gotis êre
9921dô wurdin pilgerîne.
9922Ouch sach man von dem Rîne,
9923von Sachsin, von Duringin,
9924von Mîsin sô her swingin
9925und von landin manchirwein
9926manchin ellinthaftin dein
9927von gravin, rittirn, knechtin,
9928dî dâ woldin vechtin
9929durch got mit den heidin
9930und andin an den leidin
9931daz unrecht des hêrrin zart,
9932der durch uns gecrûzgit wart.
9933Und dô dî rotin quâmin
9934al in ein her zusamin,
9935dô achte man sundir wân
9936mê den sechzic tûsint man
9937strîtlîchir in dem here.
9938Wî vil dâ wagene wêre
9939mit wâpnen und mit spîse,
9940der zal bin ich nicht wîse;
994168 a    ich wêne î, ir wêre vil.
9942Nû quam daz her ûf daz zil
9943zum Elbing und in der zît,
9944als iz wintir wesin pflît,
9945dô wold der alde vîant
9946menschlîchis heilis hân irwant
9947mit sînir tûvlischin list,
9948daz sus geordint hatte Crist
9949in sîner vorbesichtikeit
9950zu des menschin sêlikeit.
9951In der wîs er des began:
9952er schuntte zû, daz zwêne man —
9953der eine was von Ôstirrîch
9954der ander ein Sachse, sus las ich —
9955dî hûbin einis krîgis zorn
9956in einre mul, wer dâ sîn korn
9957zum êrstin solde malin.
9958Der zwîtrachte prâlin
9959wûchs zu jungist alsô grôz,
9960daz iz vor dî hêrn irdôz,
9961dî sich darnâch învlâchtin
9962in krîgilîchin zwîtrachtin,
9963daz nicht dî rittir alleine
9964noch andir volc gemeine,
9965sundir ouch der kunic inzwârn
9966und andre vurstin, dî dâ wârn,
9967ir wâpin hattin angeleit
9968und zu strîte sich bereit
9969kegn einandir gemeine.
9970Abir der gotis reine
9971bischof von Olmunz drundir quam
9972und dî vêde undirnam
9973und wol sûnlîch berichte.
9974Nâch dirre geschichte

--- S. 418 ---

9975zôch der kunc von Bêmin dan
9976ân sîn volc zur Balge sân,
9977dâ er ouch einen Samin vant,
9978der Gedûne was genant,
997968 b    als daz geschikt dî brûdre
9980hattin in listin lûdre1.
9981Vil tage ûf im hatt er
9982und Wissegaudin vater
9983von Medenouwe sô was er,
9984und des geslechtis hêr,
9985dî nû heizin Kandemînen.
9986Er was gewesin bî den sînen
9987jârin dâ der bestin ein
9988unde weste wol gemein
9989al der Samin heriscraft.
9990Nû was iz alsô geschaft,
9991daz daz her quam hernâch;
9992und dô er êrst ein teil gesach
9993von dem here, zu im sprach
9994der kunic: ›Nû berichte mich
9995›des ich hî wil vrâgin dich!
9996›Mochte in Samelande ich
9997›icht geschaffin mit der schar?‹
9998Dô sprach Gedûne: ›Nein, vorwâr‹.
9999Darnâch zwîr alse vil ir quam;
10000dô sprach Gedûne abir alsam.
10001Zum drittin mâle drîes mê;
10002dô antwort er abr als ê.
10003Zu jungist quam daz her alganz,
10004von dem ouch des îsis glanz
10005allirwegin was bedakt.
10006Dô wart mit vrâge vorgerakt;
10007der kunc sprach: ›Wî dunkit dich nû?
10008›Mac ich icht den Samin zû
10009›unde mit strîte sî bestân?
10010›Jâ‹, sprach Gedûne, ›sundir wân‹;
10011›dî reise ist nû umbezilt.
10012›Dû macht varin, swar dû wilt,
10013›und alle dîne gere
10014›irvullin mit dem here,
10015›daz ich alhî hab gesêhn.‹ —
10016Und dô diz was alsus geschêhn,
1001768 c    den kunc sach man im reichin2
10018sînre banîre zeichin
10019und hîz in dî steckin
10020ûf sînes erbis eckin
10021und ouch sîner vrûnde,
10022ûf daz dî urkunde
10023in solde wesin ein beschirm
10024vor der Dûtschin ungehirm.
10025Nû was der Prûze ein teil zu laz,
10026want er nicht inwiste, daz
10027dî Dûtschin wârin alsô balt.
10028Des wart sîn vrume dâ vorsnalt.
10029Zu lange er dâ sûmete;
10030daz sûmen in beglûmete.
10031Dô er zu hûse quam, er vant
10032hûs und habe gar vorbrant
10033beide der vrûnde und ouch sîn.
10034Doch was daz sîn hôeste pîn,
10035daz sîn gesinde gar irslagin
10036was mit allin sinen mâgin,
10037darzû sîn brûdir, der dâ hîz
10038Ringil, als ich mir sagin lîz. —
10039Alsus der kunic vorgenant
10040sprengete in Samelant
10041zu Medenow in daz gebît
10042und irslûc gar vil der dît;
10043sumelîche er ouch vînc.
10044Daz andre alliz dâ vorgînc,
10045swaz daz vûer mochte zern.
10046Und dô er alsus getreib daz hern
10047den tac mit allir sîner macht,
10048dô bleib er ouch dâ ubir nacht.
10049Des andrin tagis zôch er vort
10050in dî gegenôte dort
10051zu Rudowe und gewan
10052aldâ dî burc den Samin an
10053unde tet mît âchte
10054aldâ sô grôze slachte
1005568 d    an den samischin dîtin,
10056daz sî begondin bîtin
10057gîsle mit grôzir vlê
10058dem kunige, daz er vortmê
10059sî zu gnâdin intpfînge
10060unde des nicht vorhînge,
10061daz man daz volc zumâle
10062vortilgte in sulchir quâle.

--- S. 419 ---

10063Darnâch er vil gar durchzouch
10064dise gegenôte ouch:
10065Quedenowe, Waldowe,
10066Kayme unde Tapiowe;
10067und ûf daz er nicht sulchin mort
10068dô begînge alsô dort,
10069sâ brâchtin sî im durch den vûc
10070zu gîsle irre kindir gnûc,
10071darzû sî sich vorbundin,
10072daz sî zu allin stundin
10073âne widirschundin
10074woldin gotis vrûndin,
10075den brûdrin, wesin undirtân
10076und den geloubin gern inpfân
10077unde werdin cristin.
10078Nâch den selbin vristin,
10079dô diz was volgeant,
10080der kunc dî gîsle benant
10081beschît den brûdrin dô sân
10082unde zogte her dan
10083unz zu dem berge und an dî stat,
10084dâ Kungisberc nû ist gesat,
10085und rît den brûdrin sâ,
10086daz sî eine burg aldâ
10087bûwitin durch sichirheit
10088und durch beschirm der cristinheit.
10089Zu der bûwunge er ouch schôz
10090und gab in gâbe grôz
10091als sînen wirdin wol gezam.
10092Alsus sîn arbeit ende nam,
1009369 a    der pilgerînschin betevart.
10094Des zôch der edle kunic zart
10095mit vroidin sô hin glîche
10096widir in sîn rîche. —
Von der bûwunge der burc Kungisberc.

[Dusb. III, 72.]

10097Nâch des kunigis abevart
10098wart nicht lengir gespart:
10099dî brûdre sundir beitin
10100begondin zu bereitin
10101gezouwis und gereitis gnûc,
10102des zu gebûwe was vûc;
10103und dô daz alliz was gereit,
10104dô wart ein reise ûzgeleit,
10105in der dî brûdre nâmin
10106dî Prûzin allintsamin,
10107den sî dô getrûwitin,
10108an sich unde bûwitin
10109ûf den vorgenantin berc
10110einre vestin burge werc,
10111dâ noch daz alde hûs ist.
10112Dî burc sî nantin in der vrist
10113Kungisberc, dem grôzin hêrn
10114kung Ottackir zu êrn,
10115der êrst zu der bûwunge rît.
10116Dî selbe burc dî prûzsche dît
10117Twangste nante in der stunt,
10118nâch einim walde, der dâ stûnt.
10119Dise bûwunge inzwârn
10120geschach in unsirs herren jârn
10121tûsint drithalbhundirt
10122und vumfe drûf gesundirt.      [1255
10123In den selbin zîten wart
10124gelâzin brûdir Burghart
10125genant von Hornhûse
10126aldâ ûf dem hûse
10127zu eime comdûre.
10128Ouch gab man im zu stûre
1012969 b    brûdre unde volkis vil,
10130dî bî im blibin in dem zil.
10131Darnâch wart dî burc gesat
10132mit gebûwe an dî stat
10133des selbin bergis sô besît,
10134dâ sî ouch noch hûte lît,
10135mit zwên mûrin bevân,
10136dâ sîn wol nûn turme an.
Wî Samelant von den uncristin wart vor­hert und dî burc Wilow wart gebûwit.

[Dusb. III, 73.]

10137Des selbin jâris, als ich las,
10138daz Kungisberc gebûwit was,      [1255
10139dô zurntin dî Nadrowin,
10140Schalowin und Sudowin,
10141dî besezzin heidin,
10142daz sich von in gescheidin
10143dî Samelander hêtin
10144unde wârn getretin
10145in ein cristinlîchiz leben

--- S. 420 ---

10146und hattin sich irgebin
10147den brûdrin; want daz worchte
10148in alsulche vorchte,
10149daz sî wurdin ouch darnâch
10150betwungin, als iz doch geschach.
10151Dô besamintin sî sich
10152und hertin crefticlîch
10153aldâ in Samelande
10154mit roube und mit brande,
10155und slûgin unde vîngin.
10156Und dô sî daz begîngin
10157unde soldin widir dan
10158zogin, dô gevîl in sân
10159sulch ein rât in den mût,
10160der sî alle dûchte gût,
10161daz sî zu Wilow machtin
10162eine burg und achtin
10163dî zu einre warte
1016469 c    und vor ein slôz sô harte,
10165daz dî brûdre dâvur
10166nicht mochtin nâch ir willekur
10167mit den Samin gereisin
10168und ungewarnt geneisin
10169aldâ dî nadrowschin lant.
10170Und dô dî burc was volant,
10171dô bleib Tirske aldâ
10172zu eime houbtmanne sâ
10173und sîn sun Mandele,
10174darzû der helde vele.
10175Daz andre volc nam dî vart
10176iclîchir hin zu hûse wart.
10177Nû schûf der wundirbernde rât
10178gotis, der dâ ubirgât
10179in sîner wîsheite wist
10180alle trugin unde list,
10181daz dî dinc, dî durch wer
10182hatte der Nadrowin her
10183in irvundin und gemacht,
10184zu valle wurdin in ein schacht
10185und ir selbmachter strik
10186warf sî in mortlîchin schrik,
10187want dî gotis gûte
10188tet Tirskin gemûte
10189des houbtmannis inzwârn
10190und ouch den, dî mit im wârn
10191ûf der vestin vorgenant,
10192sô irlûcht und inprant
10193mit sîner gnâdin vûer,
10194daz sî dî gote ungehûer
10195vorwurfin und vorsmâtin
10196und zu den brûdrin trâtin
10197in cristnengeloubin
10198und hulfin den betoubin
10199und vortilgin mit craft
10200dî vorwâzene heidinschaft. —
69 d    Wî Wûnsdorf gehert wart und eine burc dâ gewunnen.

[Dusb. III, 74.]

10201Nû was dî gelêge
10202und ouch al dî wege
10203in dî bîgeseznen lant
10204deme Tirsken wol bekant.
10205Des bûwt ûf sîns geleitis stûr
10206von Kungisberc der comentûr
10207unde lût zusamin
10208in ein her dî Samin
10209unde reiste mit der dît
10210zu Wûnsdorf in daz gebît,
10211daz er ouch ungewarnit vant,
10212unde stalte zû zuhant
10213mit leitirn und gerête,
10214daz er dâ mit im hête,
10215unde trat mit sînen an
10216sturmende, unz er gewan
10217dî burc, dî dâ genennit was
10218Capostête, als ich las.
10219Ûf der selbin vestin gnûc
10220vînc er heidin unde slûc
10221und zu aschin sî vorbran.
10222Nicht inquam er ouch von dan,
10223unz er daz gebîte gar
10224vorherte beide her und dar
10225mit roube, morde, brande.
10226Dô schît er êrst zu lande.
Wî Wûnsdorf sich satzte.

[Dusb. III, 75.]

10227Nâch dirre schicht vorwâre
10228in dem andrin jâre      [1256
10229besaminte sich andirweit
10230der comentûwer vorgeseit

--- S. 421 ---

10231von Kungisberc brûder Burghart
10232unde machte eine vart
10233mit einem here starke
10234abir in dî marke
10235zu Wûnsdorf, dâ er ouch belac
10236eine vestin, dî man pflac
1023770 a    nennen Ouctolîte,
10238dî er in der zîte
10239gewan und vorbrante ouch;
10240darzû daz lant er durchzouch
10241roubinde und vâhinde,
10242burninde unde slâhinde
10243dî vîende der cristenheit.
10244Nû sâhin daz vreislîche leit
10245ouch in inkegin schurgen
10246dî dît von den drîin burgen,
10247dî sus namen hêtin:
10248Gundow, Angetêtin,
10249Unsatrapis dî dritte.
10250Sî merktin ebin ditte,
10251daz got vor dî brûdre vacht
10252und vorblichin was ir macht
10253sô gar, daz sî in keinem wân
10254den cristin mochtin widirstân.
10255Hîvon sî gîsle satin
10256und sich undirtâtin
10257den brûdrin dêmûticlîch
10258und dem geloubin cristinlîch.
Wî ein teil des landis Natangin wart gehert.

[Dusb. III, 76.]

10259Dise nûwen cristin
10260von Wûnsdorf in den vristin
10261der commentûwir an sich nam,
10262darzû sîn volc allintsam,
10263daz er mochte dô gehân,
10264und zogte mit den sân
10265zu Natangin in ein gebît,
10266daz mit der Natangischin dît
10267nicht lîbete des vridis pflicht,
10268der dâ was zuletst bericht,
10269unde macht iz toube
10270mit brande unde roube.
10271Goduckin er ouch tôte,
10272der der gegenôte
1027370 b    houbtman zu den zîtin was
10274mit zwên sunen, als ich las,
10275darzû andris volkis vil.
10276Er vûrt ouch dannen in dem zil
10277sîn wîb und sîn gesinde gar
10278mit andirme roube vorwâr.
Von der kumft des marcgrêven von Brandinburc.

[Dusb. III, 77.]

10279In dem selbin jâre
10280unsirs hêrrin vorwâre
10281tûsint drithalbhundirt      [1255
10282vumfe darûf gesundirt
10283quam zu Prûzin sundir wân
10284von Brandinburc marcgrêve Jôhan,
10285ein hêrre in strîte grôzir tucht,
10286und mit im ein michil trucht
10287von rittirn unde knechtin,
10288dî alle gertin vechtin
10289durch got kegn dî heidinschaft,
10290ob iz in mochte sîn geschaft.
10291Nû was der wintir alsô lâ,
10292dô sî wârin kumin sâ,
10293daz sî wedir hî noch dâ
10294den vîendin mochtin alsô nâ
10295kumen, daz sî hêttin icht
10296in geschat in keinir schicht;
10297want iz ist alsus gelegin
10298den landin dâ in mittewegin,
10299dâ ist wâg unde mot
10300und sulch ungeverte ôt,
10301daz zu rosse dâ dî vart
10302iclîchim hêre ist vorspart,
10303iz sî der wintir danne sô hart,
10304daz mit sîner kelde art
10305er dî wege brucke.
10306Dem hêrrin daz gelucke
10307in den zîten was vorseit;
10308des was im und den sînen leit,
10309daz ir ger alsô vortarb.
1031070 c    Îdoch ir wille lôn irwarb
10311hoffe ich ganz an gote.
10312Sus mûste er und dî rote
10313âne strîtis ande
10314widir varin zu lande.

--- S. 422 ---

Von brûdir Gêrharde dem meistre von Prûzinlande.

[Dusb. III, 78.]

10315Von Hirzberc brûdir Gêrhart
10316zu Prûzin vîrde meistir wart      [1257—1259
10317und trûc daz ammecht zwei jâr.
10318Vil gûtis stifte er vorwâr
10319ûf nutz dem selbin lande.
10320Darnâch er sich wande
10321kegn dûtschin landin widir
10322unde wart dâ sidir
10323zu lantmeistir gehabin.
10324Dâ starb er ouch und wart begrabin.
Von eime lobelîchen lebene eines brûdirs des conventus zû Kungisberc.

[Dusb. III, 79.]

10325In der zîte rente1
10326sach man in dem convente
10327Kunsberg einen brûdir sîn
10328genennit Herman Sarrazîn,
10329und was von Swâbin geborn.
10330Der selbe, dô der dâ bevorn
10331in werltlîchir wîse was,
10332dô pflag er stête, als ich las,
10333daz er Marîen gotis trût,
10334sîn tochtir, mûtir und sîn brût,
10335sô rechte lîb hatte î,
10336daz er des mit nichte lî,
10337swer in durch iren namen bat
10338iz wêre dit odir dat,
10339den bitter er gewerte,
10340swes er an im gerte,
10341ob im der macht ôt nicht gebrach.
10342Hîvon in einir zît geschach,
1034370 d    dô er in eines strîtis dram
10344gevangin einen rittir nam
10345und den beschatzin solde
10346nâch willin, als er wolde,
10347den rittir hîlt er harte
10348in bandin und mit warte,
10349ûf daz er im ôt gêbe vil.
10350Zu jungist satzt er im ein zil,
10351eine beschatzunge grôz,
10352unde sprach: ›Nû wizzit blôz,
10353›sulch gelt sult ir mir gebin,
10354›odir ich wil ûwir lebin
10355›âne vrist vorschrôtin.‹2
10356Der rittir was in nôtin,
10357want er nicht enhâte
10358der beschatzunge state.
10359Des twang in manig angist hart.
10360Zu jungist im gerâtin wart,
10361daz er eine bete
10362alsus an im tête,
10363daz er durch Marîe
10364dî reine wandils vrîe
10365in nicht sô hô beschatzte.
10366Zuhant, dô er gesatzte
10367dise bete kegin im,
10368er sprach: ›Rittir, nû vornim,
10369›dî bete dir sô nutze sî:
10370›bis allir beschatzunge vrî!‹
Von dem selbin brûdre.

[Dusb. III, 80.]

10371Dirre brûdir Herman,
10372dô der itzunt was intpfân
10373zu dem dûtschin ordin
10374und îdoch nicht wordin
10375dennoch des ordins brûdir was,
10376dô sold er rîtin, als ich las,
10377inpfâhin der cleidunge segn. —
10378Nû fecht — dô vant er undirwegn
10379ûf einem plâne rittir vil
1038071 a    ûbinde dâ rittirspil
10381mit juste3, mit hurdîren4,
10382mit schuste5, mit turnîren.
10383Und dô er in dî nêhe quam,
10384einen rittir er vornam
10385ûf der bane dâ gereit
10386mit wâpenin wol angeleit
10387und rittirlîch gezîrit,

--- S. 423 ---

10388man unde ros vorlankenîret1,
10389vor dem wart sus gecreîret,
10390ob îmant dô wêre
10391sô tuchtic, sô gewere,
10392der in mit dem spere
10393wold in schuste bestân
10394umme habe, als der man
10395dâ zu velde quême;
10396daz rîtin ouch gezême
10397zu êrin der juncvrouwin sîn.
10398Dô diz hôrte Sarrazin,
10399der rede bleib er unvorzait.
10400Er hofte an dî zarte mait,
10401dî er in lîbe hatte irkorn
10402und ir zu dînste sich gesworn,
10403Marîen ich dô meine.
10404Durch dî sûze reine
10405stapft er ûf dî bane,
10406und allis zwîvils âne
10407sprencte er den rittir an
10408und stach in sundir wân
10409in dem êrstin rîtin,
10410daz man in sach glîtin
10411mit valle ûf dî erde.
10412Dî wâpin mit dem pferde
10413er den armin dâ vorgab
10414und reit alsô her ab. —
Von dem selbin brûdre.

[Dusb. III, 81.]

10415Dô dirre selbe brûdir
10416gelîz des werlde lûdir3
1041771 b    und in den ordin sich geswûr,
10418alle îtillîche vûr
10419meit er vollinclîchin dô
10420und steig an tugindin hô.
10421Dâvon ouch daz irvundin wart,
10422daz Marîe dî magit zart
10423in touginlîchim trôste
10424ofte mit im kôste4.
10425Und in einir zît geschach,
10426daz er sî im irschînen sach
10427mit betrûbtim antlitze.
10428Dâ vrâgte er mit witze,
10429von welchir hande swêre
10430sî betrûbit wêre.
10431Dô antwurte sî unde sprach:
10432›Mir ist daz ein ungemach,
10433›daz dî lîbin sune mîn,
10434›des dûtschin ordins brûdre dîn,
10435›ôt ettiswenne pflâgin
10436›redin unde vrâgin
10437›in collâcien mit gir
10438›von mîme sune und von mir
10439›und von der heiligin lebin.
10440›Nû louft ir rede unebin;
10441›swen sî zusamin kumin,
10442›ir kôsen5 gibt unvrumin;
10443›sî trinkin odir ezzin,
10444›unsir sî vorgezzin
10445›unde kêrin irin sin
10446›mit îtillîchin wortin hin
10447›ûf wertlîchir vurstin tât,
10448›waz der iclîchir begangin hât;
10449›daz sint in sûze mêre
10450›und ist mir ein swêre.‹ —
Von brûdre Hartmanne dem lantmeistre zu Prûzin.

[Dusb. III, 82.]

10451Der vumfte meistir, als ich las,
10452zu Prûzin in dem lande was
1045371 c    von Grûnbach brûdir Hartman
10454und was drîe jâr daran.      [1259—1261
10455Des werc mit dem namin
10456trûgin glîch zusamin,
10457want er was ein man vil hart.
10458Ein zûname im ouch wart,
10459daz man in nante Wâtmâl
10460in dem lande ubiral
10461nâch eime grobin tûche,
10462daz er in kargim rûche
10463êrst dî brûdre tragin hîz.
10464Dirre selbe ouch burnin lîz
10465zum Elbinge offinbâr
10466vor alle der gemeinen schar
10467zwêne sînir brûdere,
10468dî nâch des tûvils lûdere3
10469sich hattin ein teil gericht
10470und zu den Prûzin gepflicht,
10471dô dî nach dem strîte sich
10472vornôgîrtin ubillîch,

--- S. 424 ---

10473der zu Kûrlande geschach,      [1260. 13. Juli
10474als ûch gesait wirt hernâch.
10475Und dô der pâbist diz vornam,
10476in sô grôzin zorn er quam,
10477daz er den selbin Hartman
10478gebôt der meistirschaft irlân
10479und in in dî jârbûze î
10480setzin1, darzû alle dî,
10481dî gegebin hattin rât
10482zu der unbescheidnen tât. —
Von der bûunge einer burc Karsowin ûf sente Georginberge.

[Dusb. III, 83.]

10483In den selbin zîtin wart
10484gesant brûdir Burghart
10485von Hornhûsen genant
10486von Prûzin hin in Lîflant
10487und den brûdrin dâ gegebin      [1257
10488zu meistere; und want er ebin
1048971 d    weste dî geleginheide
10490dirre lande beide
10491und konde minnenclîch
10492irbîten allin lûtin sich,
10493des vûgete der gotis degn,
10494daz dî brûdre beidir wegn
10495von Prûzin und Lîflande
10496in glîchir wâge ande2
10497an kost und an arbeit
10498bûwitin eine burc gereit
10499als man mochte schouwin
10500aldâ zu Karsowin
10501ûf sente Georginberge
10502widir der heidin erge,
10503des in den selbin vristin
10504was vil nôt den cristin.
10505Und dô dî burc gebûwit was,
10506von beidin landin man ûzlas
10507brûdir genûg und wêpenêre,
10508dî zu strîte hattin gere,
10509daz sî dî burc soldin bewarn.
10510Daz was in unsirs hêrrin jârn
10511tûsint und drithalbhundirt      [1259
10512nûne darûf gesundirt.
Von eime strîte in Kûrlande, dâ andir­halbhundirt brûdir und vil cristinerlûte geslagin wart.

[Dusb. III, 84.]

10513In den jârin unsirs hêrin
10514dô der vorloufin wêrin
10515tûsint und zweihundirt
10516und sechzic drûf gesundirt,      [1260. 13. Juli
10517dî brûdre von Lîflande quâmin
1) Vgl. die Statuten des Deutschen Ordens (ed. Schönhuth. Heilbronn 1847. S. 50 f.) Gesetzede cap. XLVI. ›Hie hebit sich an die swerere schult‹. Nach Aufzählung der schwereren Vergehungen heisst es S. 51: ›Umme dise schulde unde umme die disen glich sint, sol man den bruder, der sie verschuldet, buzen mit der jarbuze, die alsus getan ist: Der bruder, der jarbuze tut, der sol ein jar mit deme slaven gen, ob sie sint in deme huse; mit einer kappen ane cruce sol er dienen unde bi den knechten sol er ezzen unde sitzen uf der erden. In der wochen sol er dri tage zu wazzere unde zu brote vasten, der sint zwene in der gewalt des obersten unde der brudere. Alle suntage sol er von deme pristere in der kirchen nach deme ewangelio sine juste entphahen, ob daz ist, daz die schult so offenbare ist, daz davon ane entschuldegunge deme huse ein bose wort gewachsen ist unde die wert­lichen lute da vil von geergert sint. Ist aber, daz die schult nicht so offenbare ist, so mugen die obersten mit deme rate der brudere von genaden verlihen deme, der da buzet, daz er die juste, die er entpfahen solde in der kirchen, in deme capitele entpfahe, unde mac ouch daz gotes wort, ob man ez da sprichet, horen. Unde ist ouch, daz die schult so ungevuge ist oder sie jener so lange hat ge­triben oder so ofte in schult ist gevallen oder von der ungeduldekeit des, der da buzet, daz billich ist, daz man in in isen slahe oder in kerkere lege oder daz man zu der jarbuze ein ander jar oder minner lege oder anders die buze swarer mache oder ewecliche in gevencnisse beslieze, diz ist zu deme urteile des obersten unde der brudere verlazen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ouch setze wir daz und orden daz, ob ein bruder den anderen zu tode sla, daz man den in gevenc­nisse lege unt nieman gewalt habe den uz zu lazene, an den hohen meister mit deme capitel. Wenn aber der hohe meister nicht bi dem capitele [ist], so enmochte ez dekein an den anderen getun.‹ — Cap. XLVIII. ›Hie hebet sich an die allerswereste schult unt ir gerichte‹. ›Die allerswereste schult ist . . . . . ob ein bruder von deme vanen oder von deme here vluhet als der verzagete, ob ein bru­der von den cristen vert zu den heiden, als er mit in wolle bliben und ob er doch des gelouben nicht verloukenet, ob ein bruder die vermeinsameten sunde tut . . . zu den . . . drin dingen, daz ist vlucht von deme vanen oder der da vert zu den heiden oder die vremede sunde tut, da enhoret dikeiner hande genade noch rat zu, wande daz sie den orden verlorn habent ewecliche.‹ —    2) D. i. in gleicher Wagniss, Anstrengung.

--- S. 425 ---

10518und dî von Prûzin zusamin
10519in zwên herin mechtic
10520und alsô eintrechtic,
10521daz sî dî brûdre woldin
10522spîsin, als sî soldin
10523ûf sente Georginberge aldâ.
1052472 a    Und dô sî quâmin in dî nâ
10525bî dî burg, ein bote quam,
10526von dem man bôse mêr vornam.
10527Er jach, daz wol vîrtûsunt
10528Littowin hêttin in der stunt
10529ein ende von Kûrlande
10530mit roube unde brande
10531alzû vreislîch vorhert;
10532ouch sô hatte ir swert vorzert
10533manchin cristinlîchin lîb;
10534und daz sî kindir unde wîb
10535unde roubis habe
10536sô vil tribin hin abe,
10537daz des nîmant voltrachtin
10538mochte noch volachtin.
10539Dô dise mêre vornâmin
10540dî brûdre, sî irquâmin
10541darzû dî her beidirsît
10542und begondin in der zît
10543sich vil snelle richtin zû,
10544als sî woldin dise mû
10545an den heidin andin
10546und ûz iren landin
10547lôzin dî armen cristin,
10548dî sî in den vristin
10549tribin hin gevangin.
10550Und dô sî sus begangin
10551wârin, wî sî schiktin sich,
10552dô vrâgte brûdir Heinrîch,
10553den man dô marschalc hatte,
10554einen der hîz Matte
10555und was von Pomezên,
10556Pippînis sun, sus hôrte ich jên,
10557in welchir wis er rîte,
10558daz sî der heidin dîte
10559nû mit strîte quêmin an.
10560Dô antworte im der man
10561und sulchin rât dâ gab,
1056272 b    er sprach: ›Ich râte, daz wir ab
10563›tretin von den pferdin
10564›und schickin, daz dî werdin
10565›von uns gevirrit sô wît,
10566›daz nîmant habe besît
10567›darzû zu vlîhin dî mûze,
10568›unde strîte wir zu vûze;
10569›sus mûz daz volc, sô sî inpern
10570›der pferde, sich bî nôte wern
10571›und in dem strîte blîbin;
10572›andirs sî zutrîbin
10573›sich in vlucht sundir wân.‹
10574Den rât widirsprâchin sân
10575von Revele dî rittirschaft,
10576dî dem kunge sô gehaft
10577von Denemarkin wârin
10578mit dînste in den jârin,
10579und ouch andre lûte gnûc.
10580Ir meinunge darûf wûc,
10581daz sî nicht âne pferde
10582von der wâpene swêrde
10583in strîte mochtin dûrin.
10584Nû trâtin her dî Kûrin,
10585dî ouch dâmite vûrin
10586in der reise gemeinlîch,
10587unde bâtin vleilîch,
10588ob iz sô gevûgte sich,
10589dô der cristnen rote
10590genêm den sic von gote,
10591daz man in wîb unde ir kint
10592vrîe wolde widir gebin sint.
10593Der bete zu gewerne
10594hêttin dî brûdre gerne
10595sich irscheinit in vorwâr;
10596abir dî gemeine schar
10597von beidin landin widirsprach
10598dise rede unde jach,
10599daz man iz solde haldin
10600mit in nâch der aldin
1060172 c    gewonheit, als man hatte ê
10602getân in manchim strîte mê.
10603Hîvon gewunnen sulchen nît
10604dî Kûrlander in der zît
10605mit zorne ûf dî cristin,
10606daz sî in den vristin,
10607dô der brûdir trucht began
10608dî Littouwin strîtin an,
10609in velslîchin unvûgin
10610vîentlîchin slûgin
10611hindin ûf der brûdir her
10612sam vornôgîrte dît gevêr.
10613Sus dî Littowin vorne,

--- S. 426 ---

10614sî hindirwart mit zorne,
10615ûf dî cristnen strittin
10616in sô hezlîchin sittin,
10617daz daz volc der wer vorzeich
10618und von den brûdrin weich
10619vluchtic gemeinlîche.
10620Doch wîstin sumelîche
10621edelin von Prûzin sich
10622den brûdren dâ getrûwlîch,
10623sô daz sî blibin bî in stân.
10624Der einer, als ich vornumin hân,
10625von Quednow was ein Same
10626Sclôde was sîn name,
10627Nalubin vatir irkant.
10628Dirre Prûze vorgenant
10629rîf zusamen in der stunt
10630al sîne mâge unde vrûnt,
10631dî man aldâ wesin sach,
10632unde menlîch zu in sprach:
10633›Ô ir vrumin lûte,
10634›ir sult gedenkin hûte
10635›an der schônin kleidre wât,
10636›dî ir oft intpfangin hât
10637›von der brûdre mildekeit,
10638›unde lât des lîbis kleit
1063972 d    ›durch jenir kleidir varwe fîn
10640›huite in der martir pîn
10641›mit ûwerim blûte rôtin!
10642›Gedenkit in disin nôtin
10643›an des metis sûzekeit,
10644›der ûch von in was gereit
10645›mit anderen getrenkin,
10646›unde lât ûch schenkin
10647›des bittirlîchin tôdis tranc
10648›huite mit in um den danc,
10649›der ûch wirt gegebin dort
10650›mit êwigir vroidin hort
10651›in des himils lande
10652›um des geloubin ande!‹
10653Nâch dirre manunge gût
10654gevaztin sî sô starkin mût,
10655daz sî âne sûmen gar
10656trâtin bî dî brûdre dar
10657ellintlîchin in den strît
10658unde strittin in der zît
10659sam dî tûrin kempfin.
10660Man sach ir swert dâ dempfin
10661manchin stolzin heidin
10662in vîentlîchin vreidin.
10663In den stunden aldâ wart
10664ein strît sô vreislîch und sô hart,
10665daz von beidin sîtin vil
10666volkis in dem selbin zil
10667vallinde dar tôt bleib.
10668Dî nôt sich alsô lange treib,
10669unz iz doch ubir dî cristin gînc,
10670als des got dô vorhînc.
10671Dî heidin dâ den sig irkurn
10672und dî brûdre vorlurn,
10673want iris heris macht
10674was vorswundin und geswacht,
10675sint daz dî gemeine trucht
10676von in karte zu der vlucht.
1067773 a    In dem strîte tôt gelac
10678an sente Margarêtin tac      [1260. 13. Juli
10679brûdir Burghart, als ich las
10680von Hornhûsin, der dô was
10681meistir ubir Lîflant,
10682und brûdir Heinrîch Bote genant,
10683der marschalc dâ von Prûzin.
10684Ouch blibin in den strûzin
10685brûdre sus gesundirt
10686wol vumfzig unde hundirt
10687âne andir cristinlîche dît,
10688der sô vil was, daz ich nit
10689ir mac hî beschrîbin al,
10690want ich nicht enweiz der zal.
10691Got, der sî alle zalde,
10692mit êwigir sâlde
10693in den tôt vorgelde!
10694Der strît ûf einem velde
10695geschach dort in Kûrlande
10696bî einis wazzirs strande,
10697daz man Durbin nande.
10698Ô sûzir got, diz ande! —
10699Dô dirre mort was irgân,
10700dô volgetin dî vîende sân
10701den vluchtigin cristin,
10702dî ouch in den vristin
10703alsô gar vorzagit wârin,
10704swâ sî mochtin ubirvarin
10705drîe heidin oder vîre,
10706dî sach man ir vil schîre
10707irslân sundir alle wer

--- S. 427 ---

10708lîchte hundirt oder mêr,
10709odir sî vorjagin
10710sam dî veigin zagin.
10711Eiâ und ach, nû merkit,
10712wî sêre dâ gesterkit
10713wurdin dî vîande
10714von sô manchirhande
1071573 b    roube, wâpin, pferdin
10716dî sî den gotis werdin
10717heldin nâmen in der stunt,
10718der sô manic tûsunt
10719ûf dem velde hî und dort
10720lâgin jâmirlîch irmort!
10721Dêswâr ires rûmis guft
10722zôch sich hô ûf in dî luft.
10723Ô hêrre, ire craft zurîb
10724und ir guftin gar zutrîb,
10725daz sî irkennen rechte,
10726daz nîmant andirs vechte
10727vor uns, wen dû, hêrre got!
10728Durch dîner tuginde gebot
10729ande dîner knechte blût,
10730daz in alsô grôzir vlût
10731vorgozzen ist mit vreidin
10732von den argin heidin! —
Von den vorzeichnen des stritis.

[Dusb. III, 85.]

10733Brûdir Herman Sarrazîn —
10734dô der mit den brûdrin sîn
10735dî selbe reise solde zîn,
10736in der man sach den strît geschîn
10737aldort in Kûrlande,
10738als ich dâ vor benande —
10739Marîa dô dî magit rein
10740in sûzim blicke im irschein
10741unde sprach vil senfteclîch:
10742›Lîber vrûnt, ich lade dich
10743›zu der wirtschaft mînes suns,
10744›dâ dû dich vroien salt mit uns
10745›in êwigir sêlikeit.‹
10746Hîvon dô er was gereit
10747und ûzrîtin solde dô,
10748hôrte man in sprechin sô
10749zu brûdrin sumelîchin
10750dêswâr vil minnenclîchin:
10751›Ô vil lîbin brûdre mîn,
1075273 c    ›got mûz ûwir pfleger sîn
10753›unde gesein ûch êwiclîch!
10754›Nimmer mêr gesecht ir mich
10755›lebinde ûf erdin,
10756›want ich von der werdin
10757›gotis gebererinne
10758›geladin bin von hinne
10759›zu den êwigin wunnin.
10760›Got des gerûche gunnin
10761›beide ûch unde mir,
10762›(daz ist genzlîch mîne gir,)
10763›daz wir kumen zusamen
10764›in himelrîche. Âmen.‹ —
Ein andir vorwisunge des strîtis.

[Dusb. III, 86.]

10765Ein vrouwe in einer clûsin was
10766zu dûtschin landin, als ich las,
10767dî was ein swestir irkant
10768brûdir Conrâdis, der genant
10769was von Vûchtewangin in der vart
10770und sint hômeistir wart
10771des ordins von dem dûtschin hûs.
10772Dise vrouwe in der clûs
10773vûrt ein heilic lebin rein,
10774dâvon ir unsir hêrre irschein
10775und macht ir offinbâr
10776dî slachtunge vil gar
10777in al sulchir schichte.
10778Sî sach in eime gesichte
10779dî brûdre und ir wêpenêre
10780strîtin kên der heidin here
10781und daz dî cristnen den val
10782nâmen in dem strîte al
10783und wurdin gar irslain.
10784Ouch sach sî sêlin train
10785dî engele mit vroidin grôz
10786in des himelrîchis schôz.
Abir ein andir vorwîsunge des strîtis.

[Dusb. III, 87.]

1078773 d    Ein semelîch gesichte
10788sach von der geschichte
10789zu Prûzin ein gebûwir
10790einveldig und unsûwir1,
10791gotevorchtic, gût, gerecht
10792und an allin dingin slecht.

--- S. 428 ---

10793Der sach in der selbin stunt,
10794als im daz got machte kunt,
10795und wart vil offinbâr
10796obin in der luft gewar,
10797daz dî brûdre strittin
10798nâch ellintlîchin sittin
10799widir dî Littouwin.
10800Und dô er diz wart schouwin,
10801iz wundirte in swinde.
10802Des rîf er sîn gesinde
10803unde sprach: ›Ei, sêt ir nicht,
10804›wî in gar menlîchir pflicht
10805›dî brûdre unse hêrrin
10806›sich mit strîte sperrin
10807›aldort kegn den heidin?
10808›Sêt, wî von in scheidin
10809›dî Prûzin itzunt in der vlucht
10810›und ouch der Lîflender trucht!‹
10811›Sêt, nû stên dî brûdere ein
10812›unde bî in volkis clein
10813›wernde sich mit strîte
10814›ûf iclîche sîte,
10815›want sî habin ebin
10816›dî vîende ummegebin!
10817›Ô wê der clegilîchin nôt!
10818›Ich sêh, daz man dî brûdre tôt
10819›slêt und îr volgêre.
10820›Nû sêh ich dî gewêre
10821›Marîen, dî Cristum gebar,
10822›der engele unde der meide schar
10823›ir sêlin ûf in wunnen schôn
10824›vûren in den himel vrôn.‹ —
1082574 a    Dî clûsnerinne und der man,
10826von den ich nû gesprochin hân,
10827sâhin beide glîche,
10828dô zu himelrîche
10829dî sêlin wurdin al irhabin,
10830zwû sêlin mit vorteile habin
10831mê clârheit unde zîrde
10832an sundirlîchir wirde,
10833wen dî anderin gemein.
10834Dî sêlin zweir brûdre rein
10835wârin, als in dô wart schîn,
10836der eine Herman Sarrazîn,
10837der andre von Glîzberc genant,
10838von dem ûch ouch ist vor irkant,
10839daz got an im besundir
10840worchte ein michil wundir
10841zu Cristburg ûf dem hûse.
10842Dî vrouwe in der clûse
10843und der gebûwir vil rein
10844trûgin des ouch ubir ein,
10845als sî dô vornâmin,
10846daz al dî sêlin quâmin
10847zu des himils sâldin
10848und wurdin gar behaldin
10849sundir eine, dî vortarb.
10850Waz sachin ir dî nôt irwarb,
10851daz sî zur helle nême pflicht,
10852daz weiz got, ich weiz sîn nicht.
10853An der geschicht sal man vorstân
10854unde geloubin sundir wân,
10855daz Cristus, unsir hêrre gût,
10856der âne sache nicht intût
10857und nî getet ûf erdin,
10858selbir lîz gewerdin
10859an des strîtis tage
10860des vornôgîrins pflâge
10861und ouch sumelîche mê,
10862dî beide sidir und ouch ê
1086374 b    in sînem volke geschân,
10864unde merkin recht daran,
10865daz dî, dî dâ blibin tôt,
10866um ir arbeitlîche nôt
10867nâmen iris dînstis lôn
10868in dem himilrîche vrôn,
10869und dî uberblibne schar,
10870dî gesetzit bleib in vâr,
10871baz unde baz sich hefte
10872an des geloubin crefte
10873und ouch mit strîte toubete
10874dî dît, dî nicht geloubete;
10875want des geloubin tuginheit
10876vortirbit ofte in sichirheit
10877unde sichir danne stât,
10878swen sî ist in vâr gesat.
10879Daz selbe ist ouch zu merkin
10880an andrin gûtin werkin.
Wî Lenzeburc wart vorbrant und vil Prûzin darûffe.

[Dusb. III, 88.]

10881Dî brûdre in den zîten wârn
10882von den Prûzin des in vârn,
10883daz sî woldin abekêrin
10884dem geloubin und sêrin

--- S. 429 ---

10885dî cristinheit mit âchte.
10886Und dô man sî vordâchte
10887alsus dirre ubiltât,
10888dô was zu vogite gesat
10889ob Nattangin und Ermelant
10890brûdir Volrât, der genant
10891was der Wundirlîche.
10892Der name dêswâr glîche
10893sîme sittin ouch gezam,
10894want man wundirs gnûc vornam,
10895daz er ûbte hî und dâ.
10896In den selbin vristin sâ
10897einis âbindis solde
10898der vogit, als er wolde,
1089974 c    trinkin sînen âbinttranc,
10900darzû er hatte ouch durch danc
10901geladin des landis bestin
10902zu Lenzinburg ûf dî vestin;
10903und dô sî alsô sâzin,
10904kegn einandir mâzin
10905rede unde wârin vrô,
10906dô schikte iz ir einer sô,
10907daz daz licht wart ûzgetân,
10908und begondin râmin sân
10909des vogitis mortlîchin
10910mit houwin und mit stichin
10911und hêttin in ouch irmort
10912in den vristin aldort,
10913hêtte er nicht angehât
10914vorborgin wâpinlîche wât.
10915Und zuhant nâch der stunt,
10916dô daz licht wart inzunt,
10917dô lîz der vogit schouwin
10918zustochin und zuhouwin
10919sîne cleidir manchirsît
10920unde vrâgte in der zît
10921dî geste ûf urteilis ger,
10922waz ein sô valschir morder
10923solde lîdin um den mein.
10924Dô antwortin sî gemein,
10925sîn schult von rechte wolde,
10926daz man in burnen solde. —
10927Darnâch brûdir Volrât
10928ir abir zu hûse bat
10929ûf dî selbe burc vil mê,
10930wen dirre was gewesin ê
10931unde pflag ir mildeclîch1.
10932Und dô sî ubirtrunkin sich,
10933sî begondin abir ôt
10934rûnen vaste ûf sînen tôt.
10935Unde dô er daz irhôrte,
10936dî rede in bekorte2,
1093774 d    daz er von in gînc hinvur
10938und vorsperrete dî tur;
10939darzû leite er vûer an
10940und dî geste gar vorbran,
10941darzû di burg allintsam.
10942Sus dâ dî wirtschaft ende nam.
— —

[Dusburg III, 89.]

10943In des selbin jâris vrist,
10944dô dî Prûzin den gebrist
10945sâhin des unstatin,
10946den dî brûdre hâtin
10947in dem Kûrschin strîte intpfân,
10948dâvon wir ê gesprochin hân,
10949sô daz sî sêre geswechit wêrn
10950an brûdern und an wêpenêrn,
10951an pferdin, wâpnen, der sî vîl
10952vorlorn hattin in dem zil,
10953und an manchin dingin ôt,
10954der dâ zu urloige ist nôt,
10955sî bewîstin andirweit3
10956ir angeborne bôsheit
10957offinlîch den cristin.
10958An des êwangelistin      [1260. 20. Septbr.
10959sente Mathêi ôbinde
10960sî sam dî hunde tobinde
10961vîlin durch des tûvils rûm
10962in irin êrstin irretûm
10963und satztin vîentlîch
10964wider den geloubin sich
10965vechtinde dî brûdre an.
10966Dî Samin einen houbtman
10967kurn, der hîz Glande;
10968dî von Ermelande
10969Glappin in ûzweltin;
10970zu hergrêven zeltin
10971Auctume dî von Pogezên;
10972dî Nattangin sach man gên

--- S. 430 ---

10973an Heinrîche, der Monte hîz;
10974der Bartin dît sich vorlîz
1097575 a    an einen, der hîz Diwan,
10976daz der solde sî vorstân.
Daz vil cristinlîchis blûtis wart vorgozzin.

[Dusb. III, 90.]

10977Dirre houbtlûte iclîch
10978besaminte mit den sînen sich
10979und wurdin des in ein,
10980daz sî woldin algemein
10981sich samnin ûf einen tac,
10982als der von in bescheidin lac,
10983mit gewâpintir hant
10984und ubir al dî lant
10985tilgin unde tôtin
10986mit vreislîchin nôtin,
10987swer dâ Cristum nente
10988und mit geloubin kente;
10989daz ouch leidir sô geschach.
10990Mit grimme man sî reisen sach
10991daz lant al durch und umme
10992dî lenge und ouch dî crumme
10993mordinde dî cristin,
10994swaz sî ir in den vristin
10995bûzin den vestin vundin.
10996Etliche sî ouch bundin
10997und brâchtin sî gehaft
10998in êwige eiginschaft.
10999Man sach sî mein ouch stellin
11000an kirchin, an capellin,
11001beide gewît und ungewît,
11002dî gar vorbrante ir argir nît.
11003Dî heiligen sacramente
11004der kirchin, dâ dî rente1
11005unsir sêlikeit an stât,
11006wurdin gar von in vorsmât,
11007ich meine gotis lîchnam
11008und dî olunge alsam.
11009Dise heilikeit sô grôz
11010betastin sî mit hendin blôz
1101175 b    und trâtin sî zur erdin
11012mit michilin unwerdin.
11013Darzû daz messegewête,
11014dî vaz und daz gerête,
11015daz gote was geheiligit,
11016wart von in gar bemeiligit
11017und unbillîch geûbit.
11018Von in wurdin betrûbit
11019mit manchir martir swêre
11020dî prîstere gewêre
11021und manic gewîtir helt,
11022dî got zu dînste hât irwelt.
11023In den selbin gezîtin
11024nâmin dî Sambîtin
11025durch ires schimpfis lûdir
11026einen prîstirbrûdir
11027des dûtschin hûsis, der zu in
11028was gesant ûf sulchin sin,
11029daz er sî solde toufin
11030und ûz sundin sloufin,
11031daz sî dô gar vorsmêtin,
11032und zwischin zwein bretin
11033prestin sî sô lange
11034den hals im mit getwange,
11035unz er alsô vorstikte.
11036Den tôt dî dît sô schikte
11037im in hônlîchin dûtin;
11038sî sprâchin: ›Heiligin lûtin
11039›vûgit sulchir martir schicht,
11040›sint daz wir inturrin nicht
11041›gîzin ir gewîtiz blût.‹
11042Diz jâmir ande, hêrre gût!
Von dem strîte zu Pokarwin, dâ vil cris­tinerluite wurdin geslagin.

[Dusb. III, 91.]

11043In den jârin unsirs hêrin
11044dô der tûsint vorgangin wêrin
11045zweihundirt sechzic darûf ein,      [1261
11046irschal der unmenschlîche mein
1104775 c    sô hin ûz in dûtsche lant,
11048der ûf dî cristnin was gewant
11049zu Prûzin mit vil bittirkeit,
11050dâvon ouch wurdin beweit
11051vurstin, grêvin, hêrrin gnûc.
11052Zu jâmirunge sî irwûc
11053und zu mitlîdunge,
11054daz dî nûwe pflanzunge
11055des geloubin solde,

--- S. 431 ---

11056als der tûvil wolde,
11057sô jâmirlîch werdin vornicht,
11058dî dâ sô pînlîch ûfgericht
11059was in lustsame vrûte
11060mit manchis cristnen blûte,
11061daz dâ was vorgozzin.
11062Des wârin sî vordrozzin
11063unde woldin rechin
11064daz unrecht und vorbrechin
11065in cristinlîchir ande.
11066Von Reider man nande
11067einen hêrrin lobesam;
11068der selbe dô zu Prûzin quam
11069und mit im manig edil dein
11070von dûtschin landin manchirwein
11071zu hulfe disem lande sô,
11072mit den ouch dî brûdre dô
11073zugin in Nattangirlant
11074stiftinde roub unde brant,
11075ouch slûgin unde vîngin.
11076Dô sî des gnûc begîngin
11077sî kartin widir an dî stat,
11078dâ Brandinburc nû ist gesat,
11079unde slûgin ir gezelt
11080aldâ ûf an daz velt.
11081Nû dûcht iz beide nutze sîn,
11082dî brûdre und dî pilgerîn,
11083daz von deme here
11084ein teil dî widirkêre
1108575 d    nêm in daz lant vorgeseit
11086zu Nattangin und andirweit
11087iz hernde durchrentin,
11088tilgtin unde brentin,
11089swaz dâ ê was blibin heil,
11090und des heris andre teil
11091beite aldâ sidir,
11092unz sî quêmin widir.
11093Dî wîle sî diz schûfin,
11094dô hattin sich berûfin
11095dî Nattangin zusamin
11096vil mechtig unde quâmin
11097zu Pokarwin, als ich las,
11098dâ daz eine teil ouch was
11099des cristninheris blibin,
11100und mit strîte tribin
11101ûf sî vîentlîchin.
11102Dâwidir ouch menlîchin
11103sich satztin in den vristin
11104dî brûdre unde andre cristin
11105und besundirn einir
11106ein rittir gût, ein reinir,
11107her Schenkil von Bintheim genant;
11108und von Westvâlerlant
11109was der hêrre kumin.
11110Er hatte dort vornumin
11111in einis bischovis predigât,
11112dî er zu dem volke tat,
11113daz der cristnin sêlin al,
11114dî zu Prûzin tôdis val
11115von den uncristnen nêmin,
11116zu himelrîche quêmin
11117ân alle vegevûer.
11118Diz wûc der helt vil tûer
11119allim solde gar bevorn.
11120Er nam sîn ros mit den sporn
11121und brach sich ûz besundir;
11122sîn sper slûg er undir
1112376 a    nâch rittirlîchir manheit
11124unde crefticlîch durchreit
11125der vîende spitze und ir her.
11126Dêswâr vil manchin Prûzin swêr
11127was daz selbe rîtin,
11128want er zu beidin sîtin
11129in sô scharfin grûz dâ bôt,
11130daz ir vil gelâgin tôt.
11131Ê er sî durchrante
11132und dô sich ouch gewante
11133der gotis kempfe lobesam
11134und dem her inmittin quam,
11135dô wart der helt irslagin.
11136Ouch wart dâ angetragin
11137von den Bartin beidirsît
11138ein sô vîentlîchir strît,
11139daz ir vil tôtlîchin wunt
11140und ouch tôt in der stunt
11141vîlin aldâ beidinthalb.
11142Daz strîtin sich sô lange walb1,
11143unz doch zu jungist leidir
11144der hêrre von Reidir
11145selbe ouch irslagin wart
11146und mit im ein michil part
11147des heris und dî brûdre gar,
11148dî dâ wârn in der schar.
11149Ouch wurdin gnûc der cristin

--- S. 432 ---

11150gevangin in den vristin;
11151dî andrin griffin an dî vlucht.
11152Nû quam ouch widir gene trucht,
11153dî in Nattangin was gesant,
11154dî wîle diz dinc sus was geant.
11155Und dô sî wurdin nâhin
11156der walstat unde sâhin,
11157daz der cristnin her vorlorn
11158hatte und den sic vorkorn,
11159und in keinir hulfe pflicht
11160geleistin mochtin in der schicht,
1116176 b    want der vîende was zu vil,
11162sî mûstin dannen in dem zil
11163vorholne wege wîchin
11164betrûbit bittirlîchin.
11165Dô irgân was dirre mort
11166dî Nattangin woldin dort
11167den gotin tûn ein opfir grôz
11168und lîzin ire lôz
11169undir dî cristnin sâ,
11170dî sî gevangin hattin dâ.
11171Daz lôz ûf einen burger quam
11172von Meideburg, als ich vornam,
11173edil und rîch irkant;
11174Hirzhals was er genant.
11175Und dô ûf in der angist trat,
11176Heinrîch Monten er sâ bat,
11177daz er bedêchte dî woltât,
11178dî er im ofte in der stat
11179zu Meideburc dâ vor irbôt,
11180und hulfe im ûz der nôt,
11181dî in nû bekorte.
11182Und dô Heinrîch diz hôrte,
11183zweiis er in lôste
11184von des opfirs rôste,
11185want daz lôz î ûf in wûc.
11186Zum drittin mâle abir slûc
11187ûf in daz lôz alsam ê.
11188Dô begert er ouch nicht mê
11189lengir dêswâr vristin sich;
11190sundir er gab williclîch
11191sich selbir ûz der rote
11192Cristô dem wârin gote
11193zu opfire gewisse
11194in wârir bekentnisse
11195des geloubin alsô wert.
11196Dô bundin sî in ûf sîn pfert
11197und brantin in dâmitte
11198nâch ires opfirs sitte.
1119976 c    Nû merkit hî besundir
11200von gote ein schône wundir,
11201daz an dem burger geschach,
11202als der selbe Heinrîch sprach
11203und andirre Prûzin vil,
11204dî dâ wârin in dem zil.
11205Mit eidin hôrte man dî jêhen,
11206daz sî offinlîch gesêhen
11207hêttin eine tûbe ê,
11208dî wêre wîzir den ein snê,
11209vlîgin in der stunde
11210ûz des burgêris munde,
11211dô er in des vûeris vreist1
11212solde ûfgebin sînen geist. —
Von der vorzeichenunge des strîtis.

[Dusb. III, 92.]

11213In dûtschin landin was ein wîb,
11214dî dâ hatte iren lîb
11215gote sô irgebin,
11216daz sî ein heilic lebin
11217vûrte in einir clûsin.
11218Dî hôrte ein michil prûsin
11219und ein grôz geschelle
11220obin irre zelle,
11221want eine grôze schar dâ vûr
11222von tûvelin, dî sî dâ beswûr,
11223daz sî ir sundir dagin
11224dî wârheit soldin sagin,
11225wâhin ir reise wêr gewant.
11226Dô sprâchin sî: ›Kegn Prûzinlant;
11227›dâ wirt morne ein swinde strît,
11228›in dem volkis vil gelît
11229›tôt von beidin partin;
11230›dâ wolle wir hin wartin,
11231›waz uns teilis dâ gebur.‹
11232Dô sprach sî sô: ›Wen ir hî vur
11233›widir varit sô her dan,
11234›sô sagit mir, wî iz irgân
11235›dort in deme strîte sî.‹
1123676 d    Und dô sî widir quâmen bî
11237der vrouwin zelle vorgeseit,
11238sî sprâchin, daz dî cristinheit
11239wêre wurdin sigis lam
11240und ir sêlin allintsam,
11241der lîchame lêgin tôt,
11242vorwundin hêttin alle nôt

--- S. 433 ---

11243und wêren behaldin
11244in êwigin sâldin,
11245sundir drî alleine,
11246der vorsatz was unreine:
11247sî wârin dar nicht kumin
11248um der sêlin vrumin,
11249sundir ir mût was geleit
11250ûf rûm und ûf îtilkeit.
Wî daz vil pilgerîme wurdin irslagin.

[Dusb. III, 93.]

11251In dem selbin jâre,
11252als ich las vorwâre,
11253der grêve von Barboige
11254durch got in daz urloige
11255sich sô hin kegn Prûzin nam;
11256vil rittirschaft ouch mit im quam,
11257mit den er zouch in Samelant;
11258und dô er dâ roub unde brant
11259gestifte beide her und dar,
11260sich saminte der Samin schar
11261und bestrittin in aldâ      [1261. 21. Januar
11262an sente Agnêtin tage sâ.
11263Dô wart der grêve sêre wunt;
11264der andrin wurdin in der stunt
11265gevangin sumelîche,
11266irslagin ouch etlîche.
11267Ouch sumelîche nâmin
11268dî vlucht und dannen quâmin.
Wî dî burc Heilsberc vorwûstit wart.

[Dusb. III, 94.]

11269Nicht ubir lanc nâch dirre zît
11270dî Prûzin durch des tûvils nît
1127177 a    besamintin sich in drî her
11272und hattin in zu wer
11273drî blîdin lâzin bûwin;
11274mit den sach man sî zûwin
11275vor dî burc zu Heilisberc
11276und richtin dâ ir werc
11277zu vîentlîchim sturme ûf,
11278und belâgin sî mit gûf
11279sô lange unz man dî cristin,,
11280dî dâ in den vristin
11281ûf der burc belegin wêrn,
11282von hungirs twange sach vorzern
11283wol drithalbhundirt pferde.
11284Zuletst joch zu generde
11285mûstin dî selbin lûte
11286ezzin der pferde hûte.
11287Zu jungist doch, dô in gebrach
11288der kost zumâle, man sî sach
11289dî burc dâ lâzin eine stân
11290und touge intwîchin dan
11291zum Elbinge in dî stat.
11292Nû wârn zu gîsle in gesat
11293zwelf Prûzin, dî sî mit in dô
11294ouch hatten brâcht von dannen sô;
11295dî blenttin sî und santin sidir
11296sî zu iren vrûndin widir.
Wî Kungisberc, Crûzeburc und Barthin­stein wurdin belegin.

[Dusb. III, 95.]

11297Nû sach dî tûvelische dît,
11298daz nâch wunsche ir gerît
11299und ôt gar nâch willin gînc,
11300swaz sî argis angevînc
11301zu harme der cristinheit.
11302Des sprâchin sî in uppikeit:
11303›Sâ, wî lange sal diz wern?
11304›Wol dan, wir wollin abeschern1
11305›und tilgin cristinlîchin nam
11306›von disin landin allintsam,
1130777 b    ›sô daz man sî nicht kenne
11308›und joch nindirt nenne!‹
11309In dem vorevele sî sich,
11310besamintin dô crefticlîch
11311und belâgin al gemein
11312dî drîe burge, Barthinstein,
11313Crûzeburc und Kungisberc
11314und richttin ûf dâ werc;
11315um der burg iclîche
11316drî bercvrit vil werlîche
11317bûwitin in den zîten sî
11318und mannetin sô starke dî
11319mit strîtlîchin wêpenêrn,
11320daz dî dâ belegin wêrn,
11321nindirt mochtin ûf noch ab
11322von lâge, dî sî ummegab.

--- S. 434 ---

11323Waz anvechtunge unde vâr,
11324waz kummers, waz gebrechin swâr
11325dî brûdre in den vristin
11326liddin und dî cristin,
11327dî mit in belegin wârn
11328ûf den burgin in den jârn,
11329daz mac nîmant vol achtin,
11330besinnen noch vol trachtin,
11331want sî wurdin darzû brâcht
11332von ubirgrôzis hungirs macht,
11333dâ sî schâfe, rindir, swîn
11334und al dî pfert, dî gesîn
11335ûf den burgin wârn dort,
11336vorzertin, daz sî mûstin vort
11337dî hûte von dem vihe ôt
11338ezzin vor dî hungirsnôt.
11339Der ungewontin spîse hart
11340vil manic brûdir zanlôs wart
11341und ouch andre lûte
11342kûgende dî hûte.
Von brûdir Helmerîche dem sechstin lantmeistre zu Prûzin.

[Dusb. III, 96.]

1134377 c    Brûdir Helmerîch der was      [1262
11344sechste meistir, als ich las,
11345zu Prûzin in dem lande
11346und dô mit vlîzis ande
11347er wol drî jâr gepflac
11348des amtis, tôt er gelac
11349und wart begrabin sît
11350zu Colmensê, dâ er noch lît.
11351Marschalc was ouch in der zît
11352zu Prûzin brûdir Dîterîch,
11353ein man zu strîte ellintlîch
11354und zu gote innenclîch.
Wî dî burc Resil wart zustôrt.

[Dusb. III, 97.]

11355Dô dî brûdre, dî dâ wârn
11356zu Resil ûf der burc, irvarn
11357hattin von gewizzin mêrn,
11358daz alsô belegin wêrn
11359dî drîe burge vorgeseit,
11360in wart angist unde leit,
11361want grôze vorchte ûf sî trat,
11362dâvon sî sûchtin manchin rât,
11363waz in zu tûne wêre gût.
11364Zuletst belac darûf ir mût,
11365daz sî dî burc vorbrantin
11366und sich dannen wantin
11367vorholnlîch intwîchinde
11368durch dî wiltnisse strîchinde.
Von eime sigge, dâ dî grêvin von Julich und von Marchâ slûgin drîtûsint Samin.

[Dusb. III, 98.]

11369Dô sô manchir hande leit
11370und sô grôze jâmirkeit
11371und sô bittre harmschar
11372dî brûdre und dî cristneschar
11373in Prûzinlande ubirgân
11374hatt, als ich gesprochin hân,
11375daz sî allir crefte wan
11376vil nâ itzunt wârn vorgân,
1137777 d    sî begondin algemein
11378beide grôz unde clein
11379sich bittirlîch betrûbin
11380unde jâmir ûbin,
11381als sî dô irscheintin;
11382sî claitin unde beweintin
11383sô lange ir leitlîch ungemach,
11384unz der trêne in gebrach.
11385Nîmant den andrin kunde
11386getrôstin in der stunde,
11387want sî vorchtin sêre,
11388daz got ûf sî wêre
11389in alzu grôzim zorne inprant
11390und hette sich gewant
11391von in mit genâdin gar,
11392want sî itzunt zwei jâr
11393gestrittin hattin manchin strît
11394und gelâgin alle zît
11395sigelôs mit grôzir mû,
11396sô gînc î den vîendin zû
11397gelucke an allin dingin.
11398Dî nôt sach man sî twingin
11399zu rûwigin smerzin.
11400In dêmût des herzin
11401und mit heizin zêrin
11402begondin sî dô kêrin
11403ir ougin ûf kegn himelrîch
11404unde schrehin innenclîch
11405zu gote mit gebete,
11406daz er in hulfe tête.
11407Daz ouch geschach. Sî wurdin irhôrt.
11408Der milde got irweite dort

--- S. 435 ---

11409zwêne grêvin lobelîch
11410von Marche und von Julich,
11411daz sî quâmin in Prûzinlant
11412mit grôzir macht, dî in benant
11413was dô zu gesinde
11414von strîtêrin swinde.
1141578 a    Dise geste quâmin zwârn
11416in Cristî unsers hêrrin jârn
11417tûsint drithalbhundirt      [1262
11418und zwelfe drûf gesundirt
11419zu Kungisberg um vesperzît,
11420als sente Vincencien âbint lît,      [21. Jan.
11421und woldin dannoch hân
11422des selbin âbindis getân
11423ein sturmin an dî bercvrit,
11424dâ daz hûs vorbûwit mit
11425was ê von den dîtin.
11426Doch iz widirrîtin
11427dî brûdre, want dî tagezît
11428zu kurz was ûf sô hartin strît.
11429Des morgins, dô der tag irschein,
11430und der cristnin her gemein
11431zûtrat und sturmin soldin
11432dî bercvrit, als sî woldin,
11433dô wâren dî Samin alle dan
11434intwichin, daz ein einic man
11435darûffe nicht wart vundin,
11436und hattin in den stundin
11437den pilgerîn durch plâge
11438vîentlîche lâge
11439an der strâzin geleit.
11440Nû wart der grêve des beweit
11441von Julich und in zorn inprant,
11442daz im dî Samin wârn intrant.
11443Ir lâgin was im umbekant;
11444sus irhûb er sich zuhant
11445und zouch ummûtic dannen
11446mit allin sînen mannen,
11447dî mît im wârn kumin dar,
11448unde hatte keine vâr
11449vor der tougin lâge list.
11450Îdoch rîtin in der vrist
11451dî brûdre im getrûwelîch,
11452daz er daran bewarte sich
1145378 b    unde sente botin vor,
11454dî dâ besêhn der strâzin spor,
11455ob lîchte îmant dî wege
11456zu schadin im vorlêge.
11457Der botin einre, als ich las,
11458Stanteke genennit was.
11459Der traf der Samin warte,
11460dî ouch dô ûf in karte
11461und gab im wundin grôz.
11462Îdoch des pferdis er genôz,
11463daz in sô snelle von in trûc,
11464daz in dî dît nicht tôt irslûc.
11465Sus quam der gerant vorwâr
11466mit blûtigim swerte bar
11467und melte dî lâge.
11468Dî geste dô nicht trâge
11469sich ordintin zu strîte.
11470Der grêve in der zîte
11471von Marchâ mit sînen scharn
11472bestreit, dî dâ gerittin wârn;
11473dî andrin dî zu vûze;
11474mit vîentlîchim grûze
11475begeintin sî den vîendin dâ.
11476In was beidir sîtin gâ
11477zusamne, als sî twang ir zorn.
11478Dî reinen grêvin wol geborn
11479sam dî lewin unvorvêrt1
11480natztin in der zît ir swert
11481in manchis Prûzin blûte.
11482Mit ellintlîchim mûte
11483strittin sî sô lange ôt,
11484unz daz in der milde got
11485mit grôzim prîse gab den sic
11486sundir schedelîchin schric.
11487Dâ blibin vil der vîende tôt;
11488ein teil intquam ir ouch der nôt
11489vluchtic, dî doch wârin wunt.
11490Sô weich ir vil in der stunt
1149178 c    in ein dorf, daz dâ lac,
11492daz man dô Calige pflac
11493und nû Sclunien heizin.
11494Vil manic hart puneizin2
11495mûste man dâ mit in hân,
11496ê man sî darûz gewan.
11497Sî wertin alsô herticlîch
11498kegn den pilgerînen sich
11499und tâtin in sô grôze mû,
11500daz von Kungisberc darzû

--- S. 436 ---

11501dî brûdre mûstin kumin gar
11502und ir wêpenêre zwâr.
11503Dî satztin dô kegn listin list
11504in menlîchir mittewist
11505strîtinde dî vîende an.
11506Daz strîtin werte sundir wân
11507sô lange und was sô harte,
11508unz daz von beidir parte
11509ir dâ tôt gelâgin gnûc
11510und wunt; îdoch got wûc
11511mit hulfe zû den sînen
11512reinen pilgerînen,
11513daz sî dî Samin slûgin al,
11514der man acht in rûmir zal
11515mê den drîtûsint wesin.
11516Ouch sô hab ich gelesin,
11517daz andirre Prûzin vil
11518tôt ouch ûf daz selbe zil
11519blibin ûf dem velde wît;
11520des sî got gebenedît!
11521der der sînen nicht vorzît
11522dî lenge, sundir trôst in gît
11523unde weiz des wol dî zît,
11524als uns wîsit dirre strît,
11525want ebin ûf den selbin tac
11526als dî jârgezît gelac,
11527daz zu Pokarwin was irgân
11528der strît, dâ den sic gewan
1152978 d    dî abtrunnige bôse dît,
11530als ich ûch dâ vor intschît,
11531sus sî ouch gelâgin
11532in disim strît irslagin. —
Von der vorwickunge des sigis.

[Dusb. III, 99.]

11533Disin mort der Samin
11534dî brûdre vornâmin
11535von einem Prûzin, der was alt.
11536Der sprach: ›Wizzit, daz gevalt
11537›werdin mit des tôdis slac
11538›dî Samin, swenne nû der tac
11539›sente Vincencien instât;
11540›und ob daz nicht sus irgât,‹
11541jach er, ›mîn houbt mir abeslât!‹
11542Welchir hande geist im tat
11543vorbescheidin dî geschicht
11544sô gewis, des weiz ich nicht;
11545îdoch dô der geste schar
11546schît von Kungisberc sô gar
11547sundir allis strîtis wân
11548ûf den tac, den der man
11549hatte vorbescheidin
11550den ungetouftin heidin,
11551den Samin, zu valle,
11552dô wart er mit schalle
11553geluginstrâfit offinlîch.
11554Doch sô hîlt er vestinclîch
11555sîne ê gesprochenin wort
11556unde sprach: ›Noch hûte irmort
11557›dêswâr dî Samin werdin,
11558›odir man dî erdin
11559›ûfsperrin iren munt gesît
11560›und vorslindin gar dî dît
11561›sam Dathan und Abiron.‹
11562Waz sol ich mê sprechin dâvon?
11563Vil gar iz ûf den tac geschach,
11564als der Prûze ê vorjach. —
79 a    Von den getrûwin Samin, dî sich dô zu den brûdrin tâtin.

[Dusb. III, 400.]

11565Dirre plâge ungewin
11566gab dêswâr dikeinen sin
11567den Samin noch sulche vornumft,
11568daz sî icht dî widirkumft
11569dennoch woldin grîfin an
11570und mit geloubin gân
11571in der cristinheite schôz,
11572sundir in voreble grôz
11573wurdin sî beweit noch mê
11574kegn gotis strâfunge den ê,
11575urloiginde hezlîchir vil
11576kegn den brûdrin nôch dem zil;
11577sundir sumelîche man
11578der edilstin, dî lîzin sân
11579hûs und erbe ligin
11580und zu den brûdrin krigin1
11581mit wîbin unde kindin
11582und allin irn gesindin.
11583Dî selbin ouch bewîstin sich
11584den brûdrin sint getrûwelîch.

--- S. 437 ---

Von dem strîte der brûdir widir dî Samin und zu êrstin kên dem gebîte Quedenow.

[Dusb. III, 101.]

11585Von Quedenow, als ich las,
11586Sclôdin sun Nalube was,
11587ein man vreislîch und turstic gnûc
11588dâvon er vor schande wûc,
11589ob er solde sô snellîch
11590undirtûn den brûdrin sich,
11591unde wolde in der geschicht
11592sînen vrûndin volgin nicht,
11593dî zu den brûdrin kartin dô.
11594Hîvon dî brûdre ouch alsô
11595wurdin widir in beweit,
11596daz ein reise ûzgeleit
11597ouch vil snelle wart ûf in.
11598Und dô sî zîhin soldin hin,
1159979 b    Wargullin, sînen brûdir, wart
11600nâch nâtûrlîchir art
11601jâmerin der reise,
11602in der durch tumme vreise
11603sîn brûdir solde sus vorgân.
11604Hîvon er loube des gewan
11605an den brûdrin, daz er in
11606warnen mûste ûf gûtin sin.
11607Alliz sûmin er vorbrach
11608und vil hezlîch zu im sprach:
11609›Balde ûf, Nalube, balde
11610›unde vlûch kegn walde
11611›inwîchende des tôdis pîn!
11612›Sich, nû mûst dû ein vlîhir sîn,
11613›sint dû nicht dem râte mîn
11614›noch der andrin vrûnde dîn
11615›wîslîch woldis volgin!
11616›Ûf dich ist irbolgin
11617›sô hezlîch der brûdre zorn,
11618›daz dîn lebin ist vorlorn
11619›sundir widirstrebin.
11620›Vlûch, wilt dû lengir lebin,
11621›want sî jagin al dâ her!‹
11622Und hûb sich dô vil balde er
11623und vluchtic dannen schît
11624zu Schôkin in daz gebît
11625und intquam alleine.
11626Daz andre algemeine
11627gesinde unde habe
11628tribin sî her abe
11629und zubuitin1 dî vil gar.
11630Darnâch sô manic harmschar
11631ûf den Nalubin ouch sich wab,
11632daz er den brûdrin sich irgab
11633und irwarb mit prîse
11634nâch cristinlîchir wîse
11635ein vil lobelîchiz wort
11636in dem lande hî und dort.
Wî swêrlîch Kungisberc — 79 c — was zu spîsene.

[Dusb. III, 102.]

11637Nû wârn in ir bôsheit
11638dî Prûzin kegn der cristinheit
11639vil gar vorsteint und vorhart;
11640dâvon gedâcht von in wart,
11641wî sî mochtin Kungisberc
11642dî burc, daz gots irwelte werc,
11643zustôrn und vorterbin,
11644ûf daz dâ nicht geerbin2
11645gotis lob mochte an der stat.
11646Abir der gotlîche rât
11647vornichtte gar zu allir vrist
11648ir argin vunde und ir list,
11649swî sî dî irtrachtin
11650dem hûse zu âchtin.
11651Sî hattin wol dî merke,
11652daz sî mit keinre sterke
11653dî burc kundin gewinnen.
11654Des wurdin sî sinnen,
11655wî sî mit listin herbin
11656sî mochtin vorterbin
11657und vortilgin in dem zil.
11658Schif lîzin sî bûwin vil,
11659dâmit sî woldin schadin
11660den schiffin, dî geladin
11661mit spîse wurdin gesant
11662zu Kungisberc von Colmerlant
11663und von dem Elbinge,
11664ûf daz sus abgînge
11665den brûdrin dâ des lîbis nar
11666und vorturbin hungirs gar.
11667Von disem schricke alsô sûr
11668wart betrûbt der commedûr

--- S. 438 ---

11669und dî brûdere gemein.
11670Zu jungist wurdin sî in ein,
11671daz sî touge einin man
11672santin, der dî schif ouch sân
11673bornde durchrenkte
1167479 d    und sî alsô vorsenkte.
11675Daz treib er sô dicke
11676in zu widirschricke,
11677daz sî der mû und arbeit grôz
11678und der kost zuletst vordrôz
11679und mûstin abelân
11680der brûdre schif zu vechtin an,
11681der sî itzunt gnûge
11682hattin mit unvûge
11683beroubit und vorterbit
11684und daz luit gesterbit,
11685daz sî î zu stundin
11686in den schiffin vundin. —
Von der vorterbunge der bruckin, dî dî Prûzin hattin gebûwit ûf den Pregor.

[Dusb. III, 103.]

11687Dô dî Prûzin in der schicht
11688dî burc kondin vorterbin nicht,
11689durch argin rât sî quâmin
11690abir al zusamin
11691unde wurdin denkin,
11692manchin rât ûzlenkin,
11693list in liste vlechtin,
11694wî sî ôt vollinbrêchtin
11695ir begunne bôsheit,
11696dî sî hattin ûz geleit.
11697Und dô siz wol gewûgin,
11698her und dar vorslûgin,
11699zu jungist doch ir allir rât
11700bleib ûf sulchin sin gesat,
11701daz sî eine brucke
11702der burc zu ungelucke
11703bûwitin aldâ inpor
11704ûf daz wazzir den Pregor
11705und ein bercvrit veste vort
11706îquedir ûf der bruckin ort,
11707dâmit den schiffin dî zûvart
11708alsô gar vorsperrit wart
1170980 a    kegn Kungisberc dem hûse ôt,
11710daz dî brûdre vil nâ tôt
11711darûffe hungirs wârin.
11712Und dô sî in den vârin
11713sich merktin ungenesin,
11714sî dûchte bezzir wesin,
11715daz sî in strîte sturbin,
11716wen hungirs sô vorturbin.
11717Des leitin sî ir wâpin an
11718und machtin sich zu schiffe sân.
11719Und dô sî quâmin in dî nêh
11720der bruckin, in vil snellir gêh
11721wurfin sî ir ankir;
11722doch quam ein wint sô swankir,
11723den man sî sach druckin
11724unz hin an dî bruckin.
11725Diz vûgte gotis vorbesicht.
11726Nû tocht ouch lengir sûmin nicht:
11727der brûdir rote ûf den grât
11728der bruckin dâ zusamin trat,
11729dâ sî ouch in den stundin
11730vil der Prûzin vundin,
11731dî zu strîte wârn gereit
11732mit wâpenen wol angeleit,
11733mit den sî dâ zusamin
11734slûgin in gotis namin
11735ûf der bruckin nidin.
11736Sô wâren ûf den bercvridin1
11737ob irn houbtin Prûzin mê,
11738dî in tâtin harte wê.
11739Dô wart mang in sô hart ein strît,
11740als î vor odir nâch der zît
11741solde ûf der erdin
11742von cleinem volke werdin;
11743und dô der strît gewerte gnûc,
11744got den sînen hulfe wûc
11745von himele vil zeichinlîch,
11746want iz was unmugelîch
1174780 b    dêswâr menschlîchir craft,
11748daz sî soldin sigehaft
11749werdin an der menie grôz.
11750Got in ôt dî craft îngôz,
11751daz sî dî vîende slûgin dan
11752und vortilgetin ouch sân
11753bercvrid unde brucke,
11754sô daz nindirt ein stucke
11755ir dâ bleib an der stat,
11756dâ sî wâren ê gesat.
11757In dem strîte ouch geschach2,
11758daz vluchtigin Prûzin nâch

--- S. 439 ---

11759gâhte brûdir Gebehart,
11760der ein Sachse was von art;
11761und in des selbin loufis vart
11762einem Prûzin von im wart
11763ein slac sô scharf durch den gil,
11764daz im daz houbt dâ intpfîl.
11765Daz houbit lîz er ligin dâ
11766und lîf den andrin nâ
11767vaste mit dem strumpfe.
11768Zu jungist im der dumpfe
11769bestûnt mit alsulchir nôt,
11770daz er vîl dânidir tôt.
11771Gemeine unde sundirlîch
11772dûcht sî alle wundirlîch
11773dirre louf sô gemelîch;
11774abir er was gremelîch
11775dem loufêre nemelîch
11776und den Prûzin schemelîch.
Wî Kungisberc wart angevochtin.

[Dusb. III, 104.]

11777Darnâch kurzlîch als ich las
11778Heinrîch Monte, der dâ was
11779der Nattangin houbitman,
11780saminte im sundir wân
11781ein her michil unde starc
11782in sulchim vorsatze arc,
11783daz er wolde sturmic werc
1178480 c    stiftin widir Kungisberc
11785und dî burc anstrîtin.
11786Und dô er hin quam rîtin
11787vor Kungisberg ûf daz velt,
11788dî brûdir im ein kegingelt
11789begondin aldâ wegin.
11790Sî zugin im inkegin
11791ûf daz velt mit irre schar.
11792Nû sach Heinrîch Monte dar
11793und wart vil snel gewar,
11794daz ein brûdir schikte sich
11795zu spanne, der hîz Heinrîch
11796Ûlinpusch, alsus las ich,
11797want er ein armbrost vûrte dâ.
11798Ûf den brûdir was im gâ;
11799und dô er im quam in dî nêh,
11800er sprach zu im mit wortin smê:
11801›Ich wil dich hûte sendin
11802›zu himele ân irwendin.‹
11803Mit den wortin er daz sper
11804durch in stach nâch sînre ger
11805und macht in swêrlîch wunt.
11806Îdoch wart er sint gesunt
11807der sô verchin wundin.
11808Nû was in den stundin
11809ein knecht bî im, der diz sach
11810und ouch sînen hêrrin rach.
11811Ein wurfsper vûrt er vil scharf;
11812in Heinrîch Monten er daz warf.
11813Dî wunde im misserît1,
11814daz er vil snelle dannen schît
11815widir in sîn gebît,
11816darzû alle sîne dît.
Wî abir dî Prûzin Kungisberg anvâchtin und von einre wundirlîchin geschicht eins armbrostis.

[Dusb. III, 105.]

1181780 d    Nîmant gar vol sprechin mac,
11818wî dî Samin nacht und tac
11819und ouch andir Prûzin
11820darûf pflâgin lûzin
11821und offinbêrlîch werbin,
11822daz sî ôt vorterbin
11823mochtin Kungisberc dî burc,
11824dâvon ouch des tôdis turc
11825nam vil manch man beidir sît.
11826Des geschach zu einre zît,
11827daz dar quam der Samin her
11828unde wârin sô gevêr
11829vechtinde dî burc dâ an,
11830daz dî brûdre nicht bestân
11831mochtin kegn in vor dem tor,
11832sî mûstin vor in vlîn ûf hôr2.
11833Dî vlucht sô nôtlîch was ouch î,
11834daz ein brûdir ligin lî
11835sîn armbrost dâ gespannen
11836unde vlôch von dannen.
11837Daz armbrost hûb ein Same ûf
11838unde hîng in tummir gûf
11839iz an den hals durch wundir.
11840Iclîchin dâ besundir
11841wundirte des sêre,
11842warzû iz nutze wêre,

--- S. 440 ---

11843und begondin iz dêswâr
11844betastin beide her und dar.
11845Zu jungist doch ir einir vant
11846daz gemerke; mit der hant
11847druckte er den sluzzil
11848und snalt im ab den druzzil,1
11849daz er tôt aldâ belac.
11850Der Samin schar des sêr erschrac
11851unde vorchtin mêre
11852dî armbrost vil sêre.
Wî daz stetil Kungisberg ûf sente Niclaus berge wart vorterbit.

[Dusb. III, 106.]

1185381 a    Dî brûdre hattin in der zît,
11854dâ noch dî capelle lît
11855sente Nicolaî
11856Kungisberc dem hûse bî,
11857ein cleiniz stetil gesat,
11858und want ir vestenunge mat
11859was, hîvon dî Samin
11860vorholn darîn quâmin,
11861slûgin, vîngin, waz dâ was,
11862ân ob vluchtig icht genas.
11863Durch dî sache wart dî stat
11864darnâch in den tal gesat
11865zwischin dî burg und den Pregor;
11866dâ lît sî vestir denne vor,
11867dô sî ûf dem berge lac.
11868Got pfleg ir vort, der ir î pflac!
Wî Dramenow daz dorf wart vorhert und vil Samin wurdin geslagin.

[Dusb. III, 107.]

11869Nîmant gar geschrîbin kan
11870und ob iz wêr geschribin dan,
11871sô wêr iz kûme geloublîch,
11872wî stête und wî vlîziclîch
11873sich zu allin zîtin
11874dî brûdre in hartin strîtin
11875arbeittin kegn den Samin,
11876ûf daz sî sî dem namin
11877machtin cristinlîchir ê
11878widir undirtân als ê.
11879Hîvon dô sî vordrungin,
11880geswechtin und betwungin
11881dî umgeseznen dîte
11882ubir dî gebîte
11883zu Wargin und zu Quedenow,
11884zu Schôkin und zu Waldow
11885und andre, dî in lâgin nâ,
11886dô reistin sî mit here sâ
11887ûf daz gebît Pobêtin,
11888und sî ouch dô hêtin
1188981 b    Dramenow daz dorf vorhert
11890gebrant, gevangin und vorzert
11891mit dem swerte volkis vil.
11892Sî kartin dannen in dem zil
11893mit eime roube, der was grôz.
11894Der dît sich dô zusamne schôz
11895ûz der gegenôte
11896eine michil rote
11897und volgtin den brûdrin nâch.
11898Vorwâr in was zu strîte gâch;
11899des sprengtin sî sô hertlîch an
11900dî brûdre, daz sî vorlân
11901hattin itzunt iren roub
11902und wârn an wer sô toub,
11903daz sî griffin an dî vlucht.
11904Doch was ein man hôhir tucht,
11905brûdir Heinrîch, den man hîz
11906Ûlinpusch, der zwâr nicht lîz
11907abe von menlîchir wer.
11908Er mûte eine al daz her
11909der Prûzin alsô sêre,
11910daz dî widirkêre
11911sîne hergevertin nâmin
11912und zu manheit widir quâmin
11913und bestrittin andirweit
11914dî vîende dô mit vreidikeit
11915und slûgin dâ vorwâr
11916der Samin eine grôze schar,
11917dî tôt ûf dem velde blibin.
11918Darnâch sî vrôlîch dannen tribin
11919gemêrt iren êrstin roub
11920ân der Samin urloub.
Wî dî brûdre gesigetin an den Samin in dem gebîte zu Bêtin.

[Dusb. III, 108.]

11921Ein gegenôt in Samelant
11922lît, dî Bêtin ist genant;

--- S. 441 ---

11923darinne wontin in der zît
11924gar vreislîche lûte ûf strît
1192581 c    unde hattin grôze macht;
11926ûz eime dorfe wârn geacht,
11927daz man zu strîte mochte hân
11928vumfhundirt tuchtige man.
11929Des torstin sî mit nichte
11930dî brûdre in keinre schichte
11931hernde vbirrîtin,
11932noch ouch kegn in strîtin
11933mit irre macht alleine.
11934Hîvon sî des in eine
11935wurdin, daz man sande
11936botin kegn Lîflande,
11937dî den meistir vlêtin,
11938daz er ûf dî von Bêtin
11939in hulfe benente
11940und in ouch dî sente
11941an eine stat, ûf einen tac,
11942der von in bescheidin lac.
11943Nû machtin sich dî brûdre ûz
11944von Kungisberg ûf strîts gestrûz
11945mit alle ires heris macht
11946und quâmin, als iz was gemacht,
11947an dem tage an dî stat,
11948als ir vor vornumin hât,
11949und begondin vreislîch ôt
11950dî vorgenante gegenôt
11951mit roube und mit brande hern,
11952dennoch dî Lîflender wêrn
11953nindirt dâ irscheinit.
11954Des wurdin ouch voreinit
11955in zorne vil grimmeclîch
11956dî Samin und besamtin sich
11957in strît kegn der brûdir her.
11958Und als sî itzunt allir wer
11959woldin hân vorzigin
11960und zu der vlucht gesigin,
11961als sî twanc der vîende kraft,
11962dô quam ouch aldâ zûgestaft
1196381 d    daz her der Lîflandêre
11964mit rossin vil gewêre
11965den vîendin gevêre
11966gar nâch der brûdir gere,
11967dî irre kumft ouch wurdin vrô, —
11968ô wî vrô, wî herzinvrô! —
11969unde slûgin mit in dô
11970dî vîende nidir als ein strô,
11971sô daz ir keinre nî genas,
11972der dâ zu velde kumin was.
11973Sî vîngin wîb unde barn,
11974waz der îndirt aldâ wârn
11975und alle daz gebûwe,
11976alt unde nûwe,
11977wart zu aschin gar vorbrant,
11978swaz man des ôt indirt vant
11979beide dâ und andirswâ
11980alum in den gebîtin nâ.
Wî dî Samin den brûdrin sich abir irgâbin.

[Dusb. III, 109.]

11981Dô dî Samin alsus wârn,
11982mit manchirhande harmscharn
11983geplâgit hertlîch und gemant
11984von gote mit der brûdir hant
11985und ouch andirre cristin,
11986sô daz sî in den vristin
11987nicht lengir mochtin sich gewern,
11988dô sach man sî betwungin kêrn
11989an den geloubin widir
11990und daz sî ouch sidir
11991in stête woldin habin,
11992gîsele sî des gâbin.
Wî dî Samin abir sich vornoigîrtin ûz dem gebîte Rinow.

[Dusb. III, 110.]

11993Nû lîz der tûvil, der î neit
11994vride unde sêlikeit,
11995daz nicht lange sô bestân;
11996er schuntte erclîch abir dran
1199782 a    dî samische dîte
11998dî in dem gebîte
11999dâ zu Rinow wonte,
12000daz sî abir donte1
12001ûf des ungeloubin spor,
12002als sî gewandirt hatte vor,
12003und sich vornoigîrte.
12004Sus sich daz hantîrte:
12005sî besamintin ein her
12006unde nâmin hin dî kêr
12007mit vîentlîchim prûsin

--- S. 442 ---

12008vor dî burc Vischhûsin,
12009dî benant dô was zu hove
12010dem samischin bischove,
12011unde sturmtin daran.
12012Darûffe nicht wen zwêne man
12013wârn, hab îch vornumin recht,
12014ôt ein brûdir und sîn knecht,
12015dî in der zît den gestin
12016hîldin vor dî vestin
12017und der pflâgin mit hûte.
12018Abir got der gûte
12019dâ selbe was wechtêre
12020widir dî êchtêre,
12021beschirminde dî burc vorwâr
12022zeichinlîch; want dô dî schar
12023was kumin an daz burgetor,
12024der pfortin rime hînc hin vor;
12025îdoch sî got sô blante,
12026daz ir keinir irkante
12027den rimen, noch des wart gewar.
12028Jâ wêr dî burc gewesin gar
12029in geoffint und vorlorn,
12030hettin sî dî snûr irkorn,
12031dî an dî clinke was gehaft —
12032diz hette eines vingirs craft
12033dâ vil schedelîch volant —
12034inhêt iz got nicht selb irwant
1203582 b    unde sî gemachit blint.
12036Nû sturmtin sî dî burc dâ sint
12037etslîche wîle ûf vrumin wân
12038unde zoitin dô von dan.
Wî daz gebît Rinow wart vorterbit und getôtit, dî darinne wontin.

[Dusb. III, 111.]

12039Dô von Kungisberge
12040dî brûdre dise erge
12041der Prûzin vornâmin,
12042in michlin zorn sî quâmin
12043und besamintin zuhant
12044ir her und waz irkant
12045in getrûwir Samin wârn.
12046Mit den sach man sî sô hin varn
12047in daz gebît Rinowe
12048mit vîentlîchir drowe
12049und irslûgin al dî man
12050dî daz gebît dô mochte hân;
12051wîb, kint und dî habe
12052tribin sî her abe.
12053Alsus gesaz dô abir nû
12054Samelant in vridis rû. —
Wî Tapiow vnd Loustete gebûwit wurdin.

[Dusb. III, 112.]

12055Binnen disen zîten,
12056daz sich dî Sambîten
12057vornoigîrit andirweit
12058hattin, als ûch ist geseit,
12059dî brûdre sâ bûwetin
12060zwû burge, dan sî trûwetin
12061dempfin und gesweigin baz
12062irre valscheite haz
12063und ire vîentlîche drow.
12064Dî eine burc hîz Tapiow
12065ûf dem Pregore gelein,
12066dî dî Prûzin nennin pflein
12067in irre sprâche Surgurbi.
1206882 c    Darnâch man dî andre sî
12069sach bûwin sô hin abe,
12070ûf dem vrischin habe
12071nâ bî der gesalznin sê;
12072Witlandisort hîz sî ê,
12073nû heizit sî Louchstete.
12074Ein Same, Laustiete
12075genennit, wonte an der stat,
12076nâch dem dî burc den namin hât.
Wî Girdauwin vorwûstit wart.

[Dusb. III, 113.]

12077Bî den selbin zîten was
12078in Bartinlande, als ich las,
12079woninde ein Prûze gût,
12080der hatte cristinlîchin mût.
12081Girdauwe sô was er genant;
12082achtbêr unde rîch irkant
12083was er in den tagin
12084an gûte und an mâgin.
12085Sîns geslechtis lebit vil
12086noch, dî man in disem zil
12087Rendalien zu nennin pflît.
12088Eine burg er in der zît
12089besaz, dî man Girdawin hîz
12090nâch im; unde want er lîz
12091allis ungeloubin spot
12092unde leiste gots gebot,
12093minnende dî cristinheit,

--- S. 443 ---

12094hîvon er grôze gremde leit
12095unde vîentlîche nôt,
12096dî im mit urloige bôt
12097sîn ummesezne lantdît,
12098dî dô von dem geloubin schît
12099und in ungeloubin trat,
12100sam ê nâch des tûvils rât,
12101der allir gûte ist gehaz.
12102Und dô er kummirs vil besaz
12103aldâ von strîtis ubirlast,
12104zu jungist im sô gar gebrast
1210582 d    spîse, daz er dâ lengir nicht
12106behertin mochte von der schicht,
12107er dî burg vorbrante
12108und sich von dannen wante
12109mit wîbe unde kindin,
12110mit habe vnd gesindin
12111kegn Kungisberc, dâhin er quam
12112und sich zu den brûdrin nam. —
Wî sechs brûdre und vil cristin wurden geslain und Waistotenpil dî burc wart vorbrant.

[Dusb. III, 114, 115.]

12113Zu Bartin in dem lande
12114man eine burg irkande
12115dâ gebûwit ûf ein vlîz,
12116daz dî Gobere dô hîz.
12117Dî vestin hîz Waistotenpil
12118und was der brûdre in dem zil,
12119als mir dî schrift urkunde gît.
12120Nû geschach in einre zît,
12121daz dî Prûzin quâmin
12122und mit roube ûfnâmin
12123zwei dorfir bî dem hûse nâ.
12124Den brûdrin und den iren gâ
12125wart ûf dî vîande.
12126In zornigir ande
12127îltin sî dem here nâch.
12128Ûz ir lâge man dâ sach
12129sprengin zû dî Prûzin,
12130dâ sî ê pflâgin lûzin
12131und slûgin in den vristin
12132sechs brûdre und vil cristin,
12133der zal ich nicht geschribin vant.
12134Mildir got, dir ist irkant,
12135wî vil unde wer sî sîn;
12136intpfâch sî zu den vroudin dîn
12137durch dîn heilige martirât! —
12138Nû wârn dî Prûzin noch nicht sat
12139der arbeit, dî sî tribin zû
1214083 a    den brûdrin mit pînlîchir mû,
12141want sî in wârn î gevêr.
12142Sî besamintin ein her
12143gar creftic von volkis vil
12144und zugin vur Waistotenpil
12145dî burg und sî belâgin
12146und hertis sturmis pflâgin
12147aldâ mit alle irre macht
12148von dem morgin unz an dî nacht
12149einen ganzin langin tac.
12150Îdoch der brûdre wer sich wac
12151widir sî sô crefticlîch,
12152daz sî dannen hûbin sich
12153widir heim kegn hûse;
12154und nâch dem geprûse
12155sô vêrlîchir burdin
12156dî brûdre merkin wurdin
12157dî burc sîn sô unveste,
12158daz sî dâ sulchir geste
12159vîentlîchin anestôz
12160nicht mochtin âne schadin grôz
12161vurbaz ubirhertin;
12162darum sî dannen kêrtin,
12163daz îdoch geschach vorholn.
12164Dî burc brantin sî zu koln.
Von Wisenburg und wî zwenzic brûdir geslain wurdin und al ir her.

[Dusb. III, 116.]

12165Wisenburg ein hûs genant
12166dî brûdre ouch in Bartinlant
12167hattin ûf dem ûbere
12168des wazzirs, daz man Gubere
12169noch zu nennin ist gewon.
12170Dî selbe burc dô Walewon
12171dî Prûzin nennin pflâgin.
12172Nû quam dar in den tagin
12173der Sudouwin her mit craft,
12174dî an sich ouch hattin geschaft
1217583 b    vil der ummeseznin dît,
12176mit den sî alle daz gebît
12177um dî burc her und dar
12178brantin und vorhertin gar
12179in vreislîchir swinde.
12180Nû hattin zu gesinde
12181dî brûdre einen valschin man,

--- S. 444 ---

12182der, dô dî vîende kartin dan,
12183in mit allim vlîze rît,
12184daz sî volgetin der dît
12185sundir alle vorchte.
12186An den brûdrin worchte
12187der heidenische rât aldâ,
12188daz sî den vîendin jaitin nâ
12189mit irme her in gire.
12190Abir dô sî schîre
12191der Prûzin nicht inkondin
12192irvolgin, sî begondin
12193kegn hûse kêrin widir,
12194daz der vorrêtêre sidir
12195irwante und sprach zu in,
12196daz sî allis zwîvils sin
12197lîzin unde zugin vort;
12198sî vundin dî Sudowin dort
12199blôz und allir wer vorzigin
12200an der Wangrapien ligin
12201(alsus genennt ist ein vlîz).
12202Der brûdre trucht sich ûf in lîz
12203unde tâtin sînen rât.
12204Und dô sî nêhetin der stat,
12205dî vîende wârin dâ gereit,
12206als iz vor was ûzgeleit
12207und sprengtin sî gelîchin an.
12208Dô dî brûdre sich gesân
12209vorrâtin sô velschlîchin,
12210ûf einen berc sî wichin
12211nâ dâ bî gelein vorwâr,
12212dannen sich dî gotis schar
1221383 c    ellintlîchin werte.
12214Dâ wart ein strît sô herte,
12215daz ir vil von beidir sît
12216tôt gelâgin in der zît.
12217Und dô daz slân sich lange gnûc
12218vreislîch zwischin in gewûc,
12219zuletst doch, als daz got vorhînc,
12220dî cristinheit dô undirgînc.
12221Dî Prûzin nâmin ubirhant
12222und der sic wart in benant.
12223Zwênzic brûdre in der nôt
12224sach man aldâ blîbin tôt
12225und al ir her, daz dar ôt quam.
12226Alsus der strît ein ende nam.
Wî Wisenburc vorwûstit wart.

[Dusb. III, 117.]

12227Wisenburc, dî ir mich ê
12228hât gehôrt ouch nennin mê,
12229belegin von den Prûzin was
12230vil nâ drî jâr, als ich las,
12231in vîentlîchin schichtin.
12232Man sach sî dâ ûfrichtin
12233vor der burc drî blîdin,
12234von den dî brûdre lîdin
12235mûstin ofte wurfe grôz
12236unde manchin anestôz
12237von sturmin, des sî tegelîch
12238pflâgin. Nû gevûgt iz sich
12239den brûderin ûf einen tac,
12240daz des heris, daz dâ lac,
12241abgerittin was ein teil,
12242dâvon in geschach daz heil,
12243daz sî der blîdin ein irstritin
12244und sî ûf dî vestin mit in
12245brâchtin mit gewaldis craft.
12246Von der blîdin wart geschaft
12247in vil helflîche wer,
12248want sî dâmit der vîende her
12249brâchtin ofte in grôze mû
1225083 d    und hattin ouch dî wîle rû.
12251Ubir etlîche zît darnâch
12252den brûdrin sô gar gebrach
12253und den iren der lîbnar,
12254daz sî nicht lengir mochtin zwâr
12255gevristin dâ ir lebîn.
12256Des mûstin sî begebin
12257dî burc und touge dannin varn.
12258Diz was in unsirs hêrrin jârn
12259tûsint drithalbhundirt
12260drîzên darûf gesundirt,      [1263
12261daz sî dannen gîngin.
12262Dî strâze sî gevîngin
12263kegn Masow dem lande.
12264Und dô diz irkande
12265dâ der Bartin houbitman,
12266den man nante Diwan,
12267daz dî brûdir intrunnin wêrn
12268mit allin iren wêpenêrn,
12269er jait in nâch ûf der vlucht
12270mit einre strîtlichin trucht
12271in vil snellir île;
12272und dô er gûte wîle
12273in sô nâch gejagete,
12274sîn volc vil gar vorzagete,
12275want dî pfert irlâgin in.
12276Dô gevîl im in den sin,

--- S. 445 ---

12277daz er las ûz dem volke sân
12278dî bestgeritnin drîzên man
12279und jaite mit den vor
12280den brûdrin nâch ûf irme spor
12281unz er sî doch irvolgete —
12282sîn zorn hezlîch irbolgete —
12283und reit sî an mit sîner macht.
12284Nû wârn alsô gar vorsmacht
12285dî brûdir und ir gevertin,
12286daz sî sich cleine wertin,
12287want sî nicht inmochtin
1228884 a    noch zu strîte tochtin
12289vor unmacht und vor mûdekeit.
12290Dâvon er ir drîe vorsneit
12291mit dem ansprengin in den tôt,
12292und dô dî andrin ouch dî nôt
12293in sâhin gên inkegin,
12294sî begondin regin
12295ir unmechtigin hende
12296mit wer alsô genende,
12297daz der houbtman wart wunt
12298sô sêre, daz in in der stunt
12299dî Prûzin kûme brâchtin dan.
12300Dî brûdir dô abir sân
12301ûf ir strâze hûbin sich
12302und quâmin dannin vridelîch.
Wî Crûzeburc vorterbit wart.

[Dusb. III, 118.]

12303In unsirs hêrrin jâre zal
12304dô der wârin ubir al
12305vorgangin tûsint und dâbî
12306zweihundirt sechzig und drî,      [1263
12307dô wart Crûzeburc belein
12308daz hûs von der Nattangin wein,
12309dî iz drî jâr bekummirtin
12310und mit drîn blîdin dummirtin
12311daran nâch sturmis sittin.
12312Ouch mit drîn bercvrittin
12313vorbûwtin sî dî burg alum;
12314îdoch sô inwart nicht tum
12315von der werke vreidikeit
12316zuhant der brûdre ellintheit,
12317dî des hûses wîldin,
12318want sî iz lange hîldin
12319mit menlîchir wer in vor.
12320Ofte vur daz burgetor
12321sô hin ubir dî brucke
12322sach man ûf gelucke
12323dî brûdre loufin und ir man,
12324dî dâ hîldin ûf dem plân
1232584 b    manch sperwechsil, manch gestrûze,
12326in den ouch vil manic Prûze
12327tôt von iren handin bleib.
12328Dô sich diz drî jâr getreib
12329und dî brûdre bin der zît
12330manchin sigehaftin strît
12331behîldin an den Nattangin,
12332in begonde sêre bangin,
12333want in was der spîse labe
12334vil gar itzunt gegangin abe,
12335sô daz sî cleine westin,
12336waz sî zu dem bestin
12337angrîfin soldin in der vrist.
12338Zu letst twanc sî doch der gebrist,
12339daz sî dî burc lîzin stân
12340wûste unde zugin dan
12341vorholnlîch in einre nacht.
12342Nû wart zuhant ouch kunt gemacht
12343den Nattangin ir abvart.
12344Nicht wart lange dô gespart.
12345Sî jaitin nâch ân undirlaz
12346und slûgin, als sî twang ir haz,
12347al dî cristenin dâ tôt;
12348nicht wen zwêne brûdre ôt
12349mit lebne dannen quâmin.
12350Crist, durch dînen namin
12351intpfâch sî allintsamen
12352in dîn rîche! Âmen.
Wî Bartinstein belegin wart.

[Dusb. III, 119.]

12353Ûf der burc zu Bartinstein
12354wârn vîrhundirt man gemein
12355von brûdrin unde wêpenêrn
12356gezalt, dî sich mochtin wern,
12357dî wîle sî belegin was.
12358Dî Prûzin hattin, als ich las,
12359gebûwit drumme drî bercvrit
12360vil veste und besatzt dî mit
12361tûsint und drîhundirt mannin
1236284 c    zu strîte vrech, dî nimmer dannin
12363quâmin zu dikeinin zîtin.
12364Dâbî hattin sî drî blîtin,
12365mit den sî ofte pflâgin,
12366dî ûf dem hûse lâgin,

--- S. 446 ---

12367anvechtin mit sturmis pflicht.
12368Îdoch gewunnin sî dâ nicht,
12369swî dicke sî ouch sturmtin dran,
12370want in wart î sô widirstân,
12371daz sî drabe mûstin kêrn
12372beide mit schadin und unêrn.
12373Dirre hanc, genre kroch;
12374etlîche man hin dannin zôch,
12375den betoubit, disen tôt,
12376als des sturmis recht gebôt.
12377Sulchir kurzewîle sich
12378sach man dî brûdre tegelîch
12379ûf der burc genîtin.
12380Ouch sî mit den dîtin
12381manch geloufte hîldin,
12382dâmit sî abespîldin
12383manchin Prûzin von der trucht.
12384Dêswâr in menlîchir tucht
12385geschach dâ ebintûre vil.
12386Ûf der burc was in dem zil,
12387als ich vornam dî rede,
12388ein man, hîz Milegede.
12389Der was starc, menlîch und rîsch
12390und zu urloige alsô vrisch,
12391daz in dî Prûzin achtin ein
12392vor dî andrin halb gemein,
12393dî ûf dem hûse wârin.
12394Des wurdin sî im vârin,
12395und zu râte gîngin
12396wî sî in gevîngin
12397und irmortin in der vrist.
12398Darûf sî manche valsche list
12399irsûchtin unde vundin
1240084 d    und der alsus begundin.
12401Touge lâge sî hin dan
12402schicktin, darnâch einin man
12403sî ûzsantin ûzirwelt,
12404der zu strîte was ein helt,
12405der sô hin kegn dem hûse schrê,
12406sam Golias ouch tet ê
12407dem israhêlschin here,
12408ob dâ indirt wêre
12409ûf der burc sô kûne ein man,
12410der dâ torste in bestân
12411mit kampfe sundir helfe pflicht.
12412Und dô Milgede dî geschicht
12413vornam, er wart der rede vrô
12414und zuhant urloubis dô
12415an den brûdrin gerte —
12416des man in ouch gewerte —
12417zu vechtne den vormeznin kampf.
12418Im was der valscheite gampf
12419vorholn und ouch den brûderin,
12420dâmitte sî in lûderin1
12421woldin ûf des tôdis as,
12422dâvon im vil gâhe was
12423zu dem kempfin ûf dem plân,
12424und er nêhin im began.
12425Er nam dî vorgeschichte vlucht.
12426Dô prelte ûf ouch gene trucht,
12427dî dâ ê vorborgin lac.
12428Milgede der valscheit irschrac,
12429want er nicht zurucke
12430immochte ûf gelucke.
12431Dî vart er nâch dem kempfin wûc
12432und in an dem loufe slûc,
12433daz er tôt dâ ligin bleib.
12434Vurbaz er sîn loufin treib,
12435unz er doch begreif den walt,
12436want er was zu vûze balt.
12437Sus er von den vîendin quam
1243885 a    und in tougin stîgin nam
12439dî vart kegn dem hûse widir,
12440darûf er quam gesunt ouch sidir.
12441Ich wên, daz wêr den Prûzin leit.
12442Nû wurdin sint von in geleit
12443im sô oft und dicke
12444lâge unde stricke
12445manchirwîs dâ unde hî,
12446unz zu jungist doch vol gî
12447an im irre liste rât,
12448want sî mit hemischir tât
12449den degin sô ellinthaft
12450slûgin unde nicht mit craft.
12451In semelîchir wîse
12452sî von hôhim prîse
12453menlîchir tât irkant
12454slûgin einen wîgant,
12455der was Troppe genant.
12456Ô Criste, sûzir heilant,
12457den himel gib zu erbe
12458den heldin sô bederbe,

--- S. 447 ---

12459dî durch dînen namin gût
12460vorguzzin sô menlîch ir blût!
12461Nû worchte vroide und ouch nôt
12462dirre zweir helde tôt
12463ûf der burc den cristin;
12464dâwidir in den vristin
12465dî Prûzin hôhe vroide
12466in michelim gegoide
12467mit grôzim schalle ûbetin;
12468dâwidir sich betrûbetin
12469dî brûdere in herzin
12470von jâmirberndin smerzin,
12471dî in bôt der helde val.
12472Nû woldin sî der Prûzin schal
12473dempfin und irs rûmis gûf;
12474des lîzin sî dâ richtin ûf
12475zwêne galgin hô impor
1247685 b    vor Bartinstein dem burgetor
12477unde hîngin sundir wân
12478drîzic gîsele daran,
12479dî sî dâ gevangin
12480hîldin, und intpfangin
12481von den Prûzin hattin ê.
12482Daz angesichte tet sô wê
12483den Prûzin, dâ sî sâhin
12484sô jâmirlîchin hâhin
12485vor in ir mâge und ir kint,
12486daz sî allir vroiden sint
12487vorgâzin manche tage.
12488In jâmirbernde clage
12489wante sich ir kallin;1
12490gemischit wart mit gallin
12491irre wunnin sûzekeit
12492und ir lîb gekart in leit.
Wî dî drî bercvrit wurdin vorstôrt und mê wen tûsint Prûzin wurdin geslain.

[Dusb. III, 120.]

12493Darnâch ein krîc vil swinde
12494hûb sich von dem gesinde
12495der brûdre mit den Prûzin,
12496dî man dâ inbûzin
12497Bartinstein beligin sach;
12498um einin kezzil daz geschach,
12499in dem dî Prûzin sîdin pflâgin,
12500swaz in geheiligit in den tagin
12501nâch irre ê wart und geslagin.
12502Den kezzil dô man solde tragin
12503von eime bercvride sâ
12504zu dem anderin, unde dâ
12505nam der gezoc den urhab
12506unde sich dô lange wab,
12507unz von dem hûse quâmin
12508mit brûdrin intsamin
12509wol andirhalbhundirt man
12510darzû; und alsô began
12511wachsin dâ ein michil strît,
1251285 c    in dem dî brûdre zu der zît
12513den kezzil in intruktin
12514und ouch dô voldruktin2
12515strîtinde unz sô hin bîe,
12516daz sî dî bercvrit alle drîe
12517mit gotis hulfe irlîfin.
12518Dâ lâgin unde slîfin
12519der Prûzin vil von trunkinheit,
12520den ouch der slâf mit bittirkeit
12521wart in des tôdis slâf gewant;
12522ir slûc aldâ der brûdre hant
12523vil nâ drîzênhundirt,
12524dî ê ûzgesundirt
12525und dâhin geschickit wârn
12526dî bercvride zu bewarn.
12527Lutzil quam ir keiner dan;
12528dî bercvrit man ouch gar vorbran,
12529und alsô irgînc der strît,
12530daz nîmant von der brûdre sît
12531vortarb dâ, wen der marschalc ôt;
12532der starb dâ. Dem genâde got!
Wî Bartinstein wart vorlorn.

[Dusb. III, 121.]

12533Nû bûwtin sî dî bercvrit widir
12534in dem vîrdin jâre sidir
12535von der zît, daz sî belein
12536hattin dî burc Bartinstein.
12537Diz was in unsirs hêrrin jârn
12538dô der tûsint vorgangin wârn,
12539zweihundirt sechzic vîre drûf,      [1264
12540daz dî Prûzin durch ir gûf
12541dî bercvrit vornûwetin
12542und andirweite3 bûwetin,

--- S. 448 ---

12543sî manninde mit lûtin mê
12544und mit wer, wen gene ê,
12545dem hûse zu getwange.
12546Diz tet den brûdrin bange,
12547want in dî spîse abegînc
1254885 d    unde mangil grôz bevînc
12549sî und ire luite,
12550daz sî durre huite
12551von pferdin unde rindin
12552mûstin ân irwindin
12553ezzin vor dî hungirnôt;
12554(ich wêne, daz in kindebrôt
12555dâ vil sûze wêre).
12556Und dô alsulche swêre
12557dî brûdre und ir gevertin
12558nicht lengir mochtin hertin;1
12559sî dâchtin, wî sî quêmin dan.
12560Doch ê sî daz griffin an,
12561daz sî dannen zugin,
12562drîes sî betrugin
12563dî Prûzin sulchir wîse:
12564sî besatztin lîse
12565unde touge ire wer
12566zu irvêrne der vîende her,
12567und lâgin sus vorborgin
12568vil stille von dem morgin
12569unz hin an den mittintac,
12570daz sich nîman regin pflac
12571nâch der brûdre wille.
12572Dise tîfe stille
12573sulchin wân den Prûzin gab,
12574daz sî alle wêrin ab
12575von der burg intrunnin.
12576Hîvon sî begunnin
12577mit eim gemeinin prûse
12578loufin kegn dem hûse;
12579want in was allin darîn gâ.
12580Und dô sî quâmin alsô nâ,
12581daz iz gene dûchte zît,
12582ûz den zinnin manchir sît
12583sî ir stille brâchin;
12584sî schuzzin, wurfin, stâchin
12585unde tôttin ir dâ gnûc.
1258686 a    Vil man ir ouch von dannen trûc,
12587dî in den tôt wârin wunt;
12588und dô sî alsô drîstunt
12589dî Prûzin î beglûmetin,2
12590nicht sî iz dennoch rûmetin.
12591Von dem hûse als ich las,
12592ein brûdir gût darûffe was,
12593der von êrstin sîn gebet
12594vil innenclîch zu gote tet,
12595daz er in wolde sundir sparn
12596in den nôtin offinbârn,
12597waz in nâch sînre gere
12598zu tûn daz beste wêre.
12599Nû sêt, dô quam von himle dort
12600ein stimme, dî alsulche wort
12601in latîne sprach zu em:
12602›Judêâ et Jêrusalem3,
12603›alle vorchte salt ir lân
12604›unde morgin hinnen gân!
12605›Jâ wirt mit ûch wesin got!
12606›Blîbit stêtis herzin ôt,
12607›sô wert ir mit trôstlîchin spehen
12608›gotis hulfe ob ûch sehen!‹ —
12609Dô dî stim in wart irkant,
12610des andrin tagis sî zu hant
12611sich und ir gesinde gar
12612teiltin ebin in zwû schar;
12613daz heilictûm man mite nam.
12614Dî eine schar mit heile quam
12615zu Kungisberg in snellir vart;
12616dî andre trucht ouch wol bewart
12617quam zu dem Elbinge hin.
12618Nû hattin sî dort hindir in
12619ûf Bartinstein der burc gelân
12620einin brûdir, dô sî dan
12621vûrn, der nicht intochte,
12622daz er in volgin mochte,
12623want er was alt, crank unde blint.
1262486 b    Der arme gûte brûdir sint
12625etslîche tage vristte sich.
12626Er pflac alle tegelîch
12627nâch gewonheit lûtin,
12628dî tagezît bedûtin,
12629dâmitte er dî vîende trôc;
12630und dô sich diz lange ûfgezôc,
12631daz sî nîmant dâ sâhin,
12632sî begundin nâhin
12633alenziln hin zu der burc.
12634Und dô sî keinen widirturc

--- S. 449 ---

12635von volke vornâmin,
12636unz in das hûs sî quâmin
12637unde tôttin den brûdir gût
12638vorgîzinde sîn aldiz blût,
12639und der burc dô wîldin,
12640von der sî darnâch hîldin
12641manch urloige, manchin strît
12642ûf dî brûdre manche zît.
Wî dî burc Wilowe wart beleggin.

[Dusb. III, 122.]

12643In der selbin zît geschach,
12644daz man von undîtin1 sach,
12645Prûzin und Sudowin,
12646darzû von Littowin,
12647besamint ein vil kreftic her,
12648daz mit hantwerkin und mit wer
12649in Samelant dô reisete
12650und vîentlîch dâ vreisete
12651als î vîent ûf vîende pflac.
12652Daz selbe her Wilow belac,
12653eine burc genant alsô.
12654Dî Littouwin wurdin dô
12655geschikt zu einre sîtin
12656der burc mit einre blîtin;
12657ûf andir sît dî andre dît
12658ouch vor eine blîde rît,
12659dâmite sî dâ tegelîch
1266086 c    sturminde vorsûchtin sich.
12661Wol achte tage, als ich las,
12662daz sturmin unvorvenclîch was,
12663want sî schûfin cleine.
12664Zu jungist sî gemeine
12665trâtin zû mit allir craft,
12666dî in was aldâ beschaft.
12667Dî schutzin schuzzin pfîle scharf;
12668gevâch2 man mit den blîdin warf
12669zu dem hûse steine grôz.
12670Beide gewâpint unde blôz
12671gîngin zû mit sturmis drô;
12672dise holz, gene strô
12673mit vûere dâ trugin zû,
12674dâvon gene grôze mû
12675lidin, dî dâ wârn belein
12676ûf der burg. Îdoch ein dein
12677was undir in; hîz Heinrîch.
12678Behende, darzû menlîch
12679was der kegn dî vîande.
12680Tûpadil man in nande.
12681Er was der schutzin kunst gelart
12682wol meistirlîchin unde wart
12683des dûtschin ordins sît.
12684Dirre sterkte in der zît
12685daz belegne volk zu wer,
12686und daz vûer, daz gevêr
12687dem hûse wart getragin an,
12688half in ofte dirre man
12689mit ellinthaftin pflichtin
12690vorleschin und vornichtin.
12691In dem sturme alsô hart
12692dêswâr vil manic heiden wart
12693beide irslagin unde wunt.
12694Ouch wart irschozzin in der stunt
12695von Heinrîch Tûpadele
12696ein Littouwe von adele
12697und von gewalt vil hô;
1269886 d    der was irkant hergrêve dô
12699ubir der Littouwin schar.
12700Ouch wart er andirsît gewar,
12701daz der blîdinmeistir steic
12702und ûf in dî hôhe kreic
12703zu bezzirne ich weiz nicht waz;
12704und als er ûf dî tocken3 saz,
12705Heinrîch nam sîn gemerke
12706von des armbrostis sterke
12707und mit einem pfîle bant
12708zu der blîdin im dî hant,
12709daz sî daran clebete.
12710Dô des dî dît intsebete,
12711daz er sô vreislîchin schôz,
12712iz schûf in sô irvêrndin drôz,4
12713daz sî von dem sturme sân
12714lîzin unde zugin dan. —
Wî brûdir Helmerîch der lantmeistir mit vîrzic brûdrin und mit vil cristnin wart geslain.

[Dusb. III, 123.]

12715In des selbin jâris vrist

--- S. 450 ---

12716als irkant dî wârheit ist,
12717der Nattangin houbitman,
12718Heinrîch Monte, nam sich an,
12719daz er besaminte ein her
12720michil unde stark von wer
12721unde zôch in Colmerlant,
12722dâ er mort unde brant
12723mit vreisin stifte alsô grôz,
12724daz al daz lant gebûdis blôz
12725wart von den leidin gestin;
12726sundir ôt dî vestin
12727blibin stên mit grôzir nôt.
12728Allirwein dî erde rôt
12729verbte der ungûte
12730mit cristinlîchim blûte,
12731des er gôz unmâzin vil.
12732Roubis er ouch âne zil
1273387 a    von wîbin unde kindin,
12734pferdin unde rindin,
12735und andre habe dannen treib.
12736Aftir im ôt nicht inbleib;
12737alliz er iz mit im nam.
12738Und dô dise nôt vornam
12739sô jâmirbêr, sô clegelîch
12740der meistir, brûdir Helmerîch,
12741er besaminte zuhant
12742al dî craft, dî im benant
12743was, und zôch den vîendin nach
12744ân undirlâz. Alsus geschach,
12745daz er ûf der Lubbouwe
12746zu sichtigir anschouwe
12747sî irvolgete und irreit.
12748Dâ wart ouch lengir nicht gebeit;
12749der meistir snel mit witze
12750schikte sîne spitze1
12751wol ordinlîch zu strîte
12752und mante in der zîte
12753dî sînen zwâr vil minneclîch,
12754daz sî strittin ellintlîch
12755um den himelischin hort,
12756den sînen soldenîrin dort
12757got wil gebin sundir wân.
12758Sus slûgin dô dî vîende an
12759dî strîter unsir vrouwin.
12760Nû hattin sich behouwin
12761dî Prûzin und vorheinit,
12762des wart von in begeinit
12763den cristenin mit hertir wer.
12764Zuletst sî nâmen doch dî kêr
12765ûz dem haine an dî vlucht.
12766Dô volgete nâch der brûdre trucht
12767ir vil manchin slâhinde.
12768In der vreise gâhinde
12769wart zustroit der cristnen schar
12770ûf dem velde her und dar,
1277187 b    als sî zuzôch der vîende twanc,
12772daz der vane bleib vil kranc.
12773Dô diz dî Prûzin sâhin,
12774sî begundin gâhin
12775kobirnde2 sich sô hin widir
12776in dem hagin, dô sî sidir
12777hûbin einen nûwen strît,
12778der vil lange werte sît
12779in mortlîchir schichte.
12780Zuletst got, des gerichte
12781ist umbegrîflich, des vorhî,
12782daz iz ubir dî sînen gî,
12783alsô daz meistir Helmerîch
12784unde brûdir Dîterîch
12785der marschalc vorturbin;
12786ouch mit in dâ sturbin
12787vîrzic brûdre, als ich las,
12788und al ir her, daz aldâ was.
12789An dem leidin tage
12790gelac sô swinde plâge
12791mit jâmirberndir clage
12792von des strîtis vlâge3
12793ûf der armin cristinheit
12794zu Prûzin, daz sî wart gereit
12795und geachtit swêrre
12796unde schadebêrre,
12797wen in Kûrlande genre schric,
12798dô dî brûdre ouch den sic
12799vorlorn, als ich ûch saite ê;      [1260
12800want alleine volkis mê
12801bleib in geme strîte tôt,
12802doch wâs grôzir dise nôt,
12803want vil gar dî wîsin,
12804dî menlîchin, dî grîsin,
12805dî mit hôhim râte
12806und ellinthaftir tâte
12807Prûzinlant ûfhîldin

--- S. 451 ---

12808und sîn mit schirme wîldin,
1280987 c    alhî vorgîngin alle
12810mit des tôdis valle.
12811Eiâ, daz lâz lûtirlîch,
12812vil sûzir Crist, irbarmin dich,
12813und daz grôze jâmir rich,
12814des in Prûzinlande sich
12815dô dî arme cristinheit
12816ûbite mit bittirkeit!
12817Darnâch an der walstat
12818ein einsidil was gesat,
12819der des nachtis dicke
12820sach mit clârim blicke
12821vil lîchtir kerzin brinnin
12822dem ummecreise binnin,
12823dâ dî cristnin lâgin
12824mit nôtin ê irslagin.
12825Daran irschein wol offinbâr,
12826daz dî cristinlîche schar,
12827dî dâ vorgozzin hât ir blût,
12828von Cristô dem kunge gût
12829intpfangin hatte schône
12830der martirâte crône,
12831dî in hôhir wunne
12832lîchtir den dî sunne
12833dort zustrouwit iren schîn.
12834Des mûze Crist gelobit sîn,
12835der dî machit dort sô vîn,
12836dî durch in hî lîdin pîn!
Von brûdir Lûdewîge, dem sibintin lant­meistir zu Prûzin.

[Dusb. III, 124.]

12837Nû wart nâch des strîtis steim
12838brûdir Lûdewîc von Baldinsheim
12839meistir ubir Prûzinlant,
12840und was der sibinde benant
12841in unsirs hêrrin jâre zal,
12842dô der wârin ubir al
12843zwelf hundirt sechzic vumf irgân,      [1265
12844und pflac sechs jâr daran
1284587 d    mit bîsorgin ûbin sich.
12846Marschalc was brûdir Friderîch,
12847der von Holdinstête
12848den bînamin hête.
Von der kumft vil pilgerime in Prûzin­lant und wî Brandinburc gebûwit wart.

[Dusb. III, 125.]

12849Dô dise herbe swêre
12850alsô jâmirbêre
12851und dî leidin mêre,
12852wî iz zu Prûzin wêre
12853um dî vestin al gewant,
12854dî den cristnin wârn intwant,
12855als ich tet dâ vor irkant,
12856irschullin hin in dûtsche lant,
12857wî hert iz lac der cristinheit,
12858iz wurdin hêrrin vil beweit
12859von kungin unde vurstin,
12860dî nâch gote durstin
12861pflâg in wârir minne ger.
12862In was daz zu hôrne swêr,
12863doch swêrir vil zu lîdin,
12864daz durch des tûvils nîdin
12865der cristinegeloube
12866solde werdin toube
12867zu Prûzin und vorschranzit,
12868der dâ her gepflanzit
12869was sô swêrlich von begunst
12870mit vil manchir vreisin runst
12871cristinlîchis blûtis.
12872Dî hêrrin sulchis mûtis
12873wurdin gar voreinit darûf,
12874daz sî dî hezlîche gûf
12875der Prûzin woldin druckin
12876und mit craft ûfzuckin
12877den geloubin gotis widir,
12878der gevellit was dânidir
12879in dem lande manchirsît.
1288088 a    Sus man sich hebin in der zît
12881sach in gûtir ande
12882hin kegn Prûzinlande
12883ûf den pilgerîmschin stîc
12884den herzogin von Brûnswîc
12885und den lantgrêvin von Doringin.
12886Man sach dise hêrrin bringin
12887mit in ouch in deme zil
12888volkis und gerêtis vil,
12889des zu urloige was gevûc.
12890Îdoch lutzil nutzis trûc
12891dî reise irre betevart,
12892want sô weich der wintir wart,
12893daz sî den vîendin keine mû
12894mochtin dô getrîbin zû.
12895Des wârn sî leitlîch beswêrt
12896und vûrn hin kegn lande wert.
12897Diz was in unsirs hêrrin jârn,

--- S. 452 ---

12898dô der tûsint vorgangin wârn
12899zweihundirt darzû vumfzehen.      [l. 1265
12900Des nêhstin jâris wart gesehen
12901darnâch ouch kumin starke
12902von Brandinburc der marke      [1266
12903marcgrêve Otte; mit im zouch
12904dô sîn sun, sîn brûdir ouch.

[Dusb. III, 127.]

12905Dî hêrrin drî intsamin
12906durch unsirs hêrrin namin
12907sô her zu Prûzin quâmin
12908der cristinheit zu trôste.
12909Îdoch sî nicht irlôste
12910von ires jâmirs rôste
12911dennoch dirre hêrrin kumf;
12912want der wintir wart sô stumf,
12913daz man alliz reisin gar
12914vorbern mûste und vorbar;
12915dâvon in leide gnûc geschach.
12916Îdoch dô der marcgrêve sach,
12917vorhindirt sînis willin tât,
1291888 b    er bûwete mit der brûdre rât
12919eine burg alsô hinab
12920bî den Vrisching an daz hab
12921(Vrischinc meine ich daz vlîz).
12922Daz hûs man Brandinburc dô hîz,
12923nâch des marcgrêven houbitstat.
12924Den namin an der burg er bat
12925habin im gewisse
12926zu êwigir hugnisse1,
12927und vûr alsô zu lande widir. —

[Dusb. III, 125 (contin.)]

12928Nâch dem andrin jâre sidir
12929der Behemin kunig Ottackir,
12930ein helt zu strîte wackir,
12931quam zu Prûzin ouch gevarn.
12932Diz was in unsirs hêrrin jârn
12933dô man mit zal der achte
12934zwelfhundirt sêchzig achte,      [1268
12935daz sîne kumft wart irkant.
12936Dirre vurste vorgenant
12937was mit vrechir rittirschaft
12938und mit grôzis heris craft
12939ouch in den zîtin kumin
12940den cristnin zu vrumin,
12941want er sî hofte hân getrôst
12942und ûz allir nôt irlôst.
12943Daz ouch dô gar vorschaffin
12944wart von des wintirs slâffin,
12945want noch dî zît was kumen nicht,
12946in der sich mit helflîchir pflicht
12947wolde got irbarmin
12948ubir sîne armin,
12949dî dâ lidin jâmirs wê.
12950Er wolde sî kastîgin mê
12951mit sorgin unde pîne swêr.
12952Des mûste dî begerte ger
12953des kunigis sîn hingeleit.
12954In vil trûbir bittirkeit,
12955als man an im irkande,
1295688 c    zouch er hin zu lande
12957und lîz dî armin cristin
12958blîbin in den vristin
12959in vêrlîchir mittewist.
12960Daz lâz dich irbarmin, Crist!
Von brûdir Ulrîche, wî der vumfzic Prû­zin vorterbete.

[Dusb. III, 126.]

12961In den zîten, als ich las,
12962zu Kungisberg ein brûdir was,
12963Ulrîch von Meideburc genant,
12964menlîch und sô stark irkant,
12965daz er alleine ubirtrat
12966vil lûte mit creftigir tât;
12967daz wol merclîch was daran:
12968zwêne gewâpinte man
12969an zwêne vingere er nam
12970unde hûb sî beidintsam
12971ân iren danc hô ûf impor,
12972wen er sî ôt gevazzit vor
12973zurucke hatte in den gurt.
12974Dirre wart geschickit durt
12975mit brûdrin unde knabin,
12976daz sî soldin habin
12977mit beschirmis ummegrif
12978in irre hûte dâ dî schif,
12979dî in daz lant von ubir sê
12980kumin wârin, der dâ ê
12981dî Prûzin gnûc vorterbetin
12982und dî lûte sterbetin,
12983dî man darinne wesin sach.

--- S. 453 ---

12984Hîvon in einre zît geschach,
12985dô brûdir Ulrîch eine
12986mit gehulfin cleine
12987was an der warte blibin,
12988daz sô her getribin
12989vumf schif quâmin, in den vil
12990Prûzin wârin in dem zil,
12991dî der cristnin schif ûzslân
1299288 d    woldin, als sî ê getân
12993ouch vil ofte hêtin.
12994Und dô sî im genêtin
12995wol in vollis râmis sweif1,
12996ûz sîme schiffe er begreif
12997den mastboum in dî hande,
12998dâmit er slege wande
12999ûf dî schif sô ungehuir,
13000daz beide rimin2 unde stuir
13001dî Prûzin vallin lîzin.
13002In dî schif sich gîzin
13003wart dô wazzirs alsô gnûc.
13004dî wîl er vaste ûf sî slûc,
13005unz sî zu grunde sunkin,
13006und aldâ vortrunkin
13007in den schiffin vumfzic man.
13008Dô dî anderin gesân
13009daz sô unbehende slân,
13010balde vluhin sî von dan. —
Von Swantepolkis tôde des herzogin von Pomerênin und wî sîn sun Mestiwîn sich kên dî brûdre satzte.

[Dusb III, 128.3]

13011In den gezîten ouch geschach,      [1266
13012daz man Swantopolc sach,
13013den Pomerênschin herzogin,
13014von dirre werlde zogin
13015des gemeinen vleischis pfat;
13016und dô im vaste kegintrat
13017mit stôzin hart des tôdis pîn,
13018er rîf vor sich dî sune sîn
13019und den sîn letste sêlgerêt
13020mit alsulchir lêre tet:
13021›Kindir‹ sprach er, ›hôrt mich
13022›und behaldit vesticlîch
13023›in gehugde dise wort!
13024›Kegn dî dûtschin brûdre dort
13025›hab ich urloige grôz getrain
1302689 a    ›leidir mir bî mînen tain,
13027›indem ich vleiz mich alle vrist
13028›mit craft und ouch mit argir list
13029›sî anvechtin und vorladin4
13030›manchirwîs mit manchin schadin,
13031›als ir gehôrt habt und gesehen.
13032›Sô wil ich des dî wârheit gehen,
13033›want mir nâhit nû der tôt:
13034›sint ich mich darzû irbôt
13035›und widirsatz kegn in begreif,
13036›daz an hêrschaft mir intsleif,
13037›darzû an êrin und an habe
13038›ist mir gar gegangin abe;
13039›sô mêrte î sich ir gewin,
13040›want got wêrlîchin ist mit in
13041›und in strîte sî vorstât.
13042›Dâvon sô ist nû mîn rât,
13043›daz ir zu dikeinir zît
13044›diwedir urloige noch strît
13045›noch widirsatz kên in gevât,
13046›sundir sî zu vrûndin hât
13047›und êrit sî mit trûwin.
13048›Daz mag ûch nicht gerûwin.‹
13049Dirre lêre snel vorgaz
13050Mestewîn, dô er besaz
13051nâch des vatir tôt daz lant      [† 1266. 11. Jan.
13052zu Pomerênin und genant
13053darubir wart ein vurste.
13054In vorevils turste
13055trettinde dî linkin pfat,
13056dî ettiswen sîn vatir trat,
13057brâcht er an der Prûzin dît,
13058mit den er sich ouch des berît,
13059daz sî durch irre vreide rûm
13060Colmirlant und daz bischtûm
13061zu Pomezênin, daz inkegin
13062der Nûwenburg ist gelegin,
13063dî im eigin was irkant —
1306489 b    dise vorgesprochnin lant

--- S. 454 ---

13065hertin unde machtin toube
13066sî mit brande unde roube
13067slânde vil der cristin.
13068In den selbin vristin
13069dî brûdir hattin vumfzên schif
13070geladin, dî den nidirswif
13071ûf der Wîzlin nâmin;
13072und dô sî sô hin quâmin
13073vor dî Nûwenburc gevarn,
13074in was vorlegit von zwên scharn,
13075dî sî dâ anvâchtin.
13076Dî Prûzin ûf sî gâchtin
13077von eime stadin in der zît,
13078sô dî burclûte ûf andir sît
13079in sô gedon1 dâ tâtin,
13080daz sî, swaz sî ê hâtin
13081der cristinheit zu vrumin
13082in dî schif genumin
13083gerêtis zu der nôtdurft vil,
13084vorwerfin mûsten in dem zil,
13085und mit den schiffin wan
13086kûme dennoch quâmin dan. —
Wî dirre widdirsatz wart gerochin.

[Dusb. III, 129.]

13087Dô der meistir dise mêr      [1266
13088vornam, vil schîre er ein her
13089besaminte nâch sînre macht
13090unde zôch, als er gedâcht
13091hatte und im sîn wille rît,
13092zur Nûwenburg in ein gebît
13093Pomerênschir lande.
13094Daz hert er und vorbrande
13095sô gar ôt, daz dâ nicht inbleib.
13096Roubis vil er dannen treib
13097von manchirhande habe.
13098Ouch vûrte er her abe
13099lûte vil gevangin;
13100und als diz was irgangin
1310189 c    an Petrî und an Paulî tac,      [29. Juni
13102darnâch, dô der herbist gelac,
13103sîn volc der meistir an sich nam
13104und abir in Pomerênin quam
13105bî Dirsow in der gegenôt
13106und dî brâchte ouch in nôt,
13107want er sî vil gar vorbran.
13108Grôzin roub treib er von dan
13109und gevangnir gnûge.
13110Alsus wol mit unvûge
1311189 c    der meistir dî unvûge rach,
13112dî an den sînen ê geschach.
13113Dô sus dî râche was geschên,
13114Mestewîn der Pomerên,
13115der ûf dî brûdre swinde
13116und ûf ir gesinde
13117sam ein grimmic lewe bram,
13118wart nû senfte als ein lam
13119an dem hermin, daz in hî
13120an sînem volke ubirgî
13121und an sîme lande.
13122Hîvon er bete wande
13123mit dêmût an dî brûdre grôz
13124und dî mit vlê sô ofte gôz,
13125unz er zuletst doch ubirquam
13126den meistir und dî brûdre alsam,
13127daz sî den êrstin vride als ê
13128mit im hîldin vurbaz mê. —
Wî Brandinburc vorterbit wart.

[Dusb. III, 130.]

13129In der zît was commetûr
13130zu Brandinburc der degin tûr
13131an manheit brûdir Friderîch
13132von Holdinstêt; der nam an sich
13133swaz er volkis mochte habn
13134von brûdrin und wâpinknabn,
13135mit den er in Nattangin quam
13136zu Solidow, als ich vornam,
13137bî Crûzeburc in daz gebît,
1313889 d    dâ er gnûg irslûc der dît.
13139Er vînc, roubte und vorbran
13140iz vil gar; und dô er dan
13141kegn hûse schît der reite vrô,
13142ein bote widirlîf im dô,
13143der im kunte sulche mêr,
13144daz Brandinburc gewunnin wêr
13145und vorbrant in sulchir schicht.
13146Ein prûzisch wîb, ein eiginwicht,
13147des tûvils tochtir, dî intran
13148von der burg und melte sân

--- S. 455 ---

13149Glappin der Ermin houbitmanne,
13150daz dî brûdre wârin danne
13151gereisit und dî burc vil lêr
13152stûnde lûte unde wer.
13153Zuhant dô Glappe diz intsûb,
13154mit volkis vil er sich irhûb
13155vor dî burg und dî irstreit.
13156Dô der bote vollinseit
13157hatte dise botschaft,
13158der commetuir wart behaft
13159mit leide und dî sînen al.
13160Vil gar gelag ir vrôhir schal
13161um daz schedelîche werc.
13162Sî kartin hin kegn Kungisberc;
13163dannen, dâ zu schiffe vûr
13164kegn Brandinburc der commetûr
13165und vûrte zu der stunt
13166mit im dannen wol gesunt
13167dî brûdre unde gesinde,
13168dî sich dâ der vînde
13169ûf eime bercvrid irwert
13170hattin und den lîb irnert.
Wî Brandinburc wart widirgebûwit und von einis brûdirs strengim leben.

[Dusb. III, 131.]

13171Dô der marcgrêve von Brandinburc
13172vornam der burge ummeturc,1
1317390 a    dî er in Prûzin bûwte ê,
13174iz mûwete in und tet im wê,
13175des er ein her ouch lûd in sam
13176und andirweit zu Prûzin quam      [1267
13177und bûwte mit der brûdre rât
13178abir an dî selbe stat
13179ein andir burc, dî er ouch lîz
13180nennen als er dî êrste hîz.
13181Ûf disem huse, als ich las,
13182nâch der zît ein brûdir was
13183Herman von Lîchtinburc genant,
13184edil an geburt irkant,
13185noch edilre an mûte.
13186Dirre reine gûte
13187mit vil kastîgunge pflac
13188den lîb twingin nacht und tac.
13189Darzû hatte der gotis trût
13190ein panzir stête nêst der hût,
13191daz er vor ein hemde trûc.
13192Nû gevîl im sus der vûc,
13193daz er solde in einre zît
13194reisin und bûwin ûf strît,
13195sô daz ûf daz panzir der man
13196ouch andre wâpin legte an,
13197in den er an der reite
13198unstûgirlîch arbeite
13199als daz eischit denne dî nôt.
13200Daz regin sulchin smerz im bôt,
13201daz al sîn lîb vorsêrit wart
13202als er mit dornin wêr zuzart.
13203Der strâfte den helt so gewêr
13204brûdir Pêtir sîn bîchtegêr
13205und im dî manunge gab,
13206er solde daz panzir legin ab
13207in arbeitlîchin zîtin
13208und nemelîch in strîtin
13209durch der wâpene swêrde.2
13210›Nein zwâr‹, sprach der werde,
1321190 b    ›iz sol von mir dikeine nôt
13212›brengin unz an mînin tôt!
13213›Des hab ich sus voreinit mich.‹ —
13214Nû secht ein zeichin wundirlîch!
13215Des selbin nachtis im irschein
13216Marîa dî magit rein
13217und mit irre zartin hant
13218sî den edlin wîgant
13219an vil senfteclîchin greif.
13220Von dem grif im sân intsleif
13221allis smerzin ungemach,
13222sô, dô des morgins in gesach
13223brûdir Pêtir vorgeseit,
13224er vant von allir sêrekeit
13225geheilit sînen lîb sô gar.
13226Reine, lûtir unde clâr
13227irschein sînis vleischis huit;
13228des sî gelobt dî gotisbruit! —
Von brûdir Dîterîch dem achtin meistir zu Prûzin.

[Dusb. III, 132.]

13229In unsirs hêrrin jârin

--- S. 456 ---

13230dô der zwelfhundirt wârin
13231ein unde sibinzig ouch volant,      [1271
13232dô wart gesatzt in Prûzinlant
13233zu meistir brûdir Dîterîch
13234von Gatirsleve; sus las ich,
13235er sî gewest der achte.
13236Daz ammit er bewachte
13237sechs jâr mit bîsorgin vil.
13238Sô was marschalc in dem zil
13239von Tîrberc brûdir Conrât
13240der alde mit strîtlîchir tât. —
Wî marcgrêve Dîterîch von Mîssin vor­herte Nattangirlant.

[Dusb. III, 133.]

13241Dô von gots geburt vorwâr
13242vorloufin wârin tûsint jâr
13243zweihundirt sibinzig und zwei,      [1272
13244dô irhôrte daz geschrei
1324590 c    sîns betrûbtin volkis Crist
13246in Prûzinlande, want dî vrist
13247ires jâmirs was volgân
13248und dî lîbe zît intstân,
13249in der er sich irbarmin
13250wolde ubir sîne armin
13251und dî nâch clage machin vrô.
13252Dâvon vûgete er iz sô,
13253daz marcgrêve Dîterîch
13254von Mîssin, ein helt lobelîch,
13255zu strîte quam in Prûzinlant,
13256der zu sune was irkant
13257marcgrêven Heinrîche
13258dem vurstin tugintlîche,
13259der arbeit und urloigis gnûc
13260ouch in Prûzinlande trûc
13261kegn der pomezênschin dît,
13262als ich ûch dâ vor beschît.
13263Dirre hêrre lobesam
13264gar trôstlîch dô dem lande quam,
13265want er mit im grôze craft
13266von hêrlîchir rittirschaft
13267und von volke brâchte
13268der heidinschaft zu âchte
13269und zu hulfe der cristinheit.
13270Im was gâch, er was gereit
13271urloigis an dî vîende varn;
13272des nam er an sich sundir sparn
13273den meistir und der brûdir trucht
13274und nam mit in dî zucht
13275kegn Nattangin in daz lant,
13276an des înwege er sâ vant
13277gebûwit eine vestin,
13278dî dâ allin gestin
13279dî învart pflac vorbîtin,
13280want sî von den dîtin
13281gemannit was zu grôzir wer.
13282Îdoch dî brûdre Gunthêr
1328390 d    und sîn brûdir von Reginstein
13284nâmin an sich dâ gemein
13285mit brûdrin volkis alsô vil,
13286daz sî dî vestin in dem zil
13287abstrittin den Nattangin.
13288Geslagin und gevangin
13289wart dâ al der vîende schar
13290und vorbrant dî vestin gar.
13291Ouch wurdin in den vristin
13292geslagin gnûc der cristin;
13293doch geste ûzgesundirt
13294vumfzig unde hundirt
13295blibin von den Prûzin tôt.
13296Den bis genêdic, mildir got!
13297Dô diz was alsus irgân,
13298der vurste gût, der gotis man,
13299volginde des vatir pfât
13300sam ein lewe vur sich trat,
13301dem keinis widirloufis blic
13302brengit wedir vâr noch schric,
13303und volvûr in Nattangin dô
13304achtinde nîmandis drô
13305unz ûf den markt zu Gerkin.
13306Dô mochte man wol merkin,
13307wî grôz wêre sîne macht.
13308Wol drî tage und drî nacht
13309mit sîme here er dâ bleib
13310und alsus dî zît vortreib.
13311Des tagis er ûzrante,
13312morte, roubte, brante
13313al daz lant alumme
13314dî lenge und dî crumme
13315âne strîtis widirsat
13316unde tet sî dô sô mat,
13317daz sî des nêhistín jâris sidir
13318dem geloubin wurdin widir
13319und den brûdren undirtân.
13320Ouch vorlôz er vumfzic man,
1332191 a    dî im an dem jagin
13322wurdin abeslagin.

--- S. 457 ---

13323Dô der vurste wol geborn,
13324der gotis degin ûzirkorn,
13325sîn reise hatte sus volant
13326und sô lobelîch bewant,
13327ân andir woltât, der er gnûc
13328dem ordene zu stûre wûc,
13329lîz er cleidin sundir wân
13330vîr und zwênzic sînre man
13331edil und menlîchir tât
13332in des dûtschin ordins wât
13333und den ubirvluzzic schûf
13334alliz, des in was behûf
13335zu ordin und zu rittirschaft.
13336Und dô diz ouch was vollinschaft,
13337er lîz sî in dem lande
13338und sich kegin hûse wande.
Von brûdir Conrâde von Tîrberc dem nûndin lantmeistre.

[Dusb. III, 134.]

13339Brûdir Conrât den aldin
13340von Tîrberc sach man waldin
13341in Prûzinlant der meistirschaft.
13342Sechs jâr was er dâmit behaft
13343und gezalt der nûnde dran,
13344dô unsirs hêrrin jâr volgân
13345tûsint zweihundirt wârin nû
13346sibinzic sibin ouch darzû.      [1277 statt 1273
13347Darnâch zu capitle lût
13348der hômeistir den degin gût
13349hin kegn dûtschin landen wart.
13350Dô starb er an des wegis vart.
Wî Heinrîch Monte starb der Nattangin houbitman.

[Dusb. III, 135.]

13351Nâch des marcgrêvin abevart,
13352als ûch dâ vor bescheidin wart,
13353begonde den Nattangin
13354grûwin unde bangin
1335591 b    von vorchte grôz, dî ûf sî trat,
13356alsô daz nindirt was ein stat
13357sô touge, dâ sî trûwtin wesin
13358des lîbis sichir und genesin
13359vor den brûdrin. Des geschach,
13360daz man Heinrîch Monten sach
13361intwîchin, iren houbitman,
13362mit sînre companîe dan
13363durch schirm in dî wiltnisse,
13364dâ er vil gewisse
13365vor allin vîendin hofte sîn.
13366Nû wârin dî gesellin sîn
13367einis tagis algemein
13368an der jait; ôt er allein
13369saz in sîm gezelde.
13370Dô quâmin sundir melde
13371unwizzins gar und von geschicht
13372gesturzit ûf den argin wicht,
13373der î den cristin was gevêrc,
13374brûdir Heinrîch von Schônenberc,
13375von Cristburc der commetuir,
13376ein helt dêswâr an manheit tuir,
13377und brûdir Helwîc von Goltbach.
13378Mit in man ouch wesin sach
13379von wâpin — ein teil knabin.
13380Und dô sî dâ intsabin
13381Heinrîchis Monten hâtin,
13382vil vrô sî ûf in gâtin
13383und in alda vîngin,
13384ouch zuhant in hîngin
13385an einin boum (des was er wert),
13386stechinde durch in ein swert.
13387Alsus der tûvils kempfe starb
13388unde vûr, als er gewarb.
Wî Glappe starb der Ermin houbitman und wî dî Ermin und Nattangin sich abir satztin.

[Dusb. III, 136.]

13389Glappe der Ermin houbitman
13390hatte einen man im undertân,
1339191 c    Stenow sô was er genant
13392und im sêre wert irkant
13393von sundirlîchir lîbe craft,
13394in der er was zu im gehaft.
13395Den selbin hatte er dicke
13396irlôst von tôdis schricke,
13397als in dî lîbe darzû twanc.
13398Des sait er im zu jungist danc
13399sam î dî bôsin pflegin,
13400dî arc kegn gûte wegin
13401und kegn lîbe tragin haz.
13402Sus Stenow Glappin widirmaz
13403leit vur lîbe, arc vur gût,
13404und wante darûf sînen mût,
13405wî er in vorrîte
13406und im des tôdis mîte
13407gulde nâch untrûwe rechte;
13408und ûf daz er daz volbrêchte,

--- S. 458 ---

13409sô lût er ûf nutzis bejac
13410in vur eine burc, dî lac
13411dâ in Samelande
13412ûf des habis strande
13413kegn Brandinburc vil nâ,
13414und beschît im ebin sâ
13415einen tag, ûf den er dar
13416kumin solde mit sîner schar
13417und dî burc gewinnin.
13418Disem tage binnin
13419quam Stenow der sûre
13420zu dem commetûre
13421von Kungisberg in vridis pflicht
13422meldinde im dî geschicht
13423von Glappin unde sînre dît
13424und im daz mit eide rît,
13425daz er an sich nême
13426sîn volk und mit im quême;
13427iz solde wesin sîn gewin.
13428Des volgt er im und zôch dâ hin
13429mit brûdrin und mit volkis gnûc;
1343091 d    und als im Stenow ê gewûc,
13431Glappin er dâ ligin vant
13432vor der vestin vorgenant,
13433als er sî wolde irstrîtin.
13434Dô sprengte sundir bîtin,
13435der commetûr dî Ermin an
13436und slûc sî alle sân;
13437sundir ôt den houbitman
13438Glappin vûrt er von dan
13439kegn Kungisberc gevangin
13440unde lîz in hangin
13441ûf einem berge, der dâ lît,
13442den man noch huite nennin pflît
13443im zu gehugde Glappinberc.
13444Sust irsturbin sîne werc.
13445Dô dî houbitlûte wârn
13446und dî andrin, dî urbarn
13447daz urloige pflâgin,
13448als ich ê sprach, irslagin,
13449dî Ermin und Nattangin
13450lîzin gar ir prangin
13451und ir vreidekeit bestân
13452und wurdin abir undirtân
13453an dem geloubin gote
13454unde der brûdre gebote.
Diz ist von den sunderlîchin strîten al der burge und der stete in Prûzinlande, dî dâ geschâhin in der andrin vornoigî­runge, und zu êrstin von der Balge.

[Dusb. III, 137.]

13455Dâ bevor ist ûch geseit
13456mit der jâre undirscheit
13457von den houbitstrîtin,
13458dî binnin den zîtin
13459des urloigis geschân,
13460dô man sich sach dî Prûzin hân
13461vornôgîrit andirweit.
13462Nû wil ich mit intscheidinheit
1346392 a    ûch ouch dî strîte kundin,
13464dî in den selbin stundin
13465geschâhin sundirlîchin sâ
13466in Prûzinlande hî und dâ
13467von iclîchim gebîte
13468und vestin kegin der dîte;
13469ich meine, wî gestrittin hât
13470iclîche burg, iclîche stat
13471kegn den Prûzin sundirlîch,
13472dâ sî zum andrin mâle sich
13473hattin vornôgîrit.
13474Îdoch ungeordenîrit
13475mûz ich setzin dî geschicht,
13476want ich irvorschin kunde nicht,
13477in welchim jâr, in welchir zît
13478geschehin wêre iclîch strît,
13479welchir vor, welchir nâch.
13480Ich schrîbe ôt, waz dâ geschach.
13481Des mane ich, swer lese
13482diz buch, daz der nicht wese
13483mit strâfunge mir gevêr,
13484ob ich dî ordenunge vorkêr
13485der strîte, wen sî sîn geschên;
13486want nîmant lebit, der nû gên
13487des muge dî gewisheit.
13488Îdoch ist daz dî wârheit,
13489daz in den vumfzên jârin,      [1260 ff.
13490dî dî Prûzin wârin
13491dem geloubin abgestân
13492zum andrin mâle, als ich hân
13493gemachit ûch dâ vor bekant,
13494wurdin dî strîte volant,

--- S. 459 ---

13495von den ich ûch nû sagin wil.
13496Hîmitte hab dî rede ein zil. —
13497Dô nâch unsirs hêrrin jârin
13498der tûsint und zwêhundirt wârin
13499und sechzic vorgangin,      [1260
13500dî Ermin und Nattangin
1350192 b    von dem geloubin kartin,
13502und ouch darzû dî Bartin
13503unde von der cristinheit
13504sich vornôgîrtin andirweit.
13505Sî durchvûrin al ir lant
13506mit gewâpintir hant
13507und, waz sî in den stundin
13508cristenir dâ vundin,
13509den nâmin sî vil gar den lîb;
13510sundir kindir unde wîb
13511vûrtin sî gevangin hin.
13512Darnâch sî ouch ûf gewin
13513vor dî Balge quâmin
13514und den brûdrin nâmin
13515dâ ir hengste und daz vî;
13516und daz geschach nicht einis hî,
13517sundir in vil manchim zil
13518tâtin sî in schadin vil.
Wî drî brûdre und vîrzic man wurdin geslain.

[Dusb. III, 138.]

13519Darnâch dô diz was irgân,
13520zwên edle und mechtige man
13521Skumme unde Stutze
13522den cristnen zu unnutze
13523besamintin ein michil her
13524unde nâmin ire kêr
13525vor dî Balge ûf den plân,
13526dâ in ouch dî brûdre sân
13527mit irre trucht begeintin
13528und sich kegn in leintin
13529mit menlîchir wer dêswâr.
13530Dâ vîlin von der Prûzin schar
13531zwên edlinge vorebil.
13532Nû was sô grôz ein nebil
13533des tagis, als ich hôrte gehen,
13534daz nîmant den andrin sehen
13535mochte in dî virre.
13536Dî vinstre was ein irre
1353792 c    den brûdrin grôz, dî dô ûfwalb,
13538want dî Prûzin hattin halb
13539ir her in lâge geschicht.
13540Des mochtin sî besehin nicht
13541und îltin nâch ûf strîtis sûch
13542genin, dî dâ durch daz brûch
13543vur in vluchtic wichin.
13544Zu jungist ûf sî strichin
13545gene ûz der lâge
13546und slûgin in der vlâge
13547vîrzic man und brûdre drî.
13548Got in allin genêdic sî!
Wî ein teil Prûzin sturbin.

[Dusb. III, 139.]

13549Von anbegin als man bevî
13550dî burc zur Balge, sô sint î
13551gewest darûffe helde gût,
13552sô ellinthaft, sô starcgemût
13553und zu strîte sô swinde
13554von brûdrin und gesinde,
13555daz vil seldin î ein her
13556mochte sîn sô starkir wer,
13557daz ôt vor dî Balge quam,
13558etslîchin schadin iz dô nam,
13559ê iz sich von dan intprach.
13560Dâvon in einre zît geschach,
13561daz ein Prûze Pobraw genant
13562besaminte zu sînre hant
13563vil Nattangin und Ermin,
13564mit den er wolde hermin
13565dî brûdre und vorermin
13566mit roube unde slachte
13567nâch vîentlîchir âchte.
13568Des sante er bî nachte
13569vûzvolkis vil, daz ungemelt
13570solde kumin ûf daz velt
13571zur Balge, und des morgins vrû
13572quam er mit den rîtin zû
13573und slûc drî hirtin,
1357492 d    dî daz vî bewirtin,
13575vazzinde vur sich dî hert,
13576dî sî vaste dannen wert
13577tribin mit snellir vart.
13578Îdoch brûdir Gêrhart,
13579genennit von dem Rîne,
13580und andre brûdre sîne,
13581darzû ir wêpenêre
13582volgetin dem here
13583îlinde in snellir gâ

--- S. 460 ---

13584und quâmin in sô nâ,
13585daz sî sich mit in wûgin
13586und von dem roube slûgin
13587menlîch al der Prûzin schar
13588behaldinde ir vie vil gar,
13589daz nî abquam ein clawe.
13590Ouch bleib dâ tôt Pobrawe,
13591darzû sechse sînre man;
13592dî andrin vluchtic quâmin dan.
Wî Brûnsberc burg unde stat wurdin vorbrant.

[Dusb. III, 140.]

13593Hêr Anshelmus, als ich las,
13594der von dem dûtschin hûse was
13595des ordins brûdir irkant
13596und bischof zu Ermelant,
13597gebûwit hatte und besat
13598eine burc, daran ein stat
13599genamit Brunsberg in der zît
13600ûf einin werder, der dâ lît
13601ein teil mit hôe irdozzin
13602mit der Serge bevlozzin
13603kûme zwêne steinwurfe dan,
13604dâ beide burg und stat nû stân.
13605Dirre Brûnsberc vorgenant
13606von der Prûzin dît berant
13607mit eime grôzin here wart
13608in des êrstin jâris vart,
13609dâ sî zum andrin mâle wârn      [1260
1361093 a    dem geloubin abgevarn.
13611Daz her mit creftin sturmin pflac
13612dî vestin einin ganzin tac;
13613îdoch dî înwonêre
13614der stat und dî burgêre
13615wol nâch menlîchin sittin
13616in dâ widirstrittin
13617und mit wer kegn in stûntin.
13618Mit weginin sî vorruntin
13619und mit holze al dî pfat,
13620dî zu der burc und zu der stat
13621gebin mochtin den zûganc,
13622und stûndin werlîch âne wanc
13623sô, daz von beidin sîtin vil
13624volkis wunt wart in dem zil,
13625ouch sumelîch irslagin.
13626Und dô dî Prûzin sâgin
13627ir sturmin dâ sô umbewant,
13628sî zugin dan mit lêrir hant.
13629Nâch dirre vreisin drouwe
13630nâch holze und nâch houwe
13631soldin varn vîrzic man
13632des hûsis und der stat hin dan,
13633als dî nôtdurft in gebôt;
13634dî wurdin al irslagin tôt
13635von der vîende handin dort.
13636Dirre schedelîche mort
13637den burgêrin worchte
13638sô grûwesame vorchte,
13639daz sî in zwîvel bûwetin
13640und keinewîs getrûwetin
13641den Prûzin mugin widirstân,
13642ob sî sî abir vêchtin an.
13643Des gevîngin sî den rât,
13644daz sî burg unde stat
13645beidintsamin vorbrantin
13646und sich von dannin wantin
13647mit wîbin unde kindin
13648und allin irn gesindin,
13649swaz der iclîch hête;
13650abir von hûsgerête
13651und andirre habe
13652in nicht mê herabe
13653volgete, wen alsô gnûc,
13654als iclîch ûf dem rucke trûc;
13655des was zwâr cleine mâze.
13656Nû quâmin ûf der strâze
13657in inkegin, dô sî dan
13658schidin, sechzic cristineman,
13659dî dî brûdre hâtin
13660zu helflîchin statin
13661von dem Elbinge in gesant.
13662Und dô den wart von in bekant,
13663daz der Brûnsberc was vorbrant,
13664sî kartin umme sân zuhant
13665mit den gestin sidir
13666kegin dem Elbinge widir. —
13667Darnâch in unsirs hêrrin jârn
13668dô der tûsint vorloufin wârn
13669sibinzig und zweihundirt,      [1279
13670darzû nûne gesundirt,
13671bischof Heinrîch von Ermelant
13672burg und stat Brûnsberc genant
13673andirweit vornûwete
13674und sî nûwis bûwete

--- S. 461 ---

13675bî der Serge an dî stat,
13676dâ sî noch hûte sîn gesat.
13677Von dem bischove ich vornam,1
13678dô der von êrst gewîet quam
13679in sînis bischtûmis lant,
13680daz er dâ nimmê rente vant,
13681wen eine marc pfenninge,
13682dî im zu zinsgedinge
13683eine mul jêrlîchin galt.
13684Dêswâr der schatz was snel gezalt
13685und ouch vorzerit balde.
1368693 c    Got nû der kirchin walde!
13687Wêrn dî prêbendin sô
13688magir, als sî wârin dô,
13689ich wêne, kein juriste,
13690legiste noch artiste
13691impetrîrte darîn;
13692des wolde ich wol ein burge sîn!
Von eime strîte der brûdre von Cristburg und wî von wundre vil Prûzin wurdin geslain.

[Dusb. III, 141.]

13693Brûdir Dîterîch, der dâ was
13694geheizin Rodde, als ich las,
13695ein helt dêswâr zu strîte tuir
13696und zu Cristburc commentuir,
13697bin der andrin abekêr
13698der Prûzin nam an sich mit wer
13699von den brûdrin sînin
13700und von pilgerînin
13701eine trucht geacht mit zal
13702von hundirt mannin ubir al,
13703und reiste mit den hin
13704kegin Pogezênin ûf gewin,
13705ûbinde in dem lande
13706roub unde mort mit brande.
13707Und dô er dâ geherte
13708unde dannen kêrte,
13709im volgte menige alsô grôz
13710von Prûzin, daz in vordrôz
13711und alle, dî dâ mit im wârn,
13712want sî mochtin nicht intvarn
13713wedir vor sich noch besît
13714den Pogezênin âne strît,
13715dî sî dâ drungin vîentlîch.
13716Dô daz sach brûdir Dîterîch,
13717gote wol getrûwinde
13718und ûf sîne hulfe bûwinde
13719er sich ummewante
13720und an dî vîende rante
1372193 d    mit den sînin unvorzeit.
13722Dâ wart ouch lengir nicht gebeit;
13723dî Prûzin sundir alle wer
13724nâmin an dî vlucht dî kêr
13725vorzagit in den vristin.
13726Dô volgtin ouch dî cristin
13727und irslûgin ir sô vil,
13728daz ûf einis tagis zil
13729nî von wêninc lûtin ê
13730wart geslagin volkis mê.
13731Ouch sî ir gnûc dâ vîngin
13732und iz ôt wol begîngin
13733wol nâch wunsche mit in.
13734Und dô sî dannen rittin,
13735man hôrte dî gevangnin gên,
13736sî hêttin in der luft gesên
13737mit offinlîchir schouwe
13738dî allirschônste juncvrouwe,
13739dî î ûf erdin wêr irkant;
13740dî vûrt in irre zeswin hant
13741vil crefticlîch der brûdre van.
13742›Dô wir sî woldin strîtin an,
13743›der juncvrouwin aneblic
13744›gab uns‹, jân sî, ›sulchin schric,
13745›dâvon intweich al unse craft
13746›und wurdin alsô zagehaft,
13747›daz wir ôt nicht intochtin
13748›noch uns gewerin mochtin.‹
Wî ein vlîhûs wart gewunnen.

[Dusb. III, 142.]

13749Dî Pomezênin abir sich
13750besamintin crefticlîch
13751und quâmin hin gerittin
13752nâch urloigis sittin
13753zu Cristburc, dâ sî westin
13754bî ligin eine vestin,
13755darinne wonin pflâgin
13756in urloigis tagin
13757dî cristnin Pomezênin.
1375894 a    Daz hûs dî Pogezênin
13759alsô lange vâchtin an,

--- S. 462 ---

13760unz iz zulest ir craft gewan.
13761Dâ slûg ouch unde vîng ir hant,
13762swaz man luites drinne vant
13763beide wîb unde man;
13764sundir waz ir mochte dan
13765ûf Cristburg intrinnin.
13766Ouch sach man vorbrinnin
13767und vortilgin în den grunt
13768daz selbe hûs zu der stunt.
Wî zwelf brûdre und vumfhundirt man wurdin geslain und wî Cristburc dî stat und daz vurburge und der Pomezânin vlîhûs wart vorterbit und vil cristinre­luite darinne irslagin.

[Dusb. III, 143.]

13769Diwan, der Bartin houbitman,
13770dem ein zûname clebte an,
13771daz man in hiez Clekîne
13772nâch dem vatir sîne,
13773und Linke ein Pogezên,
13774dî hergesellin, hôrt ich jên,
13775reisetin in Colmerlant
13776mit eime here grôz irkant;
13777und dô dî von Cristburc wârn
13778dâhin gejait mit irin scharn
13779und andirwegen dî brûdere,
13780zu des geschreiis lûdere,
13781dî Pogezênin, als Diwan
13782daz hatte vor gelegit an,
13783quâmin mit al irre craft,
13784dî in mochte sîn geschaft
13785zu vûze und gerittin
13786nâch vîentlîchin sittin
13787zu Cristburg in daz gebît,
13788und als ir wille in gerît,
13789eine burc Traupeien genant
1379094 b    wart von in aldâ berant
13791bî Cristburc gelegin,
13792Mergenburg inkegin.
13793Vor der burc sî lîzin
13794daz vûzvolc unde hîzin
13795einin, der was Kolte
13796genennit, daz er solte,
13797wesin dâ ir houbitman
13798und mit râte sî vorstân.
13799Sô waz dâ was von rîtin.
13800dî sach man in den zîtin
13801vurbaz dî reise nemin
13802in daz gebît Algemin,
13803daz ist, dâ Merginburc nû stât.
13804Dannen machtin sî ir pfat
13805brinninde unde slânde,
13806roubinde unde vânde,
13807swaz an der vart begeinte in
13808unz zu Merginwerdir hin.
13809Dô dise mêre irvrîschin sâ
13810dî brûdre ûf den burgin dâ
13811Posilie unde Vischow,
13812wî mit vîentlîchir drow
13813vor Traupein dî Prûzin wârn,
13814sî brâchtin hulfe sundir sparn
13815mit iren wêpenêrin
13816den brûdrin und burgêrin
13817zu Cristburc, dî sî vundin
13818ouch alle in den stundin
13819mit wâpnin itzunt angeleit
13820und zu strîte sîn gereit.
13821Darzû man sî sach gâhin;
13822und dô sî wurdin nâhin
13823der vorgenantin burc Traupein,
13824dî, als ich ê sprach, was belein,
13825dî vîende vluchtic wichin
13826von dannen; den ouch strichin
13827dî brûdre nâch in dem zil
13828und slûgin ir dâ vil.
1382994 c    Ouch Kolte dâ sîn ende nam.
13830Und waz der dît zu vûz inquam,
13831dî begeintin an der vlucht
13832genre gerittenin trucht,
13833dî daz lant hatte gehert,
13834dî ouch sêre wart vorvêrt1
13835dirre schumpfintûre2,
13836dî sô ungehûre
13837an in offinlîch irschein.
13838Des kobirtin3 sich dô in ein
13839beide gerittin und gegân
13840dî Prûzin unde zugin sân
13841ûf dî Sirgûne daz vlîz,
13842dâ sich daz her ouch nidirlîz,
13843dî herberge bevânde

--- S. 463 ---

13844und ir huttin ûfslânde;
13845dâkegin in ûf andir sît
13846der Sirgûne in der zît
13847dî brûdre ouch ir gezelt
13848satztin ûf des dorfis velt,
13849daz Paganstin ist genant.
13850Und dô dî Prûzin daz irkant
13851hattin und merclîch gesân,
13852daz sî dî brûdre dâ bestân
13853woldin î mit strîte
13854und sî ûf keine sîte
13855des intwenkin mochtin in,
13856sî gevaztin einin sin
13857in vil scharfin listin
13858alsus: dô dî cristin
13859sich gelegirt und intgest1
13860hattin unde joch intlest
13861von den setelin dî pfert
13862und âne hûte hindirwert
13863wârn und ôt vorchtelêr,
13864dî Prûzin schiktin halb ir her
13865ubir daz vlîz vorholnlîch.
13866Und dô dî cristnin wânten sich
1386794 d    sîn in sichirlîchir rû,
13868dô slûgin gene hindin zû
13869unde dise vorne
13870in vîentlîchim zorne
13871mit hertis strîtis vreidekeit;
13872und ê sî sich zu wer bereit
13873hattin kegn des strîtis nôt,
13874dô lâgin dâ zwelf brûdre tôt
13875und wol vumfhundirt man;
13876dî andrin vluchtig îltin dan
13877hin zu Cristburg in dî stat,
13878dî von der dît ouch wart besat,
13879dî in dâ hezlîch jaite nâch.
13880Ein vreislîch jâmir dâ geschach,
13881want sî gewunnin vestin drî:
13882dî stat, daz vurburge und dâbî
13883ein hûs dem lantvolke benant2.
13884Dî vestin wurdin al vorbrant
13885und waz dâ lûtis inne was,
13886vor in des nichtis nicht genas;
13887iz wart gevangin oder irmort,
13888ân ob etlîch mensche dort
13889ûf der brûdre burg intvlôch
13890und sô dem tôde sich intzôch.
13891Nû wârin in den vristin
13892nicht blibin mê der cristin
13893zu Cristburg ûf dem hûse
13894nâch des mordis prûse3,
13895als ich hab vornumin rechte,
13896wen drî brûdre und drî knechte
13897und darzû ein Pomezên.
13898der genennit was Sirên
13899und dâ umme missetât
13900ûf der burg in bant gehat.
13901Dô der sach her druckin
13902dî vîende kegn der bruckin,
13903man sach in gar zuruckin,
13904zubrechin und zustuckin
13905beide vezzirn unde bant
1390695 a    unde begrîfin in dî hant
13907vil endelîch sper unde swert;
13908und sam ein lewe unirvêrt4
13909er hin ûf dî brucke spranc
13910unde werte den înganc
13911den Prûzin crefticlîch dâvor,
13912unz man zûgeslôz daz tor.
13913Ouch irschôz ein brûdir sint
13914einin man, dem vîrzic kint
13915cristinre bevoln wârin,
13916dî er solde dâ bewarin
13917gevangin und gebundin;
13918dî wurdin dô inpundin
13919und intlîfin allintsam
13920ûf dî burc, als ich vornam,
13921und wurdin sus inthaft
13922von êwigir eiginschaft.
Wî vil Prûzin wurdin geslain.

[Dusb. III, 144.]

13923Der vorgenante Diwan
13924mê und abir mê began
13925zu êchtin5 cristinlichiz blût.
13926Darûf irhitzit was sîn mût
13927in mortlîchin vreisin.
13928Man sach in abir reisin

--- S. 464 ---

13929mit eime here sînre dît
13930zu Cristburg in daz gebît
13931und zu Mergenburc dâbî.
13932Er dûchte sich des wesin vrî,
13933daz er îmande vunde,
13934der im dâ widirstûnde;
13935sô gar wârin vor den tain
13936beide gevangin und geslain
13937dî brûdre mit den luitin,
13938dî zu wer icht duitin.
13939Dâvon, dô er nû andirweit
13940hernde daz lant durchreit
13941und zusamne getreib
13942mit roube, daz ôt nicht inbleib
1394395 b    in alle deme lande,
13944daz her er vor hin sande
13945mit des roubis gewin,
13946volginde alsamfte in
13947mit einir lutzilin schar.
13948Nû hattin ouch genumin war
13949dî brûdre dirre dinge
13950von Cristburc, vom Elbinge,
13951und volgtin ûf der slage1 zucht
13952Diwane nâch mit irre trucht,
13953dî doch hatte cleine macht
13954kegn sîme here geacht.
13955Sî hoftin ôt zu gote,
13956mit des hulfe gebote
13957ein man tûsint mac vorjain
13958und vor zwên zêntûsint vorzain2.
13959Alsus in gotis namin
13960sî ûf dî vîende quâmin
13961ûf dem vlîze Gubere
13962und machtin ein gestubere3
13963sî aldâ anrîtinde
13964und menlîch bestrîtinde.
13965In dem strîte wart zuvor
13966Diwanis mâc, genant Dabor,
13967und ouch al der Prûzin her
13968geslagin tôt gar âne wer;
13969sundir Diwan eine
13970mit gesindis cleine
13971von dem strîte intran
13972und quam mit schandin dan.
13973Nû lâgin hî dî vîende toub
13974und gevrîgit stûnt der roub,
13975den dâ allintsamin
13976dî brûdre vor sich nâmin
13977und in mit vroidin sidir
13978zu lande brâchtin widir,
13979saginde des gote danc,
13980daz in dort sô wol gelanc.
95 c    Wî swêrlîch man Cristburc mûste spîsen.

[Dusb. III, 145.]

13981Nû wârn dî brûdre allirwegin
13982zu Cristburg alsô ummelegin,
13983von der vîende gewalt,
13984daz man mit sorgin manicvalt
13985in von dem Elbinge dar
13986mûste brengin dî lîbnar,
13987dâvon in ouch grôz mûhesal
13988nâcheinandir wol drî mâl
13989geschach in sulchir wîse:
13990sô man in î dî spîse
13991mit andirme hûsdinge
13992solde vom Elbinge
13993zûvûrn ûf der Sirgûne,
13994sô hattin ouch der lûne
13995dî Prûzin ebbene gerâmt4
13996und nâmin alliz samt,
13997swaz sî dâ begriffin,
13998mordinde in den schiffin
13999dî brûdre und gesinde.
14000Diz hemmin alsô swinde,
14001mûhe unde hungirnôt
14002dem vorgenantin hûse bôt,
14003daz iz von kummir mûste
14004blibin sîn dô wûste,
14005inhette daz nicht undirstân
14006ein pomezênisch edilman,
14007der was genant Samile.
14008Der spîste al dî wîle
14009dî burg und doch vorholnlîch,
14010want zu den vîendin hîlt er sich
14011in offinbârre schichte
14012und doch mit gunstin pflichte
14013tougintlîch den brûdrin zû,
14014dâvon im ouch vil grôze mû

--- S. 465 ---

14015von den Prûzin sint intstunt;
14016want dô dî ding in wurdin kunt,
1401795 d    sî vîngin in und bundin
14018und guzzin in den stundin
14019im wazzir in den munt, daz sôt.
14020Darnâch zu dem vûere bôt
14021mit grimme in dî arge dît
14022und im den lîb sô lange brît,
14023unz er vil nâ was vorgân
14024und santin in den brûdrin dan
14025alsô sîch; bî den er bleib
14026und sint vil langiz lebin treib.
14027Ouch einin sun lîz er nâch im,
14028den man sint nante Tustim. —
14029Nû wart zu jungist doch behaft
14030mit alsô grôzir hungirs craft
14031dî vorgenante vestin,
14032daz ôt nicht inwestin
14033dî brûdre, waz zum bestin
14034in tochte dô zu grîfin an,
14035wen daz sî ir getrûwin man,
14036dî bî in wârin î bestân,
14037von Pomezênschen dîtin
14038hîzin von in rîtin
14039und sprâchin sus zu in,
14040iz wêre bezzir, daz sî hin
14041an andre stete kêrtin,
14042daz sî den lîb irnertin
14043wen daz sî dâ von hungirs nôt
14044mitsamint in gelêgin tôt,
14045und doch ir vrîheit und ir recht
14046solde in immir blîbin slecht.
14047Nû sêt, wî gotis gûte
14048in wundirberndir vlûte
14049durchgozzin hatte und irvult
14050mit gnâdinrîchir gedult
14051dî brûdre in den vristin
14052und ouch andre cristin
14053nicht alhî alleine,
14054sundir ouch gemeine
1405596 a    ubir alle Prûzinlant,
14056daz sî dî nôt sô manchirhant
14057unde mangil alsô grôz,
14058der joch dem tôde was genôz
14059und menschlîchir nâtûre
14060zu herte und zu sûre,
14061und unsprechlîche smerzin
14062mit alsô sûzim herzin
14063lidin unde trûgin
14064und sô geringe wûgin.
14065Nicht sach man sî trûrin,
14066noch murmeln noch sûrin,
14067sundir in semftmûtikeit
14068zu allin zîtin sîn gemeit
14069und gebârn in allir wîs,
14070als sî wêrn in paradîs.
Von brûdir Engilkin.

[Dusb. III, 146.]

14071In den zîtin, als ich las,
14072zu Cristburg ûf dem hûse was
14073ein brûdir Engilke genant,
14074geborn von Westvâlinlant.
14075Ein man von reinir inne1,
14076des lîbis und der sinne
14077was er umbemeilgit
14078und gote gar geheilgit.
14079Der selbe ân andir tuginde,
14080der er vil vormuginde
14081was und daran ûbte sich,
14082hîlt daz eine pflegelîch,
14083daz er ein panzir îserîn
14084trûc zunêst dem lîbe sîn,
14085daz im was vor ein hemde.
14086Mit alsulchir clemde2
14087er daz vleisch in zoume hîlt
14088und sîn tugintlîchin wîlt,
14089vorzernde der panzîre
14090vor sîme tôde vîre,
14091dî al an im vorslizzin,
1409296 b    vorrôsttin und zurizzin.
Wî Merginwerdir dî stat wart vorterbit.

[Dusb. III, 147.]

14093Nû dûchte dî vorwâzne dît,
14094daz sî dennoch wêre nit
14095mûde so mortlîchir tât
14096noch cristinlîchis blûtis sat;
14097sî inrichttin abir zû
14098ir wâpin ûf der cristnin mû,
14099dî sî î woldin tôtin,

--- S. 466 ---

14100martirin unde nôtin
14101in tûvelischir vreise
14102und stifttin eine reise
14103mit vil grôzir herislût,
14104(diz was, dô ir argir mût
14105sich vornôgîrit andirweit      [nach 1260
14106hatte, als ûch ist geseit),
14107und zugin, als sî vûrt ir sin,
14108kegn Sente Mergenwerdir hin.
14109Und dô sî in dî nêhe
14110quâmin, eine wêhe
14111stat sî dâ irweltin,
14112dâ sî von vrechin heltin
14113starke lâge smuktin1,
14114und dô vurbaz ruktin
14115vor dî stat mit volkis clein.
14116Und dô ir her sô cranc irschein
14117als sî woldin zu lûdere2,
14118sich machtin ûz dî brûdere
14119mit irin wêpenêrin
14120und mit der stat burgêrin
14121heftinde mit strîte sich
14122an dî vîende vîentlîch
14123ûf dem velde dâ gelegin
14124von der stat der mul inkegin;
14125dâ ouch in dem gestrûze
14126bleib ligin manic Prûze,
14127dirre tôt, genre wunt.
1412896 c    Und dô dî cristenin itzunt
14129sî bemenigit hattin gar,
14130dô sprengete zû ouch jene schar,
14131dî sich dâ in lâge barc;
14132dî was von menige alsô starc,
14133daz sî in kurzin vristin
14134dî brûdere und dî cristin
14135irslûgin vil nâ allintsam.
14136Lutzil ir von dannen quam,
14137dî in dî stat intwichin,
14138den ouch vîentlîchin
14139dî Prûzin quâmin nâchgerant,
14140und gewunnin ouch zuhant
14141dî stat und waz sî vundin
14142darinne zu den stundin,
14143daz was gevangin odir tôt.
14144Sumelîche doch der nôt
14145sich mit der vlucht intnâmin
14146und ûf dî burg intquâmin.
14147Daz her dî stat dô gar vorbran
14148und zouch mit grôzim roube dan.
14149Dô dî brûdre sidir
14150mit grôzir mûhe widir
14151und vil kostlîch dî stat
14152gebûwit hattin und besat,
14153Merginwerdir, dô geschach,
14154daz man dî Prûzin abir sach
14155zîhen mit unzellîchir dît
14156dort in colmnische gebît
14157mit brande sî vorhernde
14158unde dô dannen kêrnde
14159vor eine burg ûf sturmis drow,
14160dî man nante Belichow
14161ûf der Ozze gelegin.
14162Einen Pomezênin pflegin
14163sach man der burc, der hîz Jon
14164unde was Sarginen son.
14165Von der vestin sich herab
1416696 d    machte brûdir Conrât, Swâb
14167genant, dô vom Elbinge
14168und mit im vil witinge
14169und sich kegn den vîendin warf
14170in sperwechsele sô scharf,
14171daz ir wurdin in der stunt
14172genûc von beidin sîtin wunt.
14173Darnâch dô daz was irgân,
14174dî Prûzin sich irhûbin dan
14175kegn Merginwerdir vor dî stat,
14176dî ir craft dô ummetrat
14177mit hertis sturmis prange,
14178und sturmetin alsô lange,
14179unz sî dî stat gewunnin,
14180dî abir wart vorbrunnin
14181ûf der cristenin unheil.
14182Doch quam ir ûf dî burg ein teil;
14183etslîche ouch sich wertin
14184und mit wer irnertin
14185ûf einim bercvride3 der stat.
14186Daz andre volc wart alliz mat
14187des lebins dô von irre macht
14188odir dannen gevangin brâcht.
14189In der zwîvaldigin vorlust

--- S. 467 ---

14190der stat mit snôdir abekust
14191wart von den argin rotin
14192sinâheit grôz irbotin
14193in manchir wîse zu unêrn
14194den bildin gotis unsirs hêrn,
14195Marîen und der heilgin.
14196Ouch sach man sî bemeilgin
14197in manchir unvlêtigin tât
14198altirpallin1 und ornât
14199und andir kirchgerête,
14200daz man gote hête
14201gesegint und gewîhit
14202und in sîn dînst gevlîhit2.
14203Darzû dî heiligin sacrament
1420497 a    wurdin jêmirlîch zuspent3
14205unde brâcht in schande.
14206Ô starkir got, daz ande!
Wî Starkinberc wart gebûwit.

[Dusb. III, 149.]

14207Brûdir Anno, als ich las,
14208der in der zît hômeistir was,
14209dem lantmeistre sande
14210brîve kegn Prûzinlande
14211und in in den brîven hîz
14212bî namen4, daz er ûf daz vlîz
14213dî Ozze, dâ sî undirscheit
14214beginnit tragin unde treit
14215zwischin den bischtûmin zwên,
14216Colmen unde Pomezên,
14217solde eine vestin stiftin,
14218dî wolde er begiftin
14219mit vollir nôtdorft unde nern
14220alle, dî darûffe wêrn
14221bescheidin ir zu hûte.
14222Nû was in snellim mûte
14223gehôrsam der lantmeistir gût
14224und zuhant zusamne lût
14225zu der bûwunge volkis vil.
14226Und dô an einis tagis zil
14227sî stûndin und arbeittin
14228und vaste zûbereittin
14229der hî diz, genre dort daz,
14230als sîn amt iclîchim maz
14231und dâ zu tûne satzte,
14232mit creftin ûf sî platzte
14233ungewarnet der Prûzin her
14234und slûg ân alle wer
14235vil gar dî samenunge.
14236Alsô wart dî bûwunge
14237dô zustôrit und gelac
14238sint unz ubir manchin tac.
14239Dô las der meistir vorgeseit
14240ein volc zusamin andirweit
1424197 b    und dô mit gotis pflichte
14242volbûwte und berichte
14243der vorgenantin burge werc
14244unde nant sî Starkinberc,
14245mannende sî swinde
14246mit brûdrin und gesinde.
Wî Starkinberc wart vorlorn.

[Dusb. III, 150.]

14247Dô dî Prûzin vornumin
14248hattin, daz volkumin
14249dî burc was an gebûwe,
14250sich inzunt ein nûwe
14251zorn an in mit vîentschaft,
14252alsô daz sî mit grôzir craft
14253vil schîre sich bereitin
14254und dâvor sich leitin.
14255Abir brûdir Conrât
14256von Blindinburg in kegintrat
14257in strîte zu den stundin
14258und inpfînc vumf wundin
14259des lîbis an vumf endin,
14260an vûzin und an hendin,
14261dî vumfte an der sîtin.
14262Nâch Cristô sach man lîtin
14263in dî wundin ebene;
14264ouch wart er von dem lebene
14265von den Prûzin dô getân,
14266darumme er vil manchin trân
14267mit innigis herzin vlê
14268an got gegozzin hatte ê,
14269als oft gehôrt was und gesên.
14270Und darnâch, dâ daz was geschên,
14271dî burc sî ummevîngin
14272und zû mit sturme gîngin
14273nâch vîentlîchin sittin.
14274Ouch wart in widirstrittin
14275dêswâr mit wer vil harte

--- S. 468 ---

14276von der brûdre parte
14277obin ûf der veste;
1427897 c    sî grûztin dî geste
14279in des sturmis wîle
14280mit manchim scharfin pfîle,
14281den sî in înrottin.
14282Sî wuntin unde tôttin
14283sô manchin Prûzin in den scharn,
14284daz sî vil nâ vorzagit wârn.
14285Zuletzt doch ir gemûte
14286in grimme sô irglûte,
14287daz sî ê alle sterbin
14288dâ woldin und vorterbin,
14289ê sî dî vestin lîzin stân.
14290Sus gîngin sî dô abir an
14291unde sturmitin in der zît
14292sô vreislîch, daz ûf beidir sît
14293ir âne mâze vîlin tôt.
14294Sô lange treib sich dise nôt,
14295unz ubirhant doch nâmin
14296dî Prûzin unde quâmin
14297in dî burc mit gewalt,
14298dâ ouch mein wart gestalt,
14299want sî dî brûdre mit unzucht
14300und alle der burcluite trucht
14301zuhîwin und zustucktin gar
14302strowinde sî her und dar.
14303Ouch sî dî burc vorbrantin
14304und gar in uslin1 wantin.
14305Darnâch ubir manic jâr
14306Starkinberc dî vestin dar
14307gelegit mit gebûwe wart
14308ûf dî Ozze nidirwart
14309in daz Colmische gebît,
14310dâ man sî noch ligin sît. —
Wî Spittinberc wart vorwûst.

[Dusb. III, 151.]

14311In Pomezênen wîldin
14312dî brûdre unde hîldin
14313gebûwit einre burge werc,
14314dî was geheizin Spittinberc.
1431597 d    Abir dô dî Prûzin
14316sich gezogin ûzin
14317dem geloubin andirweit
14318hattin, als ê ist geseit,
14319sî tribin mit urloige zû
14320den brûdrin alsô grôze mû
14321in manchirhande wîse,
14322darzû mangil der spîse
14323drukte alsô swinde
14324sî und ir gesinde,
14325daz sî zu den zîtin
14326nicht lengir widirstrîtin
14327mochtin den vîandin;
14328sundir sî vorbrandin
14329dî vestin und zugin dan.
14330Sint ist wûste ouch bestân
14331daz wal unz an dise zît,
14332daz iz nîmant bûwin pflît.
Von dem urloige Colmerlande kên den Prûzin binnen der andrin vornoigirunge und zu êrstin von dem bischove von Colmensê.

[Dusb. III, 152.]

14333Brûdir Heidinrîch gewêre
14334des ordinis der predigêre
14335was bischof in Colmirlant,
14336dô sich zum andrin mâl intwant
14337von dem geloubin hêtin
14338dî Prûzin und den smêtin
14339mit allir macht, als ich ê sprach.
14340Von dem bischove man vorjach,
14341daz Marîa dî zarte
14342schînbêrlîch offinbârte
14343sich eime armin manne
14344unde den sante danne
14345mit einim brîve sô hin ab,
14346den er ouch brâchte unde gab
14347dem bischove vorgeseit,
1434898 a    darinne mit intscheidinheit
14349der bischof al sîn lebin
14350vant beschribin ebin,
14351dô er den brîf ubirlas.
14352Ouch darzû geschribin was,
14353daz in Prûzinlande
14354dî cristnin manchirhande
14355jâmir unde bittirkeit
14356unde martirlichiz leit
14357soldin noch irlîtin
14358in kunftigin zîtin
14359von der prûzschin dîte
14360um des himils mîte.

--- S. 469 ---

Wî Colmensê wart belegin.

[Dusb. III, 153.]

14361Darnâch in kurzin tagin
14362dî Prûzin dort belâgin
14363dî stat zu Colmensê sô hart,
14364dâvon betrûbit sêre wart
14365der colmische bischof
14366und besant ûf sînin hof
14367rittir unde knechte,
14368dî von dem gebrechte1
14369gevlohin wârin in dî stat,
14370und dî vlîziclîchin bat
14371in joch setzinde daz
14372vor der sundin ablâz,
14373daz sî sich ûzmachtin,
14374irspêhtin unde achtin
14375des heris zal unde macht,
14376wî grôz dî mochte sîn geacht.
14377Und dô sî sich ûznâmin,
14378Prûzin an sî quâmin
14379in einir rotin dâ besît,
14380kegn den sî hûbin sich in strît
14381unde wuntin dâ inmanc
14382einin Prûzin, der sô lanc
14383was vor al den anderin,
14384daz man in sach wanderin
1438598 b    mit den achseln ob in,
14386und den sleptin ouch hin
14387in dî stat gewisse.
14388Von des gevengnisse
14389wart der Prûzin houbitman
14390sô gar betrûbit, daz er sân
14391gelobete mit eidin,
14392er wolde dannen scheidin
14393noch dikeinen cristin
14394betrûbin in den vristin,
14395ob sî den Prûzin alsô wunt
14396im widirgêbin in der stunt;
14397daz ouch geschach; er wart hin vur
14398gegebin ûf dî willekur.
14399Sus bleib dâ unvorladin
14400Colmensê von schadin.
14401Darnâch in des oustis zît
14402legete sich sô hin besît
14403ein michil her von Prûzin
14404unde blibin lûzin
14405in vorholnir lâge
14406vil nâ drîzên tage
14407einim walde dâ inmanc,
14408den man nante Vogilsanc.
14409Doch inhant2 eine cleine schar
14410ûf dem velde her und dar
14411irschein, daz was ir sitte
14412vloginde von dem snitte
14413dî înwonêre von Colmensê.
14414Zu jungist, dô daz korn nicht mê
14415âne schadin mochte stân
14416und dî burger hattin wân,
14417daz dî Prûzin wêrin dan,
14418sich hubin ûz wîb unde man
14419algemeine in den snit;
14420und dô dî Prûzin sâhin dit,
14421sî sprengtin zû mit allim her
14422und irslûgin âne wer
1442398 c    dî vrouwin zu den mannen;
14424dî kindir sî von dannen
14425vûrtin in dî hafte
14426êwigir eiginschafte. —
Von dem urloige der brûdere zu dem Reddîne.

[Dusb. III, 155.]

14427Nîmant kan ûzgerichtin,
14428vol schrîbin noch vol tichtin,
14429waz jâmirs unde pîne
14430daz zu dem Reddîne
14431dî brûdre und andre cristin
14432irlidin in den vristin
14433durch des geloubin schirmin,
14434dô dî ungehirmin
14435Prûzin hattin vîentlîch
14436intrant und vornôgîrit sich
14437von dem geloubin andirweit,
14438want allir oftist was geleit
14439ir învart und ûzvart dâ vur,
14440swenne sî nâch willekur
14441in Colmerlant hin soldin
14442odir dannen woldin.
14443Iz wart vorwâr gesagit mir,
14444daz dî stat der Reddîn zwir
14445dô gewunnen wurde

--- S. 470 ---

14446und in jâmirs burde
14447gevangin und mit tôde blas
14448gemachit, waz darinne was.
14449daz menschlîchin namin trûc,
14450von der Prûzin ungevûc.
Von Mertîne von Golîn.

[Dusb. III, 156.]

14451Ein brûdir von der burc Reddîn
14452unde Mertîn von Golîn
14453soldin zu einin zîtin
14454ûf dî wiltnisse rîtin
14455durch besên, ob in dâ icht
14456widirlîfe von geschicht,
14457unde wurden irre
14458ein teil in dî virre
14459von der wege kunde;
1446098 d    und dô sî lange stunde
14461gerittin alsô gleifin1
14462und in der wûste streifin
14463einiz her, daz andre dar,
14464zu jungist wurdin sî gewar
14465drîer Prûzin kegn in gân,
14466der sî zwêne aldâ sân
14467von dem lebene spîldin;
14468den drittin sî behîldin
14469lebinde ûf sulchin wân,
14470daz er sî geleitit hân
14471solde ûf den rechtin wec.
14472Abir der vorwâzene gec
14473sî vûrte in der vîende lant.
14474Und dô sîn tucke in wart irkant,
14475sî slûgin in und îltin dan.
14476Îdoch vumf gerittene man
14477der Prûzin dî geschicht irsân
14478und vîentlîch sî an
14479in snellir vart gewundin2,
14480ouch vîngin unde bundin
14481sî beidintsam vil harte
14482und gâbin sî in warte
14483zwên, dî in dô blibin bî;
14484sô rantin dî andrin drî
14485in genîzis gerde
14486nâch des brûdirs pferde,
14487daz in was intloufin.
14488Nû woldin hî intknoufin
14489dise zwêne Mertîne
14490des houbetis mit pîne,
14491dî wîle gene dort daz pfert
14492sûchtin, und dô sî daz swert
14493itzunt hîldin ob im bar:
14494›Ir sît nicht wîse‹, sprach er, ›zwâr,
14495›daz ir ûf dise cleidir gût
14496›wollit gîzin hî mîn blût
14497›und dî alsô vorterbin.
1449899 a    ›Ir mugt sî baz bederbin3,
14499›ob ir rechte witze hât.
14500›Dî varwe in vil gar intgât,
14501›ob man sî widir waschin sol.‹ —
14502Der rât gevîl den Prûzin wol
14503und intpundin im dî bant,
14504als sî woldin daz gewant
14505im ruckin ab; und dô er kôs,
14506daz dî arm im wârin lôs,
14507er slûc den einen an den gil,
14508mit der vuist, daz im intpfîl
14509daz swert, daz er ouch dô begreif,
14510und sô manchin ummesweif
14511mit scharfin slegin ûf sî trûc,
14512unz er sî beide tôt irslûc.
14513Darnâch er ouch trôste
14514und ûz den bandin lôste
14515den brûdir, sînen cumpân.
14516Nû quâmin ûf sî jagin sân
14517gene drî gevertin,
14518kegn den sî sich ouch wertin
14519und alsô lange kempftin,
14520unz sî sî doch bedempftin,
14521daz sî des lebins blibin toub,
14522und lûdin dô den roub
14523ûf in gotis namin
14524und vil schîre quâmin
14525ân allir irre ummesweim
14526kegn dem Reddîne sô hin heim. —
Abir von Mertîne von Golin.

[Dusb. III, 157.]

14527Ouch in den selbin zîtin
14528wol zwênzic Prûzin rîtin
14529sach man in Polênerlant,
14530dâ beide roub unde brant
14531âne widirsatz urbarn,
14532und dî wîle sî dâ wârn,

--- S. 471 ---

14533dô santin von Reddîne
14534dî brûdre Mertîne
1453599 b    von Golîn, genant dâ vor,
14536sô hin ûf der strâzin spor
14537mit sibinzên gevertin,
14538swen sî dannen kêrtin,
14539daz er sich vorsûcht an in,
14540ob im lîchte dâ gewin
14541wurde beschert von gote.
14542Nû quam dî selbe rote
14543der Prûzin unde trâfin
14544dî wartlûte slâfin,
14545dî Mertîn hât ûzgesant,
14546der sî einin dâ zuhant
14547slûgin unde tôttin,
14548den andrin sî nôttin
14549mit drouwe unde bandin,
14550unz daz er bekand in
14551wî man in dâ lâgete.
14552Darzû er in sagete
14553der lâge stat, der lûte zal.
14554Und dô sî diz irvorschtin al,
14555zu eime boume bundin
14556sî in unde begundin
14557dî lâge hezlîch strîtin an.
14558Ouch sô wart in widirstân
14559sô menlîch von den cristin,
14560daz ir in den vristin
14561gnûc dâ vîlin beidirsît.
14562Nû irsach ouch disen strît
14563Mertînis gesellin ein,
14564der dâbî von der gemein
14565nakt was geswummin uber ein vlîz,
14566als er durch spîse genîz
14567krebze wolde vâhin,
14568und begonde gâhin
14569wundirlîchin limmende1
14570und widir ubirswimmende
14571zu hulfe sîner rotin,
14572dâ er einis tôtin
1457399 c    swert unde schilt irwischte
14574und in den strît sich mischte
14575kegn den vîendin alsô nakt,
14576von den er vreislîch wart zuhakt,
14577zuschrôtin und zuhouwin,
14578daz man mochte schouwin
14579im hengin von dem lîbe blôz
14580manchin vleischis laschin grôz.
14581Sô lange und sô harte
14582stritin dise parte,
14583unz in sô grôze mûde zû
14584trat, daz sî wol drîes zû
14585an beidin sîtin nâmin
14586und darnâch î zusamin
14587in strîte widir gîngin,
14588swen sî icht craft gevîngin.
14589Sô lange sî daz tribin,
14590unz zu jungist blibin
14591tôt dâ ligin beide schar,
14592Prûzin unde Dûtschin gar.
14593Und dô daz alsô was irgân,
14594dô quam ouch genre wartman,
14595den an den boum dî dît ê bant,
14596lôs ûf dî walstat unde vant
14597vrûnt unde vîende alle tôt
14598sundir eine, Mertîn ôt,
14599der lebete und doch kûme,
14600den er ouch âne sûme
14601semftlîch ûf einen slittin lût,
14602darzû gar der Prûzin gût,
14603wâpin, cleidir unde pfert,
14604und waz dâ mochte roubis wert
14605gesîn, er alliz mit im nam
14606und heim zu dem Reddîn quam.
Wî cristinreluite vil wurdin geslagin.

[Dusb. III, 158.2]

14607Ein hûs Wartinberc genant
14608was gelegen in Colmirlant
1460999 d    ûf einim berge, den bevlôz
14610ein tîch mit vestenunge grôz.
14611Der burc dî brûdre wîldin
14612und volc darûffe hîldin,
14613daz sî bewarn mit hûte pflac.
14614Nû gevîl ein vîertac,
14615an dem daz volc geschefdis vrî
14616von den dorferin dâbî
14617gesamint was in vroidin
14618durch tanzin unde goidin
14619und andir kurzunge der zît,

--- S. 472 ---

14620der man an heiligin tagen pflît.
14621Und dî wîle sî sô wârn
14622vrôlîch vrî von allin vârn,
14623dô platzt ûf sî mit grôzir craft
14624ungewarnt dî heidinschaft
14625al dort her von Sudouwin.
14626Dô wart gar vorhouwin
14627ir vroide, der sî pflâgin;
14628in jâmirberndiz clagin
14629wante sich ir singin;
14630ir tanzin, reigin, springin
14631und ir wunnenberndiz spil
14632sach man nemin dâ ein zil
14633mit alzu bittirlîchir nôt,
14634want dî heidin slûgin tôt,
14635swaz dâ hatte mannis lîb.
14636Meide, kindir unde wîb
14637wurdin dan getribin
14638und êwig eigin blibin.
Wî Wartinberc wart zustôrt.

[Dusb. III, 159.]

14639Wî ofte und wî vil dî dît
14640der cristnin von dem lebne schît,
14641doch dûchte siz zu cleine;
14642sî woldin î gemeine
14643von grunde den geloubin
14644vortilgin unde toubin
14645in allin prûzschin landin;
14646100 a    dâvon dî vorgenandin
14647Sudouwin abir volkis mê
14648zusamin brâchtin denne ê,
14649zoginde vor Wartinberc,
14650daz mit manchis sturmis werc
14651ir menige vîentlîch anvacht.
14652Dî brûdre dâ nâch irre macht
14653widirstûndin in mit wer.
14654Zu jungist doch daz ganze her
14655alumme gînc mit vûere an
14656und alsô dî burc gewan,
14657vorbrinnende sî in den grunt.
14658Zwêne brûdre in der stunt
14659und al daz burcgesinde
14660sî mit nôtin swinde
14661slûgin tôt durch irin nît.
14662Alsus daz wal noch wûste lît. —
Wî Birgelow wart gewunnin.

[Dusb. III, 160.]

14663Des kunigis von Littouwin sun
14664Trînôte, ein heidin kûn,
14665lût zusamne und gewan
14666von heidin drîzictûsint man,
14667mit den er wolte reisin
14668und dî cristnin neisin.
14669Und dô er nêhin Prûzinlant
14670begonde, daz her vorgenant
14671schichte er in drîe,
14672und eine partîe
14673er kegin Masow sante,
14674dî andre sich wante
14675in Pomezênin daz gebît.
14676Dise beide lant dî dît
14677brante und vorherte;
14678daz dritte teil hin kêrte
14679zum Colmin in dî gegenôt,
14680dâ sundir andir nôt,
14681der dâ gnûg ir vreise brow1,
14682gewunnen daz hûs Birgelow,
14683100 b    dâ sî habe unde vî
14684der brûdre und der luite, dî
14685ûf dî burc gewichin
14686wârn, zûzin strichin
14687und iz dannen tribin.
14688Doch unvorsêrit blibin
14689dî brûdre und ir luite
14690want sî menlîch dî huite
14691wertin ûf eime turme
14692kegin der heidin sturme.
Wî cristnin gnûc geslagin wurdin.

[Dusb. III, 161.]

14693Nâch dirre schichte kurzelîch
14694solde brûdir Heidinrîch,
14695der bischof von Colmensê,
14696den ich hab genant ouch ê,
14697zu Thorûn wîhen vor der stat
14698eine capelle, als er tat,
14699des spittâles, daz dâ lît.
14700Und dô dî kirche was gewît
14701und daz volk kegn hûse zouch,
14702dâ wârn in dî Prûzin ouch
14703in den wec dâ kumin;

--- S. 473 ---

14704want sî hattin vornumin
14705kundin von der wîhe amt
14706und daz dâ wurde volc gesamt,
14707und irslûgin gar dî man;
14708wîb unde kint vûrtin sî dan.
Wî daz spittâl zu Torûn wart vorbrant und dî stat Colmin gesturmit und dî Lubow burg und stat vorbrant.

[Dusb. III, 162.]

14709Ouch in den selbin zîtin
14710dî dît der Sudouwîtin
14711besamintin ein her sô grôz,
14712daz dâ vor nî des genôz
14713zu Prûzin in dem lande irschein
14714an menige. Dise lût gemein
14715zôch ûf dî Lubouwe
14716100 c    und dô in leidir schouwe
14717ûbtin vil vreislîchir tât.
14718Zu jungist sî burg unde stat
14719vorterbtin ouch Lubow genant,
14720dannen sî in Colmirlant
14721machtin vor Strâzberg ir vart
14722und dô teiltin ungespart
14723ir menie grôz in manche schar,
14724und dî santen her und dar
14725vor dî vestin ûf dî list,
14726swen dî cristnin durch genist
14727darzû mit vlucht sich neigitin,
14728daz sî sî denne veigitin
14729môrtlîch darnidir slâhinde
14730odir zu eigin vâhinde.
14731Darnâch sî zugin vor Thorûn
14732und waz bûzin der mûrin zûn
14733sî begriffin, daz wart al
14734vornichtit, darzû daz spittâl
14735sî zu aschin brantin
14736und darnâch sich wantin
14737zum Colmin vor dî vestin
14738und dî âne restin1
14739sturmetin mit allir macht
14740einin tag und eine nacht,
14741daz îdoch was lêre,
14742want sich dî burgêre
14743menlîch ir dirwertin.
14744Und dô sî sus gehertin
14745Colmerlant vîr tage
14746mit schedelîchir plâge,
14747dô irhûben sî sich hin
14748kegn lande trîbinde mit in
14749luite, pferde, vihis vil
14750und ôt roubis âne zil.
14751Ûf dirre selbin reise2
14752solde durch sîne vreise
14753ein vil starc Sudouwe
14754100 d    eine cristenevrouwe
14755vluchtic jagin in ein brûch,
14756want in hazze was sîn rûch
14757sô grimmig ûf sî wordin,
14758daz er sî î dirmordin
14759wolde; und dô er sî begreif,
14760von gotis hulfe ir intsleif
14761ir wîblîche brôde3
14762und angeborne blôde
14763und begonde sich zu wern,
14764im vaste um dî backin bern4
14765mit den vuistin beidirsît.
14766Sô lange treib sî disen strît,
14767unz er sturzte in daz mot.
14768Dô gab ir zu herzin got,
14769daz sî obin ûf in vîl,
14770in sêre druckte in den gil
14771und in irwurgin wolde.
14772Dô vûr ouch der unholde
14773ummesnappin als ein hunt,
14774unz im ir dûme in den munt
14775quam, den er ir abebeiz.
14776Dô wart sî ouch in zorne heiz
14777und allumme taste
14778unde schutte vaste
14779des mottis dem vorschertin tôrn
14780in munt, in nase und in ôrn
14781und ûf sô lange clekte,
14782unz sî in gar vorstekte5.
14783Sus wart der starke heidin blas
14784und daz cranke wîb genas.

--- S. 474 ---

Wî Prûzin vil wurdin geslagin.

[Dusb. III, 163.]

14785Nicht ubir lange zît darnâch
14786der Prûzin her man abir sach
14787varn zu Colmin in daz lant
14788roub dâ stiftin unde brant.
14789Ouch slâhinde vil der cristin
14790unde vâhinde in den vristin
14791101 a    geworchtin sî dem lande wê.
14792Zu jungist sî zu Colminsê1
14793quâmin vor dî stat gerant,
14794dâ in mit werlîchir hant
14795dî burger keginquâmin,
14796mit in dâ zusamin
14797slâhinde vor der vestin.
14798Aldâ wart den gestin
14799ir houbitman irslagin,
14800mit dem ouch tôt gelâgin
14801der andrin Prûzin ein grôz teil.
14802Diz was der armin cristnin heil,
14803der sî gevangin wîldin
14804und dâ in hafte hîldin;
14805want dî wurdin wol getrôst
14806und ûz bandin al irlôst. —
Wî Skumant herte Colmerlant unde slûg etslîche brûdre und andre cristin.

[Dusb. III, 164.]

14807Darnâch dî Sudouwen Skomant
14808vûrte abir in Colmerlant
14809teilinde in zwei daz her.
14810Daz eine teil gevînc dî kêr
14811kegn Torûn; sô daz andre part
14812sich neigte kegn dem Colmin wart
14813und swaz in dâ widirvûr,
14814daz ubergînc vreislîche schûr2,
14815want sî nicht andirs hantin,
14816wen morttin, vîngin, brantin.
14817Îdoch kegn vespir quâmin
14818dî her widir zusamin
14819vor dem hûse Birgelow
14820und dô sichir allir drow
14821dî herberge vîngin
14822und ir gezelt ûfhîngin
14823sich trîginde ûf ire macht.
14824Îdoch in der selbin nacht
14825dî brûdre von dem hûse
14826101 b    in eime stillin sûse,
14827dô dî vîende intslîfin,
14828in in dî bûdin lifin,
14829sî vorstôrnde der rû;
14830und ouch in der selbin mû
14831wunttin sî und slûgin tôt
14832der Prûzin vil, und von der nôt
14833sich ein grôz geschrei hûb,
14834des ouch gene trucht intsûb,
14835dî daz her bewachtin
14836und hinzû sich machtin,
14837want sî wârin angeleit
14838mit wâpin und in strît gereit,
14839und irslûgin in dem lûdir
14840zwên und einen halbbrûdir
14841unde wêpenêre gnûc.
14842Sus sich dâ mort kegn morde wûc.
Wî Schônensê daz hûs wart gesturmit und Diwan der Bartin houbtman wart geslagin.

[Dusb. III, 165.]

14843Nâch diser reise nam Diwan
14844an sich, der Bartin houbitman,
14845achthundirt Prûzin odir mê
14846und mit den vor Schônensê
14847dî burc zu beligne vûr
14848und ouch den burclûtin swûr
14849bî sîner gote hôstin macht,
14850wêrn sî sô unbedâcht,
14851daz sî nicht gêbin ûf zuhant
14852im dî vestin vorgenant,
14853er wolde in nôtin swinde
14854brûdre und gesinde
14855hengin vor daz burgetor
14856an einen galgin hô impor.
14857Doch ubirsâzin sî dî drô,
14858swî ûf dem hûse wêrn dô
14859nicht mê brûdre wenne drî
14860und den lutzil knabin bî,
14861101 c    den sî mentle legtin an
14862und andir brûdirzeichin sân
14863den vîendin zu anblicke
14864und zu schînlîchim schricke.

--- S. 475 ---

14865Und dô Diwanis drouwerûf
14866an den brûdrin nicht inschûf,
14867er richte zû mit drouwe
14868al sîn sturmgezouwe1,
14869des er gnûc brâcht hatte dar,
14870und gînc dô an mit sîner schar
14871sturmende gar vîentlîch.
14872Dâinkegin satztin sich
14873gene werlîch unde balt,
14874want iz in dî helse galt,
14875(dî mein ich ûf dem hûse).
14876Sî wurfin manche lûse
14877den Bartin durch dî schedele.
14878Ouch ûz irme sedele
14879schuzzin dâ dî schutzin,
14880dî man vil wol benutzin
14881sach dâ ire pfîle,
14882want in kurzir wîle
14883lâgin vil der vîende tôt.
14884Sô lidin sumelîche nôt
14885von tôtlîchin wundin;
14886ouch sô schôz in den stundin
14887brûdir Arnolt Kropf nâch wâne
14888und traf ebin Diwane
14889den houbtman al durch den gil,
14890daz er tôt dânidir vîl.
14891Der schuz gab hôhe duite,
14892want er dî burcluite
14893alle lôste von der wit2;
14894want dô dî Bartin sâhîn dit,
14895sî lîzin ligin, der dâ lac,
14896und îltin dannen nacht und tac,
14897unz sî quâmin in ir lant.
14898Sus wart ir hôchvart dâ geschant.
101 d    Wî zwû burge wurdin vorlorn.

[Dusb. III, 166.]

14899Zu jungist aber Skomant,
14900den ich hab ouch ê genant,
14901der Sudouwin houbitman,
14902ein unzellîch her gewan
14903von Rûzin, Sudouwîtin,
14904und mit den in den zîtin
14905reit kegn Colminlande
14906mit roube unde brande
14907dî cristinheit dâ herminde
14908und gar vorerminde,
14909want er wol nûn tage
14910ûbinde dî plâge
14911in dem lande ummezouch.
14912Und dô er an der reite ouch
14913begonde nêhin Colmensê
14914ein polênsch rittir hatte ê,
14915der was Nyverik genant,
14916im gelobt an sîne hant,
14917er wolde dî stat gewisse
14918im mit vorrêtnisse
14919antwortin zu gewinne.
14920In dem valschin sinne
14921reit der rittir in dî stat
14922und, dô sî vîentlîch betrat3
14923der heidin Skomant und sîn her
14924und dî burger zu der wer
14925lîfin ûf dî mûre,
14926der vorrêtêr sûre
14927trat ouch an dî zinnin,
14928dâ er wolde beginnin
14929des er willin hâte.
14930Und dô er sach dî state4.
14931er irschelte zwir sîn horn,
14932want daz zeichin hatt er vorn
14933bescheidin Skomande dort.
14934Und dô dî burger diz irhôrt
14935hattin, sî irschrâkin hart
14936102 a    unde vîngin ungespart
14937den rîttir; und dô in irkant
14938wart sîn valscheit, alzuhant
14939hîngen sî in hô inpor
14940an einen galgin vor daz tor,
14941ouch sînen sun und einen knecht
14942hînc man bî in; daz was recht.
14943Und dô Skomant der wilde
14944gesach an disim bilde,
14945daz sîn hoffenunge wan
14946wurdin was, er zocte dan
14947vor eine burc genant Heimsôt
14948und sturmte dî sô lange ôt,
14949daz er sî ubirhoubt gewan
14950und slûc darûffe vîrzic man,
14951dî ir zu wer bescheidin wârn.
14952Dannen sach man in dâ varn
14953vor ein andir hûs, daz was

--- S. 476 ---

14954einis rittirs, als ich las,
14955der was genant her Zipfil.
14956Dî burg er von dem wipfil
14957nidir brach unz ûf den sant
14958und alliz, daz er drûffe vant,
14959daz wart gevangin und geslain.
14960Dî habe lîz er abetrain
14961und brant dî burge beidirsît
14962zu aschin gar durch sînen nît.
Von der nakheit der Prûzin, dî dûtsch kondin.

[Dusb. III, 167.]

14963Heinrîch Monte, den ich ê
14964genant ûch ofte habe mê,
14965der Nattangin houbitman
14966und andre Prûzin sundir wân,
14967dî dâ von kintlîchin jârn
14968irzogin bî den brûdrin wârn,
14969den cristnin tâtin ublis vil
14970bin der vornôgîrunge zil;
14971want sô zu manchin vristin
14972102 b    zugin dî uncristin
14973hernde durch der brûdre lant,
14974sô was iz ofte sô gewant,
14975daz dî vlucht vorsperrit wart
14976den cristin kegn den vestin wart
14977und mûstin sich behaldin
14978in brûchen, puschin, waldin;
14979und sô diss Heinrîch wart gewar
14980er nam der sînen eine schar
14981und begonde sô hin kêrn,
14982dâ in dûchte, daz sî wêrn,
14983rûfinde zû in aldort
14984in dûtschir sprâche dise wort:
14985›Ist îmant hî vorborgin,
14986›der mac lân sîn sorgin
14987›und âne vâr zu hûse gân,
14988›want dî vîende sint hin dan.‹
14989Und sô dî wort vornâmin
14990dî armin unde quâmin
14991hervor gegân in sichirheit,
14992sô wârn dî Prûzin dâ gereit;
14993sî slûgin odir vîngin.
14994Der nôt sî vil begîngin. —
Von dem urlouge der burger von dem Elbinge.

[Dusb. III, 168.]

14995Dô zum andrin mâle sich
14996vornôgîrtin ubillîch
14997dî Prûzin von der cristinheit,
14998als ûch ist dâ vor geseit,
14999sumelîche edle man
15000von Pogezênin blibin stân
15001in dem geloubin reine.
15002Îdoch was ir cleine.
15003Dî selbin man bederbe
15004lîzin mâg und erbe
15005und mit irn gesindin,
15006wîbin unde kindin
15007und andirme dinge
15008102 c    quâmin zum Elbinge
15009und blibin sint den brûdrin bî
15010mit trûwin allis valschis vrî. —
Wî dî burc Wentliz wart gestôrt.

[Dusb. III, 169.]

15011In dem anbeginne
15012der andrin abetrinne
15013Pogezênin, Sudouwîtin
15014mit den andrin prûzschin dîtin
15015besamintin ein michil her
15016und durchvûrin manchir kêr
15017das lant zu Pogezênin
15018und ouch zu Pomezênin
15019irslânde in den stundin,
15020swaz sî dâ cristin vundin,
15021daz dâ trûc menlîchin lîb;
15022meide, kindir unde wîb
15023mûstin blîbin eigin.
15024Darnâch man sî neigin
15025zu dem Elbinge sach ir vart
15026und dî burc beligin hart,
15027dî ouch sô lang anvâchtin,
15028unz sî iz darzû brâchtin
15029mit manchis sturmis schurge,
15030daz sî daz vorburge
15031gewunnin hettin sundir wân,
15032inhette daz nicht undirstân
15033ein Prûze, der hîz Wirtil,

--- S. 477 ---

15034der was der vestin hirtil
15035in der zît mit wer gevâch,
15036want durch den houbtman er stach
15037ein sper, daz er zuhant irstarb.
15038Alsus ir sturmin dô vortarb,
15039daz sî vreislîch ê ûbitin.
15040Sî sêre sich betrûbitin
15041der schicht an dem houbtmanne
15042unde zugin danne
15043vor ein ozzek1 dort gesat,
15044dâ daz vlîz dî Weiske gât
15045102 d    in den sê den Drûsin,
15046daz mit sturmis prûsin
15047wart snel von in gewunnin,
15048zubrochin und vorbrunnin,
15049daz luit geslagin, daz dâ was,
15050sundir ob ir icht genas,
15051dî dî vlucht begriffin
15052ûf den sê in schiffin.
15053Und dô iz in sô ebin gînc,
15054ir reisin vurbaz sich gevînc
15055vor ein hûs, daz Wetlitz hîz
15056und was gebûwit ûf ein vlîz
15057genennit dî Rogouwe,
15058und mit sturmis gezouwe
15059iz vîentlîch anstrittin.
15060Ouch nâch menlîchin sittin
15061sich wertin, dî dâ wârn belegn.
15062Sô lange doch sach man sî pflegn
15063des sturmis in den vristin,
15064unz ûf der burc dî cristin
15065zu jungist undirgîngin
15066und sî dî burc gevîngin.
15067Dâ vîng unde slûg ir hant
15068swaz man al darûffe vant
15069luite, vrouwen unde man,
15070und dî burc zu aschin bran. —
Wî ûf Lîbhardismul vil burger vom El­binge wurdin geslagin.

[Dusb. III, 170.]

15071Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
15072tûsint und zweihundirt wârn,
15073sibinzig und drî darzû      [1273
15074und itzunt von urloigis mû
15075begertin der grîzstangin2
15076Samin und Nattangin,
15077Ermin unde Bartin
15078unde sich bekartin
15079zu dem geloubin widir,
15080dô blibin dennoch sidir
15081103 a    dî Pogezênin umbekart
15082in irme ungeloubin hart,
15083und in der zîte loufe
15084brâchtin sî zu houfe
15085ein her von irre dîte balt,
15086daz leginde in einin walt
15087von Elbinge nicht verre,
15088und santin hin ûf werre
15089vor dî stat ein lutzil schar.
15090Und dô dî burger der gewar
15091wurdin, sî anlegtin
15092ir wâpin und irwegtin
15093sich zu velde kegn der trucht,
15094dî vor in weich in semftir vlucht
15095sich vaste mit in zockinde
15096und in dî virre lockinde.
15097Ouch sich dî burgêre
15098in vîentlîchir gere
15099vaste nâch in wûgin
15100unde sumelîche slûgin
15101tôt dâ von der vîende sît.
15102Daz werte unz iz dûchte zît
15103gene, dî der walt dâ barc;
15104dî sprenctin ûz der lâge starc
15105und vorrantin in dî vart
15106widir kegn der vestin wart.
15107Diz den burgêrîn worchte
15108angist unde vorchte,
15109want dî menige was sô grôz,
15110daz sî ûf dem velde blôz
15111in nicht mochtin widirstân.
15112Wîchinde sî nâmin sân
15113ûf Lîbhardismul dî kêr,
15114want sî gevestint was zu wer.
15115Dô diz dî vîende sâhin,
15116sî begondin gâhin

--- S. 478 ---

15117dî mul all ummevlechtin
15118und sturmende anvechtin
15119103 b    in vîentlîchin andin.
15120Ouch wart in widirstandin
15121von der mul sô harte,
15122daz ôt beide parte
15123smerze grôz intpfîngin
15124und daz zu jungist gîngin
15125dî Pogezênin ab durch rû;
15126und darnâch, dô sî abir zû
15127mit sturme tretin woldin,
15128dô sprâchin dî unholdin
15129in valscheit zu den cristin:
15130›Wold ir daz ebin vristin,
15131›sô gebt ûch uns gevangin al!
15132›Tût ir daz nicht, des tôdis val
15133›mûzit ir hî kîsin
15134›und gar den lîb verlîsin.
15135›Daz wizzit genzlîch sundir wân!‹
15136Nû wârn dî burger begân1,
15137noch westin waz mê grîfin an,
15138want sî hattin gar vortân
15139dî wer, dî sî dâ vundin,
15140und alsô begundin
15141sich âne werlîch krîgin
15142in teidinge bîgin,
15143in den iz wart alsô bericht
15144mit vil sichirheite pflicht,
15145daz sî vumf und zwênzic man
15146der bestin soldin gebin dan
15147gevangin in der Prûzin hant,
15148dâmitte soldin sîn volant
15149dâ dî vêde zwischin in,
15150und dî andrin soldin hin
15151wandrin vrîe in ir gemach.
15152Und dô diz alsô geschach
15153und sî dî man intpfangin
15154hattin zu gevangin,
15155sî brâchin des gelubdis eit
15156und des vridis sichirheit,
15157103 c    den sî voreidit hâtin
15158und andirweit zutrâtin
15159mit sturme ungehuire
15160inzundinde mit vuire
15161dî mul an allin endin,
15162daz gene nicht irwendin
15163mochtin, want in wer gebrast.
15164Und dô des vûeres ubirlast
15165sî begonde twingin,
15166ein jâmirlîchiz dringin
15167mochte man dâ von in sîn.
15168Swer der hitze wolde intvlîn,
15169den zustukte und zuschrît
15170daz swert der vormeintin dît
15171in vreislîchir abegunst.
15172Ouch etslîche ûz der brunst
15173sach man springin nidir her
15174in manch hundirt scharfe sper,
15175dî dî Prûzin durch ir gûf
15176kegin in dâ raktin ûf
15177mortlîch vorgîzinde ir blût.
15178Dî andrin in des vuêres glût
15179allintsam vorturbin
15180und bittirlîch irsturbin
15181in gote reinis mûtis.
15182Cristinlîchis blûtis
15183wart vorgozzin alsô vil
15184an der stat und in dem zil,
15185daz aldâ der mulin vlîz
15186sîne wazzirvarwe lîz
15187und irschein den tac vil gar
15188in sînem vluzze blûtgevar.
15189Ouch wart vornumen und gehôrt
15190von êrbêrre luite wort,
15191dî zu dem Elbinge dort
15192stûndin ûf der zinnin ort,
15193dî wîle hî geschach der mort,
15194(und ist geloublîch sundir wân),
15195103 d    daz sî den himmil offin sân
15196und dî engele kumin dan
15197der cristnin sêlin al inpfân
15198und dî zu himele vûrin sân,
15199dâ sî nâch der martir wê
15200vroide habin immer mê. —
Wî dirre mort gerochin und dî Pogezênin gar geslagin und andirweit betwungin.

[Dusb. III, 171.]

15201Nû was der meistir und dî brûdr
15202umme diz sô valsche lûdr

--- S. 479 ---

15203und um dî jâmirbernde schicht,
15204dî in sô trûwelôsir pflicht
15205an den cristnin was geûbit,
15206gemûhit sêre und betrûbit
15207und woldin ubir ein
15208mit râche andin dise mein
15209und dî clegelîche nôt,
15210odir alle blîbin tôt,
15211unde samintin bedâcht
15212darûf alle ire macht,
15213dî sî mochtin geleistin,
15214und alsô hin reistin
15215in der Pogezênin lant,
15216daz sî ouch mit herndir hant,
15217durchrittin âne wende
15218von ende unz zu ende,
15219brantin unde roubetin
15220und alliz daz betoubetin,
15221daz dâ hatte mannis lîb,
15222pferde, vî, kint unde wîb
15223vûrende her abe
15224mit ungehebir1 habe.
15225Ouch Heilsberg an der selbin vart
15226dî burc von in gewunnin wart,
15227der dennoch in den tagin
15228dî Pogezênin pflâgin,
15229und alliz, daz dâ mannis wert
15230104 a    darûffe was, irslûg ir swert;
15231daz andre man von dannen treib.
15232Nâch dem mâle vurbaz bleib
15233Prûzinland in vridis zû
15234intladin von urloigis mû. —
— — —

[Dusb. III, 172.]

15235Waz vâr, waz angist und waz nôt
15236sich mit ungemache bôt
15237in smachtigin gebristin
15238den brûdrin und den cristin,
15239in stetin und ûf burgin sâ
15240und in dem lande andirswâ
15241bin den vumfzên jârin,
15242dî vornôgîrit wârin
15243der Prûzin dît gemeine,
15244daz weiz got alleine
15245und nîmant, der nû lebit, zwâr
15246mocht iz ûzgerichtin gar.
15247Vil seldin in dî stunde
15248und mûze werdin kunde,
15249daz sî des brôtis êzin sat,
15250sî inmûstin von der stat
15251einis odir mê ûfstân
15252zu wer und zu strîte gân
15253von der vîende drangin,
15254sô daz man in zûlangin
15255dî schrift wol mocht in glîchir pflicht,
15256dî sus von den Judin spricht,
15257dô sî soldin bûwin
15258und andirweit vornûwin
15259Jêrusalêm dî heilige stat,
15260daz sî grôzin widirsat
15261hattin von den heidin,
15262sô daz sî mûstin scheidin
15263sich und teilin in zwû schar.
15264Dî eine nam der arbeit war;
15265dî andre stûnt gereit mit wer
15266zu pflege kegn der vîende her,
15267von daz der morginrôt ûfdranc,
15268104 b    unz daz man sach dî sterne blanc.
15269Eine hant des werkis wîlt
15270und daz swert dî andre hîlt2.
15271In semelîchir bittirkeit
15272daz gotis volc zu Prûzin leit
15273unsprechlîche swêre
15274und doch wundirbêre
15275gedult dâ binnen ûbete.
15276Kein jâmir sî betrûbete,
15277daz sî doch quelte alle stunt.
15278Sî wârin sîch und doch gesunt,
15279in brunst und unvorbrunnin,
15280gemûhit und in wunnin;
15281vallinde sî swebetin
15282sterbinde sî lebetin,
15283in getwange âne drô,
15284trûrig und doch stête vrô,
15285in vâr und âne vorchte3.
15286Diz wundir an in worchte
15287dî milde gotis gûte,
15288daz sî sô sûz gemûte
15289in sô bittirlîchim wesin
15290hattin und joch ungenesin

--- S. 480 ---

15291sturbin an dem lîbe.
15292Zu herzin ich daz clîbe,
15293daz in in des jâmirs rôst
15294dî hoffenunge was ein trôst,
15295daz got dî sînen nicht vorlât,
15296dî er hî ûf erdin hât1.
15297Ouch er zu himele fînit,
15298swen er ûf erdin pînit,
15299und swem er hî dî slege spart,
15300der wirt mit jâmir dort beswârt.
Wî Bartinstein abir wart vorterbit.

[Dusb. III, 173.]

15301Dô den Sudouwin quâmin
15302dî mêr und sî vornâmin,
15303daz Bartin, Ermin sich gewant
15304104 c    und ouch dî andrin prûschin lant
15305hattin zu dem geloubin
15306und âne widirstroubin
15307den brûdrin wârin undirtân,
15308ein michil zorn an in impran
15309und besamintin mit wer
15310heimelîch ein kreftic her
15311und Bartinstein belâgin,
15312(des noch dî Bartin pflâgin,
15313als sî hattin ê getân,
15314sint dî brûdre zugin dan)
15315und daz hûs vorterbetin,
15316ouch vîngin unde sterbetin,
15317waz sî zu den stundin
15318darûffe luite vundin. —
Wî zweitûsint Sudouwin wurdin geslagin.

[Dusb. III, 174.]

15319Nâch dirre schicht vorwâre
15320in dem andrin jâre
15321Sudouwin und Nadrouwin
15322und darzû Schalouwin
15323besamnit gar mit craftin
15324quâmin und behaftin
15325ein hûs genant Beseledâ
15326bî Bartinstein gelegin nâ,
15327und daz vâchtin vreislîch an.
15328Dâkegin wârin dî burcman
15329an der wer ein teil zu laz;
15330und dô ein wîb Namede daz,
15331Posdauprotis mûtir, sach,
15332zu irn sunin sî sô sprach:
15333›Iz sol mich immir rûwin zwâr,
15334›daz ich zur werlde ûch î gebar,
15335›sint ir sô gar vorzagit
15336›sît, daz ûch betrâgit2
15337›zu wesin ûch und uns ein schirm
15338›vor der vîende ungehirm,
15339›von den wir sîn alsô bekort.‹
15340104 d    Und dô dise smêhin wort
15341dî burclûte vornâmin,
15342der rede sî sich schamin
15343wurdin sêr und imprant
15344in zorne sô, daz sî zuhant
15345wurfin ûf daz burgetor
15346und lîfin al hin vor
15347zu den vîendin ûf den plân.
15348Dâ wart ein stechin und ein slân
15349in vîentlîchim grimme,
15350daz man des creischis stimme
15351mochte hôrin verre.
15352Diz limmen und dî werre
15353sî sô lange tribbin,
15354unz der vîende blibbin
15355dâ ligin von des tôdis wê
15356wol zweitûsint unde mê.
15357Darnâch ouch widir bûwitin
15358und andirweit vornûwitin
15359Bartinstein dî brûdere
15360und iz vor allim lûdere
15361mit gotis hulfe habin sît
15362besezzin unz an dise zît. —
Eine undirrede.

[Dusb. IV, 37 — 56.]

15363Nû sol ich abir brengin în
15364ein teil der schichte, dî dâ sîn
15365in andrin landin geschên,
15366als ich dî wârheit hôre gên. —

[Dusb. IV, 37.]

15367Dô von unsirs hêrrin geburt
15368wârn zwelfhundirt jâr volvûrt
15369drî und vumfzig ouch unz her,      [1253

--- S. 481 ---

15370pâbist Allexander
15371der vîrde dô den stûl besat,
15372der dâ vor was ein legât
15373sô hin in polênsche lant
15374und ouch zu Prûzin gesant;
15375Wilhelm was er genant
15376unde bischof irkant
15377105 a    der kirchin dort zu Mûtinâ.
15378Binnin disen zîten sâ
15379lac daz rîche vrône
15380vorweisit und dî crône.
15381Dirre selbe pâbist gût,
15382genêdic, milde, in dêmût
15383lîz sich alle armin
15384mit woltât irbarmin,
15385dî er zû in wande.
15386Ouch sundirlîch dem lande
15387zu Prûzin hât er gûtis vil
15388getân bî sînis lebbins zil,
15389want er selbe wol besach
15390den jâmir und daz ungemach,
15391daz dâ dî brûdre littin
15392und andre cristne mit in. —
Von brûdir Poppin dem sechstin hô­meistre.

[Dusb. IV, 38.]

15393In den vristin, als ich las,
15394des dûtschin hûsis ordins was      [seit 1252 oder 1253
15395der sechste hômeistir sâ
15396brûdir Poppe von Ostirnâ.
15397Dirre helt bî sînre zît
15398manchin lobelîchin strît
15399zu Prûzin und zu Lîflant
15400dêswâr mit ellinthaftir hant
15401kegn den ungetouftin hîlt,
15402ê denne er des amtis wîlt
15403der meistirschaft und ouch darnâch.
15404Zu jungist, dô er sich sô swach
15405vûlte und ummuginde,
15406noch mê zu strîte tuginde,
15407als daz aldir im gebôt
15408und manche arbeitlîche nôt,
15409des amtis zôch er sich dô ab
15410und iz dêmûticlîch ûfgab;
15411daran dô brûdir Anne1
15412quam nâch dem reinin manne.      [wohl 1256

[Dusb. IV, 39.]

15413105 b    Dô unsirs hêrrin jâr volvarn
15414zwelfhundirt vumfzic sechse wârn,      [1256
15415dî vurstin dûtschir lande,
15416den man dî kur benande,
15417sach man zwîtrechticlîche
15418an daz rômische rîche
15419dise zwêne hêrrin weln:
15420Alfonse, den kunic von Casteln,
15421unde grêven Richarte
15422von Cornûbîn. Mit arte
15423was der zu brûdre irkant
15424dem kunige von Engillant.
15425Dî zwîtracht sach man wern sît
15426zwischin in vil manche zît.

[Dusb. IV, 40.]

15427Dô in irme loufe gar
15428tûsint und zweihundirt jâr
15429ouch vumfzic, darzû sibin      [1257
15430hattin sich vortribin
15431von Cristis geburt biz her,
15432pâbist Allexander
15433wol lobelîchin zîrte
15434und canonizîrte
15435dî reine magit sente Clârn,
15436dî clôstirvrouwin, dî dâ wârn2
15437sente Damiânis ordin,
15438und sint Franciscîne wordin.

[Dusb. IV, 41.]

15439Ouch lebte in der selbin zît
15440mit namin irkant vil wît
15441Albertus der meistir grôz,
15442deme nîmant dô genôz
15443was an kunstrîchir vornunst
15444noch ouch in pfeflîchir kunst.
15445Dûtsch sô was er an geburt
15446und mit ordene begurt
15447der brûdir predigêre.
15448Der gotis helt gewêre
15449achte nicht der werlde rûm;
15450zu Regginsburc daz bischtûm
15451105 c    gab er willintlîchin ûf

--- S. 482 ---

15452intwîchinde der werlde gûf
15453und mit wonunge trat
15454hin zu Coln in dî stat,
15455dâ er achzên jâr sô was,
15456daz er pflegelîchin las
15457und offinbâr der kunste bûch
15458den pfaffin durch lêre gesûch.
15459Und dô er achzic jâre alt
15460was, des vleischis schult er galt
15461des lîbis hî irsterbinde
15462und dort dem geist irwerbinde
15463ein êwic lebin sundir ach.
15464Dî wandelunge an im geschach
15465in unsirs hêrrin jârin,
15466dô der zwelfhundirt wârin
15467und darzû achzic vorgân.      [1280
15468Sîn grab sît man zu Colne stân.
15469In der zît ouch blûete
15470an kunstlîchir blûete
15471von Aquînô brûdir Thomas,
15472der des selbin ordins was
15473und ein jungir irkant
15474Albertî dâ vor genant.
15475Den selbin gotis irweltin man
15476canonizîrte pâbist Jôhan,
15477der des namin, als ich las,
15478nâch zwênzigin der andre was. —

[Dusb. IV, 42.]

15479Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
15480zwelfhundirt vumfzic nûne wârn,
15481Constantinôpolis dî stat,
15482dî ê gewunnin und besat
15483was von der Latînin craft,
15484dî vrîete nû und tet inthaft
15485ein krîchisch keisir, der was sus
15486genennit Paleôlogus.

[Dusb. IV, 43.]

15487Bin des selbin jâris zît
15488sach man einin hertin strît
15489105 d    dî von Florenz und von Lukan
15490widir dî von Sêne hân,
15491in dem geslagin und gevân
15492wurdin wol sechstûsint man.

[Dusb. IV, 44.]

15493Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
15494zwelfhundirt unde sechzic wârn,
15495der kunc von Ungerin anreit
15496den kunic von Bêmin und bestreit
15497in ouch in den zîtin.
15498Vîrzictûsint rîtin
15499von manchirleige dîte
15500er ûf soldis mîte
15501vûrte dâ, als ich vornam.
15502Dâ inkegin im ouch quam
15503der Bêmin kunic mit sîme her;
15504hundirttûsint man mit wer
15505hatte er gerittin
15506wol zu strîtlîchin sittin
15507und sibintûsint ros vordakt.
15508Dâ wart wer kegn wer gestrakt
15509vreislîch in den stundin;
15510und dô dî her begundin
15511mit craft zusamin sprengin
15512und sich in strîte mengin,
15513ein stoub ûfdranc, der ubir al
15514velt und volc sô gar bewal
15515mit alsô dickim melme,
15516daz noch banîr, noch helme,
15517noch andir strîtgeschirre
15518was kentlîch in dî virre,
15519und schûf ouch sulche irre,
15520ob jenre odir dirre
15521dâ vîent wêre odir vrûnt,
15522daz was manchim gar unkunt.
15523Der strît sich treib vil lange stunt;
15524zu jungist wart der kunic wunt
15525von Ungerin und nam dî vlucht
15526und mit im sînis heris trucht,
15527want sô vorzagit was ir mût,
15528106 a    daz ir in einis wâgis vlût
15529vîrzêntûsint vorturbin,
15530irtrunkin unde sturbin,
15531sundir dî dâ lâgin
15532ûf dem velde irslagin.

[Dusb. IV, 45.]

15533Dô von unsirs hêrrin geburt
15534wârn tûsint jâr volvûrt,
15535ouch sechzig und zweihundirt
15536und einz darûf gesundirt,      [1261
15537der vîrde pâbist Urbân
15538satzte daz vest zu begân
15539und mit der vîre êrn
15540des lîchamis unsirs hêrn,
15541daz ouch darnâch vorwâre

--- S. 483 ---

15542in dem vumfzigistin jâre
15543pâbist Clêmens der vumfte      [1310
15544in immirwernde kumfte
15545hîz behaldin stête.
15546Diz was dô er hête
15547concilium, den hôhin rât,
15548zu Vienne in der stat.

[Dusb. IV, 46.]

15549In unsirs hêrrin jârin
15550dô der mit loufe wârin
15551irvullit tûsint, ouch dâbî
15552zweihundirt sechzig unde drî,
15553pâbist Urbânus vorgenant
15554Cecilien des rîchis lant
15555gab in grêven Karlis hant
15556von Provincien irkant,
15557der des kungis brûdir was
15558von Frankrîche, als ich las,
15559daz er dâ kunic blibe,
15560ob er dâvon vortribe
15561Manfridde, der gewaldiclîch
15562iz gezogin hatt an sich. —
Von brûdir Annen dem sibindin hô­meistir.

[Dusb. IV, 47.]

15563Brûdir Anno, als ich las,
15564106 b    der sibbinde hômeistir was      [schon vor 1256 10. Januar
15565unz an dî zît gewesin
15566und hatte ouch vorwesin
15567daz ammecht wol mit prîse.
15568Er was der sinne wîse
15569und in gotis min inprant.
15570Den ordin und daz heilige lant
15571er vil hô mit nutze hûb,
15572als man dô wol intsûb.
15573Nû starb er ouch und ande
15574daz lebin in dem houmânde,
15575sô man daz nûnde idus pflît      [1273 (4 ?) 7. (8.) Juli
15576lesin; sô ist sîn jârgezît.

[Dusb. IV, 48.]

15577Comêtes ist ein sterne1
15578dem namin im geberne
15579von ›coma‹, daz hâr lûtit,
15580sô man iz dûtsch bedûtit;
15581want sô sîn schîn intsprûzit,
15582ein flamme von im dûzit
15583lîcht sam dî hâr zustrouwit.
15584Sîn schîn ouch sterbin drouwit
15585odir hungir odir strît.
15586Sô ist sînis loufis zît
15587nâch sente Isidoris sage
15588daz minste sibin tage
15589und achzic tage daz meiste.
15590Der comêtes reiste
15591in unsirs hêrrin jârin
15592dô der vorgangin wârin
15593tûsint drithalbhundirt
15594vîrzên darûf gesundirt,      [1264
15595und in dem loufe dô irschein
15596alsô clâr und alsô rein,
15597daz nîmant, der dô lebete
15598und sîn sichtlîch intsebete,
15599des mit wârheit mochte gehen,
15600daz er î hette vor gesehen
15601im an clârheit glîchin.
15602106 c    Von ôstin pflag er strîchin
15603hin kegn westin in der zît
15604zustrowinde von im vil wît
15605mit glaste sînis flammin hâr.
15606Und allein er dô vorwâr
15607in der werlde manchirwein
15608vil zeichenunge mochte pflein,
15609doch einiz man wêrlîch irvant,
15610daz offinlîch ouch wart irkant
15611mit vorzeichenunge sus:
15612der vîrde pâbst Urbânus
15613alzuhant sîchin began,
15614dô der comêt was intstân,
15615unde sîch alsô belac
15616dî wîle, daz er schînen pflac,
15617daz bî drîn mândin alsô warb.
15618Darnâch ouch der pâbist starb;
15619und in der nacht, dô er vorschît,
15620sach man mê des sternin nit.

[Dusb. IV, 49.]

15621Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
15622zwelfhundirt sechzic vumfe wârn,      [1265
15623pâbist Clêmens der vîrde

--- S. 484 ---

15624in kuniclîchir zîrde
15625crônte Karle schône
15626im gebinde dî crônc
15627Cecilien ûf des rîchis lant,
15628daz im hatte vor benant1
15629sîn vorvar pâbist Urbân,
15630als ich ê gesprochin hân.
15631Dirre Karl, als ich vornam,
15632lebin unde rîche nam
15633Manfridde dâ vor genant,      [1266
15634der ein sun was irkant
15635des andrin keisirs Friderîchs,
15636der sô lange pflac des rîchs. —

[Dusb. IV, 50.]

15637Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
15638zwelfhundirt sechzic sechse wârn,      [1266
15639dî Sarracînen quâmin sâ
15640106 d    mit menge grôz von Affricâ
15641bekummirnde vreislîche
15642Hispânien daz rîche,
15643den ouch dâ in den stundin
15644dî cristnin widirstûndin
15645behaldinde an in den sic,
15646und doch schedelîchin schric
15647in dem selbin strîte kurn,
15648want sî luite vil vorlurn.

[Dusb. IV, 51.]

15649Dô von gots geburt vorwâr
15650zwelfhundirt unde sechzic jâr
15651darzû sibene wârn irgân,      [1267
15652von Babilônien der soldân
15653vorterbete Armenien
15654mit sînis heris menien
15655und ouch dô gewunnin nam
15656mit creftin Anthiochiam,
15657der vormêrtstin stete ein,
15658dî in der werlde dô irschein.
15659Dô slûg er unde vînc gemein
15660alt unde junc, grôz unde klein,
15661beide vrouwin unde man,
15662unde lîz sî wûste stân.

[Dusb. IV, 52.]

15663Dô von gots geburt vorwâr2
15664tûsint und zweihundirt jâr      [1268
15665darzû sechzig und achte
15666man vorloufin achte,
15667Karl, der kunic vorgeseit
15668von Cecilien, bestreit
15669Conradîne, der dô was
15670irkant zu nevin, als ich las,
15671keisir Friderîche,
15672dem andrin an dem rîche.
15673In des selbin strîtis dram
15674er in ouch gevangin nam
15675und hîz daz houbt im abeslân,
15676darzû manchim ediln man
15677geborn von Alimaniâ,
15678107 a    dî Conradîne pflichtin dâ.

[Dusb. IV, 53.]

15679Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
15680zwelfhundirt und sibinzic wârn,      [1270 25. Aug.
15681in der achtin kalendin
15682des êrstin herbistmêndin
15683irhûb sich kunic Lûdewîc
15684von Frankrîche in den stîc
15685andâchtlîchir betevart
15686kegn dem heiligin lande wart
15687unde zwêne sînre sune.
15688Ouch volgtin im zu stune
15689vil andirre vurstin,
15690dî darûf pflâgin durstin,
15691wî sî dî heiligin lant
15692brêchtin ûz der heidin hant
15693in der cristinin pflege.
15694Abir ûf dem wege
15695starb der edle kunic rein,      [1270 25. August
15696darzû sînre sune ein
15697und vil volkis von den scharn,
15698dî mit im kumin wârn.
15699Und dô der gots gewîete
15700sîme tôde bîete3
15701und mit innekeit getet
15702hin zu gote manch gebet,
15703zu jungist an des lebins ort
15704sprach er zuletst dise wort:
15705›In dîn hûs sol ich tretin,
15706›hêrre, unde betin
15707›an den heiligin tempil dîn
15708›und lob saginde sîn
15709›dîme sûzin namin.‹4

--- S. 485 ---

15710Und dô ein ende nâmin
15711dise wort ûz herzin tîf,
15712der gotis helt in got intslîf.
15713Daz andre teil des heris
15714unz hin gensît meris
15715vurbaz dô dî reise nam,
15716107 b    dâ ouch schîre zu in quam
15717kunic Karl vil starke
15718von Cecilien der marke,
15719des kumft alle cristnin dô
15720wurdin vrôhir denne vrô
15721und griffin crefticlîchin an
15722mit urloige den soldân
15723und in sô sêre drungin,
15724daz er mit in betwungin
15725trat in vridis sichirheit,
15726doch mit sulchir undirscheit,
15727daz er al dî cristin,
15728dî indirt in den vristin
15729im gevangin wârin bî,
15730lôs solde lâzin unde vrî
15731und solde des vorhengin
15732âne widirtwengin,
15733daz man an iclîchir stat
15734in sîme lande, dâ gesat
15735wêrin gotis kirkin,
15736solde ûbin unde wirkin
15737gotis dînst mit reinir tât
15738und offinbâr mit predigât
15739des geloubin samin
15740in unsirs hêrrin namin
15741sêwin cristinlîche
15742ubir al sîn rîche;
15743und wer sich toufin wolde lân
15744und cristinlîche ê intpfân,
15745daz solde nîmant widirstân.
15746Darzû solde der soldân
15747den cristnin von den stundin
15748zinsis sîn gebundin.
15749Dô diz sust beteidingit wart,
15750dânâ quam kunig Eddewart
15751von Engelant und alsô vil
15752brâcht er mit im in dem zil
15753Vrisin unde pilgerîn,
15754107 c    daz man dâ besamnit sîn
15755zalte ubir al daz her
15756zweihundirttûsint man mit wer
15757und hattin in den vristin
15758gehoffit gar dî cristin,
15759daz sî gemachit soldin hân
15760daz heilige lant in undirtân,
15761und daz nicht alleine,
15762sundir ouch gemeine
15763al der Sarracînin lant.
15764Daz wart leidir dâ irwant;
15765want al dî menge vorgenant
15766wart zustrouwit sân zuhant,
15767daz sî ôt nicht schûf nutzis mê,
15768wan als ir hât vornumin ê;
15769daz dô der cristnin sunde îsch;
15770want mit clage man dô vrîsch,
15771als dî gotis craft gebôt,
15772daz dise hêrrin lâgin tôt,
15773der pâbst, der patriarke,
15774ein legât unde der starke
15775kunic von Naverre.
15776Diz schûf sulch gewerre,
15777daz der hêrrin iclîch schît
15778kegn lande hin mit sînre dît. —

[Dusb. IV, 54.]

15779In den jârin unsirs hêrn
15780dô der tûsint vorgangin wêrn
15781sibinzig und zweihundirt      [1272
15782und darûf zwei gesundirt,
15783den stûl besaz ein pâbist sus
15784genant nûnde Gregôrius,
15785der canonizîrte
15786und mit lobe wirte
15787ein herzoginne, dî irkorn
15788was den Polênin und geborn
15789von hôhir adils zwîge,
15790dî milde sente Hedwîge.

[Dusb. IV, 55.]

15791Dô Cristis jâr zwelfhundirt wârn
15792107 d    sibinzig und drî vorvarn,      [1273
15793Rudolphus von Astburc geborn
15794wart zu rômischim kunig irkorn.
Von dem achten hômeistre.

[Dusb. IV, 56.]

15795Brûdir Hartman, als ich las,
15796genant von Helderunge, was
15797achte hômeistir in der zît      [1274
15798und starb, als dî wârheit vorgît,

--- S. 486 ---

15799an sente Bernhardis âbint,      [1282 19. August
15800den ir im ouste habint. —
15801Dâmit dî rede hî bestê
15802und sagin von der crônkin mê. —
Von dem urloige der Nadrouwin.

[Dusb. III, 175.]

15803In unsirs hêrrin jârin
15804dô der zwelfhundirt wârin
15805vîr und sibinzig ouch geacht,      [1274
15806und itzunt wârin widirbrâcht
15807zu des geloubin reinekeit
15808in dî schôz der cristinheit
15809mit vil urloigis hermin
15810Pogezênin, Ermin,
15811Nattangin, Barthin, Samin,
15812und ouch allintsamin
15813des sichirheit getâtin
15814und gîsele gesatin,
15815daz sî durch des tûvils rât
15816nimmer sô vormeinte tât
15817woldin mê grîfin an,
15818sundir blîbin undirtân
15819dem geloubin unde gote
15820und der brûdre gebote;
15821dô wurdin abir denkin
15822dî brûdre unde lenkin
15823darûf ire sinne,
15824als dî gotis minne
15825sî wîste, schuntte1 unde twanc,
15826wî sî breit, wît unde lanc
15827gemachtin ôt den cristintûm
15828108 a    und gotis lobelîchin rûm
15829gehôtin und gemêrtin,
15830und in des namin kêrtin
15831dô ouch mit urloigis strîtin
15832kegn der dît der Nadrowitin,
15833der doch etslîche dô gevarn
15834itzunt zu den brûdrin wârn;
15835want dô Dirske, der dâ was
15836Mandils vatir, als ich las,
15837und burcgrêve zu Wilow,
15838mit den sînin sich gezow
15839zu den brûdrin, als ich hân
15840ê mit rede kunt getân,
15841dô irhûb sich nâch im dan
15842manch gewaldig edilman
15843mit wîbin unde kindin,
15844mit habe unde gesindin
15845zu den brûdrin und ouch sich
15846lîzin toufin cristinlîch,
15847dî abgote vortrettinde
15848und mit geloubin bettinde
15849Cristum an, den wârin got,
15850leistinde mê sîn gebot.
Wî zwei huisir dî cristin gewunnin zu Na­drowin in dem lande und in dem gebîte Rethow.

[Dusb. III, 176.]

15851Von Tîrbere brûdir Conrât,
15852der dô hîlt des meistirs stat
15853zu Prûzin in dem lande,
15854merkte unde irkande
15855wîsheit unde trûwe
15856an disin cristnin nûwe,
15857dî von Nadrouwin wârin kumin,
15858unde hatte wol vornumin,
15859daz ê von irre abevart
15860daz selbe lant geswechit wart
15861und noch vil sêre was an wer;
15862des treib er zuhouf ein her
15863108 b    und daz genendeclîche
15864brûdir Dîterîche
15865beschît, der Samin vogete,
15866der ouch dâmitte zogete
15867zu Nadrouwin in daz lant
15868in ein gebît Rethow genant;
15869dâ roubtin unde brantin
15870und darnâch sich wantin
15871vorbaz vor zwû vestin,
15872dî sî ligin westin
15873in der selbin gegenôt,
15874und dâ lang in strîtis nôt
15875sich kegn den vîendin wûgin
15876und zuletst ouch trûgin
15877mit gotis hulfe ubirhant
15878unde dî huisir vorgenant
15879beidintsam gewunnin,
15880dî ouch von in vorbrunnin
15881wurdin und gewant in stoub,
15882und nâmin dâ sô grôzin roub

--- S. 487 ---

15883von pferdin, vihe, habe,
15884daz sî den kûme her abe
15885zu hûse wart getribin.
15886Ouch ûf den burgin blibin
15887vil der uncristnin tôt, dô man
15888sî irsturmete und gewan.
Wî dî burg Otholie wart gewunnin.

[Dusb. III, 177.]

15889Darnâch abir nam an sich
15890der vogit brûdir Dîterîch
15891von des meistirs gebote
15892von brûderin eine rote
15893und darzû gesundirt
15894rîtin andirhalbhundirt
15895und zu schiffe volkis vil,
15896mit den er reiste in dem zil
15897in daz gebît Kattouwin
15898gelegin in Nadrouwin —
15899108 c    von einre burg alsô las ich,
15900dî was geheizin Otholich, —
15901und waz er schutzin hête,
15902dî schikte er an stete,
15903dâ er nutze sî besan,
15904und mit den anderin began
15905vaste allumme tretin an
15906dî burc mit sturme unde slân
15907leitirn an dî zinnen.
15908Nû hattin gene binnen
15909wol vornumin und gehôrt,
15910wî dî brûdre hattin dort
15911gene burge vorgeseit
15912ouch irsturmit und geleit
15913darnidir mit menlîchir craft,
15914unde wurdin zwîvilhaft
15915vorzaginde gar an der wer.
15916Ouch gîng in zû der brûdre her
15917mit schuzzin, slegin, stichin
15918daz sumelîche intwichin,
15919sumelîche wurdin wunt,
15920sô daz sî ôt in kurzir stunt
15921allir wer vorzigin
15922und în allumme stigin
15923nâch willekur dî cristin
15924und slûgin in den vristin,
15925waz dâ hatte mannis lîb.
15926Dî kint sî vîngin unde wîb
15927und dî burc vorbrantin,
15928darnâch sich dannen wantin.
Wî dî burc Kamenswîke wart gewunnin.

[Dusb. III, 178.]

15929Dô diz was alsô volant,
15930dô zôch mit creftigir hant
15931der meistir selbe in daz lant,
15932daz Nadrouwin ist genant,
15933und durchvûr daz unirwant
15934stiftinde roub unde brant,
15935108 d    unz er vor eine vestine quam,
15936Kameinswîkin was der nam
15937und lac vil werlîch ûf ein vlîz
15938gebûwit, daz dî Arse hîz.
15939Dî burc sî ummevîngin
15940und mit sturme gîngin
15941crefticlîchin manchirsît.
15942Ouch sô wart in in der zît
15943mit wer menlîchin widirstân,
15944want ûf der burc zweihundirt man
15945wârn wâpin vormuginde
15946und wol zu strîte tuginde.
15947Dî wurfin obin von der burc
15948sô swinde, daz den widirturc
15949mûste von dem wale
15950nemin hin zu tale
15951manic cristinlîchir helt.
15952Ouch inwart ir nicht gevêlt
15953von manchim gûtin schutzin,
15954dî man sach vornutzin
15955an in manchin scharfin pfîl.
15956Daz wechsil werte lange wîl
15957zwischin in vil harte,
15958unz got zu jungist karte
15959den sînen zû mit stûre,
15960daz sî dî ungehûre
15961dît doch ubirkrigin
15962und zûzin înstigin
15963in dî vestin mit gewalt.
15964Dâ wart michil mort gestalt:
15965sî slûgin dî zweihundirt man,
15966von den ich ê gesprochin hân;
15967und waz dâ mê wart vundin
15968werlîchis in den stundin,
15969irin handin nicht intgînc;
15970kindir unde wîb man vînc,

--- S. 488 ---

15971und nâmin roubis alsô vil,
15972daz des zu achtin was kein zil;
15973109 a    ouch man daz hûs zu aschin bran,
15974und zugin dô mit vroidin dan.
Wî Nadrouwerlant wart vorwûstit.

[Dusb. III, 179.]

15975Vil urloigis, manic strît
15976von den brûdrin in der zît
15977kegn Nadrouwin wart getribin,
15978der ich hî nicht hân geschribin,
15979want iz vordrôzlîch wêre,
15980der ênzelin dî mêre
15981solde gar intrichtin,
15982beschrîbin und betichtin.
15983Des wil ich ir gedagin
15984und ôt daz eine sagin,
15985wî daz urloige nam ein zil.
15986Alleine dî Nadrouwin vil
15987dennoch hettin vrechir dît
15988und ouch ubir manch gebît
15989gnûc werhaftir vestin gût,
15990doch sî irin vreisin mût
15991und ungeloubin leitin ab,
15992als got daz an in wab,
15993und zu den brûdrin quâmin,
15994dâ in gotis namin
15995dî toufe an sich nâmin
15996vil nâch allintsamin;
15997nicht wen eine cleine trucht
15998sich abe zôch und nam dî vlucht
15999hin zu den Littouwin.
16000Alsus daz lant Nadrouwin
16001darnâch immir mê belac
16002wûste unz an disen tac.
Von dem urloige kegin den Schalouwin.

[Dusb. III, 180.]

16003Dô mit gotis hulfe wart
16004der Nadrouwin dît bekart,
16005als ir hât dâ vor gehôrt,
16006dô begondin strîchin vort
16007109 b    dî brûdre mit urloige sân
16008und dî Schalouwin grîfin an,
16009want sî achtin gar vor nicht
16010alle ir getâne schicht
16011dî wîle, daz sî sâhin icht,
16012daz von in noch was unbericht.
16013Nû sî ûch êrst hî kunt getân,
16014daz ich hernâch willin hân
16015dirre materien zwischin
16016ein teil geschichte mischin
16017mit rede, dî doch ê geschên
16018sîn nâch der wârheite jên
16019bin des urloigis zîtin
16020kegn den Nadrouwîtin,
16021want iz was dâ sô gewant,
16022als noch den kundin ist bekant,
16023daz man mit ummeswiffe
16024mochte wol zu schiffe
16025reisin kegn Schalouwin,
16026daz von den Nadrouwin
16027iz bleib ungeirrit,
16028want von in gevirrit
16029daz wazzir dî Memle lac,
16030darûffe man dar kumin pflac.
Von einre burg in Schalouwin.

[Dusb. III, 181.]

16031Iz hattin bî Ragnîtin
16032ein hûs dî Schalouwîtin,
16033daz lac gebûwit veste
16034ûf einis bergis reste
16035irhabin nâch werlîchir kur;
16036dâ lâgin dî Rûzin vur
16037unde hattin iz behaft
16038wol nûn jâr mit heris craft,
16039daz sî iz nicht gewinnin,
16040vorhungirn noch vorbrinnin
16041mochtin mit keinin listin.
16042Diz waz vor den vristin,
16043als ich habe vornumin,
16044109 c    ê dî brûdere kumin
16045wârn in daz lant zu Prûzin.
16046Zu jungist dô dî Rûzin
16047der arbeit und der kost sô grôz
16048und des leggirs dâ vordrôz,
16049sî begondin vrâgin
16050gene, dî dâ lâgin
16051bin der burge krange,
16052wes sî alsô lange
16053sich darûffe nertin,
16054daz sî vor spîse zertin.
16055Dô sprâchin gene: ›Vische‹;

--- S. 489 ---

16056want sî hattin vrische
16057ûf dem hûse mittin
16058wol von zwênzic schrittin
16059lang unde breit einin tîch,
16060der von vischin was sô rîch,
16061daz er den burcluitin gar
16062tegelîch gab dî lîbnar.
16063Dô diz dî Ruizin hôrtin,
16064vil schîre sî zustôrtin
16065ir leggir unde zugin dan.
16066Sus bleib dô dî vestin stân.
16067Nû sêt ein wundirlîchiz dinc:
16068der tîch in des hûsis rinc
16069zu pflege gûtir vische gnûc
16070zu der Schalouwin nutze trûc,
16071dî doch dô heidin wârin,
16072und nû zu disen jârin
16073sîn dâ dî cristninrotin,
16074nû hegit er ôt crotin.
16075Wâvon daz sî, des weiz ich nicht;
16076got der weiz iz; des gericht
16077unbegrîflîch alle vrist
16078mir und allin sinnin ist1.
Wî Rangnîte dî burc wart gewunnin.

[Dusb. III, 182.]

16079Brûdir Dîterîch, genant
16080109 d    dâ vor, der voit von Samelant,
16081von des meistirs gebote
16082nam von brûdrin ein rote,
16083darzû tûsint rische man,
16084dî dâ wâpin hattin an
16085und wol zu sturme kundin
16086gerâtin in den stundin,
16087want sî daran geûbit wârn,
16088unde quam mit den gevarn
16089zu schiffe in Schalouwerlant,
16090daz der Memelin den strant
16091an beidin sîtin bevât,
16092und ungewarnit dâ betrat
16093eine burc, dî zu der zît
16094lac, dâ nû Ragnîtin lît,
16095dî er ouch sturmin dô began.
16096Und dô man vaste leitirn slân
16097begonde in dî zinnin,
16098dî Schalouwin dâ binnin
16099hettin gerne sich gewert.
16100Sô wurdin sî sô oft irvêrt
16101mit manchim scharfin pfîle,
16102dî bin des sturmis wîle
16103ûf sî vlugin sô gevâch,
16104daz al ir wer dâvon vorbrach,
16105als dâ offinlîch irschein,
16106want sich nindirt torst ir ein
16107ûz den zinnin bîtin.
16108Sus stigin zu den dîtin
16109dî cristnin obin în impor;
16110ouch undin durch daz burgetor
16111sumelîche brâchin,
16112dâ hîbin, slûgin, stâchin
16113sô lange, unz ôt nicht genas,
16114swaz darûffe manne was,
16115der doch mê was an der zal
16116wen des heris ubir al,
16117daz dî cristnin hattin dâ;
16118110 a    wîb unde kindir vînc man sâ
16119und nam von habe rîchin roub.
16120Hûs unde hakilwerc in stoub
16121sî zumâle wantin
16122und vil gar vorbrantin,
16123swaz dorfir in der nêhde lac,
16124dî daz luit bewonin pflac.
Wî Rangnîte dî burc wart vorterbit.

[Dusb. III, 183.]

16125Swinde ding und alzu swint,
16126dî joch menschinnâtûre sint
16127vil nâ unmuglîch und zu swâr,
16128der mensche angrîfin tar,
16129der gote wol getrûwit
16130und genzlîch ûf in bûwit
16131und an gewissin zeichin
16132vûlit gote reichin
16133im hulfe genêdeclîch.
16134Alsus ouch brûdir Dîterîch,
16135der dâ vor genennit ist,
16136an des selbin tagis vrist,
16137dô diz dinc was volant,
16138mit sîme here vûr zuhant
16139dî Memelin ûf andir sît
16140und trat ouch dâ in strît
16141kegn einre burc mit vrechir hant,
16142dî Ramige was genant;
16143und alleine wurdin wunt

--- S. 490 ---

16144und tôt gewurfin in der stunt
16145der sînen an dem sturm ein teil,
16146doch sô gab im got daz heil,
16147daz er ouch dî burc gewan
16148mit gewalt den vîendin an,
16149sî gar darûffe sterbinde
16150und dî burc vorterbinde.
16151Alsus dî burge beidintsam,
16152daz dêswâr von gote quam,
16153wurdin dâ gewunnin,
16154zustôrit und vorbrunnin
16155110 b    und irslagin heidin vil
16156binnin einis tagis zil. —
Wî Labiow wart zustôrt.

[Dusb. III, 184.]

16157Dô dirre zweir burge val
16158in der Schalouwin ôrn irhal,
16159sî wurdin der geschichte
16160in leitlîchir pflichte
16161betrûbit und gemûhit
16162und in zorn irglûhit;
16163dâvon sich ouch zusamin
16164dî bestin alle nâmin
16165unde hîldin sprâche
16166darûf, wî sî mit râche
16167mochtin widirtûn daz leit,
16168daz irre dît was ûfgeleit,
16169und in dem râte tichtin,
16170daz sî zu schif ûzrichtin
16171vîrhundirt ûzirwelte man
16172zu strîte und dî vûrin sân
16173kegn Labegow und quâmin dar,
16174daz ir nîman wart gewar.
16175Und des morgins, dô der tac
16176begond ûfgên und dennoch lac
16177daz burcvolc alliz unde slîf,
16178der Schalouwin her zûlîf
16179unde quâmin ûf dî burc
16180sundir allin widirturc,
16181want in dâ nîmant werte;
16182darin ir swert vorzerte
16183unde machte lebins blas
16184alliz, daz darinne was
16185traginde menlîchin lîb;
16186âne kindir unde wîb
16187vûrtin sî hin abe
16188mit vil grôzir habe,
16189dî sî nâmin dâ vor roub.
16190Ouch wart daz hûs gewant in stoub.
Wî Schalouwinlant wart vorhert.

[Dusb. III, 185.]

16191110 c    Dise vrevelîche tât
16192der Schalouwin nâhin trat
16193wirkinde mûlîche pîn
16194dem meistre und den brûdrin sîn,
16195des sî ouch woldin andin
16196dî schicht an den vîandin,
16197und besamintin ein her
16198michil unde starc von wer
16199unde zugin unirwant
16200zu Schalouwin in daz lant,
16201daz kegn Prûzinlande lît,
16202und iz vorhertin in der zît
16203von dem begin unz an daz ort
16204ûbinde vreislîchin mort
16205an den ungetouftin,
16206der sî dâ vil besouftin
16207in iris selbis blûte.
16208Gevangin in ir hûte
16209nâmin sî wîb unde kint
16210und dî zu lande brâchtin sint.
16211Doch dî wîle sî dâ wârn
16212unde dannen soldin varn,
16213ich meine der brûdre rote,
16214dô hatte Stenegote,
16215der Schalouwin houbitman,
16216von der dît im undirtân
16217ein michil her zusamin brâcht
16218und mit der selbin macht
16219sich nâch der brûdre here hûb.
16220Und dô der meistir des intsûb,
16221er schikte eine lâge starc
16222bîsît, dî sich sô lange barc,
16223unz daz wol in rechtin râm
16224daz her der Schalouwin quam.
16225Dô sprengtin ouch dî brûdere
16226ûz der lâge lûdere
16227unde slûgin ir dâ gnûc;
16228dî andrin dî vlucht inttrûc.
110 d    Von eime vorrêtnisse widdir dî brûdere.

[Dusb. III, 186.]

16229Sarecke was ein man genant

--- S. 491 ---

16230gesezzin in Schalouwirlant
16231einre wol der bestin,
16232der hatte eine vestin,
16233dî nâch im ouch Sarecke hîz,
16234ûf der sîtin, dî dâ stîz
16235an daz lant Littouwin.
16236Den selbin Schalouwin
16237sach man wesin hô geacht,
16238doch hatt er nicht sô grôze macht
16239undir sîm gebîte
16240von strîtlîchir dîte,
16241dâmite er schedelîche mû
16242gezîhin den brûdrin mochte zû.
16243Des irtrachte er ein list
16244und wolde in valschir mittewist
16245dî brûdre hân vorrôtin.
16246Alsus er sante botin
16247zu Memelburc dem cometuir
16248und lîz den manin tuir
16249bittinde dêmûticlîch,
16250daz er gerûchte mûhin sich,
16251sîne lûte mit im nême
16252und zu hulfe quême
16253im balde durch geleite,
16254want er wêre gereite
16255mit alle sîm geslechte
16256unde wolde rechte
16257lâzin dî abgote
16258und in gotis gebote
16259um des himilrîchis kouf
16260intpfâhin cristinlîchin touf
16261und in der wîse zûzim varn,
16262daz er ôt quême sundir sparn,
16263want er nicht mit vrumin
16264mochte dannin kumin
16265111 a    noch intvlîn der heidin hant,
16266im wurde hulfe den gesant.
16267Dô der comentûwir
16268dî redde sô gehûwir
16269irhôrte von des botin munt,
16270grôze vroude im intstûnt,
16271und alleine wêre
16272zu geloubin swêre
16273dem heidin an der geschicht,
16274doch wolde er des lâzin nicht;
16275er wolde î sîn lebin
16276in dî wâge gebin
16277und durch got kumin dâhin
16278um sô vil sêlin gewin,
16279daz îdoch in zwîvel was;
16280und ûf den sin er an sich las
16281etslîche brûdre unde knabin,
16282dî er darzû wolde habin,
16283und irhûb sich an dî vart.
16284Und dô er vaste nêhin wart
16285der stat im vorbescheidin,
16286im widirlîf ein heidin,
16287der ê was sîn warnêre,
16288im saginde sus mêre
16289in warnunge gewisse:
16290›Iz ist ein vorrêtnisse,
16291›daz Sarecke trîbit‹
16292jach er, ›dâvon blîbit
16293›und inzît mit nichte vort,
16294›want er lît besamint dort
16295›vil starke an der strâze
16296›darûf, sô ir zu mâze
16297›im hin kumit in dî nâ,
16298›daz er ûch allintsam irslâ.‹
16299Dô diz der cometûr vornam,
16300sîn gemûte sêre irglam
16301in zorne ûf Sareckin,
16302daz er in wolde neckin
16303111 b    mit sô bôsir trugene
16304und wolde im sîn lugene,
16305sîn erge, sîn untrûwe
16306und sîn valsch gebrûwe,
16307ob er mocht, încrenkin,
16308und begonde lenkin
16309sîne vart allumme,
16310unz er in der crumme
16311quam hindin ûf dî hûte,
16312dî im der ungûte
16313ûf mordis val dâ satzte,
16314und mit den sînen platzte
16315ungewarnit ûf dî schar
16316der vîende. Sî irschrâkin gar
16317und griffin an dî vlucht.
16318Doch sô vîng er von der trucht
16319Sareckin, darzû achte,
16320dî man dî wêgistin achte
16321undir sinen mannin,
16322und dî vûrte dannin
16323gevangin und gebundin hart.

--- S. 492 ---

16324Und dô sî an der widirvart
16325in den huttin lâgin
16326unde rûwe pflâgin
16327slâfinde dî êrste nacht,
16328Sarecke, want der hatte macht
16329des lîbes, brach inzwei mit craft
16330dî bant, dâmit er stûnt gehaft
16331an einin boum vil vaste,
16332und ein swert irtaste
16333in dî hant, dâmit er sân
16334einen brûdir und drî man
16335der cristnin dem tôde gab.
16336Darzû eime hîb er ab
16337einen arm; ouch in der nôt
16338bleib er selbe ligin tôt.
Wî dî burc Sassow wart gewunnen.

[Dusb. III, 187.]

16339111 c    Dô brûdir Conrât von Tîrberge
16340der lantmeistir dise erge
16341von Sareckin vornam,
16342er wart zornig unde nam
16343an sich in den zîtin
16344vumfzênhundirt rîtin,
16345und mit andrin luitin —
16346wol mit vumfzên nassuitin1
16347dî zugin — unde quâmin
16348widir dort zusamin
16349in dem lande zu Schalow
16350vor der burc genant Sassow;
16351dâ sî mit sturme trâtin zû;
16352und allein sî grôze mû
16353lange dâ vor littin,
16354doch sî zuletst irstrittin
16355dî vestin mit creftigir hant,
16356dî ouch in asche wart gewant
16357und alliz daz irslagin,
16358daz sî vundin tragin
16359zu wer darûffe mannis lîb;
16360âne kindir unde wîb
16361mit vil roubis habe
16362tribbin sî her abe.
Wî Schalouwerlant wart vorwûstit.

[Dusb. III, 188.]

16363Urloigis unde strîte mê
16364sint kegn den Schalouwin ê
16365von den brûdrin geschên,
16366der mich allir zu vorjên
16367und zu schrîbene bevilt;
16368des blîbt dî redde sus bezilt.
16369Sunder ôt dî hôstin hêrn,
16370dî dâ zu Schalouwin wêrn,
16371Surbantz und Swisdete,
16372der dritte hîz Surdete,
16373dô dî offinlîchin sên
16374begondin und mit wârheit spên,
16375111 d    daz gotis zorn in widirvacht
16376unde zeichinlîche macht
16377den brûdrin gab zu allin zîtin
16378beide in sturmin und in strîtin,
16379daz sî î wurdin sigehaft,
16380sî entorstin der gotlîchin craft
16381dêswâr nicht lengir widirstân,
16382sundir sî begondin lân
16383ir vetirlîchiz erbe
16384unde ir gemûte herbe
16385geloubinde intlindin,
16386und mit irn gesindin
16387alênzilin intwichin
16388und zu den cristnin strichin,
16389als ir wîsheit in gerît.
16390Und dô diz dî gemeine dît
16391der Schalouwin irkande,
16392daz dise, dî dem lande
16393bevor ê mit urloige wârn,
16394zu den brûdrin wârn gevarn,
16395sî nâmin algemein an sich
16396den geloubin cristinlîch
16397und zu den brûdrin zouwin.
16398Alsus das lant Schalouwin
16399darnâch wûste liggin bleib,
16400unz sich manic jâr vortreib.
Wî sich dî Prûzin zum drittin mâle vor­noigîrten und vîngin dî comentuir von Cristburg und vom Elbinge.

[Dusb. III, 189.]

16401Dô mit arbeit manicvalt
16402und mit kost gar ungezalt
16403und mit mûhe ungeacht
16404zum andrin mâle hattin brâcht
16405dî vreissame prûzsche dît

--- S. 493 ---

16406dî brûdre undir ir gebît
16407und undir des geloubin joch,
16408darumme manic cristin doch
16409112 a    sîn blût vorgozzin hête,
16410und wântin blîbin stête
16411sich in vridis sichirheit,
16412dô vîl ûf sî ein nûwe leit,
16413want der tûvil, der dâ ist
16414ein vîent des vridis alle vrist,
16415menschlîchis heilis ein êchtêr
16416und des geloubin ein anvechtêr,
16417mit valscheit in ir herze slûf
16418und schuntte sî darûf,
16419daz sî abir den geloubin
16420dempfin soldin unde toubin,
16421als sî hattin ê getân.
16422Disen willen gar gewan
16423dî prûzsche dît unreine
16424ob al daz lant gemeine,
16425daz sî nâch des tûvils girn
16426sich woldin alle vornôgîrn
16427und dem geloubin sich inspenin,
16428ân dî getrûwin Pomezênin;
16429dî hattin darzû keine pflicht.
16430Doch intorst an der geschicht
16431nîmant dennoch offinlîch
16432kegn den brûdrin setzin sich
16433ân der Pogezênin trucht.
16434Dî bewîstin ir unzucht
16435an den brûdrin zuhant;
16436want mit gewâpintir hant
16437sî besamnit quâmin
16438und gevangin nâmin
16439in der vorholnin vêde
16440dî cometûre bêde,
16441den man den Elbinc haldin sach
16442und Helwîge von Goltbach,
16443den Cristburc dô trat ane,
16444und ir beidir kumpâne,
16445und vûrtin sî gebundin hin.
16446Doch was einre undir in,
16447112 b    den man nante Powidde,
16448der sî der bande quidde
16449und half in schîre dan.
16450Sô was mit in ir capelân,
16451ein prîstir, ouch gevangin,
16452der wart zuhant irhangin,
16453und einin knecht sî slûgin tôt.
16454Dî andrin der selbin nôt
16455vil kûme dâ intwichchin
16456und vluchtic dannen strichchin.
Wî daz vil Pomezênin wurdin geslagin.

[Dusb. III, 190.]

16457In der zît, als ich vornam,
16458brûdir Dîterîch widir quam
16459von Liddelow, der Samin voit,
16460der durch sache was gezoit
16461ê sô hin in dûtsche lant;
16462und dô dî red im wart bekant —
16463in hattin lîb dî Samin —
16464dâvon er sî zusamin
16465in ein gesprêche alle lût
16466und irwante iren mût
16467von dem argin irretûm,
16468den sî durch des tûvils rûm
16469hattin angevangin.
16470Und dô diz den Nattangin
16471und Ermin wart kunt getân,
16472sî trâtin ouch zurucke sân
16473iris êrstin willin arc,
16474gelobinde mit eidin starc,
16475daz sî mit trûwin valschis vrî
16476den brûdrin woldin blîbin bî
16477vurbaz âne widirsat.
16478Dô nam ouch brûdir Conrât
16479der lantmeistir ein her
16480an sich mit creftigir wer
16481und zôch mit vreisir hant
16482zu Pogezênin in daz lant
16483burnende unde roubinde
16484112 c    unde mortlîch betoubinde
16485der Pogezênin âne zal;
16486wîb unde kint, dî vînc man al.
16487Dî wîle sî diz schûfin,
16488dô hôrte man sus rûfin
16489beide man und ouch dî wîb
16490wâfin ubir Bonsin lîb:
16491›Vorvlûchit sî sîn valschir rât,
16492›want er uns gebrûwin hât
16493›dise nôt und dise pîn,
16494›dâmit wir nû bevallin sîn!
16495›Er ist ein sach und ein urhab
16496›des grôzin meinis, daz wir ab
16497›getretin sîn der cristinheit.
16498›Des geschê im alliz leit!‹

--- S. 494 ---

16499Dirre Bonse, als ich las,
16500in Samelant gesezzin was
16501und zu Pobêtin kamerêr.
16502Zwei wîb wolde habin er
16503offinlîch durch sîne lust;
16504und dô dî brûdre der unkust
16505nicht woldin im vorhengin,
16506ein zorn in im intpfengin
16507sich sô gar hezlîch began,
16508daz er mit den Prûzin an
16509heimelîchin leggete
16510und sî darzû beweggete,
16511daz sî gemeinlîch woldin hân
16512sich vornôgîrit sundir wân
16513ubir alliz lant vil nâch,
16514als ich ûch dâ vor vorjach.
16515Und dô an Bonsin sus irschein
16516dirre tûvelische mein
16517und man dî wârheit des irvrîsch,
16518mit tôde, als sîn erge îsch
16519und daz urteil im beschît,
16520man daz lebin im vorschrît.
— — —

[Dusb. III, 191.]

16521In des selbin jâris vart,
16522112 d    dô dî herbistzît gewart,
16523dî brûdir abir in vreise
16524stiftin eine reise
16525zu Pogezênin in daz lant
16526und daz mit creftigir hant
16527hernde durchtreibitin
16528und ôt dâ nicht leibitin1
16529noch habe noch gebuide;
16530ouch al des landis luide,
16531jung und alt, wîb unde man
16532sach man sî vil gar irslân
16533unde vân gemeine;
16534doch genas ir cleine,
16535dî vluchtig intwichin
16536und kegn Littouwin strichin
16537in daz gebît zu Gartin,
16538dâ sî sich bewartin
16539mit irm gesinde vor der nôt.
16540Sus wart vorwûst dî gegenôt.
Wî Colmerlant wart vorhert und dî gebît Grûdenz, Merienwerdir, Zantîr, Crist­burg und Clement dî burc wart vorterbit.

[Dusb. III, 192.]

16541In den gezîten, als ich las2,      [1274—1276
16542zu Colmin in dem lande was
16543ein lantcomentûwer,
16544ûf den pfenninc sûwer,
16545den undirtânin swinde
16546und kegn den vîndin linde,
16547genennit Bertolt von Northûsin;
16548mit dem vuchse kond er mûsin,
16549der durch snôdir weide pflicht
16550ofte schadin grôz vorsicht,
16551dî wîl er schirrit in dem molt
16552und in irslîchit hetzebolt3.
16553Alsus ouch dirre Bertolt
16554ôt ûf silbir unde golt
16555unde ûf irdischin gewin
16556wante sînis herzin sin
16557113 a    und was zu strîte ein zage,
16558daz vil manche clage
16559gebar in Colmerlande;
16560want er der vîande
16561anvechtin nicht mit vrechir tât,
16562als er solde, widirtrat;
16563dâvon man mûste schouwin
16564vil ofte dî Sudouwin
16565kegn Colmerlande kumin
16566ûf michilin unvrumin
16567und ûf jâmirberndiz leit
16568der armin gotis cristinheit,
16569dî sî dânidir mortin,
16570und an allin ortin
16571daz lant ôt machtin toube
16572mit brande und mit roube
16573sundir allin widirtrit.
16574Alsô lange werte dit,
16575daz in nicht wart widirstân,
16576unz zu jungist drîzic man,
16577bî wîlin minr, bîwîlin mê,
16578Colmirlant genennit ê
16579vîntlîchin ubirrittin

--- S. 495 ---

16580und doch blibin unbestrittin.
16581Diz alz vorlazte Bertolt1
16582und wûc geringe doch dî scholt,
16583want er trôc sich ûf den solt,
16584der dî hêrrin machit holt,
16585dî nicht rechtir witze hân.
16586Doch wart sîn hoffenunge wan;
16587want zuletst der meistir
16588daz veige lantreistir
16589(ich meine noch Bertolde)
16590intsatzte, als er solde,
16591und machte zu lantcomentuir
16592dêswâr einen brûdir tuir      [1277(6)—1289
16593genant Herman von Schônenberc,
16594der dâ ûf urloigis werc
16595113 b    was ein degin ûzirwelt.
16596Der beschirmte als ein helt
16597menlîch mit werlîchir hant
16598im daz bevolne Colmirlant,
16599want zu allin zîtin,
16600sô dî Sudouwîtin
16601quâmin menlîchin
16602dem lande zûgestrichin
16603und icht mêzlîch was ir trucht,
16604sô nam er kegin in dî zucht
16605mit den sînen unvorzeit
16606und sî vorjaite oder streit
16607und î den sig an in hehîlt
16608mit gotis hulfe, dî sîn wîlt.
16609Diz treib er alsô dicke,
16610unz er mit tôdis schricke
16611ir geletzte alsô vil,
16612daz sî zuletst in keime zil
16613daz lant torstin tûn behaft
16614âne grôzis heriscraft.
16615Der widirsatz sô harte,
16616den in keginkarte
16617der lantcomentuir balt,
16618und der schade manicvalt,
16619den sî an den irin kurn,
16620der sî vil von im vorlurn,
16621dî er in strîte vellete,
16622mit hazze sô irgellete
16623und in zorn irglûte
16624der Sudouwin gemûte,
16625daz Scomant ir houbitman
16626nam an sich vîrtûsint man
16627Littouwin unde sînre dît,
16628unde zôch, als im gerît
16629sîn vreise, mit gewaldis hant
16630hin zu Colmin in daz lant
16631an der eilftûsint meide tage      [21. Octbr.
16632den cristnin zu leidir plâge,
16633113 c    an den er rach der sînen tôt
16634mit vil manicvaldir nôt,
16635dî er mertirlîch in bôt;
16636want ûf sî hezlîch bran sîn sin.
16637Und an der înverte begin
16638vor dî burc sî quâmin hin
16639zu Plowis, der ein lênman pflac;
16640ûf der Ozzin sî dâ lac.
16641Dî burc sî hertlîch vâchtin an
16642und ouch hettin sundir wân
16643sî mit craft irstritin,
16644hette man nicht mit in
16645gehaldin sulch gedinge:
16646zwêne pfatleitinge
16647man in von dem hûse gab,
16648dî dâ soldin sî hin ab
16649leitin nâch irre ger
16650daz lant dî lenge und dî twer,
16651wâ sî in den vestin
16652dî cristnin wonin westin.
16653Alsus daz hûs gevrîit wart
16654und daz her gevînc dî vart
16655vor dise burge: den Reddîn,
16656dî Lîpe, dî sî beide sîn
16657lîzin in vridis sâze.
16658Darnâch zu Welsâze
16659nam daz her dî schurge,
16660dâ sî daz vurburge
16661in den grunt vorbrantin.
16662Dannen sî sich wantin
16663zu dem Clement vor daz hûs
16664und mit hertis sturmis prûs
16665allumme daran stûnttin.
16666Zu jungist sî inzunttin
16667unde legetin vûer an,
16668davon dî burc vil gar vorbran
16669und alliz, daz darûffe was.

--- S. 496 ---

16670Dâ vorturbin, als ich las,
16671113 d    menschen mê wen hundirt
16672âne wîb gesundirt
16673unde kindir, der sî vil
16674dannen tribin in dem zil,
16675unde quâmen an der vart
16676kegn der Tuigirnitze wart.
16677Eine burc was sus genant
16678eime lêmanne irkant
16679zu erbe, der ir ouch dâ pflac.
16680Dî selbe burc daz her belac
16681und dî crefticlîch anvacht,
16682dâwidir der burcluite macht
16683strebite mit swindir wer;
16684und allein der vîende her
16685des êrstin tagis schûfe nicht
16686an der burc mit sturmis pflicht;
16687doch blibin sî dâ ligin
16688ûf kumftic gesigin
16689dî nacht unde hattin rû.
16690Abir dô des morgins vrû
16691sî vûltin und irvrischin, daz
16692dî burc was gemannit baz,
16693den sî ê des wêre,
16694sî vordrôz der mêre
16695und irhûbin sich hin dan
16696zoginde des wegis sân
16697kegn Grûdenz, kegn Mergenwert,
16698kegn Zantîr, Cristburc, dâ vorhert
16699wart gar von den hundin
16700swaz sî indirt vundin
16701bûzin den vestin vorgenant.
16702Vil wîte wart von in gerant
16703in dem lande her und dar
16704neminde der cristnin war,
16705dâ sî warn beerbit1.
16706Gevangin und vorterbit
16707wart dô mit mortlîchir schûr
16708alliz, daz in widirvûr,
16709114 a    iz wêrin vrouwin odir man.
16710Und dô diz jâmir was irgân,
16711kegn lande tribin sî hin abe
16712ummêzlîchin roub von habe
16713und von cristninluitin,
16714dî man sî sach buitin
16715zu êwigir eiginschaft.
16716Diz irbarm dî gotis craft2!
16717Waz jâmirs sich dâ scheinte,
16718dâ vrûnt kegn vrûnde weinte,
16719lîb von lîbe scheidin
16720mûst in grôzin leidin,
16721dî mûtir von dem kinde,
16722daz sî dennoch linde
16723zôch mit der spune vûtir!
16724Dî tochtir von der mûtir
16725man dâ zarrete bittirlîch,
16726dô sî dî heidin undir sich
16727an der buitunge teiltin
16728und unkûschlîch bemeiltin.
16729Ô wî jamirberndin schric
16730der sô schemelîche blic
16731vrûnde dâ an vrûnde bôt!
16732Nîmant dî herzenleide nôt
16733mag ebin, als ich wêne,
16734betrachtin âne trêne.
Von dem letztin urloige kegn den Sudouwin.

[Dusb. III, 193.]

16735Dô mit gotis hulfe wârn
16736betwungin allir Prûzin scharn
16737ubir alle prûzsche lant,
16738dennoch was ein dît irkant
16739mechtic vor den andrin gar,
16740dî der cristinheit impar
16741unde joch mit allir macht
16742widir den geloubin vacht
16743in trotzlîchim drouwin;
16744diz wârn dî Sudouwin.
16745Den trâtin dâ dî brûdre zû
16746114 b    menlîch mit urloigis mû,
16747nicht irre macht getrûwinde,
16748sundir ûf gote bûwinde,
16749der dî sînen nicht vorlât,
16750sundir in helflîch gestât,
16751als in î twanc sîn gûte.
16752In lag ouch in gemûte,
16753daz daz opfir ist unwert,
16754dem vordrumit wirt der stert3,
16755daz sîn dî werc der tugint
16756gevrumin lutzil mugint,

--- S. 497 ---

16757ob sî daz ende nicht inzîrt;
16758nîmant ouch gecrônit wirt,
16759den er inkempf unz an daz ort —
16760des woldin ouch dî brûdre vort
16761um den solt der sêlikeit
16762dem opfir irre arbeit
16763âne widirwende
16764gebin ein gût ende
16765und sich mit allin creftin
16766an dî Sudouwin heftin
16767in strîte zu den stundin,
16768und des alsô begundin.
— — —

[Dusb. III, 194.]

16769Brûdir Conrât von Tîrberc
16770der meistir, der î ûf daz werc
16771des urlougis vlîzic was,
16772âne drôz zusamne las
16773andirthalbtûsint rîtin,
16774dî dâ mochtin strîtin,
16775und vûr in den zîtin
16776ûf dî Sudouwîtin
16777in ein gebît, hîz Kimenow,
16778daz er hernde durchzow
16779und ân dî luite, der dô gnûc
16780daz her ûf der reite slûc
16781von werlîchin mannen,
16782sô tribin sî von dannen
16783kindir unde wîbe
16784114 c    mê wen tûsint lîbe
16785unde roubis alsô vil,
16786daz des nîmant weste zil,
16787von andirre habe.
16788Und dô sî sus herabe
16789eine tagevart genâmin
16790und des andrin tagis quâmin
16791mit des roubis zinse
16792in einen walt, der Winse
16793von den Prûzin ist genant,
16794dô wart den brûdrin irkant,
16795daz nâch in quâmin houwin
16796wol drîtûsint Sudouwin
16797ûzirwelt zu strîte gar.
16798Und als sî wurdin ir gewar,
16799zuhant sî ummewantin
16800und gescharit rantin
16801vîentlîch dî vîende an,
16802dî ouch zegelîchin sân
16803sich der vlucht irwûgin.
16804Alsus dî brûdre slûgin
16805von dem her ein michil part
16806und widir zurucke wart
16807unz an ir lant sî tribin.
16808In der reite blibin
16809ouch sechs man der cristnin tôt;
16810daz andre her gar âne nôt
16811mit dem roube allintsam
16812vrôlîch heim zu lande quam.
Wî Polênerlant wart vorhert.

[Dusb. III, 195.]

16813In den gezîtin ouch geschach,
16814daz man von Littouwin sach
16815kumin mit creftigir wer
16816in Polênerlant ein her,
16817daz vil gar vorherte,
16818vorbrande und beswêrte
16819dî drî lant mit jâmirs pîn:
16820Luntschitz, Brist, darzû Dobrîn,
16821114 d    wirkinde sô grôzin val
16822an den cristnin, daz dî zal
16823nîmant recht betrachtin
16824mochte noch volachtin,
16825dî irmort dâ blibin
16826und dî sî dannen tribin.
Wî daz achthundirt Littouwin wurdin geslagin.

[Dusb. III, 196.]

16827Nicht ubir lanc nâch dirre schicht
16828achthundirt man wol ûzgericht
16829rittin von Littouwin
16830und quâmin zu Kersouwin
16831in ein gebît alsô genant,
16832gelegin in Polênerlant,
16833dâ sî mit unvûgin
16834wol zên dorfir ûzslûgin
16835tôtinde vil gar dî man;
16836wîb unde kint sî tribin dan
16837und von habe roubis vil.
16838Binnen dirre reite zil
16839der gotis man, der vurste gût,
16840der î trûc vil reinen mût
16841und ein unbewollin lebin
16842wandirnde zu gote ebin,
16843herzoge Leske von Krakow,

--- S. 498 ---

16844hatte kegn der vîende drow,
16845von den ich nû gesprochin hân,
16846besamint manic tûsint man,
16847als er wolde sî bestân;
16848und want er vil der sînin sach,
16849dî dâ wârin mûtis swach
16850zu strîtene, dâvon sich brach
16851ûz in der hêrre mûtis vrî
16852und trat ûf einen berc dâbî
16853unde sprach mit wortin luit:
16854›Swer nû hî ist gotis truit
16855›und des herzin unvorzeit,
16856›der trete zu mir her gemeit
16857115 a    ›und helf mir huite andin
16858›an des crûzis vîandin
16859›daz unrecht, daz sî mit unêrn
16860›irbîtin Cristô unsim hêrn
16861›an den sînen gelidirn!
16862›Ô helfit alle widirn
16863›diz jâmir unde nidirn
16864›der heidin guft, dî uns bekort,
16865›durch den himelischen hort,
16866›den got hât behaldin dort
16867›allin den gerechtin,
16868›dî durch in hî vechtin
16869›und den geloubin sterkin.‹
16870Hî mogt ir jâmir merkin,
16871daz ûz al der menige grôz
16872nî sich volkis mê geschôz
16873wen drîhundirt man allein,
16874dî trâtin zu dem vurstin rein;
16875daz andre alliz dannen weich
16876und vorzait kegn hûse streich.
16877Sus bleib der hêrre hôhir zucht
16878haldin dâ mit cleinre trucht,
16879mit den er doch intsamin
16880in unsirs hêrrin namin,
16881dem er ouch wol getrûwinde
16882und ûf sîn hulfe bûwinde
16883menlîch an dî heidin slûc
16884und zum êrstin darûf wûc,
16885daz er der cristnin rote
16886von der bande knote
16887intbunde, dî gevangin wârn.
16888Darnâch streit er an dî scharn
16889der vorgenantin heidin
16890in ellinthaftin vreidin
16891und slûc sî an dem tage
16892mit alsô grôzir plâge,
16893daz der achthundirt manne
16894nicht mê quâmin danne
16895115 b    sundir kûme zêne,
16896dî ouch, als ich wêne,
16897dî vlucht lôste von der nôt.
16898Dî andrin blibin alle tôt.
16899Sus der herzoge lôste
16900aldâ von jâmirs rôste
16901und von herbir bittirkeit
16902dî gevangene cristinheit,
16903dempfinde der heidin spot,
16904als daz mit im worchte got.
Wî daz gebît Meruniskin wart vorhert zu Sudouwin.

[Dusb. III, 197.]

16905Brûdir Conrât der meister,
16906swâ der kunde, dâ neist er
16907vortilginde mit allir craft
16908dî vorwâzene heidinschaft;
16909der besaminte mit wer
16910abir nû ein mechtic her
16911von gêndin unde rîtin
16912ûf dî Sudouwîtin.
16913Und dô er in daz lant hin quam,
16914dî rîtin er ôt an sich nam,
16915dâ lâzinde dî andre dît,
16916unde zôch in ein gebît,
16917daz Meruniskin ist genant,
16918gelegin in Sudouwin lant,
16919unde slûc dâ achzên hêrn,
16920dî hô ob den andrin wern
16921an achberkeit gesundirt,
16922und darzû wol sechshundirt
16923mensche slûg er unde vînc
16924und iz nâch willin dâ begînc,
16925daz lant machinde toube
16926mit slachte, brande, roube.
Diz ist von strûtêrin.1

[Dusb. III, 198.]

16927Wundirlîchir dinge schicht
16928in vremdir ebintûre pflicht
16929den cristnin strûtêrin,

--- S. 499 ---

16930115 c    als ich von wârin mêrin
16931vornumin habe, widirvûr
16932binnen des urloigis vûr.
16933Der was einre Mertîn,
16934den man nante von Golîn,
16935von dem ich ouch ê wizzin lîz;
16936der andre Conrât Tûvil hîz,
16937Stoubemel der dritte,
16938Kudar ouch dâmitte
16939von Sudouwin wart gesên
16940und Nakaim von Pogezên.
16941Dise helde, unde mê
16942was ir noch, dî habin ê
16943menlîchir tât sô vil begân,
16944da{!D}z ich der nicht vol schrîbin kan.
16945Dirre Mertîn nam sich an
16946vîr dûtsche und eilf prûzsche man,
16947mit den er kegn Sudouwin streich
16948und ein dorf aldâ irsleich,
16949darinne nam er unde slûc
16950roubis unde volkis gnûc,
16951ouch daz gebûde brante;
16952darnâch sich dannen wante
16953widir heim zu lande wart.
16954Und dô sî quâmin an dî vart
16955verre an eine stat her dan,
16956dâ sî allir sorgin ân
16957nâch der mû gesâzin
16958und ir spîse âzin,
16959dô quam ûf sî der vîende schar
16960geplatzit ungewarnit gar
16961zuhant dânidir slânde
16962dî vîr dûtsche cumpânde,
16963dî mit Mertîne wârin dâ.
16964Dî andrin kûm intvluhin dâ,
16965wer unde kost vorzigin,
16966dî sî dâ lîzin ligin,
16967unde îltin dâ zu walde.
16968115 d    Des geluckis sâlde
16969wurdin dî Sudouwin vrô,
16970und Mertîn betrûbit dô
16971in dem walde allumme lîf
16972und zusamne widirrîf
16973dî zustroutin cumpâne;
16974und want sî alle âne
16975wârin wâpin unde wer,
16976des nam Mertîn sô hin dî kêr,
16977dâ dî vîende lâgin
16978und hertis slâfis pflâgin
16979nâch der arbeit mûhesal,
16980und alênzeln in stal
16981schilde, sper, darzû dî swert;
16982und dô er ganzir wer gewert
16983der sînen hatt iclîchin,
16984mit einandir slichin
16985sî vil stille dâ hinzû
16986und irslûgin in der rû
16987dî Sudouwin allintsam,
16988sô daz ir nî dikeinir quam
16989zu wer joch ûz dem bette;
16990sundir einre hette
16991sich zu der vlucht gegebin,
16992dem quam Mertîn bînebin
16993und in ouch dâ letzte.
16994Alsus sî got irgetzte
16995der leide, dî sî quellin
16996pflac um ir gesellin,
16997dî dâ lâgin lebins toub.
16998Ûfnâmin sî dâ irin roub,
16999darzû der vîende habe
17000und quâmin her wol abe.
— — —

[Dusb. III, 199.]

17001Darnâch der selbe Mertîn
17002abir nam dî reise sîn
17003mit cleinre cumpânîe
17004sô hin ûf strûterîe
17005zu Sudouwin in daz lant,
17006116 a    dâ er ungewarnit vant
17007ein dorf, als er râmte,
17008und dô nâch werkis amte
17009gemach dî heidin hattin,
17010dise âzin, gene battin,
17011sumelîche intslâfin wârn
17012gar intnumen allin vârn,
17013want iz was in der demere,
17014dô hûb sich ein getemere:
17015dî cristnin ûf sî platztin
17016und sî hô gnûc beschatztin
17017in neminde gût unde lîb,
17018vî, pferde, kindir unde wîb,
17019daz dorf ouch varnde lang und twer,
17020einre hin, der andre her,
17021und waz sî in den stundin
17022werlîchis indirt vundin,
17023daz wart gar des lebins mat.

--- S. 500 ---

17024In dem geloufte ouch betrat1
17025Mertîn in einem bade
17026zên man, den er gerâde
17027dâ stûite ân irin danc,
17028davon in ubele gelanc,
17029want î nâch des slagis swanc
17030gewan daz blût sô grobin ganc,
17031des sî wurdin alsô cranc,
17032daz daz lebin in intslanc.
17033Darnâch, dô diz was irgân,
17034tribbin sî den roub her dan.
— — — —

[Dusb. III, 200.]

17035Nû woldin in den zîtin
17036ouch dî Sudouwîtin.
17037irin schadin andin,
17038den sî von den handin
17039der cristnin hatn intpfangin,
17040und zugin in Nattangin
17041mit eime here genende
17042und hertin an eim ende
17043des selbis landis einen vlec
17044116 b    und machtin sich hinwec.
17045Îdoch dî brûdre balde
17046in volgten mit gewalde
17047und von dem roube tribin.
17048Ûf dem velde blibin
17049der heidin vil irslagin tôt,
17050dî andrin mit wundin rôt
17051und mit grôzin schamin
17052vluchtic dannen quâmin.
Von brûdir Conrâde von Vûchtwangen dem zêndin lantmeistre.

[Dusb. III, 201.]

17053In unsirs hêrrin jârin
17054dô der vorgangin wârin
17055sibinzig und zwelfhundirt
17056darûf nûne gesundirt,      [1279
17057brûdir Conrât tôt gelac
17058von Tîrberc, der des amtis pflac
17059der meistirschaft in Prûzinlant.
17060Ouch wart von der heidin hant
17061in der selbin zît irslagin      [1279. 5. März
17062brûdir Ernst, den man dô tragin
17063dî meistirschaft in Lîflant sach.
17064Von disen sachin daz geschach,
17065daz von beidin landin
17066dî brûdre botin sandin
17067an den hômeistir, der dâ was
17068in dûtschin landin, als ich las.
17069Der botin sunderin iclîche
17070hôrt man werbin, und doch glîche
17071ûf einen man ir werbin trat.
17072Iclîch lant im gebin bat
17073von des hômeistirs gnâde
17074zu meistre brûdir Conrâde
17075genennit von Vûchtewangin.
17076Nû sach man glîch gehangin
17077den hômeistir irre ger
17078in gebinde den man gewêr,
17079daz er solde beidirwegin
17080116 c    der lande mit gebîte pflegin
17081und mit bîsorge nemin war.
17082Und dô er wol ein ganziz jâr
17083der amte swêrlîch gnûc gepflac,
17084dî arbeit in sô ubirwac,
17085als er begonde intsebbin,
17086daz er nicht mochte ebbin
17087dî lant vorwesin beidintsamt,
17088des lîz er ûf daz eine amt,      [1280
17089des er in Prûzinlande wîlt,
17090und in Lîflande daz behîlt.
17091Sus er zu Prûzin was gezalt
17092der zênde an meistirs gewalt
17093und was ôt ein jâr daran,
17094als ich ê gesprochin hân.
Wî Pokimen daz gebît in Sudouwin wart vorhert.

[Dusb. III, 202.]

17095Brûdir Conrât von Tîrberc
17096der junge, dem der strîte werc
17097der meistir in der zît bevalc,
17098daz er solde marschalc
17099wesin in Prûzinlande,
17100al sîne macht besande
17101unde reiste durch gewin
17102in daz lant Sudouwin hin
17103zu Pokimen in daz gebît,

--- S. 501 ---

17104dâ er der ungetouftin dît,
17105vil vîng und ouch sterbete
17106und gar daz lant vorterbete
17107mit roube unde brande.
17108Und dô er dannen wande
17109und kegn hûse nam dî kêr,
17110er zôch mit alle sîme her
17111dêswâr vil unlîse
17112ubir den sê zu îse,
17113den man nennit Newotîn,
17114ân alle schedelîche pîn,
17115swî er doch lanc sî unde wît;
17116116 d    und alsô diz nâch vespirzît
17117was des âbindis geschên,
17118des morgins nichtisnicht irsên
17119sî des îsis kundin;
17120sô gar was iz vorswundin.
Von brûdir Manegolde dem eilftin lant­meistre.

[Dusb. III, 203.]

17121In unsirs hêrrin jârin
17122dô der zwelfhundirt wârin
17123und darzû achzig irvolt,      [1280
17124dô wart brûdir Manegolt
17125in Prûzinlande meistir;
17126an des amtis reistir
17127den eilftin man in zalte,
17128und zwei jâr er sîn walte.
17129Der selbe helt gehûwir
17130dâvor comentûwir      [1276—1278
17131gewesin was zu Kungisberc,
17132dâ er lobelîchir werc
17133in nutzis prîse gnûc begînc;
17134und dô er daz amt intpfînc
17135der meistirschaft und des vorwâr
17136gepflac nicht vollin zwei jâr,
17137er wart geladin sô hin vur      [1282
17138zu dem capitele der kur,
17139in dem ouch brûdir Burghart,
17140den man hîz von Swandin, wart
17141dem dûtschin ordene bevorn
17142zu hômeistere gekorn.
17143Und dô dî kur sus was geant
17144und der lantmeistir vorgenant
17145widir varin wolde
17146kegn Prûzin, als er solde,
17147ein sûche an der reise
17148mit alsulchir vreise
17149in angewant und an im warb,
17150daz er ûf dem wege starb.
Wî Samelant wart gehert.

[Dusb. III, 204.]

17151117 a    Bî diss selbin meistirs zît
17152Manegoldis swindin nît
17153dî Sudousche dît gevînc
17154kegn den brûdrin, want in gînc
17155vil bittirlîch zu herzin
17156der schade und dî smerzin,
17157dî sî in ê sô manicvalt
17158zûgetribin mit gewalt
17159hattin unde noch alle tage
17160ûf sî mêrtin jâmirs plâge,
17161und hîldin darûf engin rât,
17162wî sî mit werlîchir tât
17163den sô vîentlîchin pranc
17164besît geschubin, der sî twanc,
17165und gewidirtin den schadin,
17166dâmit sî sus wârn vorladin
17167von der brûdre twengin.
17168Und want sî nicht volbrengin
17169alleine mochtin dî geschicht,
17170des nâmin sî durch hulfe pflicht
17171an sich dî Littouwin,
17172und mit einandir zouwin
17173gewaldiclîch in Samelant.
17174Nû was den brûdrin vorbekant
17175von warnunge dise schicht;
17176des was iz alsô bericht,
17177daz sî andirs mochtin nicht
17178getûn dikeine plâge
17179an der reise vlâge,
17180wen dazs wol zên tage
17181allumme in dem lande
17182zuggin und mit brande
17183nâch vîentlîchir ande
17184tilgtin daz gebuide gar,
17185des sî indirt dâ gewar
17186wurdin vestenunge bar,
17187und darnâch sich machtin dan;
17188doch sô mûstin sî dâ lân
17189117 b    von dem here wol vumf man,
17190dî man sach dî brûdre slân.
17191Dî wîl diz her hî prûsinde
17192ûflas alumme mûsinde
17193in Samelant dî eigir,
17194brûdir Ulrîch Beigir,

--- S. 502 ---

17195der comentuir von Tapiow,
17196sô hin kegn Sudouwin zow
17197mit drithalbhundirt rîtin,
17198mit den er in den zîtin
17199dâ herte wol nâch willin;
17200want ân andir villin1,
17201des er an der dîte vil
17202ûbte vreislîch in dem zil
17203mit slachte, roube, brande,
17204sô nam er in dem lande
17205gevangin gesundirt
17206wol andirhalbhundirt
17207von wîbin, tochtrin unde barn
17208der edilstin, sô sî dâ wârn,
17209und dî zu hûse brâchte.
17210Alsus in ruimir achte
17211dî Sudouwin mê vorlurn
17212dâheime, wen sî dort irkurn
17213zu gewin in Samelant
17214in der reise vorgenant.
— — — —

[Dusb. III, 206.]

17215Dirre brûdir Ulrîch
17216was des mûtis menlîch
17217und des lîbes gar irwegn.
17218Man sach in ofte dinge pflegn
17219in strîtlîchir wâge,
17220dî vil kuim ein zage
17221hette torst anschouwin.
17222Vil leidis den Sudouwin
17223und schedelîchir mû
17224treib er mit urloige zû;
17225und daz sô dicke worchte,
17226daz der meistir vorchte,
17227117 c    want er in hîlt vil wêhe,
17228daz im icht geschêhe
17229dâvon er lîchte kur den tôt,
17230und darum ouch im gebôt,
17231daz er nicht solde vurbaz mê,
17232als er gepflogin hatte ê,
17233dikeine reise rîtin
17234kegn dî Sudouwîtin
17235noch in strît noch umme roub
17236ân sîn sundirlîch urloub.
17237Dî wîl man in vrâgete,
17238durch waz er alsô lâgete
17239und den Sudouwin wêre
17240sô gram und sô gevêre,
17241sô sprach er: ›Ich inrûchte nicht,
17242›in welchir wîs, in welchir schicht
17243›ich mich an sî hînge,
17244›daz ich ôt intpfînge
17245›vumf wundin in etlîchir vrist
17246›als mîn lîbir hêrre Crist
17247›durch mich hât irlittin.‹
17248Diz hôrte man ouch bittin
17249in gote zu vil manchir zît,
17250als iz ouch vil ebin sît
17251nâch sînem willin im irgînc:
17252von den Sudouwin er intpfînc
17253in strîte nâch den stundin
17254in crûzis wîs vumf wundin,
17255darnâch er sich î senen pflac,
17256und dâmitte tôt gelac. —
Wî ein Sudouwe wundirlîch sich bekarte.

[Dusb. III, 207.]

17257Nû quam ouch in der selbin zît
17258ein edil man, ein Sudowît,
17259der was Russigen genant,
17260mit alle sîme hûse intsamt
17261von Sudouwin wîchinde
17262und zu der Balge strîchinde,
17263117 d    dâ in dî brûdre intpfîngin
17264und iz mit im begîngin
17265wol vrûntlîch, alse daz gezam.
17266Nû wolde er mit in intsam
17267in dî kirche wandrin
17268und dâ als dî andrin
17269in gotisdînst sich mengin.
17270Dî stat wart man im engin
17271und in dâ wîsen vor dî tur
17272nâch cristinlîchis rechtis kur,
17273want er noch was ein heidin.
17274Und dô im wart intscheidin
17275der ûzirunge sache,
17276nicht wûg er sî swache,
17277sundir snel den touf intpfî;
17278ouch sich mit im toufin lî
17279alle sîn gesinde.
17280Nû trat ein sûche swinde
17281des lîbis ûf in an der stunt,

--- S. 503 ---

17282dô dî sêle im gesunt
17283der touf gemachet hette,
17284sô daz er in ein bette
17285legin mûste sich zuhant.
17286Darnâch wart von im gesant
17287nâch einem brûdir pfaffin,
17288von dem ouch im geschaffin
17289des toufis sacrament was ê,
17290den er mit innigir vlê
17291im den geloubin kundin bat,
17292daz ouch der prîstir gerne tat.
17293Und als er vor in gesaz
17294und im dî gotislêre maz,
17295sô sît er dort zun vûzin stân
17296ein crûze, daz im hatte lân
17297von holze machin der Sudow.
17298Von des crûzis aneschow
17299wûchs dem prîstir wundirs vil,
17300daz in alsô kurzim zil
17301118 a    in sulche andâcht was geslouft
17302der heidin, der alrêst getouft
17303was an dem selbin tage,
17304unde begonde vrâge
17305an in tûn von der geschicht.
17306›Hasdû‹, sprach er, ›gûtis icht
17307›bî dîme lebene î getan,
17308›ê man dich sach den touf intpfân?‹ —
17309›Ich habe manchin cristin
17310›bî mînis lebins vristin
17311›irslagin, des ich î mich vleiz.
17312›Gûtir werc ich nicht inweiz
17313›an mir,‹ sus der sîche sprach,
17314›sundir einiz, daz geschach,
17315dô wir mit creftigir hant
17316›hertin in Polênerlant,
17317›dâ ouch einre der Sudouwin
17318›nam ein bilde unsir vrouwin,
17319›daz er vûrte mit im dan,
17320›und daz bilde sach man hân
17321›gesnitzit ein kindil ûf der schôz.
17322›Darnâch in des nicht vordrôz
17323›und andre heidin wilde,
17324›sî schuzzin zu dem bilde
17325›in uppelîchir vreidekeit.
17326›Dô ich daz sach, iz was mir leit,
17327›und lîf hin in zorne balt,
17328›nam daz bilde mit gewalt
17329›und iz eime cristnin gab.
17330»Nim, trac,« sprach ich, »balt hin ab
17331»diz bilde des gotis dîn;
17332»brenge iz, dâ im muge sîn
17333»nâch cristinlîchir ê bereit
17334»êre, lob mit wirdekeit.«
17335›Darnâch in slâfe mir irschein
17336›geformit nâch dem bilde rein
17337›in wunnenclîchir schouwe
17338›dî allirschônste vrouwe,
17339118 b    ›der glîche nî mê wart gesehen;
17340›dî hôrt ich alsô zu mir jehen:
17341»Den dînst, den dû irbotin
17342»kegn der tummin rotin
17343»hâst an mînem bilde mir,
17344»sol gegoldin werdin dir
17345»mit lône ubirrîche
17346»in mînis kindis rîche!« —
17347Und dô der reine westirbar1
17348dise wort volante gar
17349vor dem prîstre vorgenant,
17350dî sprâche legte er zuhant
17351unde sêliclîch intslîf
17352in gote, ê der tac vorlîf. —
Wî sente Merienburc gebûwit wart.

[Dusb. III, 208.]

17353Dô unsirs herrin jâr vorvarn
17354zwelfhundirt darzû achzic wârn,      [1280
17355dô wart dî burc Zantîr genant
17356mit namin und mit stat vorwant,
17357want Mergenburc hîz man sî sît,
17358und bûwit sî dar, dâ sî nû lit,
17359wol lobelîch Marîen
17360der reinen wandils vrîen.
Wî ein gebît vorhert wart in Sudowin, daz hîz Crasim.

[Dusb. III, 209.]

17361Nû sach man meistir Manegolde
17362daz urloige, als er solde,
17363mit craft anhertin und vornunst,
17364des sîne vorderin begunst

--- S. 504 ---

17365hattin mit strîtindir hant
17366widir der Sudouwin lant.
17367Zusamin brâcht er in ein her
17368alle sîne macht mit wer,
17369dî er geleistin mochte dô,
17370und in daz lant Sudouwin zô
17371an unsir vrouwin tac Marîen,
17372sô man pfligit lîcht zu wîen,      [2. Februar
17373118 c    und der reise dâ gerît
17374zu Crasim in daz gebît,
17375daz er gar vorherte
17376und vîentlîch beswêrte
17377mit roube unde brande.
17378Ouch traf er dô Scomande,
17379der gegenôte houbitman,
17380und zu aschin im vorbran
17381alle sin gebuide.
17382Ouch vîng er dâ luide
17383unde slûc gesundirt
17384wol vumfzig unde hundirt
17385von wîben unde mannen.
17386Darzû vûrt er dannen
17387grôzin roub kên lande
17388von habe manchirhande.
17389Dô diz vorgenante her
17390solde nemen dî înkêr
17391zu Crasim in dî gegenôt,
17392dô wart iz, als daz vûgte got,
17393însprenginde vorirrit
17394und ein teil gevirrit
17395von einandir her und dar.
17396Hî dise schar, dort jene schar
17397zustrouwit rant alumme;
17398und in der selbin crumme
17399daz her daz lant so gar durchtreib,
17400daz unvorhert dâ nicht inbleib,
17401swaz ir ôt irbeite;
17402und in derselbin reite
17403irslagin wart der degin tuir
17404von Tapiow der cometuir,
17405der Beigir brûdir Ulrîch,
17406und als er ê pflac senin sich,
17407daz er nâch Cristô wurde wunt,
17408sus irgîng iz in der stunt;
17409want wundin an vîr endin,
17410an vûzin und an hendin,
17411118 d    dî vumfte zu dem herzin
17412im zu tôdis smerzin
17413gâbin dî Sudouwin.
17414Ouch sach man vorhouwin
17415vîr anderin daz lebin,
17416dî im dâ bî nebin
17417wârin hergesellin.
17418Sô wart von Lîbenzellen1
17419gevangin brûdir Lûdewîc
17420ûf derselbin reise stîc.

[Dusb. III, 210.]

17421Dirre brûdir Lûdewîc
17422von Lîbinzelle was ein zwîc
17423intsprozzin von edilre art
17424und von jugint ûf gelart
17425ûbinde strîtlîche tât,
17426dâvon er vil begangin hât
17427wundirs in menlîchir schicht,
17428als hernâch diz bûch vorgicht.
17429Und dô in sus der vîende craft
17430gevîng, er wart in bande haft
17431geantwortit Scomande.
17432Und want in der irkande
17433einen degin wesin
17434zu strîte ûzirlesin
17435unde im wol an manheit glîch,
17436des minte er in sundirlîch
17437unde in gerne bî im sach.
17438Dâvon ouch darnâ geschach,
17439daz Scomant einis solde varn
17440zu eime tranke, dâ ouch wârn
17441gesamnit in den zîtin
17442dî bestin Sudouwîtin
17443nâch des landis sitte,
17444unde nam in mitte
17445in vrûntlîchir gere,
17446swî er gevangin wêre.
17447Und in dem getrenke
17448wûchs ein sulch gezenke,
17449119 a    daz ein mechtig edelinc,
17450ein Sudouwît, an witzin linc,
17451Lûdewîge dâ betrûbete
17452mit worten, dî er ûbete
17453in smêhir wîse und in drô.
17454Dô sprach er zu Scomande sô:
17455›Hâstû durch den willin her

--- S. 505 ---

17456›mich mit dir gevûrt, daz der
17457›an mir wittre bôse wort,
17458›dâmitte er smêlîch mich bekort
17459›unde drouwe ûf mich treit?
17460Dô sprach Scomant ›In sichirheit
17461›salt dû wizzin, daz mir leit
17462›ist, waz er dir mûhe tût;
17463›und hâstû sô kûnen mût,
17464›daz dû dîn leit tarst andin,
17465›dir wirt bîgestandin
17466›von mir mit helfe sundir wân.‹
17467Und dô er diz irhôrte, sân
17468zukte er in zorne ein swert
17469unde slûc gar unvorvêrt
17470den Sudouwin vor in al,
17471daz er nam des tôdis val.
17472Unde nâch den stundin
17473wart er sint intbundin
17474von der gevencnisse bant
17475von eime knabin, den Scomant
17476zu gesinde hatte dô,
17477der ouch mit im dannen zô
17478und brâchte in sidir
17479zu den brûdrin widir.
Wî Scomant der Sudouwin houbitman sich bekarte.

[Dusb. III, 211.]

17480Der vorgenante Scomant
17481mechtig unde rîch irkant
17482was dort in Sudouwinlant
17483zu Crasim in der gegenôt,
17484dâ im ouch sô grôze nôt
17485119 b    der brûdre anvechtin bôt
17486in des urloigis zîtin,
17487daz er dâ nicht berîtin
17488mochte, sundir dannen vlôch,
17489mit vrûndin und gesinde zôch
17490unde mit allir habe
17491kên Rûzin sô hin abe,
17492dâ er ouch dâchte wonen
17493und vridelîch bedonen;
17494doch werte daz nicht lange;
17495want des ellendis bange
17496den mût im sô beswarte,
17497daz er widirkarte
17498in daz lant sînre gebort.
17499Und dô dî brûdre diz irhôrt
17500hattin, gar ân alle rû
17501strichin sî im abir zû
17502mit urloige alsam ê
17503und geworchtin im sô wê
17504mit strîtin und mit reisin
17505und manchirhande neisin,
17506unz er zu jungist sich irgab
17507den brûdrin und zu in her ab
17508mit alle sîme hûse vûr
17509und cristeningeloubin swûr,
17510in dem er ouch den touf intpfînc
17511und alliz, daz im anehînc.
Wî daz gebît Silien in Sudouwin wart vorhert und brûdir Lûdewîg andirweit wart gevangin.

[Dusb. III, 212.]

17512Nû geburt, als ich ê sprach,
17513daz man zu capitle sach
17514meistir Manegolde
17515zogin, als er solde,
17516durch einis hômeistirs kur,
17517als ir vornumin hât dâ vur,      [1282
17518dô er ouch bleib des lebins mat;
17519und dô er an dî reise trat,
17520119 c    der von Tîrberc, der dô was
17521marschalc, ein her zusamne las
17522von brûdrin unde luite vil.
17523Des heris menige in dem zil
17524zôch an sînir reite
17525manchir mîlin breite
17526und sô hin sich wande
17527kegn Sudouwinlande
17528in daz gebît zu Silien.
17529Dô sach man sî vortilien
17530alle daz gebûwe
17531beide alt unde nûwe,
17532daz dâ indirt was, mit brunst.
17533Ouch wîstin sî ir abegunst
17534an der ungetouftin dît,
17535der ir swert dâ vil vorschrît,
17536daz sî des lebins blibin ân,
17537und darzû den houbitman
17538irslûgin sî, der hîz Wadol;
17539und al ir hende roubis vol
17540nâmin sî von habe
17541und zugin sô her abe.
17542An dirre selbin reise1

--- S. 506 ---

17543von der Sudouwin vreise
17544wart der von Lîbinzelle
17545in des gerennis snelle
17546sô vêrlîchir wundin wunt,
17547daz sî in lîzin in der stunt
17548in dem snê dâ ligin
17549des lebins gar vorzigin.
17550Darnâch doch ûf in quâmin
17551Sudouwin, dî in nâmin
17552alsô kranc, als er dâ lac,
17553und hîngin in sam einin sac
17554ubir ein pfert dî twere
17555und in mit drabe swêre
17556vûrtin alsô dannin.
17557Daz schuttin und daz wannin1
17558119 d    daz blût im ûz dem lîbe twanc,
17559daz iz ûz den wundin dranc
17560bî stuckin, want iz itzunt was
17561gelibbrit2, und alsus genas
17562brûdir Lûdewîc der nôt:
17563andirs zwâr er wêre tôt,
17564als er selbe sint vorjach.
17565Und dô iz nû alsus geschach,
17566daz er, als ir hât vornumin,
17567in ir bant was abir kumin,
17568sî antwortin in sô hin
17569eime, der dâ undir in
17570der hôste was an wirde,
17571genennit Kantegirde,
17572daz in der solde haldin
17573und sîn mit hûte waldin.
Von brûdir Conrâde von Tîrberc dem zwelftin lantmeistere.

[Dusb. III, 214.]3

17574Dô meistir Manegolt gestarb
17575und des lîbis hî vortarb,      [1282
17576dô wart brûdir Conrât
17577der junge von Tîrberc gesat
17578zu meistre ubir Prûzinlant;
17579der zwelfte sô was er bekant
17580an dem amte und iz trûc
17581sechsthalb jâr hêrlîch gnûc.      [1282—1287
17582Dirre Conrât, als ich las,
17583dem meistre Conrâde was,
17584von dem gesprochin ist dâ vorn,
17585zu brûdre an geburt irkorn,
17586und hîzin beide von Tîrberc.
17587Dêswâr lobelîchir werc
17588habin sî bî irme zil
17589begangin mit urloige vil,
17590daz sî zu pfleg in allir craft
17591hantîrtin kegn der heidinschaft;
17592want sî wârin hellede
17593an menlîchir ellede
17594120 a    und got was mit in sundir wân.
17595Sus alliz, daz sî griffin an
17596mit urloige hî und dort,
17597daz gîng in wol nâch wunsche vort.
Wî dî burc Puttirberc zurgîng und dî Mewe wart gebûwit.

[Dusb. III, 213.]

17598Der herzoge von Pomerên,
17599hêr Swantopolc, von dem vorjên
17600sîn redde gnûc dâ vorne,
17601hatte vîr geborne
17602sune, dî er nâch im lîz.
17603Mestowîn der êrste hîz,
17604der ein gîsil was dâ vor;
17605sô hîz der andir Schambor;
17606Warcezlaw der dritte;
17607noch was dô einre mitte,
17608des nam ich nicht geschribin vant.
17609Der Warcezlaus vorgenant
17610lîz gar der werlde lûdir
17611und wart des ordins brûdir
17612des Dûtschin hûsis durch sîn heil,
17613dem er ouch den erbeteil
17614gab mit willin allin,
17615der im angevallin
17616was von des vatir herzoctûm,
17617daz iz ûf gotlîchin rûm
17618dâ êwiclîchin wêre
17619ein almûsin gewêre.
17620Und darnâch, dô Schambor gesach
17621sîn teil wesin alsô swach,
17622daz er dâvon nicht ebbin
17623noch hêrlîch mochte lebbin,
17624als sînre wirdekeit gezam,
17625zu den brûdrin er sich nam
17626von Prûzinlande, und den gab
17627sîn erbeteil, daz sî darab
17628im und dem gesinde sîn

--- S. 507 ---

17629zu schafne pflichtic soldin sîn
17630120 b    nôtdurft allirhande,
17631als man dô benande
17632nach vûge sînir wirde.
17633Daz selbe tet der vîrde;
17634und ûf daz dirre drîer gift
17635und der intscheidinheite stift
17636êwiclîchin hête
17637macht und blibe stête,
17638sô sach man ir iclîchin
17639sîn teil sundirlîchin
17640mit dem erbezeichin
17641dem meistre ûfreichin,
17642dem ordine iz lîginde
17643und sich gar vorzîginde
17644al des rechtis vurbaz mê,
17645daz sî daran hattin ê
17646und ouch mochtin hân darnâch
17647von dikeinir hande ansprâch
17648noch dikein nâchkumelinc.
17649Ûf dise vorgesprochnin dinc
17650sî brîve schrîbin lîzin
17651und dî vorsiglin hîzin
17652mit irin ingesigilin drîn,
17653und sî den brûdrin gâbin hin.
17654Dô diz Mestewîn vornam,
17655der drîer teile allintsam
17656des herzoctûmis vorgenant
17657er mit gewalt sich undirwant
17658und dî besaz vil manic jâr
17659widdir der brûdre wille gar
17660unz darnâch der rômische hof
17661gesante einen bischof,
17662der Philippus was genant,
17663zu Polênen in daz lant,
17664daz er dâ wêre ein legat,
17665vor dem dô brûdir Conrât
17666der lantmeistir regete
17667und in clage legete
17668120 c    daz unrecht, daz sô Mestowin
17669den brûdrin und dem ordne sîn
17670mit gewalt hatt ûfgeleit
17671an den drîn teilin vorgeseit
17672des vurstintûmis, dî in wârn
17673redelîchin vor den jârn
17674von den brûderin gegebin,
17675und ouch daz bewerte ebin
17676mit den brîven, dî dem ordin
17677wârn darûf von in wordin
17678zu êwigim gemache.
17679Und dô ûf dise sache
17680der legât dâ gehôrte
17681clage und antworte
17682von beidin disen partin,
17683er begonde wartin
17684und darûf wendin sînen sin,
17685wî er dî zwîtracht zwischin in
17686vridelîch berichte
17687und allin krîc geslichte.
17688Des wart iz ouch alsô gewant,
17689daz beide part in sîne hant
17690ire sache vûrtin
17691und daz willekurtin,
17692swî iz sîn wîsheit vûgete,
17693daz in daran genûgete
17694sundir alle widirwort.
17695Und dô alsô der meistir dort
17696der hantvestin sich vorzeich
17697und alle sîme rechte intweich,
17698daz er an Pomerênen hâte,
17699dô hôrte man von dem legâte,
17700daz er dî sach alsô intschît,
17701daz dî brûdre ein gebit
17702in Pomerênerlande,
17703daz man Wantzke nande,
17704behaldin soldin êwiclîch
17705und alsô solde minnenclîch
17706120 d    alliz krîgin zwischin in
17707vurbaz sîn gelegit hin.
17708Und dô diz was alsus volant,
17709dî brûdre griffin an zuhant
17710und brâchin abe des hûsis werc,
17711daz man hîz den Puttirberc,
17712und vûrtin daz gebuide dan
17713und dâvon ouch bûwtin sân
17714hin niddir ûf der Wîzlin vlût
17715eine andre burc vest unde gût
17716in daz vorgesprochne lant,
17717daz der legât vorgenant
17718in beschît zu êwe1,

--- S. 508 ---

17719und nantin iz dî Mêwe.
17720In unsirs hêrrin jârin,
17721dô der vorgangin wârin      [1283
17722achzig und zwelfhundirt
17723und drî darûf gesundirt,
17724wart dî burc gebûwit dar
17725und bleib dâ ligin manic jâr;
17726sint legte man sî bî dî stat,
17727dâ sî ouch unz huite stât.
Wî ein teil Samelandis wart gehert.

[Dusb. III, 215.]

17728Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
17729zwelfhundirt drî und achzic wârn,
17730dô sach man bî wintirzîtin
17731zîn wol achtehundirt rîtin
17732von Littouwin durch ir erge
17733ubir dî kûrische Nerge.
17734In Samelant ir vart gerît,
17735dâ sî vorhertin zwei gebît,
17736dî alsus namin hêtin:
17737Pobêtin unde Bêtin,
17738neminde dâ grôzin roub.
17739Mit brande wantin sî in stoub
17740alle daz gebuide;
17741ouch cristinlîchir luide
17742irslûgin sî gesundirt
17743wol vumfzig unde hundirt
17744121 a    unde quâmin umbestân
17745und ungemûhit gar von dan,
17746daz von sulchir sache quam:
17747dô der meistir ê vornam
17748dî Littouwin kumftic1,
17749er hatte wol vornumftic
17750zusaminbrâcht ein michil her
17751haldinde kegn in lantwer;
17752und dô er sus dî lâge
17753gehîlt etslîche tage
17754und dî zît wol was volant,
17755in der sî von Littouwinlant
17756mochtin her sîn kumin
17757und doch nicht vornumin
17758wart mit ganzin mêrin,
17759wâhin gekart sî wêrin;
17760daz her vordrôz des legirs dâ;
17761des lîz er sî zurîtin sâ
17762iclîchin hem in sîn gemach;
17763und darnâch alsô diz geschach,
17764dô sprengtin sî des morgins vrû
17765unde tribbin grôze mû
17766dem vorgenantin lande zû,
17767als ir vornumin habit nû.
Wî daz Nûwe huis wart gebuit ûf der kûrischin Nerge.

[Dusb. III, 216.]

17768Dô dirre schade was irgân,
17769dô besach der meistir sân
17770dî vart des heris vorgenant,
17771und dî selbin wege vant
17772sô toug und sô vorborgin,
17773daz er des was in sorgin,
17774daz in kunftigin vristin
17775zu Samelant dî cristin
17776vorladin abir wurdin
17777mit semelîchin burdin,
17778unde bûte ungespart
17779ûf der kûrschin Nerge vart
17780121 b    einre vestin burge cluis,
17781dî wart genant daz Nûwe huis,
17782gelegn ûf der gesalznin sê,
17783ûf daz dî dît nicht mochte mê
17784umbesên dî wege kumin
17785Samelande zu unvrumin.
Wî Kimenow daz huis wart gewunnen und sechzênhundirt Sudouwin bekart.

[Dusb. III, 217.]

17786Nû wante meistir Conrât2
17787darûf sînre witze rât
17788und alle sînre sinne macht
17789trachtinde tag unde nacht,
17790wî er dî vînde gotis,
17791dî êchtêr sîns gebotis,
17792dî vrechin Sudouwîtin,
17793mochte in sînen zîtin
17794brengin ûz ir irrekeit
17795zu des geloubin reinekeit.
17796Darnâch stête ranc sîn mût;
17797des er ouch dô zusamne lût
17798brûdre unde volkis vil,
17799mit den er reiste in dem zil

--- S. 509 ---

17800sô hin kegn Sudouwin.
17801Nû wart er aldâ schouwin
17802ûf der reise stîge
17803brûdir Lûdewîge
17804von Lîbinzelle im keginvarn
17805ummegebin mit vil scharn
17806von mannin und von vrouwin
17807sô her von Sudouwin.
17808Dâ was mitte Kantegirt,
17809der in hatte dort bewirt
17810in bandin im geundirt,
17811und wol sechszênhundirt
17812mensche heidenischir art,
17813dî er allintsam bekart
17814von irretûme hatte
17815zu des geloubin pfatte
17816121 c    mit lêre, dî er an sî maz,
17817dî wîle er gevangin saz.
17818Und dô der meistir wart gewar
17819beide sîn und ouch der schar,
17820er wart vrô, unmâzin vrô,
17821daz iz kumin was alsô,
17822daz er den brûdir solde sên
17823und daz von gote was geschên
17824dî wandelunge an der dît,
17825und vil lîblîch in beschît
17826zu varne vort kegn Samelant,
17827dâ ir der brûdir vorgenant
17828pflegin solde mit vornumft
17829unz zu sînir widirkumft.
17830Sus dô der meistir vor sich zouch
17831sprenginde des morgins ouch
17832zu Kimenow in daz gebît,
17833dâ er vur eine burc gerît,
17834dî ouch Kimenowe hîz,
17835und daran mit sturme stîz
17836sô vîentlîchin und sô hart,
17837daz der burcluite part
17838nicht mê zu tûne westin,
17839wen gâbin ûf dî vestin
17840dinginde doch abe
17841den lîb und ouch dî habe
17842und gelobinde dâmit,
17843daz sî âne widirtrit
17844sich woldin lâzin toufin
17845und von in sloufin
17846allis ungeloubin vlûr1.
17847Diz ir iclîch veste swûr
17848mit eidin swî er mochte hô;
17849darûf ouch der meistir dô
17850in gab einin leitisman,
17851der sî vûrin solde dan
17852hin kegn Samelande2
17853unde selbir wande
17854121 d    sich vurbaz in dî gegenôt
17855machinde manch vûgir rôt,
17856und dâ er sô vil zusamne treib,
17857daz ôt nicht dâ habe bleib,
17858darnâch er dannen kêrte;
17859und an der widirverte
17860hôrte man im duitin
17861von genen burcluitin,
17862als er ouch daz zeichin vant,
17863daz sî den leitisman geblant
17864hattin unde sich gewant
17865sô hin kegn Littouwinlant.
17866Abir brûdir Lûdewîc3
17867mit den sînen âne krîc
17868wol kegn Samelande quam,
17869dâ sî ouch sînt allintsam
17870in unsirs hêrrin namin
17871an sich dî toufe nâmin.
Wî brûdir Friderîch Holle mit drîzic mannen wart geslagin.

[Dusb. III, 218.]

17872In des selbin jâris strich
17873reiste brûdir Friderîch,
17874den man nannte Holle,
17875mit hundirt rîtin volle;
17876von Brandinburc nam er dî vart
17877sô hin kegn Sudouwin wart,
17878dâ er zu Kirsnouwin quam
17879in daz gebît und dô ûfnam
17880roubinde vil habe.
17881Und dô er sich her abe
17882mit dem roube wante,
17883dî dît in ubbirrante

--- S. 510 ---

17884ûz der selbin gegenôt
17885unde slûgin in dâ tôt
17886wol mit drîzic mannen;
17887dî andrin vluhin dannen.
17888In des selbin strîtis dram
17889ûf brûdir Friderîche quam
17890122 a    vîentlîch gerittin her
17891ein sudouwisch wêpenêr,
17892kegn deme er sich ouch irwac
17893unde gab im einin slac
17894mit dem swerte ûf den nac
17895sô hart, daz er dâvon gelac
17896mitsamint dem pferde
17897niddir ûf dî erde,
17898unde bleib doch unvorwunt
17899und unvorsêrit in der stunt
17900von dem sô swindin slage
17901nâch sînes selbis sage,
17902als er bekante nâch dem zil
17903und andirre Sudouwin vil,
17904di mitte hîldin ê den strît,
17905dô sî sich bekartin sit.
17906Von disme Friderîche
17907hab vornumin iche,
17908daz er vleischlîchir arde
17909wêr brûdere Marquarde
17910von Revelingin angeborn
17911und zu brûdre im irkorn.
Wî Sudouwinlant wart vorwûstit.

[Dusb. III, 219.]

17912Urloigis unde strîte vil
17913âne zal und âne zil
17914kegn Sudouwin sîn geschên,
17915der mich allir zu vorjên
17916und zu schrîbene bevilt;
17917des blîb dî rede sus bezilt,
17918dî ich darum vorbere;
17919want alle lange mêre
17920gewêr odir ungewêre
17921zu hôrne sint ummêre
17922vil nâch allin luitin;
17923des wil ich nû beduitin
17924in kurzir worte boige1,
17925wî daz selbe urloige
17926zuletst ein ende hête.
17927122 b    Ein edil man, Gedête,
17928mechtig unde rîch irkant,
17929wonte in Sudouwinlant
17930zu Kimenow in dem gebît,
17931unde was der selbin dît
17932hergrêve und ein houbit.
17933Dô der sach betoubit,
17934vorterbit und vornichtit gar
17935dî lant alumme her und dar
17936unde merkte sundir wân,
17937daz er nicht mochte widirstân
17938den brûdrin noch irlîtin
17939sô oft ir ubirrîtin;
17940al sîn huis er an sich nam
17941und dî luite allintsam,
17942dî im dâ wârn geundirt,
17943der was wol vumfzênhundirt
17944von wîbin unde mannen,
17945unde zogte dannen
17946zu den brûdrin in der zît,
17947dâ er ouch dî toufe sît
17948mit in allintsamin
17949intpfîng in gotis namin.
17950Abir Scurde, der dâ rît
17951ubir dî sudowsche dît,
17952der noch dâ bleib ein michil teil,
17953vorsmête gar der toufe heil
17954und mit den selbin ouch
17955sô hin kên Littouwin zouch,
17956dâ er ist mit in geschant.
17957Alsus daz vorgesprochne lant
17958zu Sudouwin sint belac
17959wûste unz an disen tac.
Waz genâde den geschît, dî von der hei­denschaft zu dem geloubin kêrin.

[Dusb. III, 220.]

17960Nû mochte îman vrâgin
17961und im bittin sagin,
17962welchirleie wesin
17963122 c    den luitin sî irlesin,
17964dî von ungeloubin lân
17965und cristinlîchin touf intpfân
17966dâ in Prûzinlande
17967und in welchir hande
17968wîse sî dâ haldin

--- S. 511 ---

17969dî brûdre, dî ir waldin;
17970dem mac sus antwortin ich,
17971daz mit in barmherziclîch
17972dî brûdre werbin alle zît
17973nâch dem, daz ir achte lît:
17974den edlin man vor edil hât,
17975swî daz wil an im der grât,
17976darûf er mit geburte stât,
17977und in bescheidinlîch belât
17978mit vrîes erbis alsô vil,
17979daz er dâvon alle zil
17980wol lebin mag als im gezimt;
17981den unediln man ouch nimt
17982dâ nâch sînre wirde
17983unde zu genirde
17984dînstlîch erbe im vorleit
17985nâch des landis gewonheit.
17986Sus helt man eddil und unvrî
17987in Prûzinlande, iz insî,
17988daz iqueddir siddere
17989im hôge odir niddere
17990daz recht mit sînen werkin,
17991daz ir alsô sult merkin:
17992ob ein gebûwir hât den mût,
17993daz er den brûdrin trûwe tût
17994und sich in nôt in wîsit
17995sô, daz sîn tât in prîsit,
17996man edilt in und machit vrî.
17997Hî prûvit von dem edlin bî:
17998ob er untrûwlîch wirbit,
17999sîn adil gar vortirbit
18000und alle sîn gevrîet recht,
18001122 d    daz er mûz sîn ein eigin knecht.
18002Des nemt ein zeichinunge
18003an der vornoigîrunge,
18004darîn sich manchir handilte,
18005daz sich sîn art vorwandilte,
18006genre ubil, dirre wol,
18007als ich daz bescheidin sol.
18008Manche, dî dô edil wârn
18009und ir eldirn vor den jârn,
18010vorbôstin sich mit meine
18011kegn dem geloubin reine
18012unde kegn den cristin,
18013daz sî nâch den vristin
18014und noch huite ire kint
18015gehaldin vor gebuire sint.
18016Sus wart ir adil dô vorstûrt.
18017Ouch manch gebûwir an geburt
18018schûf iz kegn den brûdrin dô,
18019daz sî an adle in sô hô
18020und an vrîheit hân irhabin,
18021daz êwiclîch sî erbin habin
18022adil und hêrschaft dâvon.
18023Sus nimt iclîchir dâ sîn lôn,
18024der arge arc, der gûte gût,
18025nâch dem, als ir iclîchir tût.
Eine zûredde.
18026Hî endit sich Sudouwin;
18027nû sulle wir Littouwin
18028mit urlouge ouch bestân;
18029doch ê wir daz grîfin an,
18030sô sul wir hî inzwischin
18031ein teil geschichte mischin,
18032dî bin der vorloufnin zît
18033in der werlde manchir sît
18034von grôzin hêrrin sîn geschên,
18035als wir dî wârheit hôrin gên.

[Dusb. IV, 57.]

18036In unsirs hêrrin jârin,
18037dô der vorgangin wârin
18038123 a    tûsint und zweihundirt
18039und darûf gesundirt
18040sibbinzig unde vîre,      [1274
18041dô sach man dort mit zîre
18042den zêndin pâbst Gregôrium
18043haldin ein concilium
18044zu Lugdûne in der stat,
18045in dem der pâbist helfe bat
18046tûn dem heiligen lande,
18047daz in der zît leit ande
18048von den Sarrazînen grôz;
18049ouch sich dâ widdir in dî schôz
18050der heilgin kirchin vîldin
18051dî Krîchin, dî sich spîldin
18052ê dâvon durch sach ein teil.
18053Sô sach man um der sêlin heil
18054ouch dâ der Tartrin botin
18055vorsachin den abgotin
18056und intpfân dî toufe
18057nâch cristinlîchim loufe. —

[Dusb. IV, 58.]

18058Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
18059zwelfhundirt sibinzic vunfe wârn,
18060dô wart ein pâbst genennit sus

--- S. 512 ---

18061der vîrde Innocencius,
18062und Rûdolf gewêre
18063was kunic der Rômêre,

[Dusb. IV, 59.]

18064der in des selbin jâris vart
18065an sîme eldstin sune wart
18066betrûbit alzu harte;
18067want dô der widirkarte
18068und gesigit hatte an
18069dem grêvin von Sabaudian
18070gar nâch al dem willin sîn,
18071dô vortranc er in dem Rîn. —

[Dusb. IV, 60.]

18072Dô sibinzic und zwelfhundirt jâr
18073und darûf sechse wârin gar      [1276
18074von Cristis geburt vorgân,
18075dô wart der vumfte Adriân
18076123 b    zu Rôme hôeste bischof;
18077sô hîlt Rûdolf des rîchis hof,

[Dusb. IV, 63.]

18078den man ouch in den zîtin
18079mit creftin sach bestrîtin
18080der Bêmin kung Ottackere
18081und den ouch ûf dem ackere
18082der walstat tôt vellete      [1278. 26. Aug.
18083und darnâch gesellete
18084dî tochter sîn durch sûne
18085kunig Ottackeris sune
18086nâch êlîchim rechte.
18087Ouch gab er dô Albrechte
18088sîme sune erbelîch
18089daz herzoctûm zu Ôstirrîch.      [1282 u. 83
18090Den Albrechte man darnâch
18091ouch rômisch kunic wesin sach. —

[Dusb. IV, 61.]

18092In des selbin jâris vart      [1276
18093von bischofe Albrechte wart
18094zu Pomezênin ûzgesat
18095Risinburc huis unde stat. —

[Dusb. IV, 64.]

18096Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
18097zwelfhundirt unde sibinzic wârn
18098ouch sibene dâmitte,
18099dô wart gekorn der dritte
18100pâbist Nicolaus;
18101sô rîchzete Rûdolfus.
18102In dem jâre daz geschach,
18103daz man zu Rôme wachsin sach
18104Tiberim daz vlîz sô grôz,
18105daz iz an hôhe ubirdôz
18106den altir bî vîr vûzin
18107Marîen der vil sûzin
18108in der kirchin, dî man dâ
18109nennin pflît Rotundâ. —

[Dusb. IV, 65.]

18110Dô achzig und zwelfhundirt jâr
18111von gotis geburt vorlîfin gar,
18112dô wart gemachit offinbâr
18113der lîcham der vrouwin clâr
18114123 c    Marîen von Magdalô.
18115Das geschach von Karulô,
18116der kunic zu Salerne dô
18117was und darnâch wart vil hô
18118kunig in Ceciliâ. —

[Dusb. IV, 66.]

18119Sô starb ouch in Coloniâ
18120in des selbin jâris reistir
18121Albertus der grôze meistir. —

[Dusb. IV, 67.]

18122Ouch in dem selbin jâre
18123begonde offinbâre
18124der heilige hêrre sente Jôst
18125den betrûbtin gebin trôst
18126mit zeichinlîchin wundirn,
18127dî man in besundirn
18128sach genêdiclîchin wirkin
18129in der Pomezênschin kirkin. —

[Dusb. IV, 68.]

18130Nâch unsirs hêrrin jârin
18131dô der vorgangin wârin
18132zwelfhundirt achzic darzû ein,      [1281
18133dô wart irwelt ein degin rein
18134an pêbistlîche wirde
18135genant Mertîn der vîrde;
18136dennôch Rûdolf vorgenant
18137rômisch kunic was irkant.
18138In des selbin jâris swanc,
18139dô der hornunc hîlt den ganc,      [Februar
18140in dem mere wart ein visch
18141gevangin lebind und vrisch
18142nicht verre von dem lande,
18143daz man Cecilien nande.
18144Der visch geformit ewin
18145was nâch eime lewin;
18146dar quâmin hovelûte vil
18147daz wundir schouwin in dem zil,

--- S. 513 ---

18148want iz was zumâle ruich;
18149houbit, zagil, rucke, buich,
18150kurze vûze, orn, munt,
18151zunge, zene, alliz stunt
18152123 d    als eime lewin im geschickt.
18153Sî jâhin, dô iz wurde bestrikt
18154und gevangin, sich intsûb,
18155daz iz ein geschrei irhûb
18156mit sô grûwsamir stimme
18157in clegelîchim limme,
18158daz dâvon gnûc luite
18159kunftigir dinge duite
18160nâmin, als ein teil irgî.
18161Dî Panormitanî
18162kurzlîch darnâch mit unzucht,
18163als sî twang ir tobesucht,
18164al dî Walhin sterbitin
18165unde mortlîch vorterbitin
18166jung und alt, wîb unde man,
18167dî sî indirt quâmin an
18168und bî in dâ wontin.
18169Nicht sî joch inschôntin.
18170Vunden sî der Walhin wîb,
18171den dâ swangir was der lîb,
18172dî sîtin sî in snittin ûf
18173durch ire tobelîche gûf
18174tôtinde dî barin,
18175ê sî zur werlde wârin
18176von den mûterin geborn.
18177Disin lestirlîchin zorn
18178ûbtin sî zu smâheit
18179Karle dem kunige vorgeseit. —

[Dusb. IV, 69.]

18180Ouch sach man in des jâris vart
18181dî Tartaren kegn ôstin wart
18182mit deme soldâne strîtin
18183und im in den zîtin
18184der Sarrazînen abeslân
18185mê wan vunfzic tûsint man;
18186dô er sich widirkoberte
18187und mit strîte in obirte
18188sô, daz sî griffin an dî vlucht;
18189und in der selbin abezucht
18190124 a    wol drîzic tûsent gelâgin
18191der Tartarin irslagin.
Von brûdir Burgharde von Swanden dem nûndin hômeistre.

[Dusb. IV, 70.]

18192Brûdir Burghart von Swandin,
18193den wir dâ vor ouch nandin,
18194was in der zît hômeistir,
18195der nûnde an dem reistir.
18196Der vûr kegn Akirs ubir mer
18197mit vîrzic brûdrin zu wer
18198und zu hulfe der stat,
18199dî dô michil nôt antrat,
18200want sî was belegin
18201von des soldânis wegin
18202crefticlîchin in den jârn.
18203Und dô dî hêrrin, dî dâ wârn,
18204sîne kunft vornâmin,
18205in vroide grôz sî quâmin,
18206want sî dûchte, daz dî nôt,
18207dî sich in mit vreisin bôt,
18208gar solde werdin mate
18209von sînes trôstis râte,
18210den sî sundir zwîvils wân
18211an sînre wîsheit hoften hân
18212kegn der vîende prangin,
18213dâmit sî wârn bevangin.
18214Hîvon ouch al dî stat gemein,
18215rîch und arm, grôz unde klein,
18216swî sô was ir lebin
18217begebin und unbegebin
18218sînre zûkumft wârn gemeit,
18219alsô daz al dî pfafheit,
18220dî indirt dâ zu Akirs was,
18221mit vroidin sich zusamne las
18222und leitin an mit prîse
18223nâch hôchzîtlîchir wîse
18224iren bestin ornât;
18225sô dî burger von der stat
18226124 b    dî gazzin zîrtin her und dar
18227mit rîchin tûchin manchir var
18228und alsô mit grôzir zucht
18229in manchir lobelîchin trucht
18230mit kerzin, heilictûme,
18231nâch wirdeclîchim rûme
18232dem meistre kegingîngin
18233und in vrôlîch intpfîngin
18234und mit gesange schône
18235in der processiône

--- S. 514 ---

18236in brâchtin zwâr mit grôzin êrn
18237unz in daz hûs der dûtschin hêrn;
18238darnâch sich daz volk zulî
18239und iclîch heim zu hûse gi. —
18240Nun weiz ich, welchirleie geist
18241leite mit râtis volleist
18242den meistir, von dem ich sage;
18243wen darnâch an dem drittin tage
18244er dâ ein capittil hîlt
18245mit sînin brûdrin, der er wîlt,
18246und gab ûf vor in allintsamt
18247aldâ der meistirschafte amt
18248ân allin widirhâkin.
18249Der schicht vil sêr irschrâkin
18250dî brûdre unde bâten in,
18251daz er lîze sulchin sin
18252und des amtis pfleg als ê.
18253Nicht karte er sich an ir vlê,
18254des ouch dî rede wît irschal,
18255der dî hêrrin ubir al
18256betrûbit wurdin starke,
18257dâvon der patriarke
18258nam an sich manchin hêrrin grôz,
18259beide vurstin und ir genôz,
18260und in bâtin lûtirlîch
18261durch got, daz er vorsinne sich,
18262des amtis nicht gelôste
18263den cristnin zu untrôste.
18264124 c    Und dô dî bete nicht vorvî,
18265dô vîlin vur in ûf dî knî
18266in trûreclîchir leide
18267dî hômeistre beide
18268sente Jôhannis spittelêre1
18269und des ordins der Templêre2
18270in bittinde vlêlîch durch got,
18271daz er dî manicvalde nôt
18272gerûchte ansên der cristin,
18273dî sî in den vristin
18274dâ lidin von der heidinschaft,
18275und daz amt der meistirschaft
18276widir an sich nême;
18277want im nicht gezême,
18278swaz er nû andirs tête.
18279Nu sêt, der allir bete
18280in sînen orin was sô toub,
18281daz er joch vurbaz nam urloub,
18282ableginde des ordins cleit
18283des dûtschin hûsis vorgeseit
18284und vûr nâch den zîtin
18285zu den Johannîtin,
18286daz er an dem pâbst irwarb,
18287unde bî in ouch irstarb.
18288Doch hôrte ich, ê er sturbe,
18289daz er widir wurbe,
18290um des dûtschin ordins wât,
18291daran sîn bete wart vorsmât,
18292want er in ê unbillîch lî. —
18293Sus hab dî rede ein ende hî,
18294und sprechin von der crônkin mê,
18295dâ wir sî hân gelâzin ê.
Hî beginnet das urloige kên den Littou­win.

[Dusb. III, 221.]

18296Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
18297zwelfhundirt drî und achzic wârn      [1283
18298und vorloufin wârin hin
18299von des urloigis begin
18300124 d    der brûdre kegn der Prûzin schar
18301wol drî unde vumfzic jâr,
18302und man in allin Prûzinlant
18303nicht ein einic mensche vant,
18304der der cristinheit inper
18305und dem geloubin widirwêr,
18306dô nâmin vurbaz ouch den suis
18307dî brûdre von dem dûtschin huis
18308mit urloigis creftin
18309und begondin heftin
18310sich an der Littouwin dît,
18311dî von in daz wazzir schît,
18312daz man dî Memle nennit,
18313dî heidin sîn irkennit,
18314des lîbis grôz, starc unde risch,
18315mûtis kûne, zangir, vrisch
18316zu strîte, darzû swinde;
18317want sî ûf von kinde
18318sich daran ûbin alle zît.
18319Ir lant sîn grôz, lang unde wît
18320und habin unzellîche kraft.
18321An dî mechtige heidinschaft
18322hûbin sich dî brûdre dô
18323und begondin des alsô.

--- S. 515 ---

Wî Bisen dî burc zu Littouwen wart ge­wunnen.

[Dusb. III, 222.]

18324Der meistir brûdir Conrât
18325von Tîrbere, den ir ofte hât
18326gehôrt nennin vor dem zil,
18327vaste an sich brûdre vil
18328und von volke ein michil her,
18329mit den er reisinde dî kêr
18330nam wintirzît zu îse
18331ubir dî Memil lîse
18332zu Littouwin in daz lant
18333vor ein hûs Bisin genant,
18334dem er trat mit sturme zû
18335und iz von dem morgin vrû
18336125 a    unz hin ûf den mittintac
18337ân undirlâz anvechtin pflac
18338sô vîntlîchin und sô hart,
18339daz iz der Littouwin part
18340sêre was vordrozzin,
18341want ir vil irschozzin
18342wurdin unde tôtlîch wunt;
18343ouch sî dâwidir in der stunt
18344der cristnin vorsêrtin gnûc.
18345Sô lange sich das wechsil wûc,
18346unz doch dî brûdre mit craft
18347an in wurdin sigehaft
18348dî burg in abgewinnende
18349und sî zu aschin brinnende.
18350Der dît, dî dâ wart vundin,
18351wart ein teil gebundin
18352und gevangin brâcht her dan;
18353daz andre sach man sî irslân.
18354Nû hât der meistir ê gesant,
18355dô dî vestin was berant,
18356des heris eine rote
18357in dî gegenôte
18358alum dî burc gelegin,
18359dî sî allirwegin
18360irsûchtin und durchrantin,
18361vorhertin und vorbrantin
18362und grôzin roub dâ nâmin,
18363dâmit sî widir quâmin
18364und zogin dâ kegn lande wart.
18365In der selbin herevart
18366gîngin dem meistre abe
18367vîr brûdir und ein knabe,
18368dî, als sî gewâpint wârn
18369sitzinde ûf irin marn,
18370durch daz îs însunkin
18371und alsô vortrunkin
18372in dem wâge Mimele.
18373Dî habe got zu himele!
125 b    Wî Garten dî burc wart vorterbit.

[Dusb. III, 223.]

18374Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
18375zwelfhundirt vîr und achzic wârn,      [1284
18376der selbe meistir Conrât,
18377der nî wart urloigis sat
18378kegn den ungetouftin,
18379schûf, daz sich behouftin
18380dî sînin abir mechtic,
18381und mit den eintrechtic
18382zu leitismanne nande
18383den Sudouwin Scomande
18384und alsô dô kartin
18385kegn der burc zu Gartin.
18386Nû was daz in dem summir,
18387sô daz sî âne kummir
18388sich durch dî Mimle nâmin;
18389und dô sî ubirquâmin
18390und daz hûs wart berant,
18391der meistir ordinte zuhant
18392dî mit dem geschutze,
18393dâ sî wârin nutze,
18394unde hîz dî anderin
18395an dî vestin wanderin
18396unde leitrin legin an.
18397Dâ wart ein sturmin und ein slân
18398in sô swindir vreise,
18399das iz wêr ein eise
18400gewesin, des ich wol mac jên,
18401blôdin herzin anzusên;
18402want dise bûzin stigin
18403und mit kreftin krigin
18404ûfwart kegn den zinnin,
18405sô jene dort inbinnin
18406menlîch strebtin widir
18407werfinde hernidir
18408in werlîchim donen
18409pfile, steine, ronen1;
18410dâbî sî vreislîch schuzzin;
18411125 c    des sî nicht vil genuzzin,
18412want man ouch zu der wîle,
18413in sante pfîl kegn pfîle.

--- S. 516 ---

18414Sô lange tribin sî daz spil,
18415unz daz ir ummâzin vil
18416wurdin wunt ûf beidir sît.
18417Doch zu jungist, dô iz zît
18418dûchte gotis gûte sin,
18419dô lîz er den kempfin sîn
18420sulche hulfe werdin schîn,
18421daz sî gewaldic brâchin în
18422und dî burg irstrittin.
18423Dêswâr dô wart vorsnittin
18424manic heidin in den tôt.
18425Doch der meistir dâ gebôt,
18426daz man dî wîb vîng unde kint
18427und dî dannen brâchte sint.
18428Ouch man dî burc vorbrante,
18429und dô sich diz volante,
18430der meistir dannen sande
18431vurbaz mit Scomande
18432wol tûsint und achthundirt man
18433in dî gegenôte dan,
18434dî zu Gartin hôrte,
18435dî ouch Scomant zustôrte
18436und allirwegin machte toub
18437stiftinde brant unde roub;
18438ouch slûgin unde vîngin1 vil
18439der uncristnin in dem zil;
18440und darnâch quâmin widir
18441zu dem here sidir
18442mit ummezlîchir habe
18443und zogtin dô her abe
18444heim mit vroidin in ir lant.
18445In dem gebîte vorgenant
18446ein Barte wart geslagin,
18447der ê vor den tagin
18448gevlohin was von Pogezên,
18449dô, als ûch ist dâ vor vorjên,
18450125 d    dî dît sich hatte missetîrt2
18451und zu dem letstin vornoigîrt,
18452want er was der hôstin ein,
18453dî dô tribin an den mein
18454mit valschheit ungehuire.
18455Ouch er dî comentuire
18456von Cristburg und von Elbinc
18457dô mit irme gesinde vînc
18458und iren capellân irhînc.
18459Nû mugt ir hôrin, wî iz gînc
18460dem selbin vorrêtêre
18461sô arc, sô ungewêre,
18462und was geschicht sich im irbôt.
18463Dô er lac besulwit tôt
18464in sînis blûtis sudde,
18465dô quam ob in sîn rudde
18466nicht râminde der wundin,
18467der er gnûc offin vundin
18468hette an im in den zîtin,
18469sundir der linkin sîtin;
18470dâ beiz er în mit grimme
18471in grêzlîchir stimme
18472vast allumme gnarrinde
18473und doch dî wîle zarrinde
18474des vleischis von dem lîbe gnûc.
18475Sô lange grûb er unde gnûc,3
18476unz er im den lîb durchbeiz.
18477Darnâch er im daz herze ûzreiz,
18478daz sô manche valsche list
18479gerichtit hatte vor der vrist,
18480und iz vraz nâch hungirs pflicht
18481den cristenin zu angesicht,
18482dî alumme jaitin dar
18483und des wundirs nâmin war.
Von Scomandin tôde.

[Dusb. III, 224.]

18484Nû sêt, wî wundirlîch kan got
18485nâch sînre tuginde gebot
18486sîne geschefde handelin
18487126 a    und wî er wil vorwandelin.
18488Daz sprech ich bî Scomande,
18489den ich dâ vor ûch nande.
18490Den sach man ê vorvolgin
18491in vreise gar irbolgin
18492mortlîch dî reine cristinheit;
18493daz was nû alliz hin geleit
18494von gotis wandelâte,
18495sô daz der helt mit râte
18496und mit alle sînre macht
18497um des geloubin êre vacht,
18498und als er den ê hirmete,
18499sus er in nû beschirmete

--- S. 517 ---

18500und was den cristenin getân
18501ein vil getrûwe leitisman
18502widir dî gotis vîande.
18503Des wolde ouch got Scomande,
18504hî vur diz brôde lebin
18505ein immirwerndiz gebin
18506und von hinnin zuckin;
18507des wart in niddirdruckin
18508ein sûche, dî sô lange
18509in hîlt in ir getwange
18510unz der tôt im nâhete.
18511Vil sêre er dô gâhete
18512nâch den sacramentin
18513cristinlîchir rentin,
18514daz er dâmitte wurde bedâcht,
18515und dî intpfîng ouch mit andâcht
18516in sô grôzir innekeit,
18517daz sîn der prîstir wart gemeit
18518zur Balge brûdir Conrât
18519und im Scomande sagin bat,
18520ob er vor der toufe pflicht
18521mit dînste hette lobis icht
18522gote î dirbotin,
18523darum er in berôtin
18524hêt an des geloubin stift
18525126 b    mit so genâdinrîchir gift,
18526alse er nû an im sach
18527und ouch sîn lebin vor bejach.
18528›Nein zwâr,‹ sprach er, ›ich inhân
18529›ûf erdin gûtis nicht getân,
18530ݐ den ich wart ein cristin;
18531›wen zu einin vristin
18532›wir kegn Polênin reisetin
18533›und dâ sêre vreisetin
18534›an der armin cristinheit;
18535›dô sach ich zwâr, daz mir was leit,
18536›ligin ûf der erdin
18537›besulwit mit unwerdin
18538›ein vil zartiz bilde,
18539›daz dî heidin wilde
18540›inzwei hattin gehouwin.
18541›Marîen, unsir vrouwin,
18542›was daz bild, als ich nû spehe,
18543›wen iz pflag ein kindil wêhe
18544›ûf dem arme haldin.
18545›Daz bild alsô zuspaldin
18546›hûb ich ûz dem pfochte1
18547›und, wî ich reinste mochte,
18548›sô wischt ich iz mit mînre wât,
18549›unde satzt iz an ein stat,
18550›dâ sînre werdekeit gezam.‹
18551Und dô dî red ein ende nam
18552Scomant an Marîen rîf
18553und dâmit er in got intslîf.
Wî dî Bartin widir intpfangin wurden und vil Littouwin geslagin.

[Dusb. III, 225.]

18554Nû sach man wonen Bartin
18555in dem gebîte Gartin
18556und der was ein michil schar,
18557dî intwichin wârin dar
18558von Pogezênin mit der vlucht
18559nâch der vornoigîrung unzucht,
18560darzû sî schuntte ir unheil.
18561126 c    Der selbin Bartin was ein teil
18562gezogit mit Littouwin hin
18563kegn Polênen durch gewin,
18564ê den dî brûdre reisetin
18565kegn Gartin und daz neisetin,
18566als ich dâ vor gesprochin hân.
18567Und dô dî brûdir widdir dan
18568kegn lande zugin, dô geschach,
18569daz man dî zwêne Bartin sach,
18570Dirskin unde Numin,
18571nâch dem here kumin,
18572dî ouch aldâ irbâtin,
18573daz man sî zu genâtin
18574und zu huldin widir nam,
18575darzû dî Bartin allintsam,
18576dî sich vorbôsit hattin ê,
18577als ich gesprochin habe mê,
18578unde gab in widir sint
18579ire wîb und ouch ir kint.
18580Dô dise dinc vorquâmin
18581dem vogite der Samin,
18582im missehagetin dî mêr
18583unde dûcht in ungewêr,
18584daz man sô lichticlîch vorslûc
18585irin êrstin ungevûc,
18586want er angist hâte,
18587daz abir mit untâte
18588dî dît dem lande wurde
18589ein ungehebe burde,

--- S. 518 ---

18590als iz ouch darnâch irgî.
18591Doch man daz alsô blîbin lî,
18592als iz was mit in bericht;
18593des îltin sî ouch hin gericht
18594und quâmin zu dem here,
18595daz an der widirkêre
18596quam von Polênen strîchin,
18597und dâ heimelîchin
18598intschidin unde duitin
18599126 d    den Bartin, irn lantluitin,
18600wî iz zu Gartin was gewant
18601um dî burg und um daz lant,
18602waz von den brûdrin was geschên.
18603Darnâch wurden sî ouch jên,
18604wî daz sî in irbetin
18605an den brûdrin hêtin
18606genâde unde hulde
18607und daz al ir schulde
18608kegn den cristnin wêr zustôrt.
18609Und dô dise mêr irhôrt
18610hatte dî Bartische dît,
18611ir vreidigir mût in rît,
18612daz sî dî Littouwin,
18613dî dâ mit in zouwin,
18614machtin gar des lebins toub
18615unde sô her dô den roub
18616kegn Pogezênen tribin
18617und abir als ê dâ blibin.
Von eime vorrêtnisse, dâ hundirt cristnin wurden geslagen.

[Dusb. III, 226.]

18618Dô unsirs herrin jâr vorvarn
18619zwelfhundirt achzic vumfe wârn,      [1285
18620in des vumften jâris zît
18621den brûdrin bî ein Schalowît
18622was und der hîz Girdelô
18623geachtit von den sînen hô,
18624dî wîl er zu Schalouwin saz.
18625Dirre selbe sich vormaz
18626gar von grôzin dingin,
18627was er schadin bringin
18628wolde ûf dî Littouwin,
18629als man solde schouwin,
18630tête man im hundirt man,
18631dî da wâpin hêtin an.
18632Dî rede er sô ofte treib,
18633unz sî zu jungist doch becleib
18634nâch sînis willin lûdere,
18635127 a    alsô daz im dî brûdere
18636zu gevertin gâbin
18637hundirt wâpinknabin,
18638mit den er sich hûb an dî vart
18639sô hin kegn eime huise wart
18640gelegin in Littouwinlant,
18641daz was Otekaim genant.
18642Und dô sî quâmin nâ hin an,
18643dô wârn ouch dî burcman
18644besamnit, als iz vorbericht
18645hatte dirre bôsewicht,
18646und platztin ûf dî cristin,
18647ê den sî des icht wistin,
18648sî irslânde allintsam,
18649daz ir lutzil dannen quam.
Von der vîrden vornoigîrunge.

[Dusb. III, 227.]

18650In unsirs hêrrin jârin
18651dô der zwelfhundirt wârin
18652sechs und achzig ouch volant,      [1286
18653dô mochte wol von Samelant
18654der vogit, brûdir Dîterîch,
18655jene rede zîn an sich,
18656als man Job ê hôrte jên:1
18657›Daz ich vorchte, daz ist geschên‹;
18658want dî mûtis hartin
18659ungeboigin Bartin,
18660dî nûwlîch vor den stundin
18661genâde hatten vundin
18662mit vlêlîchim wênin,
18663und dî Pogezênin,
18664darzû der andrin Prûzin mê
18665ir erge wurdin abir als ê
18666ûf dî brûdre wetzin,
18667als sî sich kegn in setzin
18668woldin und des heimelîch
18669mit sumelîchin Dûtschin2 sich
18670besprochin hattin und voreint,
18671der untrûwe sô vormeint
18672127 b    wol irarnit hette zwâr,
18673daz ir namin offinbâr
18674den luitin wurdin hî gemacht;
18675doch ir wesin hât gesacht,

--- S. 519 ---

18676daz êrbêr schein in deme zil,
18677daz ich ir nû geswîgin wil1,
18678want sî von gote sint gericht.
18679Nû mogt ir hôrn, warûf ir pflicht
18680sich trûg in den untrûwin;
18681sî woldin den von Rûwin
18682hân zu Prûzin in daz lant
18683geladin mit mechtigir hant
18684und im mit hulfe bîgestân,
18685daz er dî brûdre hette dan
18686mit gewalt vortribin
18687und wêr ir hêrre blibin;
18688und daz wêr ouch vollingân,
18689hêt iz got nicht undirstân,
18690der iz alsô vûgete,
18691daz dit dinc sich rûgete,
18692und den rât intdakte,
18693darûf ir mût sich rakte.
18694An der bûwunge daz geschach,
18695dô man dî brûdre stiftin sach
18696aldort dî burc Rangnîte.
18697Des wart ouch rechte mîte
18698gegebin um ir schult der dît,
18699dî vor dî untrûwe rît.
Wî sibinzic kungelîn wurden geslagin in strûterîe.

[Dusb. III, 228.]

18700In des selbin jâris zît
18701geschach, daz dort ein Littouwît
18702von Littouwinlant intweich
18703und kegn Samelande streich
18704zu Kungisberc dem hûse,
18705der was genant Pelûse.
18706Den selbin hatte sêre
18707betrûbit dort sîn hêre
18708127 c    und der was ein kungelîn,
18709als man ir mê sach dâ sîn;
18710doch was er vor den andrin wêhst
18711und dem rechtin kunge nêhst
18712an gewaldis achbêrkeit.
18713Dirre, als ich hab geseit,
18714irzurnit hatte disin gast
18715mit unrechtir ubirlast,
18716daz im lac zu herzin suir;
18717des quam er an den comentuir
18718von Kungisberc mit bete,
18719daz er im hulfe tête
18720zu andene sîn ungemach.
18721Kegn Littouwin daz geschach.
18722Im wart Mertîn von Golîn
18723und dî hergesellin sîn
18724Conrat Tûvil, Stoubemel,
18725vreche helde sundir vêl,
18726zu hulfe an dî vart getân
18727und darzû wol zwênzic man
18728geûbit an strûterîe.
18729Mit dirre kumpânîe2
18730irhûb sich hin Pelûse;
18731und dô sî nâ dem hûse
18732sînes hêrrin quâmin,
18733mit wârheit sî vornâmin,
18734daz aldâ gesamint wêrn
18735al des landis bestin hern
18736durch vroide einre brûtlouft.
18737Und dô nâch iris sittin louft
18738sich dî dît sô ubirtranc,
18739daz sî allir witze kranc
18740lâgin unde slîfin,
18741dise dô înlîfin
18742unde slûgin in der zît
18743ân allirleige widirstrît
18744den wirt mit allin gestin,
18745snôdin unde bestin.
18746127 d    Dâ nâmin tôdis pîne
18747wol sibinzic kungelîne
18748ân andir volc, des ouch dâ vil
18749was gesamnit in dem zil.
18750Und daz slachtin nam ein drum3;
18751dô wakten sî den brûtegum
18752vil unsanft und ouch dî bruit
18753mit geschreie ubirluit,
18754in brenginde daz brûtilhûn;
18755ich swûre wol, sold ich iz tûn,
18756sî hettin dâ geslâfin vur,
18757wêr iz gewest an willekur;
18758des was nicht; sî mûstin ûf.
18759Dô wart allir vroidin gûf
18760in in ein herzeleit gewant;
18761want man sî beide harte bant
18762und darzû manchin edlin lîb,

--- S. 520 ---

18763der kunge kindir, tochtre, wîb;
18764und swî dî dît was kumin dar,
18765sus wart ouch sî gevangin gar
18766rîch und arm, wert und unwert.
18767Ouch sî dâ wol hundirt pfert
18768und von cleinôte rîchin solt,
18769gesmîde, silbir unde golt
18770und al daz huisgerête,
18771des man vil dâ hête,
18772ûflûdin unde nâmin
18773und dâmitte quâmin
18774vrôlîch sint zu hûse.
18775Alsus rach sich Pelûse.
— — —

[Dusb. III, 229.]

18776Dirre selbe Mertîn,
18777den ich ê nante, von Golîn
18778sich abir machte an dî vart
18779sô hin kegn Littouwin wart
18780mit kleinre kumpânîe;
18781und dô der mûtis vrîe
18782drîerleige wazzirvlût
18783ubirzôch und ubirwût
18784128 a    dêswâr kummirlîchin gnûc,
18785zu jungist quam er an den Buc
18786(ein wazzir sust genennit ist).
18787Dâ irsach er in der vrist
18788ein schif strîchin herabe,
18789daz mit koufschatzis habe
18790was vil wol geladin.
18791Dem volgt er ûf dem stadin
18792heimelîchin vaste nâch
18793unz daz des âbindis geschach,
18794daz dî schifluite hîldin zû,
18795âzin und dî nachtrû
18796nâmin nâch der arebeit.
18797Und dô sî hattin sich geleit
18798und alle herte slîfin,
18799in vreise dô zûlîfin
18800Mertîn mit den gesellin sîn
18801vorterbinde mit tôdis pîn
18802dî heidin allintsamin,
18803und dô mit vroidin nâmin
18804und sâzin in daz schif
18805neminde den niddirswif
18806unz zu Thorûn vor dî stat
18807und dâ al den koufinschat
18808vorsellitin1 mit dem schiffe,
18809sô daz zu teilis griffe
18810dî selbe reise gab unkarc
18811ir iclîchim zwênzic marc.
Wî geistlîch dî brûdre zu Kungisberc lebbetin.

[Dusb. III, 230.]

18812Sint der êrstin anbegrift,
18813daz der convent wart gestift
18814ûf dem hûse Kungisberc,
18815sô hân an tugintlîche werc
18816gevlizzin sich dî brûdre dâ
18817verre mê wen andirswâ
18818an betin, venien, wachin,
18819und an allin sachin
18820128 b    wârin sî ôt munche gût
18821und doch rittirlîchin mût
18822ûf dî vîende trûgin,
18823kegn den sî sich wûgin
18824unvorvêrt zu pfleg in strît.
18825Der was einre in der zît
18826brûdir Albrecht von Mîzin,
18827der sundir alliz glîzin
18828vor gote was ein helt vil tuir,
18829des selbin hûsis comentuir.      [1283. 1288
18830Er vûrt ûf erdin ebin
18831ein engelischiz lebin
18832vollenkumin ûf alle tugint.
18833Der selbe in sînre jugint
18834was von des argin tûvils kunst
18835inzunt mit der unkûsche brunst,
18836dî sêre an im glûete
18837und in vreislîchin mûete;
18838dâwidir doch mit allir craft
18839der reine gotis degin vacht,
18840daz vleisch mit hungir clemminde
18841und manchirwîs ôt hemminde
18842zu pflege beide nacht und tac;
18843dâbî er ouch ofte pflac
18844an got mit bete schrîen,
18845daz er in wolde vrîen
18846und an im dempfin dise nôt,
18847dî im des tûvils erge bôt
18848mit sô swindir quâle.

--- S. 521 ---

18849Nû quam zu einem mâle,
18850daz in der tûvil abir zû
18851trat mit semelîchir mû,
18852dâvon er seldin hatte rû,
18853und geworchte im so wê,
18854daz er mit ganzis herzin vlê
18855kegn himele umme hulfe schrê
18856dî im dô von gote quam;
18857want eine stimme er vornam,
18858128 c    dî offinlîchin sprach zu im:
18859›Albrecht, Albrecht, nû vornim,
18860›wiltû von dir vortrîbin
18861›den tûvil unde blîbin
18862›von dem vleische unbekort,
18863›sô soltû innic dise wort
18864›gar ân undirbrechin
18865›alle tage sprechin:
18866»Ô allirhôeste minne,
18867»gib mir rechte sinne
18868»unde lûtirs herzin gîr,
18869»daz ich sene mich nâch dir;
18870»gib mir ein lebin âne mein
18871»und mache mîn gewissin rein
18872»und lôse mich mit heile
18873»von des vleischis meile.«
18874Und dô er mit andâcht getet
18875etslîche wîle diz gebet,
18876so gar an im dî brunst vorlasch,
18877dî vor ûf in sô swinde drasch
18878in schundinde zu abekust,
18879daz vorbaz keiner hande lust
18880an im mit ubirswenkir glût
18881bewal diweder lîb noch mût.

[Dusb. III, 231.]

18882Disin brûdir Albrecht,
18883den irweltin gotisknecht,
18884zu einre zît ein sûche traf,
18885dî mit irre sêrde craf
18886im vortilgete her und dar
18887ûf dem houbte al dî har,
18888darzû dî brâin und den bart,
18889dâvon er sô vorschaffin wart
18890und anzusehene sô eislîch schein,
18891daz nîman wold im sîn gemein
18892an tranke noch an spîse,
18893noch andirleige wîse,
18894swaz man solde ûbin.
18895Des wart sich betrûbin
18896128 d    sô sêre der vil gûte,
18897daz er in reinim mûte
18898mit vil manchim trâne
18899bat gote, daz er âne
18900 (S. 521)in machte dirre scheme
18901 (S. 521)odir hinnin nême
18902 (S. 521)sîn lebin von der erdin.
18903 (S. 521)Nû sêt, wî dem vil werdin
18904 (S. 521)dî gotiscraft bedâchte.
18905 (S. 521)In der selbin nachte,
18906 (S. 521)dô er nâch dem gebete
18907 (S. 521)sîn rû genumin hête
18908 (S. 521)und sich darnâch irmundirte,
18909 (S. 521)er vûlte, des in wundirte,
18910 (S. 521)sîn har, daz im was benumin
18911 (S. 521)hatte er sô vollinkumin
18912 (S. 521)an brâin und an barte
18913 (S. 521)und ûf des houbtis swarte,
18914 (S. 521)daz nîman mocht irkennin
18915 (S. 521)noch keine stat benennin
18916 (S. 521)an sîme lîbe ubir al,
18917 (S. 521)dî î gewesin wêre kal.
18918 (S. 521)Ô, wolde sich daz zeichin1
18919 (S. 521)ouch ûf mich armin reichin!
18920 (S. 521)Ich wold mîn crullil2 streichin
18921 (S. 521)unde in lôsim smeichin
18922 (S. 521)dî andiren kalin leichin,3
18923 (S. 521)dî des windis sîn gemût,
18924 (S. 521)der in ofte leide tût,
18925 (S. 521)sô er in vorsturzit den hût
18926 (S. 521)vor der werdin vrouwin lût!
18927 (S. 521)Â hui! sô wêr ich hôchgemût,
18928 (S. 521)sô ich ir stirne sêhe blôz
18929 (S. 521)und mîn schopfil wêre grôz
18930 (S. 521)mit cruspelechtin endin!
18931 (S. 521)Hî lâze wir diz wendin. —

[Dusb. III, 232.]

18932 (S. 521)Zu einen zîtin sint geschach,
18933 (S. 521)daz man den Albrechte sach
18934 (S. 521)129 a    mit andrin brûdrin reise varn
18935 (S. 521)kegn den heidenischin scharn,
18936 (S. 521)und daz was in sulchin tagin,

--- S. 522 ---

18937 (S. 522)als nâch gewonheit pflâgin
18938 (S. 522)dî brûdre gotis lîcham
18939 (S. 522)intpfân in Jhêsû Cristi nam,1
18940 (S. 522)des dô nicht inmochte sîn.
18941 (S. 522)Daz worchte seniclîche pîn
18942 (S. 522)sîme reinen herzin,
18943 (S. 522)sô daz er in den smerzin
18944 (S. 522)sich von den anderin virrete,
18945 (S. 522)dâ in nîmant irrete,
18946 (S. 522)und dâ sîn jâmir ûbete,
18947 (S. 522)sich weininde betrûbete,
18948 (S. 522)daz des trôstis im gebrach.
18949 (S. 522)Vil tîfe sûfzinde er sprach:
18950 (S. 522)›Ô lîbir hêrre Jhêsu Crist,
18951 (S. 522)›wêr ich dâheime in dirre vrist,
18952 (S. 522)›sô hêt ich mich zu dir bereit
18953 (S. 522)›mit vil gebetis innekeit
18954 (S. 522)›und hêt intpfangin huite
18955 (S. 522)›als andre sêlige luite
18956 (S. 522)›dînin lîcham und dîn blût,
18957 (S. 522)›der mît gnâdinrîchir vlût
18958 (S. 522)›mîn sêle hêt irvûchtit
18959 (S. 522)›und an vornumft irlûchtit
18960 (S. 522)›zu vil sûzim trôste mir,
18961 (S. 522)›des ich armir hî impir.
18962 (S. 522)›Ô sûzir got, lâ mîne gir
18963 (S. 522)›ein opfir huite wesin dir,
18964 (S. 522)›sint ich zu der tâte
18965 (S. 522)›nicht habin mac dî state,
18966 (S. 522)›als dû, hêrre, selbe weist,
18967 (S. 522)›und send mir dînen heiligen geist!‹
18968 (S. 522)Mit dem und er diz gesprach,
18969 (S. 522)ein oblâtâ er dâ sach
18970 (S. 522)in den luftin ebin
18971 (S. 522)kegn sînem munde swebin
18972 (S. 522)129 b    glîch dem opfirbrôte,
18973 (S. 522)daz zu lobe gote
18974 (S. 522)ûf dem altare handilt
18975 (S. 522)der prîstir unde wandilt
18976 (S. 522)in gotis wârin lîcham.
18977 (S. 522)Des gesichtis sêr irquam
18978 (S. 522)der brûdir unde wart ouch vrô
18979 (S. 522)und sprach in dem zwîvil alsô:
18980 (S. 522)›Ô Criste, lîbir hêrre mîn,
18981 (S. 522)›ist diz der wâre lîcham dîn,
18982 (S. 522)›so lâz in mir zu vrumin
18983 (S. 522)›in mîne sêle kumin!‹
18984 (S. 522)und let dâmitte ûf den munt,
18985 (S. 522)darîn ouch glîche zu der stunt
18986 (S. 522)dî oblâte selbe gînc,
18987 (S. 522)dî er mit vroidin grôz intpfînc,
18988 (S. 522)lobinde den mildin got,
18989 (S. 522)des sô mimenclîch gebot
18990 (S. 522)im sante in der wîse
18991 (S. 522)dî wâre himelspîse.
Von eime andrin brûdre.

[Dusb. III, 233.]

18992 (S. 522)Ouch in den selbin tagin,
18993 (S. 522)als ich hôrte sagin,
18994 (S. 522)was in des conventis cluis
18995 (S. 522)zu Kungisberg ûf dem huis
18996 (S. 522)der Sachse brûdir Wolveram,
18997 (S. 522)ein degn vor gote lobesam;
18998 (S. 522)want reine was sîn lebin;
18999 (S. 522)und dô sich der begebin
18900 (S. 522)hât in den dûtschin ordin
18901 (S. 522)und êrst was brûdir wordin
18902 (S. 522)und wolde sundir sîgin2
18903 (S. 522)ûf und ûf baz stîgin
18904 (S. 522)von tugginde zu tuggint,
18905 (S. 522)als noch dî gûtin muggint,
18906 (S. 522)unz ûf den berc der sêlikeit3,
18907 (S. 522)der tûvil daz vil sêre neit,
18908 (S. 522)der allir gûte widir ist,
18909 (S. 522)129 c    und irsûchete manche list
18910 (S. 522)ûz tûvilischim sinne,
18911 (S. 522)wî er an dem beginne
18912 (S. 522)den gotishelt vorirrete
18913 (S. 522)und den mût intvirrete;
18914 (S. 522)daran want er alle macht.
18915 (S. 522)Hîvon in der êrstin nacht,
18916 (S. 522)dô sich brûdir Wolveram

--- S. 523 ---

18917 (S. 523)irhûb und zu gebete nam,
18918 (S. 523)der tûvil aldâ vor in quam
18919 (S. 523)in einre forme grûwesam
18920 (S. 523)im offinlîch irschînende
18921 (S. 523)und vreislîch kegn im grînende,
18922 (S. 523)dâmitte er in wolde tôrn
18923 (S. 523)unde von gebete stôrn.
18924 (S. 523)Îdoch er unbewegit bleib.
18925 (S. 523)Dî trugnisse kegn im treib
18926 (S. 523)der tûvil wol ein ganziz jâr,
18927 (S. 523)alsô daz er sich offinbâr
18928 (S. 523)alle nacht im machte
18929 (S. 523)in formin manchir achte,
18930 (S. 523)in mûende in manchir wîs.
18931 (S. 523)Doch behîlt des sigis prîs
18932 (S. 523)Wolveram der degin;
18933 (S. 523)want in nî bewegin
18934 (S. 523)der tûvil mochte noch vorkêrn
18935 (S. 523)von dem dînste unsris hêrn.
18936 (S. 523)Und dô daz jâr sich ante
18937 (S. 523)und der vînt irkante,
18938 (S. 523)daz sin valschiz trîgin
18939 (S. 523)nicht mochte ubircrîgin
18940 (S. 523)der reinin mannes stêtikeit
18941 (S. 523)an tugintlîchir arebeit,
18942 (S. 523)er lîz darabe und vorswein
18943 (S. 523)und im darnâch nicht mê irschein.
Diz ist von brûdir Meinken dem drizên­din lantmeistre.

[Dusb. III, 234.]

18944 (S. 523)Brûdir Meiner von Querinvort
18945 (S. 523)was ein Sachse der gebort
18946 (S. 523)und wart meistir in Prûzinlant
18947 (S. 523)des amtis drizêndir genant,
18948 (S. 523)unde was eilf jâr daran.      [1288—1299
18949 (S. 523)Wî achberlîch er hât vorstân
18950 (S. 523)daz amt in sînen tagin,
18951 (S. 523)daz sullin ûch wol sagin
18952 (S. 523)dî werc, dî er begangin hât,
18953 (S. 523)als hernâch geschribin stât.
18954 (S. 523)Er hatt an manheit mûtis vil
18955 (S. 523)und kegn den vîendin in dem zil
18956 (S. 523)sô engistlîchin vreisete,
18957 (S. 523)daz manchim dâvor eisete,
18958 (S. 523)und pflac dâmitte machin,
18959 (S. 523)daz sîne widirsachin
18960 (S. 523)in allintsam irvorchtin
18961 (S. 523)und vride mit im worchtin,
18962 (S. 523)kegn welchin im ôt daz gezam,
18963 (S. 523)daz er sî zu sûne nam,
18964 (S. 523)want noch der burge veste
18965 (S. 523)noch der virre reste
18966 (S. 523)in gegebin mochte schirm
18967 (S. 523)vor sînir râche ungehirm.
Wî Ragnîte und daz Schalousche huis gebuit wurden.

[Dusb. III, 235.]

18968 (S. 523)Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
18969 (S. 523)zwelfhundirt nûn und achtzic wârn,      [1289
18970 (S. 523)der selbe meistir Meiner
18971 (S. 523)alle sînes vlîzes kêr
18972 (S. 523)darûf zu pflege wande,
18973 (S. 523)wî er in Prûzinlande
18974 (S. 523)gesterkete dî cristinheit
18975 (S. 523)und den geloubin machte breit
18976 (S. 523)unt wî dî lant blibin bewart,
18977 (S. 523)dî alreite wârn bekart
18978 (S. 523)an cristinlîchin namin;
18979 (S. 523)dâvon er ouch zusamin
18980 (S. 523)130 a    brâchte alle sîne macht
18981 (S. 523)unde quam vil wol bedâcht
18982 (S. 523)mit wer und mit gezouwin
18983 (S. 523)in daz lant Schalouwin
18984 (S. 523)an sente Gurgin tage      [23. April
18985 (S. 523)und bûwte bî dem wâge
18986 (S. 523)der Mimlin ûf einen berc
18987 (S. 523)got ein lobelîchiz werc,
18988 (S. 523)eine vestin gûte
18989 (S. 523)und hîz dî Landishûte,
18990 (S. 523)dâ sî noch stêt in dirre vrist;
18991 (S. 523)des namin abir vorgezzin ist,
18992 (S. 523)want sî von allir dîte
18993 (S. 523)nû ist genant Ragnîte.
18994 (S. 523)Von dem vlîze sî sô hât
18995 (S. 523)den namin, daz darundir gât.
18996 (S. 523)Und dô dî burc volbûwit was,
18997 (S. 523)der meistir vîrzic brûdir las
18998 (S. 523)wol bederbe ûz dem her,
18999 (S. 523)dî er dem huise lîz zu wer,
19000und gab zu comentûre
19001in einin brûdir tûre,
19002der sî vorwesin solde,
19003von Ôstirrîch Bertolde,
19004den man hîz Brûhavin,      [1289 zwischen Januar und Juni

--- S. 524 ---

19005und darzû hundirt knavin,
19006dî dâ wâpin hattin an,
19007lîz er dâ und vûr von dan.
19008Doch nicht ubir lanc darnâch
19009man den meistir abir sach
19010mit volke nemin dar dî vart
19011und dî Memil niddirwart
19012bûwin einer vestin clûs,
19013dî heizit daz Schalousche hûs,
19014darûfe dî Schalouwin
19015mit kindin unde vrouwin
19016ir wonunge pflâgin
19017habin in den tagin.
130 b    Von brûdir Bertolde Brûhavin, dem comentûre von Kungisberc.

[Dusb. III, 236.]

19018Dô dirre brûdir gote holt,
19019der Brûhave Bertolt,
19020gewas etslîche tage,
19021daz er in sînre pflâge
19022hîlt das huis Ragnîte,
19023der meistir mit gebîte
19024bevûl im der bîsorgin werc
19025des hûsis zu Kungisberc,      [1289, vor 4. Juni
19026des er ouch pflac vil ebene.
19027Von diss mannis lebene
19028und von sînre tuginde,
19029dî er was vormuginde,
19030doch von kûscheit besundir
19031vornam ich michil wundir;
19032want dô im got der gûte
19033gesante daz zu mûte,
19034daz er dî werlde wolde lân
19035unde sîn ein geistlîch man,
19036er nam vor dem beginne
19037dî stucke gar zu sinne,
19038daran ein geistlîch lebin stât,
19039und dî in sîme herzin knat
19040hin und her betrachtinde
19041und vil ebin achtinde,
19042ob er sî vormochte
19043und zu tragene tochte.
19044Und dô er lange daz gewûc,
19045dî zwei er lîdelîch vorslûc,
19046armût und gehôrsam;
19047daz dritte dûcht in grûwesam,
19048daz ist des lîbis kûscheit,
19049want dî nîman ebin treit,
19050got wol ir in berûchin.
19051Des wold er êrst vorsûchin,
19052ob er darzû genûge
19053wêr, daz er sî trûge;
19054130 c    und ein wundirlichiz dinc
19055mit der vorsûchung angevînc.
19056Eine mait nam er an sich,
19057junc, zart und sûbirlîch,
19058alsô daz in der nêhe
19059dikeine was sô wêhe
19060an lîbis schône geacht,
19061und bî der vil nâch alle nacht
19062nakt in eime bette lac.
19063Des legirs der Brûhavin pflac
19064mit der magit alvorwâr
19065volliclîch ein ganziz jâr
19066alsô îdoch, als sî darnâch
19067mit geswornem eide jach,
19068und mit meitlîchim zeichin,
19069dî man sî sach reichin,
19070sich offinlîch berûmete,
19071daz er sî nî intblûmete,
19072joch nî unkûschlîch angewant,
19073sundir lîz, als er sî vant.
19074Nû muge wir hîundir
19075ein wundirberndiz wundir
19076kîsin mit gemerke.
19077Sampson was an sterke,
19078kunc Dâvît an heilikeit,
19079sô Salomon an wîsheit
19080von gote vollenkumin;
19081daz kond in nicht gevrumin
19082hî vor bî irin stundin;
19083sî wurdin ubirwundin
19084von wîblîchin lôsin,
19085daz sî machte bôsin
19086und in jâmir vellete;
19087sô dirre sich gesellete
19088mit willekur zu wîbe
19089und sich von irme lîbe
19090inthîlt doch unbewollin gar.
19091Hîvon, ab ich vor gote tar,
19092130 d    sô wil ich wol sprechin dit,
19093daz er was heiligir wen Dâvît,
19094sterkir vil wen Sampson
19095und wîsir vil wen Salomon

--- S. 525 ---

19096mit prîslîchir pflichte
19097an sus getânir schichte.
19098Und dô der degin weste
19099und sich irvant sô veste
19100widir der unkûsche vlûr,
19101alrêst er in den ordin vûr
19102unde quam unz an dî stat,
19103als ir dâ vor vornumin hât.
Wî Samelant wart gehert.

[Dusb. III, 237.]

19104Nû geschach vorwâre
19105ouch in dem selbin jare,      [1289
19106daz sich in herbistzîtin
19107mit achtetûsint rîtin
19108der Littouwin kunig ûznam
19109und kegn Samelande quam,
19110iz âne missewende
19111von ende unz zu ende
19112vîentlîch durchrinnende
19113und vil gar vorbrinnende
19114getreide und gebuide.
19115Îdoch sî wêninc luide
19116dâ vîngin odir slûgin
19117noch roubis dannen trûgin;
19118want daz der brûdere vornunft
19119bewart hatte, dî ir kunft
19120lange dâ vor westin.
19121Und dô von disen gestin
19122Samelant beswêret lac
19123unz an den vîrzêndin tac,
19124kegn lande sî dâ rittin
19125nicht vûrnde doch mit in
19126alle, dî sî brâchtin dar,
19127want dô slûc von der schar
19128brûdir Heinrîch von Dobin
19129131 a    mit den wâpinknabin sîn
19130wol achzic der Littowin,
19131âne dî abgehouwin
19132dem here wurdin an der zucht,
19133hî ein trucht, dâ ein trucht.
Wî dî burc Kalaine wart gesturmit.

[Dusb. III, 238.]

19134Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
19135zwelfhundirt unde nûnzic wârn,      [1290 23. Apr.
19136dô quam an sente Jurgin tac
19137meistir Meinke unde belac
19138ein huis in Littouwinlant,
19139daz was Kalaine genant,
19140mit vunfhundirt rîtin.
19141Ouch hatt er in den zîtin
19142zu schiffe dâ zweitûsint man
19143und mit den sô vacht er an
19144dî burc mit sturme harte,
19145und bin des an dî warte
19146dî rîtin sô hin sande
19147kegn der vîende lande.
19148Nu hîlt dî vestin inne
19149der Littouwe Surminne
19150und was darûffe houbitman;
19151sô wârin im dâ undirtân
19152zwênzig unde hundirt man
19153vrechir helde sundir wân,
19154dî menlîch in den vristin
19155sich wertin kegn den cristin,
19156dî iz in legtin dâ vil nâ.
19157Sus werte zwischin in aldâ
19158des sturmis crîg unz an dî stunt,
19159daz dî burcluite wurdin wunt
19160alle vil nâch in den tôt
19161unde lidin sulche nôt,
19162daz man von den zinnen
19163ûzin unde binnen
19164sach irgîzin sich daz blût
19165als einis starken reinis vlût.
19166131 b    Und dô sî diz getemmere
19167getribin kegn der demmere
19168strîtende mit allir macht,
19169dô quam sô her mit grôzir bracht
19170geprastilt gene hûte,
19171dî mit vordroznim mûte
19172dort was gehaldin ubir tac.
19173Von dem geschelle sô irschrac
19174daz gemeine volc alhî,
19175daz iz von dem sturmin lî
19176und allintsam angriffin
19177dî vlucht hin zu den schiffin:
19178want sî wânten des vorwâr,
19179dâ quême der Littouwin schar,
19180und waz der meistir sidir
19181sî gelût hin widir,
19182sô woldin sî ôt nicht hinan.
19183Des mûste er daz blîbin lân
19184unde zôch kegn lande dan
19185blîbinde des sigis ân.
19186Îdoch Surminnen vorchte twanc,

--- S. 526 ---

19187daz er darnâch nicht ubirlanc
19188lîz dî selbin vestin stân
19189wûste unde sô hin dan
19190mit alle sîme gesinde vûr
19191und bî sînen gotin swûr,
19192daz er der brûdere nimmir mê
19193ûf dikeinre burg als ê
19194vurbaz irbeitin wolde,
19195dî wîl er lebin solde.
Wî brûdir Erneke der comentuir von Ragnîte wart geslagin.

[Dusb. III, 239.]

19196Zuhant nâch disen zîtin
19197der comtûr von Ragnîtin,
19198brûdir Erneke genant,
19199vûr ûf kegn Littouwinlant
19200nâch des meistirs gebote
19201und nam mit im ein rote
19202131 c    vumf und zwênzic wâpinman
19203und einen brûdir, der Jôhan
19204was genant von Wîne.
19205Mit disen was er zîne
19206dî Mimel ûf zu schiffe,
19207ûf daz er dâ begriffe
19208von Littouwin îmande,
19209der im von dem lande
19210etswaz mêr mochte gesain.
19211Und dô sî vûrn vor Kolain
19212dî burg in disem sinne,
19213der burcgrêve Surminne
19214zusamme dî burcluite rîf
19215unde mit in ubirlîf
19216in râte manchirhande list,
19217wî er dî brûdre in der vrist
19218an daz lant gezuge
19219und mordende betruge.
19220Und dô sî daz gewûgin
19221und manchirwîs vorslûgin,
19222zu jungist vunden sî den rât,
19223daz man mit wîblîchir wât
19224einen man bewunde,
19225der dâ Polênsch kunde,
19226und vorstelte im den lîb,
19227als er wêr ein cristinwîb,
19228dî gevangin wêre,
19229und alsô gevêre
19230hin an daz ûbir trête,
19231durch got dî brûdre bête,
19232wen sî widir quêmin,
19233daz sî in înnêmin
19234und lôstin ûz der hafte
19235Littouwischir eiginschafte.
19236Nû hîz ein Littouwe Nodam,
19237der doch sint, als ich vornam,
19238zu cristeningeloubin quam
19239unde ein sêlig ende nam,
19240131 d    der vînc dô dise sache an
19241ûzlesinde wol sechzic man,
19242und mit den hin abe trat
19243vorholnlîch an eine stat,
19244dî im vûgte ebbin
19245und satzte dâbî nebbin
19246daz valsche wîb an den strant.
19247Und dô darnâch kurzlîch volant
19248sîn gewerb der cometûr
19249hatte und herwiddir vûr,
19250der vorrêter an sî schrê
19251mit vil jâmirlîchir vlê
19252in clegelîchim limme
19253und sprach mit weindir stimme:
19254›Eiâ, ir edlin rittir gots,
19255›durch dî trûwe sîns gebots
19256›nemt mich armin menschin în
19257›und irlôst dî sêle mîn
19258›ûz disen jâmirandin
19259›und ûz des tûvils bandin,
19260›dî crist hât der vil gûte
19261›irlôst mit sînim blûte.‹
19262Und dô dise clagewort
19263brûdir Ernke hât irhôrt,
19264sîn herze binnin wart beweit
19265kegn ir in barmeherzikeit,
19266sô daz er hîlt daz schif hin an
19267unde wolde sî intpfân;
19268daz im quam ouch zu schadin;
19269wen, dô er traf den stadin
19270und man ûzgewarf den reif,
19271der trugenêr zuhant begreif
19272daz schif und hîld iz vaste.
19273Dô quam ouch mit gepraste
19274dî lâge zû, dî sich dâ hal,
19275und irslûc dî cristin al.

--- S. 527 ---

Wî vumfundzwênzic Littouwin geslagin wurden.

[Dusb. III, 240.]

19276132 a    Von dirre cristnin valle
19277dî Littouwin alle
19278wurdin sêre gemeit
19279und gewunnen turstikeit
19280nâch der geschicht verre mê
19281kegn den brûdren denne ê,
19282dî zu Ragnîte wârin ûf,
19283als an irre vreise gûf
19284alzuhant darnâch irschein;
19285want sich irhûbin von Oukein
19286der burc ôt sechsunddrîzic man
19287und gîngin sô her dan1      [25. Juni
19288kegn Ragnîte vorchte vrî
19289ûbin dâ ir strûterî.
19290Doch dô sî quâmin nâhin bî,
19291ein teil grûwin ûf sî schôz;
19292dâvon in quam ein widirstôz,
19293sô daz sî wurfin ire lôz
19294nâch irre wîse, dî sî hân,
19295zu vorsûchene daran,
19296wî in dî reise solde gân.
19297Nû vîl des lôzis tucke
19298in zu ungelucke;
19299des kartin sî zu rucke
19300mit vil grôzir île.
19301Doch hattin in der wîle
19302dî brûdre von Ragnîtin
19303dî wege kegn den dîtin
19304besatzt mit warte her und dar,
19305und der einre wart gewar
19306der strûtêre vorgenant
19307und kundete zuhant
19308ûf daz huis dî mêre
19309den brûdrin, dî mit swêre
19310bevangin wârin und mit nôt
19311um iris comentûris tôt
19312und um dî andrin, dî aldort
19313vorturbin, als ir hât gehôrt;
19314132 b    und dî selbin smerzin
19315lâgin in zu herzin
19316mit sô strengir bittirkeit,
19317daz sî woldin î daz leit,
19318ob sî mochtin, andin
19319mit râche an den vîandin.
19320Des irhûb sich snelle
19321der von Lîbinzelle
19322genennit brûdir Lûdewîc
19323nâch in ebbin ûf den stîc,
19324dâ sî wârn hin gekart,
19325und mit im brûdir Marquart
19326genant von Revelingin.
19327Ouch nam er zu den dingin
19328noch zwêne brûdre gewêr
19329und sechsundzwênzic wêpenêr
19330mit den in volginde vil balt
19331beide durch pusch und durch walt,
19332unz er sî zu jungist an
19333quam ûf eines veldis plân.
19334Dâ sach man der Littouwin
19335in dirniddir houwin
19336vumf und zwênzic von der trucht;
19337den andrin dannen half dî vlucht.
Wî vunfhundirt Littouwin vorturbin.

[Dusb. III, 241.]

19338Binnin dirre selbin vrist
19339ein Littouwe swindir list
19340unde vrech an mûte,
19341der was genant Jeisbûte,
19342besaminte vumfhundirt man,
19343sô her sî mochte best gehân
19344zu urloige und in strît,
19345und vûrte dî besît
19346in Polênsche gemerke,
19347dâ er nâch sînre sterke
19348den cristnin worchte wê genûc
19349und roubis vil von dannen trûc
19350von luitin und von gûte.
19351132 c    Und wî dirre Jeisbûte
19352bî den heidin wonte
19353unde zûzin donte
19354in offinlîchir schichte,
19355doch er in tougir pflichte
19356was in der zît der brûdre vrûnt
19357unde hatte in vorgekunt
19358von der selbin reitin,
19359wî unde wâ er leitin
19360wolde in vorlust dî schar.

--- S. 528 ---

19361Nû nam ouch des der meistir war
19362unde sante sô hin wert
19363brûdir Heinrîche Zuckeswert
19364mit nûnundzwênzic brûdrin sân
19365und darzû zwelfhundirt man,
19366daz sî ûf der wiltnisse
19367an einre stat gewisse
19368der dît in widdirsâze
19369vorhîldin dâ dî strâze;
19370dî ouch sô hin quâmin
19371und ir legir nâmin,
19372dî vîende zu bestrickin
19373zwischin der vlût der Lickin
19374und dem wazzere der Nar.
19375Nû wânten sî dî vîende dar
19376kunftic wesin alzuhant,
19377daz doch andirs wart gewant;
19378want sî dâ wol achte tage
19379mûstin harrin der lâge
19380lîdinde pînlîchin drôz
19381und an spîse mangil grôz,
19382dî sî hattin gar vorzert.
19383Zu jungist quam doch her gekêrt
19384wol ebbin ûf dî hûte
19385mit sînre trucht Jeisbûte.
19386Und dô sî nêhetin der stat,1
19387dâ dî lâge was gesat,
19388inweiz waz vogils kegn in vlôc,
19389132 d    odir ob der tûvil trôc
19390den vordirstin Littouwin,
19391wen daz er wold î schouwin,
19392wî im gevîle dâ sîn lôz,2
19393daz sich im ouch alsô vorschôz,
19394daz er zuhant vil lûte schrê:
19395›Wê uns, wê uns, hûte wê,
19396›wir sîn allintsam vorlorn!‹
19397Diz tet dem houbitmanne zorn
19398unde hîz in swîgin;
19399dâwidir wart er crîgin
19400schrîende dî selbin wort
19401abr und abir, unz aldort
19402ûz der lâge lûdere
19403her sprengetin dî brûdere
19404in vîentlîchir kêre
19405und slûgin von dem here
19406zuhant wol vîrdehalbhundirt man;
19407dî andrin kuim intvluhin dan,
19408der lutzil doch zu hûse quam,
19409als man wol darnâch vornam;
19410want ir ûf der wiltnisse
19411vor grôzir betrûbnisse
19412etslîche selbe hîngin;3
19413sumelîche gîngin
19414in der wûste irre
19415unz sî von der virre
19416des wegis hungirs sturbin
19417und vil nâ al vorturbin.
— — —

[Dusb. III, 242.]

19418Nû was meistir Meinere
19419der mût betrûbit sêre
19420um dî brûdre und daz her,
19421daz sich vorzôg ir widirkêr
19422sô lange ûz den tagin,
19423als er hatte vorslagin
19424sî gewislîch widirkumen,
19425und inhatte ouch vornumen
19426von in dikeinir hande mêr.
19427133 a    Diz lag im zu herzin swêr,
19428dâbî im sundîrlîche nôt
19429des comentûrs vorlust irbôt
19430von Ragnîten, der aldort
19431von den heidin was irmort.
19432Und dô in disen swêrin
19433mit sînin gebîtegêrin
19434der meistir sus betrûbit saz,
19435dî und andir sache maz,
19436dî den brûdrin manchirwein
19437hertlîch wârin bîgelein,
19438und sich darum betrûbete,
19439daz ouch ir îclich ûbete
19440irsûfzinde zu gote,
19441sô trittit în ein bote;
19442der begunde sagin
19443wî aldort irslagin
19444dî brûdre von Ragnîten
19445hattin von den dîten
19446vumfundzwênzic strûtêre.

--- S. 529 ---

19447Und dô sus dise mêre
19448dirre noch was saginde,
19449dô quam ein andir jaginde,
19450in kundinde der brûdir kumft,
19451und wî sî dî sigenumft
19452von den vîendin trûgin,
19453der sî vil irslûgin
19454mit strîtlîchir âchte;
19455und ê der vollinbrâchte
19456mit ganzir rede ditte,
19457sô kumt gegân der dritte,
19458der von vremdin landin lif,
19459und gab dem meistir einin brîf,
19460darinne man geschribin vant,
19461daz des lebins was geblant
19462dort ein mechtic vurste,
19463den î darûf durste,
19464wî er hin vortribe
19465133 b    dî brûdre unde blibe
19466hêrre in Prûzinlande.
19467Und dô der meistir irkande
19468und mit im dî gebîtêr
19469dise manicvaldin mêr,
19470sô gût, noch bezzir, allir best,
19471sî wurdin allir leid intlest
19472und gewunnen vroide grôz,
19473sô grôz, daz joch aldâ begôz
19474manch ouge manchin bart vil grîs;
19475want als dî hitze tût daz îs
19476zusmelzin und zuvlîzin,
19477sust mûste sich irgîzin
19478nâch den sô bittrin smerzin
19479ûz den irsûfztin herzin
19480von grôzin vroidin manic trân
19481an in allin sundir wân,
19482als sî dî wandelunge twanc.
19483Ouch wart mit grôzim lobe danc
19484gesagit von der rote
19485dem vil getrûwin gote,
19486der in allin pînen
19487wiggit î den sînen
19488wunnenbernder helfe trôst
19489und sî ûz nôtin tût irlôst.
19490Sus wart der brûdre trûren
19491und ir trûbic sûren
19492gewant in vroide zu der zît;
19493des sî got gebenedît!
Wî Kolaine dî burc wart vorbrant und daz gebît Junigêden vorhert.

[Dusb. III, 243.]

19494In unsirs hêrrin jârin,
19495dô der vorgangin wârin      [1291
19496zwelfhundirt nûnzic darzû ein
19497und unsir vrouwin tag irschein,
19498den man nennit lîchtwîe,      [2. Februar
19499nam der wandils vrîe
19500gotis kempfe vil gehuir
19501133 c    von Kungisberc der comentuir
19502brûdir Bertolt von Brûhavin
19503von brûdrin unde wâpinknavin
19504an sich vumfzênhundirt man
19505unde zôch mit den hin dan
19506zu Littouwin in daz lant,
19507dâ er an dem wege vant
19508lêre stân dî burc Kolein.
19509Dî vorbrante gar der dein
19510und dô vurbaz dî reise nam
19511und in dî gegenôte quam
19512genant zu Junigêdin,
19513dî er nâch swindin vêdin
19514vorbrante und beroubete
19515und ouch dâ betoubete
19516der heidin mit des tôdis val
19517unde vîng in rûmir zal
19518von mannen unde wîbin
19519bî sibinhundirt lîbin.
Wî dî burc Junigêde wart gebûwit und Mederabe dî burc gewunnen.

[Dusb. III, 244.]

19520Darnâch dô iz ôstirn wart      [22. April
19521in des selbin jâris vart,      [1291
19522dô bûwte dî littowsche dît
19523eine burg in daz gebît
19524zu Junigêdin vorgeseit,
19525der wart der name angeleit,
19526daz man sî nâch dem lande
19527ouch Junigêdin nande.
19528Und dô diz der Brûhaf vornam,
19529tûsint man er an sich nam,
19530mit den er wolde hân vorstôrt
19531sî von der bûwunge dort,
19532des er doch hatte widirstôz,

--- S. 530 ---

19533want ir menie was zu grôz,
19534dî im des pflac widirstân;
19535alsus wart dâ sîn wille wan;
19536133 d    und doch, ûf daz nicht lêre
19537sô gar dî reise wêre,
19538sô irhûb er sich her abe
19539vor dî burc zu Mederabe,
19540dâvon dî cristin vor dem zil
19541intpfangin hattin schadin vil,
19542unde sturmete daran
19543sô lange, unz er sî gewan
19544mit creftin ûz der vîende hant,
19545und was er dît darûffe vant
19546dî irslûg er odir vînc.
19547Und dô er diz alsô begînc,
19548dî burg er brante niddir
19549unde zôch kegn hûse widdir.
Wî brûdir Gêrhart wart bekart.

[Dusb. III, 245.]

19550Ouch in dem selbin jâre,      [1291
19551als ich hôrte vorwâre,
19552zu Mergenburg er Gêrhart
19553des dûtschin ordins brûdir wart,
19554von dem ich sus vornumin hân:
19555ê er den ordin an sich nam,
19556daz er gesinde wêre
19557des marcgrêven gewêre
19558von Brandinburc genennit,
19559unde was irkennit
19560vollenkumen mit vornunst
19561an zimmirwirkindir kunst,
19562sturmis hantwerc zu bûwin.
19563Und dô er sich geblûwin1
19564darundir hatte manche vrist
19565unde mit der werke list
19566burge unde stete
19567vil irsturmit hête
19568und alsô zu nichte brâcht,
19569zuletst geschach in einre nacht,
19570dô er ûf sînem bette lac
19571und îdoch nicht slâfis pflac,
19572daz er in beslozner tur
19573134 a    vîr man kumin sach hervur
19574getretin bî daz bette,
19575der îclîchir hette
19576eine kerze schône intprant,
19577dî er trûg in sînre hant.
19578Dî vîre sich dâ vûgetin
19579alum in unde rûgetin
19580ûf in mit urkunde
19581manchirhande sunde,
19582dî er hatte widir got
19583begangin durch des tûvils spot.
19584Und dô sî daz geantin,
19585ein zil sî im benantin,
19586bin dem er solde ebin
19587bezzerin sîn lebin,
19588und ob er des nicht tête,
19589ir manunge vorsmête,
19590sô wolde an im sundir wân
19591des gotlîchin zornis ban
19592lîb unde sêle sterbin
19593und êwiclîch vorterbin;
19594und des zu wârin zeichin
19595sach er sî dâ reichin
19596und langis ûf sich streckin
19597ein wîz tûch mit vîr eckin
19598in der wîse glîche,
19599als ûf eine lîche.
19600Hîmitte sî vorswundin;
19601îdoch in den stundin
19602daz tûch aldâ ûf im belac.
19603Von der geschichte sêr irschrac
19604der vorgenante Gêrhart
19605und des zuhant voreinit wart,
19606als in twanc der sêlin rûch,
19607daz er mit im nam daz tûch
19608und kegn Prûzinlande vûr,
19609dâ er sich in den ordin swûr
19610des dûtschin hûsis ouch zuhant
19611134 b    zu Merginburc dâ vorgenant;
19612und in dem nûwin lebin,
19613dem er was irgebin,
19614wante er sô ebin
19615alle sîne sinne
19616in dî gotis minne
19617unde warb darinne,
19618unz er an tugindin becleib,
19619daran er ouch stête bleib,
19620und ein heilic lebin treib
19621zu gote vil genende

--- S. 531 ---

19622âne missewende
19623unz ûf ein sêlig ende.
Wî Pastouwe und Geisouwe dî gebît wurdin gehert.

[Dusb. III, 246.]

19624In des selbin jâris1 kêr      [1292
19625der meistir brûdir Meiner,
19626des mût î ûf urloige glam,
19627hundirt brûdir an sich nam
19628und ein her von volke grôz,
19629dâmit er reisete âne drôz
19630kegn Littouwin ûf dî dît,
19631dâ er dise zwei gebît
19632Geisow unde Pastow
19633allintsamen ubirzow
19634stiftinde dâ grôzin brant.
19635Andirs er dâ lutzil vant,
19636daz man vân odir slân
19637odir trîbin mochte dan;
19638sô gar was iz intwichin
19639und besît gestrichin.
19640Und dô er sich her abe brach,
19641im zugin dî Littouwin nâch
19642mit vil grôzin creftin
19643und begondin heftin
19644sich inhant an dî brûdere.
19645Nû was ouch in dem lûdere
19646dâ mit in Jeisbûte
19647134 c    in vîentlîchim mûte,
19648der ê was der brûdre vrûnt
19649und nû hezlîch ûf sî inzunt.
19650Dô der rechtir mâz intsûb,
19651ûz den andrin er sich hûb
19652sprenginde hezlîche
19653an brûdir Heinrîche,
19654den man nante Zuckeswert,
19655unde wunte im sîn pfert,
19656daz ouch den brûdir mûhete
19657und in zorn irglûhete,
19658indem er sich ouch nâch im brach
19659und ein sper aldurch in stach
19660und im noch baz zûstrebete.
19661Und dô Jeisbût intsebete,
19662daz er hatte des tôdis stich,
19663gerochin hêt er gerne sich
19664und mochte doch vor sêrin
19665sich nicht umgekêrin.
19666Îdoch slûg er zurucke
19667nach wânis gelucke.
19668Der slege einre sô gerît,
19669daz er dem Zuckeswerte schrît
19670einin vingir ûz der hant.
19671Sus wart der strît mang in volant.
Wî daz gebît Oukaim wart gehert.

[Dusb. III, 247.]

19672Des selbin jâris, dô gelac      [1292
19673Pêtrî unde Paulî tac      [29. Juni
19674der apostelin gote wert,
19675der vorgenante Zuckeswert
19676brûdir Heinrîch, der sô was
19677comentuir, als ich las,
19678zur Balge in den zîtin,
19679vumfzênhundirt rîtin
19680und zwênzic brûdre an sich nam,
19681mit den er kegn Littouwin quam
19682heimelîch und ân gepruis
19683134 d    zu Junigêdin bî daz huis,
19684dâ er sich in lâge starc
19685mit alle sîme volke barc,
19686und lîz sich ôt irbîtin
19687dî banîr von Ragnîtin
19688vurbaz zu der vestin,
19689darûffe dâ von gestin
19690was vil Littowschir rotin
19691von andrin gegenôtin.
19692Den tet zorn dî turstikeit,
19693daz in diz volk sô nâhin reit,
19694unde volgtin ouch zuhant
19695in mit gewâpinter hant,
19696als in ir vreidikeit gerît.
19697Dâ hettin der Littouwschin dît
19698dî brûdre vil irslagin,
19699wan daz sî ûz den lâgin
19700zu bezîte praltin.
19701Hîmit sî daz vorsnaltin,
19702und dô ir hoffenunge wan
19703wart alsô, sî zugin dan
19704durch rû an eine legirstat
19705und dâ hîldin manchin rât,

--- S. 532 ---

19706wâ sî woldin kêrin hin.
19707Zu jungist sich ir allir sin
19708begonde darûf wendin,
19709daz sî mit lêrin hendin
19710nicht inwoldin kumin heim,
19711und alsô dannen kegn Oukeim
19712zugin in daz burcgesûch,1
19713dâ sî der ungetouftin gnûch
19714vîngin unde slûgin
19715und zusamne trûgin
19716grôzin roub von habe,
19717und machtin sich her abe.
19718Und want dî rîtin alle
19719zu des geschreies schalle
19720nâch der lande willekur
19721135 a    an dem andrin tage vur
19722gejagit kegn Junigêdin wârn,
19723des volgtin hî den cristnen scharn
19724nicht wen zu vûze dî Littouwin
19725unde woldin hân vorhouwin
19726dî wege dâ durch einen walt.
19727Doch wârn dî brûdre sô balt,
19728daz sî hindurch intquâmin
19729und dânâch ir nâmin
19730ûf einer rûmen heidin war
19731und dâ slûgin von der schar
19732zwelfe, dî dâ blibbin ligin.
19733Alsus dî andrin dô vorzigin
19734zu volgene dem here siddir
19735kêrnde kegn hûse widdir.
Wî Polênerlant wart gehert.

[Dusb. III, 248.]

19736Des selbin jâris ouch geschach,
19737daz man von Littouwin sach
19738den kunic Putuwere
19739mit eime grôzin here
19740sînen sun Witênen
19741sendin kên Polênen
19742zu Brist in dî gegenôt,
19743dâ sî manchin menschin tôt
19744slûgin unde vîngin
19745und jâmirs vil begîngin
19746mit roube und mit brande
19747und unvlât manchirhande.
19748Und dî wîle sus dî schar
19749herte vaste her und dar
19750in dem lande zu Kujaw,
19751hêr Kasimir und Vlozizlaw,
19752der Loket was zûgenamet,
19753dî herzogin beidintsamet
19754betrûbit wârin sêre,
19755daz sî dî unêre
19756und den grôzin schadin,
19757dâmit sî sus vorladin
19758135 b    ir lûte sâhin und ir lant,
19759nicht mochtin mit werlîchir hant
19760an der dît geandin,
19761unde botin sandin
19762zu meistir Meinkin und den bâtin,
19763daz er helflîch in zu statin
19764mit den sînen quême;
19765des der helt genême
19766sundir suimen was gereit.
19767Und dô er quam und angereit
19768daz her nâch strîtis vêde,
19769dî herzogin bêde
19770griffin an zuhant dî vlucht
19771und alle dî polênsche trucht
19772hûb sich vluchtic nâch in dan.
19773Und dô dî brûdre daz irsân,
19774sî irschrâkin der geschicht,
19775want sî gestrîtin mochtin nicht
19776der menige grôz alleine.
19777Hîvon ir schar gemeine
19778sich ouch von den vîendin brach,
19779daz âne schadin nicht geschach;
19780want vil brûdre wurdin wunt
19781und andir volk ouch in der stunt.
Wî dî brûdre wurdin irlôst von eime vorrêtnisse.

[Dusb. III, 249.]

19782In unsirs hêrrin jârin
19783dô der vorgangin wârin
19784nûnzig und zwelfhundirt
19785und zwei darûf gesundirt,      [1292
19786brûdir Meinke, der î gnûc
19787mit allim vlîze darûf wûc
19788und mit stêtir arbeit,
19789wî er dî gotis cristinheit
19790mit schirme ûfgezukte

--- S. 533 ---

19791und wî er gedrukte
19792vorterbinde des tûvils lût,
19793von brûdrin zusamne lût
19794135 c    und von Prûzin ein michil her,
19795neminde mit den dî kêr
19796kegn Littouwin durch vrumen.
19797Und dô er sô hin kumen
19798was mit des heris sterke
19799an des landis gemerke,
19800ein Prûze heimelîchin quam
19801und den Zuckeswert besîten nam,
19802sprechinde alsus zu im:
19803›Hêrre, wiltû, sô vornim
19804›und geloube den wortin mîn,
19805›dû und al dî brûdre dîn
19806›sît vorrâtin sundir wân,
19807›want wô ir daz grîfit an,
19808›daz ir dî reise trîbit vort,
19809›sô vindit ir besamnit dort
19810›dî Littouwin mit grôzir macht.
19811›Wirt ûch abir des gedâcht,
19812›daz ir widirkêrit,
19813›sô wert ir vorsêrit
19814›von den Prûzin in den tôt,
19815›want sî hân ûf ûwir nôt
19816›allintsam voreinit sich.‹
19817Dô sprach brûdir Heinrîch:
19818›Ei, sint diz dinc dir kundig ist,
19819›sô gib uns rât, mit welchir list
19820›wir der nôt genesin!‹
19821Dô sprach er: ›Lâzit wesin
19822›dise reise hî bezilt,
19823›ob ûch des râtis nicht bevilt,
19824›unde zît kên hûse wart,
19825›wesinde alsô bewart,
19826›daz ir ûf dem wege
19827›nacht unde tac zu pflege
19828›hât dî wâpin angeleit,
19829›unde sît zu wer gereit!
19830›Daz werdin lîchte schûwin
19831›an ûch dî ungetrûwin
19832135 d    ›und alsô dî erge lân
19833›der sî kegn ûch willin hân.‹
19834Dô dî rede was volant,
19835brûdir Heinrîch gînc zu hant
19836unde saite dise wort
19837dem meistre unz an daz ort,
19838der ouch sante drâte
19839mit der brûdre râte
19840spehêr vurbaz in daz lant;
19841und dô er dî ding alsô irvant,
19842als der warnêr ê tet kunt,
19843und daran ouch wol vorstûnt
19844hî der Prûzin vornoigîrn,
19845des lîz er ouch zuhant cregîrn
19846dem here dâ dî widirvart.
19847Darzû ouch gebotin wart,
19848daz sî dî wâpin vûrtin an;
19849darundir sô besante sân
19850der meistir heimelîchin
19851der eldistin iclîchin,
19852besundirn dî den hôstin rât
19853hîldin an der ubiltat,
19854und sî zuteilte her und dar
19855den brûdrin, dî ir soldin war
19856mit stêtir hûte nemin,
19857daz sî nindirt quêm in
19858zusamne mê durch dî geschicht
19859und ouch daz sî intvluhin nicht.
19860Alsus sî bî in hîldin
19861dî brûdre und ir wîldin
19862mit gûtir pflâge nacht und tac;
19863darundir man ouch râmin pflac,
19864daz sî î daz leggir schît.
19865Und dô sus dî gemeine dît
19866sach ir anewaldin
19867sich zu den brûdrin haldin
19868hî und dâ zu pflege
19869an tische, tranke, wege
19870136 a    mit vroidin spâte unde vrû,
19871in trat michil angist zû,
19872want sî hatten iz dâ vur,
19873daz ir valsche willekur
19874von den selbin wêr intdekt
19875und daz sî hettin sî benekt
19876bekornde zu der missetât;
19877und hûb sich ein murmelât
19878heimelîchin undir in;
19879îdoch bleib ir argir sin
19880an der vulbort betoubit,
19881want sî dikein houbit
19882hattin, daz in wêre bî.
19883Alsus dî brûdre quâmen vrî
19884heim vor allem schadin
19885von unsirs hêrrin genâdin.

--- S. 534 ---

Wî Polênerlant wart gehert und vil tû­sent cristen geslagin und gevangin wurdin.

[Dusb. III, 250.]

19886In den selbin zîten      [1294
19887von Littouwin Witen
19888den kungis sun an sich gewan
19889der sînen achtehundirt man
19890und abir kegn Polênen reit,
19891der reinin gotis cristinheit
19892zu jâmirlîchir pflâge,
19893und an dem pfingistage,      [6. Juni
19894dô sich zu lobe gote
19895der tûmhêrrin rôte
19896und al dî andre pfafheit
19897gezîrit hatte und angeleit
19898mit pfeflîchim ornâte
19899in lobelîchir vlâte
19900unde hîldin schône
19901dî processiône
19902in gotlîchim rûme
19903zu Lunczicz in dem tûme,
19904und daz gotis reine
19905136 b    cristnevolc gemeine
19906in andâcht hatte sich gesamt
19907zu hôrne daz gotis amt,
19908dô quam des tûvils bote în
19909gesprengit mit dem here sîn
19910sundir vorwarnunge gar
19911unde slûc der cristninschar
19912in der kirchin dâ mit nôt
19913wol vîrhundirt mensche tôt;
19914doch pfaffin und prêlâtin,
19915dî daz gelucke hâtin,
19916er gevangin nam ein teil,
19917daz sî achtin vor ein heil,
19918want in daz lebin alsô bleib,
19919und dî mit im von dannen treib.
19920Kelche, mesgewête
19921und alle daz gerête,
19922daz gote was gewîet
19923und in sîn dînst gevlîet,
19924nam der ungenême
19925und in ungezême
19926ûbunge sî vorspente;
19927darzû dî sacramente,
19928der wir geistlîch hî waldin
19929und uns sint zu sâldin
19930in êwic pfant gewisse,
19931er gote zu smênisse
19932mit der kirchin vorbrante
19933und gar in asche wante;
19934darzû allirwegin
19935daz lant dâbî gelegin
19936vorherte unde machte toub
19937und nam ouch dâ vil grôzin roub
19938von mannin, kindin, vrouwin,
19939daz iclîchim Littouwin
19940geburte an der buite
19941zwênzic cristeneluite.
19942Dô hêr Kasimir gesach
19943136 c    der herzoge diz ungemach
19944und dî jâmirbernde nôt,
19945dî sich sînem volke bôt,
19946daz man hin vûrte in vorlust;
19947ein bittir zorn in sînre brust
19948mit leide sô irbolgete,
19949daz er den vîendin volgete,
19950dô sî zugin dannen,
19951mit achzênhundirt mannen.
19952Und dô er vaste bî sî quam
19953und daz Bonislaw vornam,
19954der herzoge von Masow,
19955inweiz welch geist in ummezow
19956und was in leitte ûf den sin,
19957wen daz er worchte zwischin in
19958vridde durch eine sûne
19959ûf eine benante lûne;
19960und dô dâbinnin sundir vâr
19961dî Polêne her und dar
19962sich von einandir strouweten,
19963dî Littouwin beschouweten
19964unde wârn âne wer,
19965dô hûb sich Witênis her
19966an sî den vridde brechinde,
19967slânde unde stechinde
19968in vîentlîchir gire
19969und dâ Kasemire
19970den herzogin slûgin tôt
19971und mit semelîchir nôt
19972sîn volke irmortin allintsam,
19973daz nî mensch, als ich vornam,
19974intquam der nôt sô bittir,
19975sundir ôt ein rittir;

--- S. 535 ---

19976den hôrte man sint wol vorjên,
19977wî den andrin was geschên.
Wî dî cristnen wurden irlôst ûz der Lit­touwin hant.

[Dusb. III, 251.]

19978In des selbin jâris jage
19979136 d    bî sente Jacobis tage,      [1292 25. Juli
19980der nach pfingistin gelît,
19981der comentûr von Ragnît
19982brûdir Conrât Stange,
19983der zu urloigis prange
19984was ein helt gewêre,
19985nam an sich wêpenêre
19986unde brûdere nicht vil
19987mit den er reiste in dem zil
19988hin kegn Junigêde.
19989Und dô er in dî nêde
19990was kumin mit der rotin,
19991er sante einin botin,
19992der ebbin dort besêge
19993der burcluite gelêge,
19994wî iz um sî wêr gestalt.
19995Der bote quam erwidir balt
19996und jach, daz al der plân
19997vor dem huise wêr bevân
19998mit eime starkin here,
19999und dî burg ouch wêre
20000gemannit mit vil grôzir lût.
20001Der rede irschrak der brûdre mût
20002und ouch der andrin sêre;
20003›Nem wir dî widdirkêre,‹
20004sprâchin sî, ›zurucke;
20005›daz wirt uns ungelucke,
20006›want wir in mugin nicht intvlîn;
20007›ist danne, daz wir ûf sî zîn
20008›und in strîte sî bestân,
20009›sô blîb wir al des lebins ân;
20010›want ir macht ist ungehuir.‹
20011Dô sprach zu in der cometuir
20012in gebinde menlîchin trost1:
20013›Got,‹ jach er, ›ofte hât irlôst
20014›genêdiclîch dî sînen
20015›ûz nôtin und ûz pînen;
20016›dî ôt im getrûwetin
20017137 a    ›und ûf sîn hulfe bûwetin,
20018›der keinre wart vorlâzen nî.
20019›Nû hof ich,‹ sprach er, ›daz wir hî
20020›sîn alle in sîme lobe,
20021›sô ist er î uns obe.
20022›Dêswâr mîn hoffenunge stât2,
20023›daz uns sîn helflîchir rât
20024›lôse ûz allir nôte stric;
20025›want alleine uns gebe schric
20026›grôzir menie aneblic,
20027›doch von himele kumt der sic.
20028›Des lâze wir al unsir dinc
20029›zu im âne zwîvils winc
20030›und slân mit in zusamen
20031›wol dan in gotis namen!‹
20032Sus sî dô sundir bleichin
20033des heiligin crûzis zeichin
20034mit andâcht vor sich schrenktin
20035und an dî vîende sprenktin
20036unde slûgin in der zît
20037ân allirhande widirstrît
20038ein michil part des heris tôt;
20039daz andre teil intvlôch der nôt
20040und doch mit manchir wundin rôt.
20041Alsus schûf zeichinlîchin got
20042nâch sînir trûwe gebote,
20043daz dî vil cleine rote
20044den sic dem grôzin here nam
20045und ouch widdir dannen quam
20046gar ân allirhande leit.
20047Des sî im immir lob geseit!
Wî dî vorburge des hûsis Junigêden wur­din vorbrant.

[Dusb. III, 252.]

20048In unsirs hêrrin jârin
20049dô der vorloufin wârin
20050zwelfhundirt nûnzig unde drî,      [1293
20051meister Meinke, dem î bî
20052was der vlîz mit girde,
20053137 b    wî er hô an wirde
20054dî cristinheit gesetzte
20055und dâbî geletzte
20056dî vorwâzne heidinschaft,
20057besamente alle sîne craft

--- S. 536 ---

20058unde zôch sô hin besît
20059kegn Littouwin wintirzît
20060zu Junigêden vor daz huis
20061und daran mit sturmis pruis
20062vîentlîchin stuntte
20063und darûffe wuntte
20064mit geschozze manchin man;
20065îdoch dî burc er nicht gewan
20066mit des sturmis geschurge;
20067sundir zwei vorburge,
20068dî dem hûse lâgin vor,
20069einez ûf dem berge impor,
20070daz andir in dem tale,
20071vorbrante er zumâle.
Wî daz Schalowsche hûs wart gesturmit.

[Dusb. III, 253.]

20072Dôselbins von dem her intran
20073ein Ragnîtisch cristinman,
20074der was von art ein Barte,
20075und zu den heidin karte,
20076als im dô rît der tûvil daz.
20077Derselbe knabe sich vormaz,
20078er wolde daz Schalowsche huis
20079âne widirsatzis gruis
20080schickin zu des kungis hant
20081und der rede sich vorbant
20082mit sînis halsis pfande.
20083Hîvon der kunic sande
20084desselbin wintirs mit im hin
20085ein her ûf des gelubdis sin.
20086Und dô sî quâmin nâhin bî,
20087sî trâfin ûf der vischerî
20088an der reise stîge
20089137 c    brûdir Lûdewîge,
20090der der Ochse was genant,
20091unde slûgin den zuhant,
20092und dô vurbaz strichin,
20093unz sî heimelîchin
20094nâch iris leitmannis spor
20095quâmen an daz burgetor.
20096Des morgins, ê der tag ûfbrach,
20097dô wart sô luite ir gebrach
20098und ir trampeln dâvor,
20099daz iz ûf der burc impor
20100dî brûdere vornâmen;
20101dî wârin daz bî namen,
20102Conrât, als ich hôrte sain,
20103und brûdir Albrecht von dem Hain.
20104Dî zwêne und ir gesinde
20105liddin dô vil swinde
20106nôt und anevechtin groz
20107von der vîende widdirstôz,
20108dî hezlîch an sî kêrtin;
20109dâkegn sich gene wertin
20110und daz sô lange hertin,
20111unz sî dî burg irnertin,
20112daz vil kûme doch geschach.
20113Und dô der vîende her gesach,
20114daz irre hoffenunge wân
20115an der geschicht was wurdin wan,
20116daz vorhuis sî dô brantin
20117und sich von dannen wantin,
20118îdoch nicht âne schadin;
20119want ir was gnûc vorladin
20120beidirsît mit wundin
20121bin des sturmis stundin.
Wî dî vorburge zu Pistin und zu Juni­gêden wurdin vorbrant.

[Dusb. III, 254.]

20122Darnâch an sente Jacobs tac,
20123der in dem sumere gelac,
20124meistir Meinke abir nam      [1293 25. Juli
20125137 d    ein mechtic her, dâmit er quam
20126vor dî burge beidintsam
20127Pisten, Junigêdin
20128und sturmete zû in bêdin
20129in vientlîchin vêdin.
20130Dâ wart ein teil luite sêr.
20131Nicht schûf er ouch dâ nutzis mêr,
20132wenne brante zu der zît
20133dî vorburge beidirsît.
Wî dî gebît Pastow und Geisow wurdin gehert.

[Dusb. III, 255.]

20134In unsirs hêrrin jârin
20135dô der irvullit wârin
20136nûnzig und zwelfhundirt      [1294
20137und vîre drûf gesundirt,
20138an des wintirs ende
20139der meistir vil genende
20140zusamen brâchte sîne macht
20141unde hatte sô gedâcht,

--- S. 537 ---

20142daz er wolde reisin
20143und dî Littouwin neisin
20144in dem gebît Erogiln,
20145und daz wart sich vorzogiln,
20146want iz im intrâtin wart.
20147Doch wolde er dî herevart
20148nicht lâzin gar vorterbin,
20149sundir etswaz erwerbin,
20150ob im got vûgete daz heil.
20151Daz her er schichte in zwei teil
20152und lîz dî von Ragnîtin
20153zîn mit den Sambîtin
20154in daz gebît Pastouwe;
20155sô hûb sich kegn Geisouwe
20156in daz gebît daz andre part.
20157Der lant iqueddir sêre wart
20158mit brande dô vorterbit.
20159Darzû wurdin gesterbit
20160und getribin dannen
20161138 a    von wîbin unde mannen,
20162als ich mir hôrte duiten,
20163wol bî hundirt luiten,
20164und darzû grôze habe
20165vûrten sî her abe.
— — —

[Dusb. III, 256.]

20166Nû merket hî ein wundir
20167sunderlîchin undir;
20168dô diz her hî herte
20169unde widirkêrte,
20170daz was bî der sumirzît,
20171als daz wettir warmen pflît
20172und dî kelde wesit lîs,
20173hîvon dô der Memlen îs
20174was murwe unde dunne,
20175want obin daz îs dî sunne
20176hatte vil vorsmelzit,
20177sô undin iz vorschelzit1
20178hatte gar des wazzirs swanc,
20179daz iz ôt was sêre kranc.
20180Îdoch zôch gewâpint swêr
20181darubir al daz grôze her,
20182daz nî schade sî bevlacht.
20183Und als diz waz zu mittirnacht,
20184des morgins, dô irschein der tac,
20185dô was dâ nicht wen lûtir wâc.
20186Dêswâr daz wundir wundirlîch
20187worchte got dô sundirlîch.
20188Der selbe got, der starke got,
20189der got, des almechtic gebot
20190dâvor daz Israhêlsche her
20191vûrte durch daz rôte mer
20192von Egipten alsô, daz
20193sî nî vûz gemachtin naz,
20194sundir zu iclîchir hant
20195stûnt in daz wazzir sam ein want2,
20196unz sî ubbirquâmen,
20197dô trat iz zusamen
20198in sîn erste sâze;
20199138 b    in semelîchir mâze
20200leitte got wol sîne trucht
20201an dirre vlûte ubirzucht.
20202Des sî im lob und êre
20203gesagit immer mêre!
Wî dî zu Pisten wurden geroubit.

[Dusb. III, 257.]

20204Zuhant nâch disin zîtin
20205wurdin zu Ragnîtin
20206in eine lantwer gesant
20207drî brûdere alsus genant:
20208von Esebeke Dîterîch
20209und noch zwêne, der iclîch
20210hîz Otte, sus vornam ich ditz,
20211von Bergow und von Cedelitz.
20212Dô dise brûdere sô hin dan
20213und mit in drîhundirt man
20214zu Ragnîtin quâmin,
20215der brûdre sî dâ nâmin
20216und wêpenêr ein teil,
20217mit den sî zugin ûf ein heil
20218vor daz huis zu Pistin
20219und dan ir kuchchin spîstin
20220neminde vil gar dî hert.
20221Ouch sô slûg aldâ ir swert
20222ein michil teil Littouwin;
20223sô kindir unde vrouwin
20224sach man sî dannen trîbin
20225wol bî sibinzic lîbin.

--- S. 538 ---

Wî dî Wisen wart gebrochen.

[Dusb. III, 258.]

20226In den zîtin Bonislaw,
20227der herzoge von Masaw,
20228dem tûvele gehorchte
20229unde gotis vorchte
20230warf in argir tucke
20231vorevelîch zurucke,
20232sô daz er Cristô zu smâheit
20233und der reinen cristinheit
20234zu schedelîchir pînde
20235138 c    des geloubin vînde,
20236dî Littouwin, ofte pflac,
20237swen sî quâmen, nacht und tac
20238hûsen unde hegin
20239und iren bruch1 irlegin
20240mit vrûntlîchim spîsen
20241ûf sînre burc zur Wisen,
20242in teilnde swaz er hatte,
20243darubbir in gestatte,
20244daz sî dannen reisetin,
20245herten unde neisetin
20246Prûzin und Polênerlant.
20247Und waz er wart darûf gemant
20248mit drouwe unde bete,
20249daz er sich abetête
20250und vorzigge der geschicht,
20251sô gab er ûf dî rede nicht
20252und wolde ôt wesin zûgehaft
20253pflichtinde der heidinschaft
20254ûf der cristnen ungemach.
20255Und dô meistir Meinke sach
20256sô gar vorhertit ûf ungût
20257des vorgenantin vurstin mût,
20258er nam in sînen sin ein wort,
20259als daz recht beschrîbit dort,
20260daz man dâ hegit arge tât,
20261swâ man ir nicht widirstât,
20262noch den vorbirt dî bezicht,
20263ern habe touge mitepflicht,
20264der offinbâre sunde sicht
20265und den gerûchit stuiren nicht.
20266Der bezicht wold er wesen lêr
20267unde zoch mit sîme her
20268vor dî selbin vestin
20269und dî sundir restin
20270alsô lange anevacht,
20271unz er sî gewan mit macht;
20272darnâch er sî vorbrante,
20273138 d    vortilgte und vorwante.
Von brûdir Lûdewîge von Lîbenzelle.

[Dusb. III, 259.]2

20274In des selbin jâris vart
20275comentuir zu Ragnîte wart
20276brûdir Lûdewîc von Lîbenzel,
20277ein degin turstig unde snel
20278beid an mûte und an tât,
20279swâ man kegn den vîndin trat.
20280Der selbe ouch nû mit listin scharf
20281und mit vrechir hant sich warf
20282âne drozzis widirboige
20283in ein unrûig urloige
20284kegn der ungetouftin dît,
20285mit sînen brûdrin von Ragnît
20286haldinde bî sîner zît
20287manchin lobelîchin strît
20288in reisen manchirhande
20289zu schiffe und zu lande.
20290Eins er sich zu schiffe nam
20291mit den sînen unde quam
20292zu Ousteten in daz lant,
20293daz dem kunege ist benant3
20294von Littouwin und gehaft
20295mit dînste sîner hêrschaft.
20296Dâ was ein mechtic dorf gelein
20297unde rîch, daz hîz Rômein.
20298Daz dorf al dî Ousteten
20299gar vor heilic hêten
20300nâch irre tummen wîse.
20301In daz dorf vil lîse
20302der comentuir sich vlîete
20303und alumme wîete
20304dâ traginde dî vanen
20305mit sînen cappellânen
20306in michlem ungehirme.
20307Dâ was scharf dî firme4:
20308swem man sî kegn dem houbte bôt,
20309der vîl zuhant dâ nidir tôt,
20310139 a    wî heilig er joch wêre.
20311Nû lâz wir dî schimpfmêre:
20312er vîng ôt unde machte blas

--- S. 539 ---

20313alliz, daz darinne was,
20314und darnâch dannen karte.
20315Doch an der selbin varte
20316einin brûdir er vorlôs,
20317der von der vînde handin kôs
20318aldâ des tôdis widirgelt;
20319der hîz Conrât von Tûschinvelt.
20320In semelîchin reisin
20321pflag er ofte neisin
20322dî Ousteten in dem zil
20323sî mûhinde unmâzin vil
20324mit manchim swindin schuire.
20325Îdoch ir nâkebuire,
20326ich meine dî Samaiten,
20327daz leit nicht sêre claiten,
20328want des iren was sô gnûc,
20329daz er zu pflege ûf sî trûc
20330mit urloigis prestin,
20331daz sî nicht inwestin,
20332wî intwendin sich der nôt.
20333Nû was dâ eine gegenôt,
20334dî man Pograudin nante,
20335dâkegin er sich wante
20336mit den sînen heimelîch
20337unde in eine lâge sich
20338mit der menie dâ vorstîz
20339unde ein cleine rote lîz
20340vorbaz jagin in daz lant,
20341von der alumme wart gerant
20342slânde unde hernde
20343und dô dannen kêrnde.
20344Des wart dî dît irbolgin
20345und begonde volgin
20346in vaste nâch mit al der macht,
20347dî in von rîtin was geacht,
20348139 b    den herndin ôt zûharrinde
20349und dî lâge vorglarrinde1
20350unz in recht gevelle.
20351Dô hûb sich ein geschelle:
20352dise hî zûrantin,
20353sô gene dort sich wantin,
20354unde slûgin ôt sô gar
20355alle der Littouwin schar,
20356daz nî mê rîtin dannen quam
20357sundir sechs, als ich vornam;
20358dî andrin sturbin alle.
20359Und von dem selbin valle
20360wart Pograudin daz gebît
20361geswechit sô rîtindir dît,
20362daz iz sich des irholin sît
20363inmochte nicht in langir zît.
20364Daz selbe er ouch zu Waiken tat.
20365Lâge hatte er gesat
20366unde sante eine rote
20367sô hin in dî gegenôte,
20368dî daz volc dâ zockte
20369und her abe lockte
20370wol in rechte mâze.
20371Dô sprengte ûz der sâze
20372der comentuir unde slûc
20373der bestin von dem lande gnûc.
20374Mit alsulchim schricke
20375beglûmte2 er sô dicke
20376dî Littouwin hî und dort,
20377daz ich des inweiz kein ort,
20378sundir daz ich iz bezil.
20379Er beswêrte sî sô vil
20380beid mit creftin und mit list
20381binnen der sechs jâre vrist,      [1294—1300
20382dî er zu Ragnîtin rît,
20383daz er dî littousche dît,
20384gesezzin bî der Memil lanc,
20385allintsamin des betwanc
20386139 c    mit urloigis erge
20387von dem vlîze Nerge
20388unz an daz lendil Lamotîn,
20389daz sî gebundin mûstin sîn
20390vriddis der cristinheit
20391unde mit bescheidinheit
20392alle jâr zu gebene
20393den brûdrin vil ebene
20394gewissis zinsis mîte
20395ûf daz huis Ragnîte.
20396Nû merkit wundir unde sêt,
20397swî vil leidis in getet
20398der vorgenante Lûdewîc
20399binnen des urloigis krîc,
20400sô hattin sî in lîb îdoch,
20401alsô daz dî bestin joch
20402des landis zu Samaitin
20403reiztin unde jaitin
20404dî gemeine dît darûf,

--- S. 540 ---

20405daz sî in vorevler gûf
20406sich von dem kunige spîldin
20407unde widir in hîldin
20408ofte vîentlîchin strît,
20409sô daz bîwîlen beidirsît
20410zweihundirt odir hundirt man
20411tôt gelâgin sundir wân.
20412Ouch konde er iz zwischin
20413den landin alsô mischin
20414mit wundirlîchin listin,
20415daz bî sînen vristin
20416der kunic von Littouwin
20417mit bete noch mit drouwin
20418iz darzû mochte brengin nî,
20419daz dî Samaitin woldin î
20420im in urloige bîgestân
20421und dî brûdre vechtin an.
Wî der von Esbek wart geslagin mit drîn brûdren.

[Dusb. III, 260.]

20422139 d    In unsirs hêrrin jârin
20423dô der irvullit wârin
20424nûnzig und zwelfhundirt      [1295 20. Mai
20425darûf vunfe gesundirt
20426und der nêheste vrîtac
20427vor den pfingisten gelac,
20428vunf brûdre an sich nâmen
20429von Nattangin unde Samen
20430vunfzig unde hundirt man,
20431unde mit den sô hin dan
20432rîtende sich kartin
20433kegn dem lande Gartin.
20434Und dô sî quâmen in dî nêh,
20435sî santin, als sî dûchte wêh,
20436zurucke widir heim dî pfert
20437unde vûrn niddirwert
20438dî Memle zu schiffe
20439und an dem niddirswiffe
20440lag an der ûbirsîten
20441ein dorf der Littouwîten,
20442daz sî zuhant ûzslûgin
20443und sich dannen wûgin
20444ûf der Memil niddir baz.
20445Und dô dî heidin sâhen daz,
20446vil snel sî sich berîfin
20447und gewâpint lîfin
20448ouch zu iren schiffin
20449unde sich begriffin
20450in strîte mit den cristin.
20451Dâ wurdin in den vristin
20452geslagin zwêne brûdre vrech,
20453Dîterîch von Esebech
20454und der von Vêringin;
20455dâkegin ouch vorgîngin
20456Littouwin wol sibinzic man,
20457dî dâ wâpin hattin an
20458und zu strîte wârin geil,
20459der irschozzin wart ein teil;
20460140 a    ein teil ir ouch vorsunken
20461und in der vlût vortrunken.
20462Und dô dî schicht sus was irgân,
20463dî cristnen vûrten mit in dan
20464dî tôten brûdre bêde,
20465und dô sî Junigêde
20466dem hûse quâmen nebin,
20467sî wurdin dâ intsebin
20468allirwein der Memlen bach
20469sô sîchte wesin und sô vlach,
20470daz in dî schif bestûndin.
20471Zu loufin dô begundin
20472dî heidin abir mit unvûgin
20473und zwêne brûdre niddirslûgin,
20474dî des lebins blibbin blint;
20475der hîz einre Heinman Kint;
20476sô was genant der andre List.
20477Mit in blibin ouch in der vrist
20478tôt wol vunfundzwênzic man;
20479dî andrin quâmen wol her dan
20480und doch, ê sich der strît geschît,
20481sô wart geletzit vil der dît.
20482Der vorgenante Dîterîch
20483von Esebek intscheidinlîch
20484hatte vor disen nôten
20485brûdir Conrâde Rôten
20486geoffenbârit sînin tôt;
20487want dô er sîn ros im bôt
20488ûf der selbin reise wec,
20489›Nein,‹ sprach der von Esebek,
20490›behalt dîn ros; ich habe gnûc
20491›an mînem pferde ûf den gevûc
20492›und des hôstin gotis segn
20493›mûze dîn und ouch mîn pflegn,
20494›want ich alsô hinnen zî,
20495›daz dû mich ûf erden hî
20496›gesîst bî lebne nimmir mê,
20497›dî reise gê ouch wî sî gê.‹

--- S. 541 ---

140 b    Von der vorlust der pferde zu Rag­nîte.

[Dusb. III, 261.]

20498Nâch disen schichten ubir kurt
20499an dem suntage vor der geburt
20500sente Jôhans baptistin
20501dî Littouwin mit listin      [1295 19. Juni
20502quâmen touginlîchin
20503mit menie geslichin
20504vor Ragnîte ûf den wert
20505und nâmen dâ der brûdre pfert
20506allintsam, darzû daz vî,
20507daz in dêswâr vil nâhin gî;
20508doch mochtin siz nicht undirstân,
20509dî heidin tribin iz hin dan.
20510Sint abir in der herbistzît
20511quam dî dît durch irin nît
20512und vorterbete beidirsît
20513dî vorhûsir zu Ragnît
20514und zum Schalowschen hûse
20515mit michelem geprûse.
Von der vunften vornoigîrunge.

[Dusb. III, 262.]

20516Des selbin jâris Bonislow,
20517der herzoge von Masow,
20518gemûhit was vil sêre noch
20519von der vorstôrunge joch,
20520dî von dem meistre was geschên,
20521als ir mich ê hôrtit jên,
20522an der burc zur Wisen
20523und wold nicht vorkîsen
20524sînes ungemûtis zorn,
20525daz im dî vestin was vorlorn,
20526und ûf dî geschichte
20527der Littouwin pflichte
20528durch hulfe an sich zûwete
20529und sî widir bûwete.
20530Und dô der meistir daz vornam
20531in grôzer leide mû er quam,
20532dî im der angist worchte,
20533140 c    want er sêre vorchte,
20534daz dî vestin wurde
20535den cristnen eine burde
20536und ein schedelîch wê,
20537als sî was gewesin ê,
20538und lîz ein hervart schrîen
20539vrîen und unvrîen
20540allen den in Prûzinlant,
20541dî ôt undir sînre hant
20542wârin dâ gesezzin,
20543und hatte sich vormezzin,
20544daz er wolde hân vorstôrt
20545zur Wisen dî bûwunge dort,
20546ob iz im hette got gegunt.
20547Nû hatten zu der selben stunt,
20548ê daz her zusamne quam,
20549dî Nattangin allintsam
20550sich voreinet heimelîch
20551und gezogin joch an sich
20552daz meiste teil zusamen,
20553daz sî des tûvils namen
20554sich abir vornôgîrten;
20555îdoch sô hantîrten
20556dî Nattangin disen mein
20557in offinbârer schicht allein
20558und des alsô begundin:
20559sî hatten in den stundin
20560gekorn einin, genant Sabin,
20561der ir hergrêve solde sîn;
20562sô wârin an der valschin tât
20563dise der obirste rât:
20564Stante, Trinte und Gauwin,
20565und einre noch, der hîz Missin,
20566und darzû sumelîche mê,
20567der namen ich hî ubirgê
20568und sî dem tûvile bevil.
20569Dise schiktin in dem zil,
20570daz der selbe Stante,
20571140 d    den ich itzunt nante,
20572mit einer grôzin geselleschaft,
20573dî im darzû was geschaft,
20574zu Bartinstein velschlîchin quam
20575und dâ bî den helsen nam
20576dî brûdre mit vorevler hant,
20577dî er ûf dem hûse vant.
20578Daz was, als ich vornam dî mêr,
20579brûdir Rûdolf der Lodemer
20580und Friderîch von Lîbenzel;
20581darzû dî sînin lîfen snel
20582alumme unde bundin,
20583swaz sî dâ knechte vundin.
20584Und dî wîle Stante
20585zu Bartinstein diz ante
20586unde schûf daz sîne,
20587dô nam an sich Missîne
20588dort daz gebît zu Slunien

--- S. 542 ---

20589mit wâpin unde brunien
20590und irhûb sich sô hin wert
20591beroubinde vil gar der pfert
20592zu Kungisberc dî brûdere;
20593und binnen disem lûdere
20594sô jagete dî andre schar
20595in dem lande her und dar
20596dî Dûtschin niddirslâhinde,
20597ir wîb, ir kindir vâhinde;
20598darzû ir habe und ir vî
20599sach man sî dort unde hî
20600in roubis wîs zuzarren;
20601sô pfaffin unde pfarren
20602und den sacramentin gots
20603wart vil tûvelischis spots
20604mit smâheit grôz irbotin
20605von der unreinen rotin.
20606Îdoch unsir hêrre Crist,
20607der dâ zu dikeinre vrist
20608dî sînin lât betoubin,
20609141 a    dî an in geloubin,
20610in sumelîchir herze gab,
20611dî wîle sich diz ubil wab,
20612daz sî besît vorholin
20613sich von den andrin stôlin
20614und in rechtir trûwe pflicht
20615den brûdrin meltin dî geschicht;
20616und der selbin sach man sîn
20617einin Hermanne Tottelîn.
20618Dô der dise nôt gesach,
20619alliz sûmen er vorbrach
20620und rante ûf dî wiltnisse,
20621dâ er vorslûc gewisse
20622den comentuir von Kungisberc
20623treffin an der reise werc,
20624want er hatte sich itzunt
20625ûzgemachit in der stunt
20626mit den Samen in hervart
20627sô hin kegn der Wise wart,
20628und vant in ouch nâch sînir ger
20629im saginde vil gar dî mêr,
20630wî alle sache was gewant.
20631Dô karte widdir ouch zuhant
20632der comentuir kegn hûse;
20633und in dem geprûse
20634wolde dî Samische dît,
20635als in dô der tûvil rît,
20636dî brûdre gar irslagin hân
20637und wer in wêre bîgestân
20638von iren lantluiten,
20639als ich mir hôrte duiten,
20640unde hatten ûf dî dinc
20641einin vrechin jungelinc
20642zu hergrêvin irlesin,
20643der dâ solde vorwesin
20644mit urloige ir rote,
20645und der hîz Naudiote,
20646Joduten sun, der ouch intsaz1
20647141 b    zu den zîten irin haz
20648und nicht dî rede widirsprach.
20649Abir ubir kurz darnâch,
20650dô sî zu hûse quâmen,
20651dô meltte er bî namen
20652alle, dî dâ hâten
20653ûf dî valscheit gerâten,
20654den ouch wart geguldin
20655ir mîte nâch den schuldin,
20656als ûch wirt hernâch bekant.
20657Und dô der comtûr vorgenant
20658zu Kungisberc was kumen
20659und dî mêr vornumen
20660hatten dî Nattangin,
20661in begonde bangin
20662und gewunnen rûwe
20663ein teil der untrûwe,
20664dî sî gegriffin hatten an,
20665und lîzin lôs dî cristnen sân,
20666dî sî hattin in bandin,
20667und den brûdrin sandin
20668zu Kungisberg ir hengiste widir
20669gelobinde mit eidin sidir
20670zu sîn den brûdrin undirtân
20671mit allen trûwin sundir wân.
20672Alsus daz dinc dô liggin bleib,
20673unz sich eine zît vortreib
20674wol bî vîrzên nachtin;
20675dô wart der meistir achtin
20676daz bruch nâch bruche sich gebirt,
20677swâ man der bûze slac vorbirt,
20678unde lût zusamen
20679Nattangen unde Samen,
20680beide rîch und arm gemein,
20681unde hîlt dô um den mein
20682ûf sî ein gerichte

--- S. 543 ---

20683nâch des rechtis getichte,
20684urteilende des tôdis pîn
20685141 c    iclîchim nâch den schulden sîn.
20686Sus dî untrûwe dô gelac,
20687der dî prûzsche dît ê pflac.
Von der kumft brûdir Conrâdis von Vûchtwangen des hômeistirs.1

[Dusb. III, 264.]

20688Binnen dirre selbin zît,
20689dô sus durch des tûvils nît
20690hât, als ir irwîsit sît,
20691dî rote sô vormaledît
20692der Samen und Nattangin
20693des widirsatzis prangin
20694sô vreislîch anevangin,
20695dô quam der von Vûchtewangin
20696brûdir Conrât genant
20697und hômeistir irkant
20698dâ zu Prûzin in daz lant
20699und daz gar betrûbit vant
20700von der abetrinne
20701des volkis âne sinne
20702und bleib ein jâr darinne,
20703in brûdirlîchir minne
20704gebinde lîblîchin trôst
20705den brûdren, dâvon vorôst
20706wart irre betrûbunge rôst
20707und daz joch sô snel irlôst
20708wart der werrunge knote
20709an der vormeinten rote.
20710Daz er des zu gote
20711wêr ein irwirbic bote,
20712dâvor ich daz habe.
20713Ouch gab er rîchir habe
20714den brûdrin milde gâbe
20715und schît darnâch her abe
20716von Prûzin hin kegn Prâge,
20717dâ ouch des tôdis vlâge
20718vorschrît sîn aldin tage
20719unde im sundir clage
20720ein andir bezzir lebin gab,
20721daz dâ hât aldir âne stab,
20722wernde sterke âne lab.
20723141 d    Zu Drogewitz dâ ist sîn grab.
Von eime brûdere.

[Dusb. III, 263.]

20724In der selbin zît geschach,
20725daz man einen brûdir sach
20726ûf dem hûse zu Welsaz
20727von sûche wesin alsô laz,
20728daz sich der tôt im keginwac;
20729und dî wîle er sô lac
20730geneigit in uncreften grôz
20731in brûdir Dîterîchis schôz
20732des prîstris ûf dem hûse,
20733dô wart in eime sûse
20734im der geist intzuckit
20735unde bleib intnuckit
20736im ûf der schôz ein langiz zil,
20737dâbinnen got in wundirs vil
20738lîz schouwen sîner touge,
20739als man sundir louge
20740in der zît von im vornam.
20741Und dô er zu im selbin quam,
20742er sprach alsus vil innenclîch:
20743›Ô lîbir hêrre Dîterîch,
20744›sprecht mir vor, daz ist mîn vlê,
20745›den verse Jêsû Criste,‹
20746›den man zu der prîmin zît
20747›tegelîchin singin pflît.‹
20748Und darnâch, als daz was geschên,
20749dô hôrte man in gar vorjên
20750dî wundir der gesichte;
20751›Und daz ir der geschichte‹
20752jach er ›deste baz geloubit,
20753›sô wizzit, daz betoubit
20754›wirt ûf den tac mîn lebin
20755›und ûf dî stundin ebin‹;
20756daz sich ouch gar volante
20757recht alse er benante.
Wî Kimel dî burc wart vorterbit.2

[Dusb. III, 265.]

20758142 a    In des selbin jâris swanc,
20759dô der vornôgîrunge pranc
20760gelac, darnâch joch snelle
20761der von Lîbinzelle
20762brûdir Lûdewîc durch ein heil
20763an sich brûdre nam ein teil,
20764darzû zweihundirt knabin,

--- S. 544 ---

20765mit den er wolde habin
20766ein huis dâ zu Littouwin
20767mit sturme angehouwin.
20768Und dô sî quâmin ûf dî vart,
20769der leitsage irre wart,
20770daz sî dî burc vorgleiftin.
20771Und dô sî widir streiftin
20772und zu der vestin quâmin,
20773nicht mê sî dâ vornâmin
20774sundir ein huis volkis bar,
20775want dî burcdît was gewar
20776ir wurdin an der keginzucht
20777unde hattin an dî vlucht
20778zu walde sich gegebin,
20779want sî nicht widirstrebin
20780darûffe trûwetin irre drow.
20781Dî schicht dî brûdre sêre row,
20782daz in der reise werbin
20783solde sô vorterbin.
20784Doch sî daz huis vorbrantin
20785und sich dannen wantin
20786mit betrûbtim mûte.
20787Nû wolde got der gûte
20788doch ir arbeit nicht inlân
20789sô gar nutzis blîbin wan,
20790sundir joch gewêre
20791irvullin ire gere
20792alsô daz in genûgete.
20793Von geschicht er vûgete,
20794daz sî dâ irsâhin
20795eine vestin nâhin
20796142 b    gelegin bî der Mimel,
20797dî was genamit Kimel,
20798wol gemannit unde vast,
20799von der dî brûdre ubirlast
20800hattin genûc gedoigit1
20801und ofte geurloigit
20802dâkegin mit kostlîchir craft
20803und doch lutzil icht geschaft.
20804Zu der burc sî sundir grûwe
20805nâmin einen snellin hûwe
20806und daz tor irrantin,
20807ê denn ir kumft irkantin
20808dî heidin ûf der vestin.
20809Dâ wurdin von den gestin
20810wirt unde huisgenôzen
20811vîentlîch vorstôzen,
20812want sî sî gar irmorten.
20813Darnâch an allin orten
20814wart dî burc von in inzunt
20815und vortilgit in den grunt.
Wî Garten wart vorhert.

[Dusb. III, 266]

20816Dô unsirs herrin jâr vorvarn
20817tûsent und zweihundirt wârn
20818nûnzic sechse ouch dâmit,      [1296
20819von Rêberc brûdir Siffrit
20820dô comentuir zur Balge was
20821und von Nattangin an sich las
20822ein her und darzû brûdre vil,
20823dî mit im in des wintirs zil
20824kegn Littouwin kartin.
20825Und dô sî dort zu Gartin
20826der burc nêhen begundin,
20827ein vrischiz spor sî vundin
20828von luiten ûf der wilde,
20829den ubbir daz gevilde
20830wart in vil snellir kêre
20831von brûdre Walthêre
20832dem Guldînen nâchgerant,
20833142 a    der ouch dî selbe rote vant
20834und slûc sî allintsam
20835sundir einen, der intquam
20836und sturzte an dem wiche
20837ûf brûdre Heinrîche
20838von Weddrin, der im jaite zû
20839und dâvon ouch quam in mû,
20840want der Ruize nam dî kêr
20841ouch kegin im mit sînre wer,
20842als in dî nôt dô schuntte
20843und in sô sêre wuntte,
20844daz er ummechtic dâ belac.
20845Ouch gab dem Ruizin einen slac
20846brûdir Heinrîch in der stunt,
20847dâvon er wart swêrlîchin wunt;
20848doch sô nam er im sîn pfert
20849unde hûb sich dannen wert;
20850daz ouch brûdir Walthêr
20851vornam und volgete gevêr
20852gar in zornigim mûte
20853dem Ruizen bî dem blûte,
20854daz von im ran, und in sâ trûc,

--- S. 545 ---

20855dâ er in vant und ouch irslûc.
20856Darnâch an dem andren tage
20857in vîentlîchir vlâge
20858sî ubir dî Memil sprengetin,
20859roubetin unde sengetin,
20860unde slûgin vil der dît
20861zu Gartin ubir daz gebît;
20862darzû daz vurburge ouch wart
20863vortilgit an derselbin vart
20864und âne, waz sî slûgin man,
20865sô brâchten sî gevangin dan
20866von kindin unde wîbin
20867bî zwênhundirt lîbin. —
— — —

[Dusb. III, 267.]

20868In des selbin jâris zil      [1296
20869kunic Witen mit menie vil
20870von Littouwin reisete
20871142 d    und mit urloige vreisete
20872kegn den brûdren zu Lîflant.
20873Und dô der comentuir irkant
20874von Kungisberc hatte dî mêr,
20875er wart vrô, want al sîn ger
20876was lange vor darûf gewant,
20877daz der kunic vorgenant
20878sîme lande intvirrit
20879wurde und ungeirrit
20880dî brûdre dâ nâch willen
20881vorterbin unde villen
20882dî sînin mochtin sundir wer;
20883und besamente ein her
20884vil mechtig ûf den selbin wân,
20885dem er einin houbitman
20886beschît, daz was der Zuckeswert,
20887daz der kegn Littouwin wert
20888solde mit dem here kêrn
20889und Witenis lant vorhern,
20890dî wîle er was ûzgereist.
20891Nunweiz ich, welchir hande geist
20892in dô umme vûrte,
20893wen dô er itzunt rûrte
20894der Littouwin gemerke,
20895daz er mit al der sterke
20896des heris widirkarte
20897und vor dî burc zu Garte
20898zôch und sturmete daran,
20899dâ er andirs nicht gewan,
20900wen daz dâ manic cristin
20901wunt wart in den vristin,
20902dî man von dem hûse schôz.
20903Zuletst, dô sî der mû vordrôz,
20904si lîzen drab und zugin dan
20905kegn lande allis nutzis wan.
Wî vunf dorfir wurdin vorhert.

[Dusb. III, 268.]

20906Zuhant nâch disen zîten
20907sach man dî Littouwîten
20908143 a    zu Colmen reisen in daz lant,
20909dâ sî ouch mit herndir hant
20910bî der burc Golubin
20911wol vunf dorfir ûfhûbin
20912mit luiten und mit habe
20913und vûrtin dî hin abe.
Von dem urloige der burgêre von Rîge widir dî Dûtschin brûdere zu Lîflande.

[Dusb. III, 269.]

20914Dô sich Cristî jâr vortribin
20915zwelfhundirt nûnzig unde sibin,      [1297
20916dô wart von des tûvils list
20917in mortlîchir mitewist
20918inzunt des hazzis vûer
20919in vêde ungehûer
20920unde in swindim krîge
20921zwischin den von Rîge,
20922ich meine den burgêren,
20923und zwischen den gewêren
20924des Dûtschin hûsis brûdren.
20925Diz tûvelische lûdren
20926baz unde baz intzuntte
20927der tûvil unde schuntte
20928sî sô lang in abegunst,
20929unz zwischin in des zornis brunst
20930began sô vreislîch brinnen,
20931daz dî brûdre binnen
20932andirhalbim jâre
20933wol nûnstunt vorwâre
20934mûstin mit in strîtin
20935und des nicht vormîtin
20936mochtin mit keinin vûgin.
20937Und alleine trûgin
20938dî burgêre vorgenant
20939des einen strîtis ubirhant,

--- S. 546 ---

20940doch sî dî andren alle
20941dî gotis craft mit valle
20942tet sigelôs geliggen
20943und dî brûdre gesiggen.
20944143 b    Dô unsirs hêrrin jâr vorvar{!D}n
20945nûnzig und zwelfhundirt wârn
20946und darubir achte,      [1298
20947dô wart mit grôzir machte
20948zu Lîflant kumende gesên
20949der Littouwin kunic Witen,
20950als in dar geladin
20951ûf der brûdre schadin
20952hatte der burgêre trucht
20953von Rîge durch ir tobesucht,
20954und aldâ mit sturmis dram
20955dî burc Karchuis gewunnen nam,
20956darûffe er vîr brûdre vînc
20957und waz gesindis an in hînc,
20958daz vîng er alliz odir slûc.
20959Darzû tet er schadin gnûc
20960al daz gebît beroubinde
20961und mit brande toubinde.
20962Und dô er nâch der âchte
20963sich kegn lande machte,
20964der meistir, brûdir Brûne,
20965in des brâchmândis lûne
20966nam nâch im dî kêre
20967mit einim cleinin here
20968und sich in strîte kegn im wac
20969an sente Nicomêdis tac      [1. Juni
20970bî einim wazzirvlîze nâ,
20971daz ist genant dî Treiderâ,
20972ûf des meris strande.
20973Dâ slûg er in dem sande
20974in unsirs hêrrin namen
20975mit den beiden zusamen
20976und velte ir zuhant
20977wol achtehundirt in den sant,
20978dî des lebins wurdin geblant,
20979und lôste ûz der vîende lant
20980vil nâch drîtûsint cristen,
20981dî sî in den vristen
20982143 c    unz dar gevangen hatten brâcht.
20983Nû wart der Littouwin macht
20984zu jungist sich vorsinnen
20985und in zorn intprinnen,
20986daz ein sô geringe her
20987sî solde letzin âne wer,
20988und dô în grimme wanten sich
20989kegn den brûdren vîentlîch
20990und irstritten gar den sic
20991vellende mit tôdis schric
20992den meistir ûf des strandis vlûdr
20993und mit im zwêne und zwênzic brûdr,
20994darzû wol vunfzênhundirt man.
20995Got mûz ir allir sêle hân!
20996Dirre clegelîchin nôt,
20997dî sich sus den brûdren bôt
20998und der armen cristinheit,
20999wârn dî Rîgêr gemeit,
21000want sî wol iren willen
21001mit erclîchin villen1
21002hoften an den brûdren haben
21003nâch des leidin strîtis snaben2,
21004unde lûdin andirweit
21005zu hulfe, des in was gereit
21006abir zuhant dî heidinschaft,
21007und belâgin dâ mit craft
21008zur Nûwenmul der brûdre vestin,
21009daran sî mit sturmis prestin
21010hîldin michilen gebrach.
21011Und dî wîle diz geschach,
21012dô was des ordins reistir,
21013ich meine den hômeistir,
21014zu Prûzen in dem lande,
21015den man bî namen nande
21016brûdir Gotfrit von Hôenlôch.
21017Und dô der hôrte, welch ein joch
21018dî Rîgêre durch ir gûf
21019tribin dort den brûdrin ûf,
21020143 d    er sante sô hin den Brûhaven,
21021darzû von brûdren unde knaven
21022kegn Lîflant ein michil her
21023den brûdrin dar zu schirmis wer
21024und ouch zu helflîchir stuir
21025kegn der dît sô ungehuir.
21026Und dô sô hin von Prûzinlant
21027der Brûhave vorgenant
21028kumen was mit sînre schar,
21029er vant ouch besament gar
21030dî Lîflender mit irre wer;
21031des nâmen sî zuhant dî kêr

--- S. 547 ---

21032voreinit in unsirs hêrrin nam
21033an der apostlen lobesam
21034Petrî unde Paulî tac      [29. Juni
21035kegn der dît, dî dâ belac
21036dî Nûwemul durch irin nît,
21037und irhûbin in der zît
21038einin sô vreislîchin strît,
21039der dî Nûwemul gequît
21040tet von harmis krîge
21041und in der stat zu Rîge
21042gebar vil manche witwe.
21043Ouch sumelîche Litwe
21044vorlôs dâ iren gesellin,
21045want man sach dâ vellin
21046unde schrôtin in den sant
21047dî brûdre mit vrechir hant
21048dî weligen statvarrin1
21049und der Littowschin narrin
21050wol vîrtûsint unde mê,
21051dî alle kurn des tôdis wê,
21052âne dî tôtlîchin wunt
21053kûm intrunnen in der stunt.
21054Sulchir schumpfintuire
21055sô vrech, sô ungehuire
21056der cristenheit ûf ungewin
21057sich hantîrte zwischin in
21058144 a    binnen der zwîtracht sô vil,
21059daz ich inweiz kein zil.
Wî Strâzberc wart vorhert.

[Dusb. III, 270.]

21060Dô unsirs herren jâr vorvarn
21061tûsint und zwelfhundirt wârn
21062darzû nûnzic mit achtin      [1298
21063von Littouwin sich machtin
21064reckin ûzgesundirt
21065wol vîrzig unde hundirt
21066unde quâmen durch bejac
21067an sente Michahêlis tac      [29. Septbr.
21068gar ungewarnit îngeplatzt
21069zu Strazberc, daz nûwelîch besatzt
21070was dâ vor zu einre stat,
21071machinde des lebins mat
21072alliz, daz dâ vant ir swert,
21073daz mit wer was mannes wert;
21074darundir ouch ein prîstir
21075bleib des lebens bîstir2;
21076wîb und kint sî vîngin
21077und nôt dâ gnûc begîngin
21078und ân andren ungelimpf,
21079des vil durch uppeclîchin schimpf
21080den sacramentin bôt ir sin,
21081sô was ein hûrnsun undir in,
21082dem sô gar dî zucht intsleiz,
21083daz er in dî toufe scheiz.
21084Und dô ir vart sich dannen wac,
21085in volgte brûdir Conrât Sac,
21086der dô was lantcomentuir,
21087mit der Colmenêre stuir
21088und sî ûf der wiltnisse vant,
21089dâ er ûz der Littouwin hant
21090lôste luite unde habe,
21091dî sî hatten brâcht hin abe,
21092und irslûc sî allintsam,
21093daz nî keinre dannen quam,
21094der dâ heime mochte jên,
21095144 b    wî den andren wêr geschên.
Wî dî vorburge zu Pistin und zu Juni­gêdin wurdin vorbrant.

[Dusb. III, 271.]

21096Dî wîle noch dî brûdre dort
21097von Prûzin, als ir hât gehôrt,
21098wârin zu Lîflande
21099in des urloigis ande,
21100dâ sî hattin gnûc zu tûne,
21101dô nam an sich brûdir Kûne,
21102von Brandinburc der comentuir,
21103ein her mit werlîchir stuir
21104zînde kegn den huisirn bêden
21105Pistin unde Junigêden,
21106und der vorburge bêdirsît
21107gar vorbrante in der zît.
21108Und dô er dan sich hât irhabn,
21109ein brûdir mit etlîchin knabn
21110zu schiffe von Ragnîte ûfquam
21111und sich dâ zu lande nam
21112in strît kegn den burcluiten,
21113daz lutzil mochte duiten;
21114want im der heidin was zu vil.

--- S. 548 ---

21115Îdoch irhûb er in dem zil
21116ein geschelle alsô hart,
21117dâvon daz her zumâle wart
21118bewegit und hin widdir
21119quam gejagit siddir
21120abir kegn der dît in strît.
21121Dâ wart ein vrechir Littouwit
21122irslagin von den cristen;
21123ouch wart in den vristen
21124vil wunt von beidin partin;
21125darnâch sî dannen kartin.
Von brûdir Lûdewîge von Schipfen dem vîrzêndin lantmeistere.

[Dusb. III, 272.]

21126Brûdir Lûdewîc genant
21127von Schipfen was in Prûzinlant
21128der vîrzênde meistir
21129144 c    unde hîlt daz reistir
21130des amtis unz ein jâr vorgînc.      [1299
21131Darnâch in der tôt bevînc,
21132der nîmandis schônen pflît.
21133Zu Colmensê sîn lîcham lît
21134in dem tûme begrabin.
21135Got mûz dî sêle habin!
— — —

[Dusb. III, 273.]

21136Bî des selbin meistirs zîtin
21137wol sechshundirt Littouwîtin
21138kegn Prûzin sich irhûbin,
21139als sî dâ betrûbin
21140wolden etiswâ daz lant.
21141Nû wart dem comentûr irkant
21142von Brandinburc vorwâr dî mêr,
21143daz sich kegn Nattangin her
21144neigete daz selbe her,
21145unde hîlt eine lantwer
21146besament mit der sînen schar.
21147Und dô sî sus der vîende war
21148etslîche zît genâmen
21149und sî ôt nicht inquâmen,
21150des legirs sî vordrîzen wart,
21151dâvon daz volk kegn hûse wart
21152der comentûr zurîtin lî.
21153Und darnâch dô daz irgî,
21154des andrin tagis alzuhant
21155dî Littouwin vorgenant
21156în zu Nattangin sprengeten,
21157herten unde sengeten
21158der gegenôt ein michil teil,
21159und ân andir misseheil,
21160daz von in daz lant intpfînc,
21161sô slûg ir hant dâ unde vînc
21162geachtit in den vristin
21163wol drithalbhundirt cristin.
Von brûdir Hellewîge von Goltbach dem vumfzênden lantmeistere.

[Dusb. III, 274.]

21164Dô man unsirs hêrrin jâr
21165tûsint und drîhundirt gar      [1300
21166von der geburt vorloufin sach,
21167brûdir Helwîc von Goltbach
21168der ein Durinc was von art,
21169in Prûzinlande meistir wart,
21170und als dî zal ist jênde,
21171sô was er der vumfzênde
21172des amtis uud sîn wîlt ein jâr.
21173Darnâch lîz er iz ûf vorwâr
21174unde vûr in Dûtsche lant,
21175dâ ouch sîn lebin wart volant.
— — —

[Dusb. III, 275.]

21176Bî des selbin meistirs vrist
21177in turstigir mitewist
21178vumf unde sibnzic vreche man
21179von Littouwin sô her dan
21180kegn Prûzinlant sich nâmen
21181und ungewarnit quâmen
21182zu Glottow in daz gebît,
21183dâvor der Ermin bischof rît,
21184und dâ ein dorf ûzslûgin,
21185tribbin unde trûgin,
21186swaz sî dâ vundin, mit in dan.
21187Nu wart daz geschreie sân
21188hî und dâ dem lande irkant;
21189des irhûb sich ouch zuhant
21190brûdir Walthêr der Guldîne
21191mit der companîe sîne
21192jagende zu dem geschelle,
21193der des comentûris geselle
21194von Brandinburc was in der zît,
21195unde rante hin besît
21196den Littouwin vor daz pfat,
21197dâ sî durch ein enge stat
21198zwischin sêhen mûstin zîn,
21199und im mochtin nicht intvlîn.
21200Dâ hûb der gotis degin

--- S. 549 ---

21201den vîendin sich inkegin
21202145 a    unde slûc sî allintsamen,
21203daz ir nicht wen drî intquâmen,
21204dî dâheime saiten mêre,
21205wî disen hî gelungen wêre.
Wî Oukaim daz gebît wart gehert.

[Dusb. III, 276.]

21206In des selbin jâris strich
21207von Dobin brûdir Heinrîch
21208nam sich etslîche brûdre an
21209und darzû zweihundirt man,
21210mit den er reisende gerît
21211zu Oukaim in daz burcgebît,
21212dâ sî sechs dorfir hertin
21213und mit brunst vorzertin,
21214waz werlîch was irslânde,
21215wîb unde kindir vânde.
21216Und dô sî dannen karten,
21217dî Littouwin vârten
21218in sêre ûf der abezucht
21219unde stritten an dî trucht
21220der brûdre zu sô manchir stunt,
21221daz von beiden sîten wunt
21222wart dâ swêrlîch manic man;
21223doch brâchten sî den roub her dan.
Wî Dobrîn daz lant wart gehert.

[Dusb. III, 277.]

21224In des selbin jâris vart
21225kunic Wenzlaw von Bêmin wart
21226ûf Polênsche lant gecrônt,
21227und dî wîle sus gevrônt
21228wart aldâ sîn êre,
21229dô nâmen hî dî kêre
21230Littouwin wol sechstûsint in
21231daz herzoctûm zu Dobrîn,
21232und daz ubirrittin
21233nâch vîentlîchin sittin
21234vâhende unde sterbinde
21235dî cristin und vorterbinde
21236daz lant allumme sundir kêrn,
21237und swentten, swaz vorzern
21238145 b    mochte des vûres glûte,
21239und nâmen al dî stûte
21240mit andirre habe,
21241dî alsô her abe
21242von Polênen wârin dar
21243gevlochent vor des kungis vâr
21244von Bêmin, den ich hab genant.
21245Und dô daz her begab daz lant
21246und dannen begonde wandren,
21247dô schuzzen ûz den andren
21248sich der Littouwin hundirt,
21249dî sich ûzgesundirt
21250dûchten gar an vreise,
21251und nâmen eine reise
21252zu wîsne iren vrechen mût
21253ubir der Driwanzen vlût
21254in daz Colmische gebît.
21255Dâ slûg ûz dîselbe dît
21256zwei dorfir unde ritten dan;
21257den volgtin nâch dî brûdre sân
21258und ouch sî betrôtin
21259slâhende von der rotin
21260wol sibbinzic Littouwin
21261lôsende juncvrouwin,
21262vrouwin unde kindir vil
21263ûz iren bandin in dem zil,
21264dî gevangin hettin sî
21265beide zu Dobrîn unde hî
21266unde trîbin woldin dan.
21267Und dô dî andren drîzic man,
21268dî dî vlucht dem tôde intrûc,
21269dô man ir gesellin slûc,
21270vluchtic quâmen zu dem her
21271unde sagetin dî mêr,
21272wî in hî gelungin was,
21273daz her zumâle wart so blas
21274und sô gar vorzagete,
21275daz iclîchir jagete
21276145 c    kegn lande, swî er mochte baz;
21277vrûnt dâ vrûndis gar vorgaz,
21278nîman des andrin beite.
21279Dâ wurdin an der reite
21280îlende kegn lande wert
21281beide luite unde pfert
21282vil vorterbit von der schar.
21283Und dô sî quâmen an dî Nar,
21284dâ wart ein sulch gedrenge,
21285daz sich von dem getwenge
21286vil der ungetouftin
21287in der vlût vorsouftin.
Von zwên brûdrin ein wundir.

[Dusb. III, 278.]

21288In dem selbin jâre      [1300
21289zu Merginburc vorwâre
21290zwêne brûdre sturbin,

--- S. 550 ---

21291dî alsus gewurbin,
21292dô man sî sach daz lebin hân,
21293der hîz einre Heineman
21294und der andre Friderîch.
21295Dî zwêne in gote sundirlîch
21296wârn zusamne gehaft
21297in alsô grôzir lîbe craft,
21298daz ir dikeinre wesen
21299noch sterbin, noch genesen
21300ân den andrin gerte.
21301Dî lîbe stête werte
21302zwischen in vil manchin tac.
21303Zu jungist der gotlîche slac
21304traf in vetirlîchir zucht
21305Heinmanne mit der misilsucht.
21306Den slag er mit gedulde
21307leit vor sîne schulde;
21308und darnâch ouch ubir kurz
21309nam brûdir Friderîch den sturz
21310sô hart von eime pferde
21311mit valle ûf dî erde,
21312daz er dâvon bleib tôt.
21313145 d    Und dô des morgins dise nôt
21314brûdir Heinmanne wart gekunt,
21315er sprach: ›Ô herzelîbir vrûnt,
21316›Friderîch, getrûwir man,
21317›wî hastû mich alsô vorlân!
21318›Wî hat dîn trûwe diz gemeint?
21319›Nû hatte wir uns doch voreint
21320›mit gelubde in gotis nam,
21321›daz wir soldin beidintsam
21322›mit einandir glîche
21323›varn zu himelrîche
21324›in dî endelôse rû;
21325›wî hâstû vorgezzin nû,
21326›des sich vorbant dîn trûwe mir?
21327›Vorwâr, vorwâr, sich sol nâch dir
21328›mîn lebin hinnen leiten
21329›und hî nicht lengir beiten.‹
21330Und allein er wêre
21331ân allir sûche swêre,
21332sundir als ir hât vornumen,
21333sô lîz er im den prîstir kumen
21334und intpfînc von sînre hant
21335dî sacramenta dâ zuhant;
21336und als im wurden dî geleist,
21337dô gab er ûf zuhant den geist
21338an dem selben tage
21339sundir alle clage
21340varnde in der vroidin lant,
21341dâ alliz trûren ist geblant
21342und alliz leit vorswundin.
21343Dâ sô hât er vundin
21344sînin vrûnt, der im als ê
21345nimmir wirt benumen mê.
Diz ist ein zûredde.

[Dusb. IV, 73—88.]

21346Nû lâze wir hî luizen
21347dî crônke von Pruizen
21348abir eine stunde
21349unde machen kunde
21350146 a    ein teil merclîchir dinge,
21351dî in der werlde ringe
21352manchirwegen sîn irgân,
21353alse wir vornumin hân. —

[Dusb. IV, 73.]

21354Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
21355achzig und zwelfhundirt wârn,      [1285
21356darnâch in des vumften dûr
21357ein prîstir kegn Littouwin vûr
21358von Alemaniâ geborn,
21359dem der name was irkorn,
21360daz man in nante Conrât.
21361Der wolde dâ mit predigât
21362an der dît betoubin
21363iren ungeloubin
21364und mit cristinlîchin lêren
21365an cristnengeloubin kêren,
21366der lutzil doch an in becleib.
21367Und dô er wol zwei jâr vortreib
21368in dem lande blîbinde
21369und dî lêre trîbinde,
21370dî heiden in vorterbetin
21371und des lîbis sterbetin
21372mit pînlîchir martirât,
21373und darnâch an der selbin stat,
21374dâ sî in irslûgin,
21375wurden von ir gnûgin
21376nachtis ofte lîcht gesên,
21377als man sî selbin hôrte jên.

[Dusb. IV, 74.]

21378In unsirs hêrrin jâren
21379dô der vorgangen wâren
21380achzig und zwelfhundirt
21381unde achte drûf gesundirt,      [1288

--- S. 551 ---

21382dô wart ein minnerbrûdir paus1
21383genant der vîrde Nicolaus,
21384und Rûdolf der gewêre
21385was kunic der Rômêre.

[Dusb. IV, 75.]

21386In dem andrin jâre      [1289
21387dis pâbistes vorwâre
21388145 b    in Ludig dem bischtûme
21389nâch sô geistlîchme rûme
21390begonde leben eine meit,
21391dî, als uns daz mêre seit,
21392zu Erkel in dem dorfe saz,
21393daz sî diwedir trank noch az
21394dikein irdische spîse,
21395und lebte in der wîse
21396vollenclîche drîzic jâr.
21397Nû wolde mit urkunde wâr
21398nemin der pfarrêre,
21399ob diz alsô wêre,
21400daz man von ir sagin pflac;
21401und einis, dô dî zît gelac,
21402daz sî nâch gewonheit
21403sold intpfân mit innekeit
21404unsirs hêrrin lîcham,
21405der prîstir ein ablâte nam
21406ungeseinet in der stunt,
21407und ir dî legte in den munt.
21408Dî ablâte sî zukow
21409und mit der zungen ummeblow
21410lange in dem munde
21411und ir doch nicht inkunde
21412in keine wîs vorslindin;
21413dô hîz er sî irwindin
21414unde werfen ûz daz brôt
21415und ir dô gotis lîcham bôt;
21416den intpfînc sî und zuhant
21417in âne hindirnisse slant.
21418Diz zeichin im urkunde gab,
21419daz ân irdischir spîse lab
21420got inthîlde dî werden
21421wundirlîch ûf erden.

[Dusb. IV, 76.]

21422Ouch in des selbin jâris zît
21423geschach ein ungevûge strît      [1289
21424zu Coln, daz ûf dem Rîne lît,
21425bî eime dorfe dâ besit,
21426145 c    daz Wurungen ist genant.
21427Dâ wart iz alsus gewant,
21428daz des sigis ubirhant
21429der herzoge von Brâbant
21430trûc, den man nante Jôhan.
21431Dem er dâ an den strît gewan,
21432daz was, als dî mêre woln,
21433der erzebischof dâ zu coln,
21434hêr Sîfrit von Runkele,
21435und in dem gebrunkele
21436blibbin zu den zîten
21437tôt von beiden sîten,
21438als man vant ûf des walis plân,
21439wol drîzênhundirt edle man
21440ân andir gemeine volc,
21441des vil dâ slant des tôdis kolc2.

[Dusb. IV, 77.]

21442Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
21443tûsint und zweihundirt wârn
21444und nûnzic darûf gereit,      [1290
21445dô intstûnt der cristinheit
21446nôt mit jâmirberndir clage;
21447want an der juncvrouwin tage
21448Potencianê, der sô pflît
21449gevallin in des meien zît,      [19. Mai
21450Akirs leidir wart vorlorn,3
21451als des vorhînc der gotiszorn,
21452daz dô mit creftin der soldân
21453ûz der cristnen hant gewan,
21454und der ouch in der stat sô vil
21455irmorte zu dem selben zil,
21456daz man ir blût alsam ein bach
21457durch alle gazzen dringin sach
21458und in der jâmirberndin vlût
21459man verre ob den enkil wût.

[Dusb. IV, 78.]

21460Nû sullit ir gedagin
21461und ûch lâzin sagin,
21462waz bî aldir sî geschên
21463und mit merkunge spên,
21464146 d    in welchir wîs daz heilige lant
21465ofte sî von hant in hant
21466mit wandelunge kumen.
21467Ich hab alsô vornumen
21468von wârheit unvorborgin
21469der crônkin und histôrgin,

--- S. 552 ---

21470daz nâch unsirs hêrrin jârn
21471dô der vorgân sechshundirt wârn      [600
21472in der zît, dô Machmet starb
21473unde vûr, als er gewarb,
21474der in Arabiâ was gewesin
21475kunig, als ich hân gelesin,
21476dô was ein cristinkeiser,
21477der heidinschaft ein neiser
21478und ein minnir der gotis ê;
21479der zôch in strît kegn Kosdroê,
21480dem kunge von Perslande —      [627
21481Êraclium man nande
21482den selbin cristinlîchin man, —
21483und siggete dem heidin an
21484und nam des heiligin crûzis teil,
21485daz der heidin mûtis geil
21486ê hatte von Jêrusalem
21487ûz dem temple gevûrt mit em,
21488und daz brâchte siddir
21489zu Jêrusalem widdir
21490in den tempil unsirs hêrn,
21491dem er ouch zu lobis êrn
21492lîz vestin unde bûwin
21493und andirweit vornûwin
21494dî kirchin und daz heilige lant,
21495dî vorterbit und geschant
21496hatte vîentlîchin ê
21497der vorgenante Kosdroê.
21498Und dô der keiser Êraclius
21499diz in gotis lobe sus
21500alliz wol volante
21501und dannen sich gewante,
21502147 a    darnâch nicht ubir lange zît
21503dem heiligin lande abir sît
21504wûchs ein ubirlast vil swâr,
21505want darîn sô quam Homar
21506der Arabîten vurste
21507in vîentlîchir turste
21508und betwanc zu sînre hant
21509Jêrusalem und al dî lant,      [636
21510dî darumme wârn gelegn,
21511daz sî im dînstis mûstin pflegn.
21512Sus dô dî armin cristin
21513blibin nâch den vristin
21514betwungin von den heidin gar
21515wol nûnzig und vîrhundirt jâr,
21516traginde des dînstis joch.
21517Zu jungist unsir hêrre doch
21518begonde sich irbarmin
21519der sînen dît vil armin,
21520dî in dem getwange
21521hatten alsô lange
21522geliddin erbeitlîche pîn,
21523und sante den willen în
21524eime einsidele gût,
21525des herze, sin unde mût
21526in gotis minne was intprant,
21527— Pêtir sô was er genant,
21528gesezzin in Frankrîche, —
21529daz der tugintrîche
21530in andâcht sô hin abe
21531zu dem gotis grabe
21532kegn Jêrusalem sich hûb,
21533dâ er mit leidir schow intsûb,
21534wî dî dît unreine
21535in manchirhande meine
21536besulwte unde smête
21537dî heiligen stete,
21538dî êrn soldin sîn gewon,
21539und wî der werde Simeôn,
21540147 b    der patriarche von der stat,
21541was vorwurfen und vorsmât
21542und in manchin pînen
21543beswêrit mit den sînen.
21544Und dô diz sach der gotisman,
21545sin herze leide grôz gewan,
21546want in jâmirte der nôt,
21547dî man den armen cristin bôt,
21548joch gote und den heiligen,
21549dî er sus sach bemeiligen
21550und manchirwîse crenkin,
21551und begonde denkin,
21552ob er mit keinin listin
21553den gepînten cristin
21554zu hulfe mochte kumen,
21555dî er mit unvrumen
21556sô jâmirlîch vorladin sach.
21557Dî gedankin manicvach
21558lâgen im zu herzin
21559mit trûrigen smerzin,
21560darinne er zu pflege vacht.
21561Nû geschach in einre nacht,
21562daz er sich hatte durch andâcht
21563in dî kirche hin gemacht
21564des grabis, dâ got inne lac
21565unz an der ûrstende tac,

--- S. 553 ---

21566und gar dî nacht darinne bleib,
21567dî er mit innekeit vortreib
21568und mit gebete, des er vil
21569opfirte gote in dem zil
21570ûz lûtirs herzin grunde;
21571zu jungist in begunde
21572twingin sulche mûdekeit
21573von des gebetis arbeit,
21574daz er ûf dem estrîch intlac
21575und einis kurzen slâfis pflac,
21576dâbinnin dem einsidle rein
21577Cristus unsir hêrre irschein
21578147 c    und im botschaft benante,
21579dâmitte er in sante
21580dem pâbiste zu kundin
21581und den gotisvrûndin
21582kên westirsît den vurstin,
21583daz sî darûf durstin
21584soldin lâzin iren mût
21585in rechter irbermde glût,
21586daz sî daz heilige lant
21587irlôsten ûz der heidin hant,
21588des wolde got in leistin stuir
21589mit zeichinlîchir ebintuir.
21590Dô der slâf von im vorswant
21591und daz gesichte was volant,
21592sîn herze wart vil wol getrôst
21593und von leide gar irlôst,
21594dî im in mitlîdunge bôt
21595der cristnen und des landis nôt,
21596dî er nû gote wendin
21597hofte und volendin,
21598als er an der botschaft vornam;
21599und dô zu Simeône quam,
21600dem patriarchen vorgenant.
21601Und dô dem wart dî mêr irkant
21602und der trôst von gote,
21603als im der gotisbote
21604Pêtrus redelîch intslôz,
21605er quam in vroide alsô grôz,
21606daz der gotis werde man
21607vor lîbe weinte manchin trân,
21608als in sîn jâmeric herze twanc,
21609unde saite gote danc
21610mit vil grôzir innekeit,
21611daz er volenden wolde ir leit
21612und Pêtrô sîne brîve gab,
21613mit den man in vil snel hin ab
21614sach zu dem pâbste wandren
21615zu Urbânô dem andren,
21616147 d    der in wol wirdeclîch intpfînc,
21617und iz lîblîch mit im begînc,
21618want er der mêre was vrô,
21619in vurdernde mit vlîze dô,
21620swî er mochte allirmeist,
21621mit gûtir brîve volleist
21622zu der botschaft im benant.
21623Sus er Italien daz lant
21624zuhant durchvûr mit predigât;
21625darnâch der gotis bote trat
21626ubir daz gebirge ouch
21627und ôt alle lant durchzouch
21628beide in ôstin und in westin,
21629dâ er den vurstin und den bestin
21630und darnâch der gemeinin dît
21631dî mervart mit manunge rît
21632in kundinde daz gotiswort,
21633als er intpfangin hatte dort
21634von gote, dô er im irschein,
21635der ouch sîne zunge rein
21636dô worte nicht vorweiste,
21637sundir in irgeiste
21638mit sô genâdinrîchir vlût,
21639daz er manchin cristenmût
21640dô neigte sundir eise
21641ûf dî gotisreise.
21642Nicht ubir lange zît darnâch
21643den vorgenanten pâbist man sach
21644nâch Pêtrô zîn in Gallias,
21645dâ er ouch zusamne las
21646ein vil grôz concilium,      [1095
21647darinne er den irretûm
21648und dî jâmirbernde nôt,
21649dî sich dem heiligen lande bôt
21650und dâ der cristenheite,
21651vil bermelîch vorleite,
21652und wî in manchin stundin
21653von den unreinen hundin
21654148 a    daz gotisgrab gewêre
21655vil gar intreinet wêre
21656und darzû andre stete,
21657dî got selbe hête
21658gewirdit und geheilgit,
21659lesterlîch bemeilgit
21660und vorsmêhit stûndin.
21661Dî nôt hôrte man kundin

--- S. 554 ---

21662den pâbist dâ vil clegelîch
21663unde bat irbarmin sich
21664al dî cristinheit gemein
21665ubir den sô leidin mein,
21666der sich widdir gôt dâ wab.
21667Darzû er dî gnâde gab
21668und ablâz in den vristin
21669allen getouftin cristin,
21670dî sich lîzin gezemen,
21671daz sî daz crûze nemen
21672in gotlîchir ande
21673kegn dem heiligin lande,
21674sô daz sî weldin rechin
21675des unrechtis gebrechin,
21676den dâ des tûvils rote
21677irbôt dem wârin gote,
21678dî soldin sîn intpundin
21679gar von allin sundin,
21680want dî reise sold in sîn
21681vor allis vegevûeris pîn.
21682Diz hîz der pâbist in der zît
21683ubir al dî werlde wît
21684predigen und offinbârn
21685dî prêlâten, dî dâ wârn
21686gesament in dem conciliô;
21687daz ouch sint geschach alsô.
21688Nû vîl, als iz wol gezam,
21689des gotlîchin wortis sam
21690in vil gûten ackir,
21691den beid an vlîze wackir,
21692148 b    der pâbist unde Pêtrus,
21693in gotis namen sêwtin sus,
21694unde brâchte mit genucht
21695gote lobelîche vrucht
21696an manicvaldin staten,
21697au bischoven, an prêlâten,
21698kungen, vursten und herzogen,
21699grêven, vrîen, dî gebogen
21700mit andâcht wurden ûf den mût,
21701und darzû manic rittir gût,
21702ouch wol geborner helde vil
21703und ôt volkis âne zil
21704von gemeinin cristin,
21705daz sî in den vristin
21706in unsirs hêrren namen
21707daz crûze an sich nâmen
21708mit des gelubdis bunde,
21709daz sî vor al ir sunde
21710woldin leistin unirwant
21711dî reise in daz heilige lant.
21712Alsus in unsirs hêrrin jârn
21713Cristî, dô der tûsint wârn
21714sechs unde nûnzig ouch volant,      [1096
21715Pêtrus, den ich hab genant,
21716mit den gotis gewêrin
21717nûwen crûzigêrin,
21718darundir grôze menige was
21719Dûtschis volkis, als ich las,
21720gevînc dî reise ubir mer
21721und gewan mit irre wer
21722dî grôze stat zu Hellespont,
21723dî dî Dûtschin sint gewont
21724zu nennen Sente Jurgen arm;
21725ouch dâ ir hant mit strîtis harm
21726gewunnen von den heidin nam
21727dî stat Anthiocênam.
21728Darnâch zu irre hant ouch trat
21729Jêrusalem, dî heilige stat,
21730148 c    dî sî mit craft irstritin.      [1099
21731Alsus sô was got mit in,
21732daz sî dî grôzin stete drî
21733gewunnen unde machtin vrî
21734von der heidin vreise
21735ûf der selbin reise.
21736Darnâch mit undirscheit der zît
21737quâmen mê pilgerîme sît
21738von manchirhande kunnen,
21739mit den sî dô gewunnen
21740in dem lande ubiral
21741vestin vil und âne zal
21742von burgen unde stetin,
21743der sumelîche hêtin
21744sulch gelêge, sulche macht,
21745daz nîmande was gedâcht,
21746daz immer mochte menschencraft
21747an in werden siggehaft,
21748dî brâchin sî in undir;
21749und daz enwas kein wundir;
21750want mit in was dî gotishant,
21751der alle sige sint benant;
21752mit der helfe sî sô vil
21753irstritin landis in dem zil
21754ûz der gewalt der heidin,
21755daz man sach bescheidin
21756dem patriarchin, der gesat
21757was in Jêrusalem der stat,

--- S. 555 ---

21758vîr erzebischove,
21759dî undir sîme hove
21760pflâgin dô genesin;
21761der stûle sach man wesin
21762zu Tirô, zu Cêsarêâ,
21763zu Nazareth, zu Petrâ,
21764und den vîren sô sach man
21765andir bischove vort undirtân.
21766Undir im sô hatte vîre
21767der erzebischof von Tire;
21768148 d    sô hatte der andren drî
21769iclîch im einin bischof bî,
21770der im was geundirt
21771und an hêrschaft gesundirt.
21772Ouch sach man schône gezîret
21773und wol geordinîret
21774in dem heiligin lande
21775kirchin manchirhande
21776ûf gotis lobelîchin rûm,
21777munstre und vil manchen tûm,
21778clôstre, pfarren, capellin,
21779der nîmant mac vol zellin,
21780dî alle dâ in kurzin jârn
21781gebûwit und besetzit wârn.
21782Sô was ouch zu Jêrusalem
21783gesatzt ein kunc, der undir em
21784mit hêrschaft hatte in dem zil
21785vursten, grâven, hêrrin vil.
21786Nû secht, wer mac vol trachtin,
21787betrachtinde vol achtin
21788daz wundir und dî sterke
21789der grôzin gotis werke,
21790dî er im sô zu lobe schûf1
21791in der cristinheit behûf,
21792dô er alsô vordrukte
21793dî heidin und ûfzukte
21794daz cristinlîche kunne;
21795dêswâr got hatte wunne
21796und sach im lîb in hôher lust2,
21797dô allir sundin abekust
21798und unvlât manchirhande
21799was ûz dem heiligin lande
21800vorblichin gar und hin geleit
21801und dî reine cristinheit
21802in tugintberndir gûte
21803mit vruchtin unde blûte
21804darinne stûnt in allir wîs
21805gezîrit sam ein paradîs,
21806149 a    daz im ouch sulche sûze
21807gebar in senftir mûze,
21808dâvon vil gar der alde zorn
21809vorswundin was, den er irkorn
21810hât ûf sîn volc durch ir ungût,
21811unde was ôt wolgemût
21812intnumen allem grâze;
21813daz leider in der sâze
21814sich nicht urbarte lange;
21815want der alde slange,
21816der tûvil, der mit listin scharf
21817ouch den êrstin menschin warf
21818ûz des paradîsis stift
21819mit sîner mortlîchin vorgift,
21820daz sûze lob vorgellete
21821und in sunde vellete
21822sumelîche cristin,
21823dî abir in den vristin
21824sich manchirwîs vormeintin,
21825daz heilige lant intreintin
21826mit lestirlîchir sunden eis,
21827dâvon got wart gewant in vreis,
21828in zorn, in gremde suire,
21829der doch von nâtuire
21830ist semfte, sûze, wolgemût
21831und ob allir gûte gût.
21832Den semftin, sûzin, gûten got
21833irgremzte irre sundin spot
21834mit sô manchir unvlâte,
21835daz er sîn lant vorsmâte
21836und sînim volke tet intwant
21837sînir helfe milde hant;
21838dô nam ouch al ir êre
21839zurucke gar dî kêre;
21840ir lobelîchir rûm wart toub,
21841ir craft vorbleich recht als ein stoub3,
21842und al irre witze prîs
21843vorswein sam von der hitz ein îs
21844149 b    und ire vîende stigin ûf
21845kegin in in vrechir gûf
21846sî mordende dort unde hî
21847mit craft darnidir als daz vî
21848und benâmin irre hant
21849nicht eine daz gelobte lant,

--- S. 556 ---

21850sundir ouch dâmitte
21851dî lant von dem întritte
21852des rîchis zu Egipten
21853dî heiden gar beclipten
21854gewinnende burge unde stete,
21855swaz der dô dî cristinheit hête
21856besezzen unz alsô her dan
21857zu Mesopotanian,
21858wol zwênzic tagereise lanc.
21859Dî lant, dî vestin dâ inmanc,
21860vorlorn wurdin in dem zil;
21861und darzû gûtir vestin vil
21862gelegin bî des meris strant
21863gewan mit craft der heidin hant.
21864Und dô dî clegelîchin mêr
21865irschullin dissît meris her
21866der cristinheit, dî nôt irwûc
21867kunge unde vursten gnûc
21868durch gotis lôn zu der andâcht,
21869daz sî mit vil grôzir macht
21870sich irhûbin ubir mer
21871und mit creftigir wer
21872daz heilige lant gewunnen widdir
21873und vorlurn iz abir siddir.
21874Diz wechsil treib sich manchin tac,
21875in den mit plâge manen pflac
21876got dî sîne dîte,
21877daz sî von sunden schîte.
21878Daz manen lutzil doch vorvînc,
21879alsus in ab und abe gînc
21880merclîch von gotis ande
21881an dem heiligen lande,
21882149 c    unz sî nicht mê behîldin
21883dâ vestin, der sî wîldin,
21884sundir Akirs, dî eine stat,
21885dî wart, als ir vornumen hât,
21886gewunnen und gemachit mat      [1291 19. Mai
21887und vortilgit in den grunt,
21888in den jârn und in der stunt,
21889als ich ûch dâ vor machte kunt.
21890Drîer sachen abekust
21891an Akirs sachte dî vorlust:
21892vil hêrren was dî eine,
21893dî wârn ungemeine
21894unde lebeten in zwîtracht,
21895dô sî dî heidinschaft anvacht;
21896dî andre was ouch swêre;
21897want dî crûzigêre,
21898dî der pâbist sande
21899zu hulfe deme lande,
21900dî wârn houbtis ênic
21901nîmande undirtênic,
21902vorevil an gehorchte,
21903und waz man vridis worchte
21904kegn der dît, dî sî besaz,
21905den brâchin sî ân undirlâz
21906mit ungestuirem brache1.
21907Sô was dî dritte sache
21908begebner luite ubirmût,
21909want der vorterbit alliz gût;
21910ubirmût was der swengil,
21911der den hôestin engil
21912von dem himele pralte
21913und mit valle valte
21914in den grundelôsen luf2;
21915hômût den menschen ouch vorschûf
21916an des gîzis rîse
21917und ûz dem paradîse
21918untôtlîch in tôtlîch beschreib;
21919alsus ouch ubirmût vortreib
21920149 d    dî cristnen mit schanden
21921ûz den irweltin landen,
21922des sî unz huite hân imporn;
21923ubirmût tût gote zorn
21924in irgremezende zu vreist
21925und an munchin allirmeist,
21926want dî hân alle guft vorsworn
21927und joch eigenin mût vorkorn.
21928Alsus daz gotis erbe
21929ist wurdin umbederbe
21930und sôr3 alsam ein bûste4,
21931allir genâdin wûste;
21932daz sî dir, sûzir got, gecleit;
21933wandele, want dû macht, daz leit!
Ein clage zu dem heiligin lande.

[Dusb. IV, 79. 80.]

21934Ô allir lande vrouwe,5
21935ô wunnenbernde ouwe,
21936ô dû keisirlîchir plân,
21937ô der reckin siggeban,
21938ô eddelir boumgarte,

--- S. 557 ---

21939ô ackir sûzir arte,
21940ô irdischiz paradîs,
21941wî gar ist dînir wunnen prîs
21942vorselwit und vorsôrit1
21943und jêmirlîch zustôrit!
21944Heiligiz lant, ich meine dich!
21945Dû wêre gote minnenclîch,
21946den heiligen engeln wunnenclîch
21947und al der werlde wundirlîch.
21948Got dich im selbin melte,
21949ûz al der werlde irwelte,
21950daz dû im soldis wesin truit
21951unde lîb alsam ein bruit.
21952Dich gotis tow irvûchte,
21953dich sichticlîch irlûchte
21954sîne keginwurtikeit.
21955Got in dir dî heilikeit
21956des dînstis vollinbrâchte,
21957150 a    dâmit er ûz der âchte
21958der aldin abetrunne
21959irlôste menschlîch kunne.
21960Eiâ, dû reinir angir,
21961berhaftic unde swangir
21962in rîchir vrucht, in hôer lust,
21963wî bistû kumen in vorlust!
21964Dû wêr von anegeng î vrût;
21965darûf dich hatte gotis blût
21966gezîrit und geheilgit.
21967Nû lîs dû gar bemeilgit;
21968dîn wunne lît vortorbin,
21969dîn tugint gar irstorbin,
21970dîn sûze ist wurdin galle,
21971zubrochin ist mit valle
21972dînis houbtis crône,
21973gedigin ist zu hône
21974dîn rûm, dîn êre und al dîn prîs.
21975Ach, wî dû besulwit lîs
21976vordrukt mit leidir burdin!
21977Got ist dîr vîent wurdin:
21978der dich î pflac hô minnen
21979der hât ab dîne zinnen,
21980dî vestin stark, dî turme grôz
21981zustrouwit und gemachit blôz,
21982und ligen sam ein geldevelt2.
21983Got hât zuzerrit dîn gezelt,
21984sîn zorn hât dich besezzin.
21985Ô wî gar vorgezzin
21986ist dîner hôen zîrde,
21987dîner vîre wirde
21988und dîn wunnenberndir sanc!
21989Dînir harfin sûzir clanc,
21990der ê gehôrt mit vroidin wart,
21991ist nû vortoubit und vorkart
21992in clegelîche stimme.
21993Got hât in sîme grimme
21994dîner êrin rîstir3,
21995150 b    den kunic und dî prîstir,
21996vorwurfin gar in schande.
21997Dich hân dîne vîande
21998mit vreisin ummeswiffin
21999in engistin begriffin.
22000Des hâstû weinende geweint
22001unde jâmir grôz irscheint
22002dî nacht al zu dem tage,
22003sô daz von werndir clage
22004dî trên an dînen wangin
22005vil trûbiclîchin hangin,
22006und doch ist leidir nîman,
22007der sich dîn wolle nemin an
22008von alle dînen holdin,
22009dî dich trôstin soldin.
22010Bekêr, betrûbte mûtir, dich
22011kegn dînen kindin unde sprich:
22012Eiâ, hôrit, sûzin kint,
22013›alle, dî nû cristin sint,
22014›unde nemit zu herzin
22015›mîner wûste smerzin!
22016›Bedenkit unde rûchit spên,
22017›waz mir armin sî geschên;
22018›werfit kegn mir ûwern blic
22019›unde secht des jâmirs stric,
22020›der mich bevêcht sô herbe.
22021›Mîn wunnenberndiz erbe
22022›vorwildirt stât und ist gewant
22023›hin in ûzirlîche hant.
22024›Dî huisir mîn in gremdin
22025›besitzin gar dî vremdin.
22026›Eiâ, ir edlen vurstin,
22027›lât ûwir herze durstin
22028›nâch den sûzin brustin mîn,

--- S. 558 ---

22029›dî gîzen balsim unde wîn,
22030›milch, honig âne bittere.
22031›Eiâ, ir werdin rittere,
22032›darzû ir vrechin knechte,
22033150 c    ›prûvit alle rechte,
22034›warûf sich ûwir adil bilt!
22035›Begrîfit wâpin unde schilt
22036›und mir zu helfe ûch richtit ûf!
22037›Dî swert gebundin zu der huf
22038›zuckit kegn den heidin
22039›unde von den leidin
22040›irlôsit mich ellendin!
22041›Intnemit mich den hendin
22042›der menigen sundêre
22043›und vrîet mich von swêre.
22044›Daz wol von rechte tût ir,
22045›wen ich bin ûwir mûtir,
22046›dî ûch gebar der cristinheit.‹
22047Dâmitte sî diz hin geleit. —

[Dusb. IV, 81.]

22048Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
22049nûnzig und zwelfhundirt wârn      [1294
22050und darubir vîre,
22051dô sach man mit zîre
22052den vumften pâbist Celestîn
22053des stûlis geweldic sîn
22054und Adolf von Nassouwe, der
22055was kunig ubir dî Rômêr.
22056Dirre Cêlestînus
22057kuime bleib ein jâr alsus
22058an dem pâbistûme
22059und darnâch deme rûme
22060durch der sêlin heil intweich
22061und widir in sîn clôstir streich,
22062des munch er was gewesin;

[Dusb. IV, 82.]

22063dô wart nâch im irlesin
22064Bonifacius zu hant,
22065der der achte was genant.

[Dusb. IV, 83.]

22066Der pâbist im andren jâre
22067sînre wirde vorwâre
22068den kunic von Francrîche,
22069sente Lûdewîche,
22070irhûb canonizîrnde
22071150 d    und glîch den heiligin zîrnde. —
22072Zu disem Bonifaciô
22073sprach zu einre zît alsô
22074der vil reine Cêlestîn,
22075der sîn vorvar was gesîn
22076an dem amte vor der vrist:
22077›Sam ein vuchs bistû mit list
22078›kumin in der êrin prîs
22079›und herschis wol in lewin wîs;
22080›hernâch dû vortirbis
22081›und als ein hunt irstirbis.‹
22082Daz ouch sich alliz ebene
22083irvant an sîme lebene.
22084Dô dirre selbe gûte man
22085daz pâbistûm hât ûfgelân,
22086dô quam ein wîb vor in gegân
22087und begonde in rûfin an,
22088daz er ir gêbe sînin sein.
22089Und dô er hatte des gepflein,
22090ein kint sî ûf dem arme trûc,
22091daz der nâtûren ungevûc
22092crum ê geschûf an der geburt;
22093daz wart bin deme segne durt,
22094den er dâhin streich mit der hant,
22095wol gesunt aldâ zuhant.

[Dusb. IV, 84.]

22096Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
22097nûnzig und zwelfhundirt wârn
22098unde sibene dâmit,      [1297
22099dô wart brûdir Gotfrit
22100von Hôenlôch hômeistir
22101unde hîlt daz reistir
22102des Dûtschin ordins drîzên jâr
22103und ist doch gescheidin gar
22104von der hômeistre zîle,
22105want dô er dî wîle
22106daz amt getrûg, er gab iz ûf
22107und darnâch durch sîne gûf
22108widir daz capittil sich
22109151 a    sîn undirwant vorevelîch.

[Dusb. IV, 85.]

22110Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
22111tûsint und zweihundirt wârn
22112nûnzig und achte darzû gezalt,      [l. 1298
22113dô wart kunig Adolf gevalt,
22114den in strîte vîentlîch
22115herzog Albrecht von Ôsterrîch
22116ubirmenigte und irslûc

[vgl. Dusb. IV, 86.]

22117und nâch im dî crône trûc. —

[Dusb. IV, 87.]

22118Dô von unsirs hêrrin geburt
22119wârn ebbene volvûrt

--- S. 559 ---

22120tûsint und drîhundirt jâr,      [1300
22121dô sach man sich dî Tartren gar
22122mit irre menige vil rêze
22123irhebn ûz irme gesêze
22124kegn den Sarrazînen,
22125dî sî mit manchin pînen
22126nach vîentlîchen sitten
22127hezlîch ubbirritten
22128von êrst in Capadociâ,
22129darnâch in Anthiochiâ;
22130dannen sî mit menien
22131durchzugin ouch Armenien
22132dî grôze und dî cleine;
22133und darnâch gemeine
22134alle daz gelobte lant
22135durchvûrn sî mit herndir hant
22136und sich dannen wanten dô
22137kegn Gazâ und Damascô.
22138Dirre lande gemerke
22139durchzôch der Tartren sterke
22140al an einre reise
22141slânde durch ir vreise
22142der Sarracînen dâ mit nôt
22143mê wen zweihundirttûsint tôt. —

[Dusb. IV, 88.]

22144Daz selbe jâr dô was vorwâr
22145genennit der genâden jâr;
22146dô gab Bonifacius
22147151 b    der pâbist allen den, dî sus
22148dî mûhe sich annâmen,
22149daz sî mit andâcht quâmen
22150zu dem munstre hêre,
22151daz in der heiligin êre
22152Petrî unde Paulî stât
22153dâ zu Rôme in der stat,
22154vollin ablâz allir sundin,
22155als man dâ hôrte kundin;
22156wî engistlîch, wî swêre,
22157wî vil der sundin wêre,
22158sô wart man ir dô lêre. —
22159Nû lân wir dise mêre
22160und sprechin von der crônkin mê,
22161dâ wir sî hân gelâzin ê.
Von brûdir Conrât Sak dem meistere in Prûzinlande.

[Dusb. III, 279.]

22162Brûdir Conrât Sak genant
22163wart meistir ubir Prûzinlant,
22164dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
22165tûsint und drîhundirt wârn;      [1302—1306
22166den sechzênden zalte man
22167in und was sechs jâr daran.
22168Derselbe gotis deggen
22169den gotlîchin seggen
22170hatte wol gezême
22171unde was genême
22172in allir luite ougin,
22173want er konde bougin
22174kegn armen unde rîchin
22175sich sô minnenclîchin,
22176daz man wol von im daz wort,
22177daz Salomôn beschrîbit dort1,
22178ebbin mochte duiten:
22179›Got und ouch den luiten
22180›ist er lîb zu allir stunt;
22181›der dâ hât gûten lûmunt.‹
22182Und dô er daz ammecht getrûc
22183151 c    sechs jâr, als ich ê gewûc,
22184arbeit hatte er sô vil
22185getragen von der juginde zil,
22186dâvon der lîb im was beswêrt
22187und von sûche sô vorzert,
22188daz der macht im gar gebrach.
22189Durch dî crankeit man in sach
22190daz ammet von im schûben,
22191und wonte zur Golûben,
22192daz er gebûwit hatte ê,
22193unz in bevînc des tôdis wê;
22194dô wart er zu Colmensê
22195in den tûm gehabin,
22196dâ wirdeclîch begrabin.
22197Got mûz sîn sêle habin! —
Wî Oukaim dî burc zu dem êrstin vor­herit und vorterbit wart.

[Dusb. III, 280.]

22198Bî diss selbin meistirs vrist
22199dô mensche was gewesen Crist
22200tûsint und drîhundirt jâr
22201und einez, dô geschach vorwâr,      [1301
22202daz ein burcman von Oukain
22203begonde in sîme herzen clain,
22204daz er î was sô lange
22205gewesen in getwange
22206des tûvils sus betrogin,

--- S. 560 ---

22207unde wolde intzogin
22208der irre der abgote
22209und des wâren gots gebote
22210mit dînste sich înbindin1
22211und cristinlîch gesindin2.
22212Draike sô was er genant
22213und ein sun was im irkant,
22214den man Pinne nande.
22215Den selben er hin sande
22216in heimelîchim râte
22217zu brûdre Volrâte
22218151 d    dem Ragnîtschin comentûre
22219in bittende durch got vil tûre,
22220daz er gerûchte toubin
22221an im den ungeloubin
22222und in ûz der heidin hant
22223brengin in der cristnen hant.
22224Dî rede brûdir Volrât schreib
22225dem meistre und zusamne treib
22226ein her mit sîme râte
22227unde irhûb sich drâte
22228kegn dem hûse zu Oukeim,
22229als er wolde mit im heim
22230vûrn den vorgenanten man.
22231Nû vûgt iz got, als er wol kan
22232alle ding in allem zil
22233nâch sîme lobe, swî er wil,
22234lenkin dêswâr wundirlîch,
22235(der schikt iz ouch dô sundirlîch)
22236dô kegn dem hûse slichen
22237dî brûdre heimelîchen,
22238daz in der selben nachte
22239der selbe Draike wachte,
22240durch den dî reise was getân;
22241want in dô trat dî zeche an3.
22242Und dô er sî vornam dâ vor,
22243er offent in daz burgetor
22244und lîz sî in daz huis.
22245Dâ hîldin sî vil swindin suis
22246den slâfindin Littouwin
22247mit stechin unde houwin,
22248daz sî sô lange tribin,
22249unz tôt dâ liggin blibin
22250dî mannesnamen allentsam,
22251sundir einen, der intquam; —
22252der was ein sun Sudargen —
22253und doch mit manchir argen
22254unde verchin wundin.
22255Wîb unde kint sî bundin
22256152 a    vortilginde unz in den grunt
22257burg unde vorburge in der stunt,
22258unde vûrten vrôlîch dan
22259Draiken kegn Ragnîten sân,
22260dâ er ouch den heiligen touf
22261um des himelrîchis kouf
22262mit sîme gesinde allentsamen
22263nam in unsirs hêrrin namen.
Wî brûdir Gunteram wart geslagen und ouch gnûc Littouwscher dîte.

[Dusb. III, 281.]

22264In der zît, als ich vornam,
22265hîz ein brûdir Gunderam,
22266des lîbis lutzil gezelt
22267und des mûtis gar ein helt
22268als sîne werk bewîsten vil.
22269Den sach man volgen in dem zil
22270mit nûn wêpenêren
22271von Littouwin strûtêren,
22272dî gezuckit hattin hin
22273zên mensche und zên pfert mit in
22274zu Cristburg ûz dem gebît.
22275Dî roten er angerît
22276ûf der wiltnisse verre
22277menlîch mit strîtis werre;
22278und an dem êrsten treffe
22279wart Gunderam ein schreffe4,
22280den im dâ gab ein heide,
22281dâvon im daz geweide
22282sich ûz dem lîbe schutte.
22283Îdoch dô nicht vortutte5
22284sîn mût von dem getwange;
22285er hîlt den strît sô lange,
22286unz er dî Littouwin al
22287brâchte zu des tôdis val
22288und den sic menlîch irwarb;
22289dô sank er niddir unde starb.
22290Darnâch dô sîne knabin

--- S. 561 ---

22291in hatten ûfgehabin
22292152 b    und in kegn Cristburc vûrten,
22293dî vrouwin aldâ dûrten1
22294volginde der lîche bî,
22295dî er gemachet hatte vrî
22296von der gevengnisse nôt
22297lîdende vor sî den tôt.
22298Dî wîb man wêrlîch hôrte jên
22299sî hettin offinlîch gesên
22300dort in den luften ebbin
22301ob dem lîchame swebbin
22302zwû snêgevare tûben wîz,
22303und dî hattin sulchin vlîz,
22304swâ man hîlt mit der lîche,
22305dâ swebtin sî ouch glîche
22306ubbir dem tôtin blîbinde,
22307und swâhin sî trîbende
22308den lîcham vûrten oddir zugen,
22309dâhin dî tûben mitte vlugen.
Wî dî Lubbow ward gehert und vunfund­sechzic Littouwin wurdin geslagin.

[Dusb. III, 282.]

22310Nâch dirre schicht nicht ubir lanc
22311in des selbin jâris swanc      [1302
22312quam in strûterîe
22313ein andir companîe
22314abbir von Littouwin,
22315dî ûf der Lubouwin
22316vumf dorfir angewundin2,
22317dâ vîngin unde bundin
22318und slûgin in den vristin
22319wol zweihundirt cristin
22320und hûbin sich darnâch hin dan.
22321Nû volgetin dî brûdre sân
22322von Cristburg irre slage,
22323und dô sî an der jage
22324ûf dî wiltnisse quâmen,
22325vil schîre sî vornâmen,
22326daz sich in zwei gescheidin
22327152 c    hatten dâ dî heidin
22328und zuggin zwêne wege hin.
22329Hîvon dî brûdre sich nâch in
22330ouch ûf dî wege scharten
22331und vaste nâch in harten1.
22332Dâ traf ein teil dî eine trucht,
22333dî sich ouch strouwte an dî vlucht;
22334doch sô slûgin sî ir dan
22335wol vumfundesechzic man,
22336dî dâ blibbin liggin tôt,
22337unde lôsten dâ von nôt
22338von kinden unde wîbin
22339wol bî sibinzic lîbin,
22340dî gevangin hât ir hant.
22341Dî andre rote nicht invant
22342wen ôt vumf cristinkindir,
22343dî blibbin wâren hinddir;
22344dî brâchten sî ouch widdir;
22345doch wart den brûdren siddir
22346alsus gesagit mêre,
22347daz der selben strûtêre
22348wêning einre wêre
22349kumen hin zu hûse wart,
22350sundir daz irvundin wart,
22351daz sî blibbin ûf der vart;
22352ein teil in wazzir ir vortarb,
22353ein teil ir von hungre starb;
22354sumelîchen gînc sô nâ
22355daz ungevelle, daz sî dâ
22356vor leide sich irhîngin3;
22357alsus sî gar vorgîngin.
Wî brûdir Gotfrit von Hôenlôch der hô­meistir sîn ammecht ûfgab und wî brûdir Sîfrit von Vûchtewangen wart gekorn.

[Dusb. III, 283.]

22358Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
22359tûsint und drîhundirt wârn
22360unde zwei gezalt dâmit,      [1302
22361152 d    dô vûr brûdir Gotfrit
22362von Hôenlôch durch Prûzinlant,
22363der hômeistir was irkant,
22364mit vunfzic brûdrin, dî er sô
22365brâchte kegn Lîflande dô
22366zu stûre dâ dem lande;
22367darnâch er dannen wande
22368sich in dem andren jâre;
22369dô hîlt er vorwâre      [1303
22370zum Elbinge capittil.
22371In des selbin mittil
22372er dâ ûf sîn ammecht gab
22373und des doch sint, dô er hin ab
22374widdir quam in Dûtsche lant,
22375vorevelîch sich undirwant.

--- S. 562 ---

22376Und als dî ûfgift was getân,
22377dô wart ouch zu hômeistre sân
22378brûdir Sîfrit dâ gekorn
22379von Vûchtewangen dort geborn,
22380der ouch vûr ân undirlaz
22381und daz houbithuis besaz,
22382daz dennoch in den zîten was
22383zu Venedien, als ich las.
Von brûdir Heinrîche von Kunzen.

[Dusb. III, 284.]

22384In des selbin jâris swich      [1303
22385geschach, daz brûdir Heinrîch
22386starb in Prûzinlande,
22387den man von Kunzen nande,
22388burtic von Duringin;
22389der hât an vreisen dingin
22390erge vil begangin,
22391dô noch in bevangin
22392dî werlt hatte mit ir bant;
22393mort, roub, lûden1, dûbe, brant
22394und ôt vil untugginde
22395er von sînre jugginde
22396ûbete mit vlîzis macht.
22397153 a    Zuletst geschach ûf eine nacht,
22398dô der tag ein ende nam,
22399daz ein compân zûzim quam,
22400der hatte nâch reisigen sittin
22401ein gar swarziz pfert beschrittin.
22402Der sprach mit sulchir red in an:
22403›Wol ûf, Heinrîch, balde dan,
22404›unde volge alleine mir!
22405›Ich breng dich, dâ dû nims nâch gir
22406›rîchir habe roubis mê,
22407›wen dû î gewunnes ê.
22408›Wes lîstû unde lazzis sô?‹ —
22409Heinrîch wart der rede vrô,
22410want im was nâch gûte gâch,
22411unde reit im vaste nâch,
22412swâhin er vor im kêrte,
22413durch manch ungeverte
22414und ubir manch bewornez pfat.
22415Zu jungist quam er an ein stat,
22416dâ sîn pfert ûfzukte
22417und zurucke drukte;
22418swaz er iz vorwart getwanc,
22419î mêr iz î zurucke dranc,
22420want iz sach vil wol daz arc
22421vor im, daz sînen ougen barc
22422dâ der vinstern nachte schîm.
22423Nû was jenre hin vor im
22424sam ûf glîchir erdin;
22425des wart im unwerdin
22426unde wold im îlen nâch,
22427swaz er gehîb, swaz er gestach
22428daz pfert, iz twinginde hin vor,
22429so snarcht iz unde drang ûf hôr.
22430Zu jungist wundir in bevîlt,
22431in dem er lutzil sich inthîlt
22432und dô gab in zorne
22433dem rosse beide sporne
22434und sprach dâ mit intsamen:
22435153 b    ›Nû vort in gotis namen!‹
22436Zuhant, dô er gesprach daz wort,
22437dô rîf ûf andir sîten dort,
22438der tûvil, sîn geselle:
22439›Ô welch ein gevelle
22440›hette dich zurbrochin,
22441›wêr des nicht gesprochin!
22442›Der name, den dû hâst genant,
22443›hât dich bewart und mich geschant.‹ —
22444Dâmit der tûvil ouch vorswein
22445und Heinrîch dâ bleib allein,
22446der sich ouch nindirt regen
22447getorste noch bewegen
22448von der stat noch her noch dar,
22449und lag alsus mit grôzir vâr
22450bevlochtin und mit sorgin
22451unz an den lîchtin morgin.
22452Dô sach er michlen grûwen,
22453den ê daz pfert pflac schûwen:
22454ûf einer rutschin er dâ saz,
22455von der sich ein gevelle maz
22456sô tîf, daz er nicht kunde
22457geoigen an dem grunde,
22458wî iz wêre dâ gestalt,
22459darîn in wolde hân gevalt
22460der tûvil mit des tôdes schrik.
22461Und dô er warf dâhin den blik,
22462er segnte sich und saite lob
22463dem gotis namen, der im ob
22464mit schirme was gewesin,
22465sô daz er was genesin
22466von dem swêren gevelle

--- S. 563 ---

22467der rutschin in dî helle. —
22468Darnâch ein andirz im geschach.
22469In einre demmerunge er sach
22470einen richter sitzin
22471in ernstlîchin witzin
22472und in vreisem gelêze1
22473153 c    ûf sîme richtgesêze;
22474den ummestûnt dâ volkis vil,
22475daz alliz in dem selbin zil
22476clagende gerichtis bat
22477von manchirhande missetât,
22478dî Heinrîch der bôse man
22479vreislîch hât an in begân.
22480Der clage vil ûf in dâ lîf.
22481Zu jungist in der richter anrîf
22482und wart in hertlîch vrâgin,
22483waz er kegn den clagin
22484antwortin wolde, der man ob
22485in dâ treib sô vil, sô grob.
22486Dô vorstumt er und wart blas,
22487want er ir allir schuldic was;
22488des wart ubir sîn lebin
22489urteil aldâ gegebin,
22490daz man in solde tôten
22491gar mit swindin nôten.
22492Und dô daz urteil was irgân,
22493dô sach er jêmirlîchin an
22494den richter sô vormezzin
22495und dî im bîgesezzin
22496wârn nâch gerichtis sittin,
22497als ob er sî wolde bittin
22498und torste doch nicht sprechen.
22499Dô wurdin undirbrechen
22500dî zûsitzer sîne nôt,
22501dî sich im von rechte bôt
22502um sîne werc sô ungewêr,
22503und bâten den richtêr,
22504daz er in lîze bî genist,
22505want er solde in kurzir vrist
22506sin lebin andirs handiln
22507und in bezzir wandiln.
22508Dô vorbant dâ Heinrîch
22509mit eidin dem richtêre sich,
22510daz er wolde sundir sparn
22511153 d    in den Dûtschin ordin varn;
22512und dô er daz getet zuhant,
22513daz gesichte gar vorswant.
22514Und dô er zûzim selbin quam,
22515âne sûmen er sich nam
22516heim zu sînem wîbe
22517mit bibendim lîbe,
22518irschrocken, bleich und missevar,
22519unde macht ir offinbâr
22520alle daz gesichte,
22521urteil und gerichte,
22522und wes er sich vorbundin
22523hatte zu den stundin
22524und ôt swaz im was geschên,
22525und daz sî wolde der volge jên
22526an des gelubdis dingin
22527im zu vollinbringin,
22528des bat er sî vil innenclîch.
22529Nû was dî vrouwe minnenclîch,
22530jung, eddil unde schône;
22531des hîlt siz vor gehône
22532sich bîtende der rede toub,
22533und wolde im gebin kein urloub.
22534Hîrum er sich betrûbete
22535und doch abir ûbete
22536vil ofte an ir dî selbe vlê,
22537sô was î ir mût als ê
22538kegn der bete gar vorhart.
22539Hîvon er ouch zu jungist wart
22540ein teil in den gedanken
22541an dem gelubde wanken,
22542des er hatte sich vorpflicht,
22543ob er iz leiste odir nicht.
22544Und dî wîle der narre
22545sus in des zwîvils harre
22546trûg unvoreinet sînen mût,
22547dô wold der tûvil2 daz ungût
22548an im mêrn ûf nûwen mein,
22549154 a    und in troume im irschein
22550in einis kungis wîse
22551nach kuniclîchem prîse
22552mit vil rittirn ummegebin,
22553und pflag im sulche rede gebin:
22554›Heinrîch, dû bist ein vrechir man;
22555›dî stat und dî burc saltû hân‹
22556(im nennende dî vestin)
22557›und salt dîn herze bestin3
22558›hin ûf rittirliche gir

--- S. 564 ---

22559›und dînen in der werlde mir,
22560›sô wil ich dich rîchen
22561›und hî den mînen glîchen
22562›an hôen wirden wirdiclîch.‹
22563Dô begunde Heinrîch
22564in im selbin denken:
22565›Ich sol mich billîch lenken
22566›in des hôen herrin dînst,
22567›des hant sô mildeclîchin zinst
22568›und sô rîchlîch gebin tar.‹
22569Und dîwîl er sich bewar
22570in troume mit gedanken sus,
22571dô irschein im Cristus
22572mit vumf ofnen wunden rôt
22573und im sulche rede bôt;
22574›Heinrîch, sich mich ebin an;
22575›ich bin, der dâ gebin kan!
22576›Mir ist vil rîchir milde bî,
22577›wen disem valschin kunge sî!‹
22578Dâmit er an dî sîte greif
22579berûrnde der wundin gleif,
22580dî im ê Longînus stach,
22581unde lîblîch zûzim sprach:
22582›Heinrîch, dî stat wil ich dir gebn,
22583›ist, daz dû mir dînest ebn,
22584›dâ vindis dû rîchtûmes vil
22585›unde vroidin âne zil.‹
22586Dâmite er ouch irwachte
22587154 b    unde kundic machte
22588abir dem wîbe dî geschicht,
22589sî bittende mit weindir pflicht,
22590daz sî sîn leit betoubete,
22591den ordin im irloubete.
22592Swaz er gebat ûf dî geschicht,
22593sî wold ôt von im scheidin nicht;
22594hîvon sî michil ungemach
22595lidden beidintsam darnâch,
22596want in allin nachten,
22597sî slîfin oddir wachten,
22598sô hôrten sî mit hemmeren
22599engistlîchen temmeren
22600alumme zu den wendin
22601mit slegin unbehendin,
22602darundir eine stimme
22603sprach mit wortin grimme:
22604›Wol ûf, wol ûf, Heinrîch,
22605›mache zu gebete dich;
22606›wol ûf, lâz des slâfis gûf,
22607›want dîne brûdre, dî sint ûf!‹
22608Daz klopfen und der stimmen dôz
22609bôt irschreknisse sô grôz
22610und sô dicke dem wîbe
22611und unrû irme lîbe,
22612unz sî zu jungist wart sô mat,
22613daz alle wollust von ir trat
22614und an ir wart sô toube,
22615daz sî im vrîe loube
22616gab mit irre holde,
22617daz er sich munchen solde,
22618swâ daz in truge hin dî lust.
22619Ouch wolde sî sundir abekust
22620in gotis dînst sich wendin
22621und kûsch ir lebin endin,
22622daz zwâr dî gotisvorchte
22623an ir vil wol volworchte.
22624Dô Heinrîch urloub sus behîlt
22625154 c    alliz sûmen er vorvîlt
22626und kegn Prûzinlande vûr,
22627dâ den Dûtschin ordin swûr
22628und in intpfînc mit willekur,
22629und als er in der werlde vur
22630allen sînen genôzen
22631an erge was gestôzen,
22632sus man ouch in dem ordin,
22633des er was brûdir wordin,
22634sach nû tugintlîch sîn lebn
22635obin al den andren swebn.
22636Dirre brûdir Heinrîch
22637in einin zîten wart sô sîch,
22638daz er gar ummechtic lac
22639und in der crankheit, dî sîn pflac,
22640was er eins intnuckit;
22641dô quâmen hergeruckit
22642im benebbin zwêne man;
22643der eine gînc zur zeswen stân,
22644der was ein cristen begehart;
22645der andre hîlt daz linke part,
22646und der was ein judde.
22647Dî hûbin ein gekudde1
22648von der geloubin wirdekeit
22649der judden und der cristinheit
22650dem sîchen zu bekrudde.
22651Dô gewan der judde
22652unde sprach alsulche wort:

--- S. 565 ---

22653›Heinrîch, hastû nû gehôrt,
22654›daz dich dîn geloube nicht
22655›geheiligin mag in keinre schicht?
22656›Des rât ich, daz dû vurbaz mê
22657›geloubis an der judden ê,
22658›want dî heilit êwiclîch.‹
22659Dô sprach zûzim Heinrîch:
22660›Ich geloub in einin got
22661›vatir, des vil hô gebot
22662›geschaffen hât mit werde
22663154 d    ›den himel und dî erde,
22664›und in sînen sun einborn,
22665›dem zu mûtre wart irkorn
22666›Marîa dî magit clâr.‹
22667Sus er den geloubin gar
22668sprach redelîch unz an den ort,
22669und ê er des geloubin wort
22670volante zu den stundin,
22671dô wârn sî vorswundin.
Wî Karsouwen daz lant wart gehert.

[Dusb. III, 285.]

22672Des wintirs in des jâris vrist,
22673daz dâ vor genennit ist,      [1303
22674der meistir, brûdir Conrât Sac,
22675sich mit grôzir macht irwac
22676kegn Karsouwin in daz lant,
22677daz doch lutzil was bewant,
22678want ûf des wegis virre
22679dî leitsagin irre
22680daz her vûrtin her und dar;
22681dâvon irre kumpft gewar
22682wurdin dî ungetouftin
22683und sich besîten slouftin
22684an stete, dâ sî sichir wârn.
22685Sus man den meistir sach durchvarn
22686daz lêre lant mit starkir hant
22687und schûf doch wêninc wenne brant.
22688Ummâzen vil er des dâ treib
22689und ubir nacht darinne bleib,
22690und an der widirrîse1
22691zugin sî zu îse
22692ubir daz kûrische hab,
22693dâ sich michil wundir wab,
22694want sô dunne was daz îs,
22695daz iz boic in wâgis wîs,
22696den ein ungewittir
22697ûftrîbit unde nittir:
22698sus daz her daz îs ûfsteic
22699und abir denne nidirseic
22700155 a    von undin î zu undin.
22701Îdoch in den stundin
22702gotis wundir an in warb,
22703daz nî mensche dâ vortarb.
Wî dî Lubow wart gehert.

[Dusb. III, 286.]

22704In den selbin zîten
22705vumfzic Littouwîten
22706in einre companîe
22707sich ûf strûterîe
22708kegn der Lubouwe hûbin;
22709und dô sî des intsûbin,
22710daz sî dem lande nêheten,
22711mit eime sî vorspeheten
22712êrst des landis kunde,
22713der dâ polênsch kunde.
22714Und dô sî daz irvundin,
22715daz nîmant in den stundin
22716weste dennoch dâ von in,
22717dô zugin ouch sî vurbaz hin
22718und in dem lande slânde
22719mortlîch unde vânde
22720dorfir vil vorhertin
22721und dô dannen kêrtin.
22722Ûf der selbin abezucht
22723teilte sich dî selbe trucht
22724ûf zwei pfat kegn lande wart,
22725der eine rote troffin wart,
22726dî dî von Cristburc quâmen an
22727und ir abslûgen vumfzên man
22728und lôsten in den vristin
22729vumfzic gevangne cristin
22730von kindin unde vrouwin.
22731Dî andern Littouwin
22732quâmen hin genesin,
22733swaz der was gewesin.
Von einre ertbibunge in Prûzinlande.

[Dusb. III, 287.]

22734Des selbin jâris ouch geschach,
22735155 b    als man offenlîchin sach,      [1303
22736in allem Prûzinlande

--- S. 566 ---

22737binnin dem owestmânde
22738an sente Ciriakis tac,      [S. August
22739dô dî tercienzît gelac,
22740ein ertbibunge sêre grôz,
22741dî drîes gab sô harten stôz
22742mit schutte1 dem gebuide,
22743daz kuime sich dî luide,
22744dî impor binnen wârn,
22745mochtin vallis bewarn.
22746Waz der erdinschuire
22747widir dî nâtuire
22748bedûte zu der selben stunt,
22749daz wirt hernâch gemachit kunt.
Von kumft der pilgerîme.

[Dusb. III, 288.]

22750In unsirs hêrrin jâren,
22751dô der vorgangen wâren
22752tûsint und drîhundirt
22753und vîre drûf gesundirt,      [1304
22754dô sach man abir beginnen
22755in gotlîchin minnen
22756von Almanien pilgerîn
22757zu Prûzinlande varen în,
22758als in daz got îngeiste
22759mit genâdin volleiste.
22760Sus hîzen sî bî namen,
22761dî dô zum êrstin quâmen
22762angrîfende daz gotis werc:
22763grêve Wernhêr von Hôenberc,
22764hêr Adolf mit dem brûdre sîn,
22765dî man sach von Winthimel sîn,
22766und von Elner hêr Dîterîch.
22767Dise rittere lobelîch
22768und andirre Rînhêrrin vil
22769zu Prûzin quâmen in dem zil.
Wî dî gebît Garden und Pograudin wur­din gehert.

[Dusb. III, 289.]

22770155 c    In des selbin wintirs vart      [1305
22771der meistir des zu râte wart,
22772daz er zwei her ûzsante,
22773der einiz er benante
22774brûdir Conrât von Lichtinhain,
22775der was, als ich hôrte sain,
22776zu Brandinburc dô comentuir.
22777Sô intpfînc der deggin tuir
22778an sich brûdir Ebbirhart
22779von Virrenburc daz andre part
22780zu vûrn ûf dî Littousche dît,
22781der dô mit bîsorgen rît
22782vor den covent zu Kungisberc.
22783Dirre zweier reisewerc
22784wart alsus geschickit dô,
22785daz der von Lichtenhagen zô
22786kegn Garten in dî gegenôt
22787und dâ manchin vlammen rôt
22788machte mit den sînen,
22789den man sach verre schînen.
22790Nicht vil mê nutzis er dâ schûf,
22791wen daz zu des geschreiis rûf
22792er reizte zu den zîten
22793der Littouwin rîten,
22794dî dar ouch quâmen snellis jagis;
22795und darnâch des drittin tagis,
22796als iz vor was ûzgeleit,
22797der von Virrenburc gereit
22798was kumen sô hin dannen
22799mit zwêntûsent mannen
22800in vil tongir île
22801und sprengte bin der wîle
22802ungewarnit in daz lant,
22803daz Pograudin ist genant,
22804und dâ sich ummewante
22805vînc, roubte, mortte, brante,
22806vorterbende mit vreiste
22807des landis gar daz meiste.
22808155 d    Dô hîlt der brûdre vane
22809widdirsatzis âne
22810binnin dem geprûse
22811vor Gedeminnenhûse
22812ûf eime huble, der dâ lac,
22813von morgen unz ûf mittentac.
22814Dâselbins grêve Wernhêr,
22815von dem ich hân gesprochen êr,
22816rittirlîche wirde intpfînc
22817und vurbaz manig eddelinc
22818dâ rittir wart von sîner hant.
22819Und dô diz alliz was volant,
22820dî brûdere dannen zogeten
22821und den Littouwen lôgeten,
22822dî sich nâch in dâ wûgen,
22823und ir wol zwênzic slûgen

--- S. 567 ---

22824in der reise vorgenant
22825âne roub und âne brant,
22826des vil dâ wart begangen.
22827Sô wurdin dâ gevangen
22828und geletzit mit tôdis wê
22829wol tûsint heidin odir mê.
Wî Oukaim andirweit wart vorterbit.

[Dusb. III, 290.]

22830Nicht lange sî dô rastin,
22831sundir in der vastin,
22832dî darnâch gevîl zuhant,
22833der comentuir vorgenant
22834von Kungisberc nam an sich mê
22835volkis, den er hatte ê,
22836und irhûb sich kein Oukein;
22837wen aldâ der burcman ein,
22838der Swirtil was geheizin,
22839den brûdren hât intheizin
22840das huis zu schicken in dî hant,
22841daz alsus ouch wart volant;
22842er macht in offen den înganc.
22843Dô hûb sich ouch ein michil pranc,
22844156 a    want alliz, daz werlîch was,
22845daz machten sî mit tôde blas,
22846wîb unde kint sî banten
22847und abir vorbranten
22848dî vestin allir in den grunt.
22849Der comentuir ouch in der stunt
22850des selbin heris lîz ein teil
22851alumme rennen ûf ein heil
22852in dem burcgebîte,
22853dâ sî vil der dîte
22854slûgen unde vîngen
22855und schaden gnûc begîngen
22856an brande und an roube.
22857Ouch sô blibin toube
22858des lebins in den vristen
22859aldâ wol drîzic cristen,
22860dî dâ slûc der heidin swert.
22861Darnâch sî kegn lande wert
22862mit dem roube quâmen
22863und Swirteln mit in nâmen;
22864und swaz im was zu gesint,
22865daz wart ouch alliz cristen sint.
Wî vîr brûdre unde sechs cristen wurdin geslagin.

[Dusb. III, 291.]

22866In unsirs hêrren jârin,
22867dô der tûsint wârin
22868drîhundirt und vumfe volant,      [1305
22869brûdir Philips von Bolant,
22870der bischovisvogit was
22871in Samelant, und, als ich las,
22872nûn brudir und zweihundirt man —
22873mit den er machte sich hin dan
22874kegn Littouwinlande
22875und dâ drî dorfir brande,
22876dî den kunic hôrten an,
22877slânde unde vûrten dan,
22878swaz ôt sî dâ vundin.
22879Nû wâren in den stundin
22880156 b    dem kunige bî, als ich vornam,
22881durch nôtlîche sache intsam
22882dî des landis besten,
22883des dise nicht inwesten.
22884Und dô des geschreies schal
22885sô hin ûf den hof irhal
22886unde quam dem kunige vor,
22887er hûb sich nâch in ûf ir spor
22888mit vunfzênhundirt mannen.
22889Nû wârn dî brûdre dannen
22890itzunt sô verre kumen,
22891daz sî sich intnumen
22892dûchtin vîentlîchir vâr
22893und hattin sich intwâpint gar.
22894Ouch ir zweihundirt rîten
22895ritten in den zîten
22896vur sich mit dem roube hin,
22897und ein brûdir was mit in;
22898dî andren brûdre vorchte vrî
22899und den lutzil knabin bî
22900ritten in von verrens nâch.
22901Ûf dî sô quam gesprengit gâch
22902und ungewarnit des kungis her;
22903dâkegn sî richten sich mit wer,
22904und êrst an dem ansprunge
22905wart von Bolant der junge
22906durchstochin, daz er dâ belac.
22907Und dô der vogit sînen mâc
22908sach dâniddir sîgen1 tôt,

--- S. 568 ---

22909sîn herze irwegete dî nôt
22910in zornes grimmekeit sô scharf,
22911daz er den schilt zurucke warf
22912und greif daz swert zu beidir hant
22913und dem mordêre dâ zuhant
22914einen slac sô harte gab,
22915daz im spranc daz houbit ab.
22916Dî wer dî brûdre tribbin,
22917unz ir dâ vîre blibbin
22918156 c    irslagin von der vîende hant,
22919dî selben zwêne von Bolant,
22920brûdir Bernhart von Hôenstein
22921und Jôhan, ein brûdir rein,
22922darzû sechs irre knechte.
22923Nû quam ouch mit gebrechte
22924und mit geschelle alsô hart
22925widdir hin zurucke wart
22926dî cristnerote vorgesant
22927kegn der walestat gerant,
22928daz ir wûchz und aneblik
22929dem kunge schûf sô grôzen schrik,
22930daz er und alle sîne schar
22931dî wâpen vorwurfin gar
22932unde griffen an dî vlucht.
22933Dô hîb ouch zû der brûdre trucht
22934slânde, sô man mochte sên,
22935der bestin hêrrin sibbinzên
22936des rîchis zu Littouwin;
22937darzû sach man sî houwin
22938darniddir mortlîch in dem zil
22939der gemeinin dîte vil.
Wî daz vurburge zu Garten gewunnen wart.

[Dusb. III, 292.]

22940Dô unsirs hêrrin jâr vorvarn
22941tûsint und zweihundirt wârn
22942und daz sechste darnâch gelac,      [1306
22943der meistir brûdir Conrât Sak
22944vornam des ganze mêre,
22945daz von Littouwin wêre
22946und von Gartin dem gebîte
22947ûzgereisit vil der dîte
22948kegn Polênerlande;
22949dâvon er ûzsande
22950brûdir Albrecht von dem Hain
22951und mit im, als ich hôrte sain,
22952mê brûdre im geundirt
22953und Nattangin vîrhundirt,
22954156 d    daz sî soldin warten
22955kegn der burc zu Garten,
22956ob sî der mochtin icht gevârn,
22957dî wîl dî wirte ûzin wârn.
22958Und dô sî quâmen bî daz huis,
22959dô irhûb sich ein gepruis
22960von ungewittere sô grôz,
22961daz ûf sî mit vlâge dôz
22962î grandir und î grandir1,
22963sô daz sî kuim einandir
22964gesên mochtin odir hôrn;
22965doch konde sî daz nicht instôrn,
22966daz sî mit sûme trâgeten,
22967sundir sî voljageten
22968in unsirs hêrren namen
22969und bin der schuire quâmen
22970dem vorburge zu Gartin în,
22971daz dennoch in der zît pflac sîn
22972grôz und wît alsam ein stat
22973gar durchbûwit und besat
22974mit uncristinlîchir dît,
22975dî dô vil gar ir swert vorschrît
22976unde velte niddir tôt,
22977swaz sich werlîch in irbôt.
22978Darnâch sî legten vûir an,
22979unz dî vorburc gar vorbran,
22980und alliz daz darinne was
22981wart alsam ein asche blas.
22982Von dannen sî dô karten
22983neminde von Garten
22984mit in roubis alsô vil,
22985als sî des mochtin in dem zil
22986getragen unde getrîbin
22987von habe, kindrin, wîbin. —
— — —

[Dusb. III, 293.]

22988Dô diz her zu lande quam
22989und brûdir Ebbirhart vornam,
22990von Kungisberc der comentuir,
22991waz in dort was ebbintuir
22992157 a    an dem vorburge widdirvarn,
22993er nam an sich sundir sparn
22994hundirt brûdre zu den zîten,
22995darzû wol sechstûsent rîten

--- S. 569 ---

22996und ouch kegn Garten zofte1,
22997want er nû lîchtlîch hofte
22998nemin dâ daz huis gewunnen,
22999sint dî vorburc was vorbrunnen,
23000daz doch andirs wart gewant;
23001want der kunic hatte zuhant
23002von Littouwin dar gesant
23003volkis vil, dô im irkant
23004wart ê, daz sî was vorbrant.
23005Sus er dî burc gemannet vant
23006vil wol mit vrechin heldin,
23007dî sich zu wer ouch steldin
23008wol menlîch in den vristen;
23009want dô hinzû dî cristen
23010sturmende begondin gân,
23011dî burcluite schrickis ân
23012wurfen ûf ir burgetor
23013unde machten sich hin vor
23014kegn den brûdren in strît,
23015der dô werte lange zît.
23016Zulest der brûdre getwanc
23017sî doch hin zurucke dranc,
23018daz sî wichin in daz huis.
23019Darnâch kurzlîch einin pruis
23020herûz sî widdir nâmen
23021mit den cristnen zusamen.
23022Daz tribbin sî sô dicke,
23023daz sî inhant zu schricke
23024den sturmindin ûzlîfin
23025und kegin in mit kîfen
23026dâ hîlden manch gedene.
23027Bîwîlen dise gene
23028tribin hin zurucke;
23029bî wîlen daz gelucke
23030157 b    sich sô den uncristenen gab,
23031daz sî dî cristnen tribin ab.
23032Daz wechsil zwischin in sich wac
23033von morgen unz ûf mittentac,
23034daz sî mit sturmindir pflicht
23035dâ geschaffin kondin nicht
23036noch geschadin dem huise;
23037îdoch in dem gepruise
23038wurdin gnûc der heidin
23039vom lebene gescheidin
23040und ouch vil tôtlîchin wunt;
23041dâkegn der brûdre zu der stunt
23042vorsêrit zwelfe wurdin;
23043ouch semelîche burdin
23044intpfîngin dâ, wol drîzic man.
23045Sô wart brûdir Hartman
23046von Elstirberc geschozzin
23047durch des halsis drozzin2,
23048daz er sint dâvon irstarb;
23049der andren keinre dô vortarb.
Ein wundir.

[Dusb. III, 294.]

23050In des selbin jâris zît
23051von Erogeln ein Littouwît
23052von des Littowschen kungis hant
23053gevangin saz in kerkirs bant,
23054dem dô vil hô sîn sache trat.
23055Nû gab ein Rûze im sulchin rât,
23056der ouch dâ saz gevangen,
23057daz er in den bangen
23058gelobte wachses einen stein
23059gote und der magit rein
23060sînre mûtir Marîen,
23061want in ir helfe vrîen
23062mochte wol von allir nôt.
23063Zu dem gelubde sich irbôt
23064zuhant der heidenische man;
23065und als er hatte daz getân
23066und des opfirs sich vorbant,
23067157 c    dô sprungin von im alle bant
23068und der kerker tet sich ûf;
23069darûz sô nam er ouch den slûf
23070unde quam hin dan irlôst
23071und von gote wol getrôst,
23072dem er ouch das opfir sît
23073leiste sô hin kegn Ragnît.
Von brûdir Heinrîche von Plotzk dem lantmeistre.

[Dusb. III, 295.]

23074In desselbin jâris wîch
23075von Plotzk brûdir Heinrîch,
23076der ein Sachse was von art,
23077in Prûzinlande meistir wart.
23078Den sibinzêndin zalte man
23079in und was zwei jâr daran
23080haldende daz reistir,
23081unz daz der hômeistir
23082zu wesene quam in Prûzinlant;
23083dô wart er grôzcomtûr genant.

--- S. 570 ---

Von pilgerimen.

[Dusb. III, 296.]

23084Bî des meistirs zît vorwâr,
23085dô Cristî unsirs hêrrin jâr
23086tûsint und drîhundirt gar
23087unde sibbene vorgân      [1307
23088wârn von sînre burt her dan,
23089dô sach man, daz grêve Jôhan
23090von Spânheim quam in Prûzinlant
23091und mit im rittre sus genant:
23092von Winthubil hêr Adolt,
23093Dîterîch und Arnolt
23094und dâmit hêr Rûdigêr,
23095dî man nante von Elner,
23096von Boumgart Arnolt und Jacob
23097und manch eddil man darob,
23098dî alle von dem Rîne
23099quâmen pilgerîne
23100dô kegn Prûzinlande
23101und durch gotis ande
23102157 d    woldin wâgin sich mit craft
23103kegn der leidin heidinschaft.
23104Der geste wart der meistir vrô
23105unde treib zusamne dô
23106ein her von starkir achte,
23107dâmitte er dô dâchte
23108und mit den pilgerînen
23109dî dît vreislîchin pînen,
23110daz doch nam den widdirswanc,
23111want daz îs dô was sô kranc,
23112daz sî nicht mochten ubirkumen.
23113Sus wart dî vart in undirnumen1.
Wî Karsowen wart gehert.

[Dusb. III, 297.]

23114In den zîten iz sô quam,
23115daz brûdir Voltsch dî mêr vornam,
23116der comentûr von Ragnîten,
23117wî daz dî Karsowîten
23118mit here kegn der Memil wêrn
23119und woldin dâ dî brûdre hern.
23120Hîvon er ouch benande
23121brûdir Hildebrande
23122von Rêberg ein teil brûdre sân
23123und darzû wol achzic man
23124von sînen undirsezzin,
23125mit den der helt vormezzin
23126sô hin kegn Karsouwin vûr
23127und aldâ mit herndir vûr
23128brante unde roubete vil,
23129vûrnde dannen in dem zil
23130von kindin unde wîben
23131wol bî sibinzic lîben,
23132und vorbranten in den grunt
23133daz vorburge zu der stunt.
Wî daz vorburge zu Putenîken wart vor­terbit.

[Dusb. III, 298.]

23134Nicht lanc nâch disen zîten
23135der comentûr von Ragnîten
23136brûdir Voltsch zusamne las      [1308—1315
23137158 a    sîn volc, daz undir im dô was,
23138und mit in ûf dî Jûre
23139zu schiffe nam dî vûre
23140und dannen heimelîchin
23141kegn Putenîkin strichin,
23142dâ sî des morgins, dô der tac
23143ûfbrach und dennoch slâfis pflac
23144dî burgdît allintsamen,
23145in daz vorburge quâmen
23146und irslûgen alliz daz,
23147daz sich wer kegn in vormaz;
23148dî kint sî vîngin und dî wîb;
23149doch ir ein teil behîlt den lîb,
23150dî von des geschellis pruis
23151intlîfen ûf daz rechte huis.
— — —

[Dusb. III, 299.]

23152In dem selben jâre siddir,
23153dô sî daz vorburge widdir
23154hattin itzunt gebûwit
23155und vestir wol vornûwit,
23156dô der ouwest was irgân
23157und dî herbistzît intstân
23158und dî dît geleide
23159alliz ir getreide,
23160daz in gewachsen was daz jâr,
23161in daz selbe vorburge gar,
23162dô quam der comentûr vorgeseit
23163mit den sînen andirweit
23164zu Putenîken rinnende
23165dî vorburc dâ gewinnende
23166und abir gar vorbrinnende,
23167swaz ouch dâ was innende;

--- S. 571 ---

23168beide gebuide unde korn,
23169daz vraz gar des vûris zorn,
23170und waz dâ was Littouwin,
23171dî wurden gar zuhouwin;
23172wîb, kindir unde habe
23173vûrten sî her abe.
158 b    Wî zwêneundachzic Littouwin wurdin geslagin.

[Dusb. III, 300.]

23174Ein sulch gewonlîch sitte
23175ist den Littouwin mitte,
23176daz sî ire vestin pflein,
23177dî kegn den cristin sint gelein,
23178haldin mit sulchir warte;
23179ir kunic daz vil harte
23180bevestent mit gebote,
23181daz inhant ein rote
23182mit irre wer darûffe lît
23183ûf eine vorbenante zît,
23184lîchte ûf einen mândin;
23185und wen sî den volandin,
23186sô vert abe den dî schar
23187und ein andre kumet dar,
23188dî vorbaz helt der hûte schicht.
23189Von sulchir wandelunge pflicht
23190in den zîten iz geschach,
23191daz man dort von Bisen sach
23192zîn vol vumfundachzic man.
23193Und dô dî wârn kumen dan
23194bis zu Kalsem ûf daz velt,
23195ir abevart was vorgemelt
23196den brûdren zu Ragnîte gar.
23197Des hatten ir genumen war
23198von Lîbenzelle Fridderîch,
23199von Aldinburc brûdir Dîterîch
23200in einre lâge lûdere
23201und noch wol zwênzic brûdere,
23202darzû sechzig irre man;
23203dî sprengten sî dâ menlîch an
23204und ouch slûgin allintsamen,
23205daz ir nicht wen drî intquâmen,
23206dî doch, ê sî intgîngin,
23207dâ wunden grôz intpfîngin.
Wî Putenîkin wart zustôrt.

[Dusb. III, 301.]

23208Darnâch, als ich hôrte daz,
23209ein man zu Putenîken saz
23210158 c    ûf der burc gewaldic gnûc,
23211der zu deme geloubin trûc
23212gunst in tougem mûde,
23213und den hîz man Spûde.
23214Den selbin sach man hin inpîten
23215brûdir Voltsche, zu Ragnîten
23216dem comentûre, daz er quême
23217mit den sînen unde nême
23218dî burc zu Putenicken,
23219dî er im wolde schicken
23220sundir zwîvel zu der hant.
23221Und dô dî botschaft wart irkant
23222dem cometûr, er wart ir vrô
23223unde nam vil snelle dô
23224dî brûdre sîn mit al der macht,
23225dî zu Ragnît im was geacht,
23226unde quam vorholn hin vor.
23227Dô offente Spude dî tor
23228unde half in in dî burc.
23229Dâ wart ein vîentlîch gewurc
23230gehaldin in den stundin;
23231sî morttin unde bundin
23232alliz, daz darinne was,
23233daz des nicht vor in genas;
23234und nâch der vreisen schûre
23235vortilgtin sî mit vûre
23236dî vesten gar unz in den grunt;
23237sus lît sî noch in dirre stunt.
23238Darnâch sî mit in lûden
23239mit sînim vatre Spûden,
23240darzû sîn gesinde gar,
23241daz alliz durch der sêlin nar
23242sich ûz ungeloubin sloufte
23243und cristenlîch dô toufte.
— — —

[Dusb. III, 302.]

23244Nû wurden dî Karsouwin
23245an dem urloige schouwin,
23246daz sî mit keinen witzen
23247mochten dâ besitzen
23248158 d    noch den brûdren widirstân;
23249des sach man sî dâ wûste lân
23250zwû burge, dî sus namen hâten:
23251Scroneiten unde Bibberwaten,
23252und irhûbin sich hin dan.
23253Dî vestin von den brûdren sân

--- S. 572 ---

23254zu aschin sint gedigen;
23255sus sî noch wûste ligen.
Wî Samelant wart gehert.

[Dusb. III, 303.]

23256In unsirs hêrrin jâren
23257dô der vorgangen wâren
23258tûsint und drîhundirt
23259und nûne mit gesundirt,      [1309
23260dô nâmen dî zwên argen,
23261Manste mit Sudargen,
23262an sich von Samîten
23263wol vumftûsint rîten
23264und zugen durch ir erge
23265ob dî Kûrsche nerge
23266în zu Samelande
23267unde hertin dâ mit brande
23268dî kirspil in den stundin
23269Rudow und Powundin,
23270und woldin sîn gereisit vort;
23271dô vornâmen sî, daz dort
23272dî brûdre beitten ir mit macht;
23273des hûben sî zu mittirnacht
23274sich von dannen vlînde
23275und heim kegn lande zînde.
Von der kunft des hômeistirs brûdir Sî­fridis in Prûzinlant.

[Dusb. III, 304.]

23276Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
23277tûsent und drîhundirt wârn
23278und ouch nûne dâmit,      [1309
23279dô quam brûdir Sîfrit
23280der hômeistir in Prûzinlant,
23281der von Vûchtwangen was genant,
23282als er dâ wolde wonen mê,
23283159 a    und daz houbithuis, daz ê,
23284sint daz Akirs wart vorlorn,      [1291
23285zu Venedien was irkorn,
23286daz wandilte sîn wîser sin
23287und iz in Prûzenlande hin
23288zu Mergenburc dô sate
23289und dâ sin wesin hâte.
— — —

[Dusb. III, 305.]

23290In den selbin jâren
23291dî dûtschin brûdre wâren
23292beladin mit betrûbde,
23293dî sî mit strengir ûbde
23294von grôzir hant bevatzte;
23295dâvon der meistir satzte,
23296der selbe brûdir Sîfrit,
23297sînen prîstirbrûdrin dit,
23298daz sî ob al den orden wît
23299nâch iclîchir tagezît
23300soldin ân vorbrechin
23301ûf iren knîen sprechin
23302daz gebet mit inne:
23303›Salvê, kuniginne,
23304›mûtir der barmherzekeit!‹
23305dâbinnen ouch mit innekeit
23306dî leienbrûdir alle
23307solden mit venienvalle
23308sprechin in vlêndir vlîe1
23309den grûz: ›Avê Marîe‹,
23310zu lobe der vil sûzen
23311Marîen, daz sî bûzen
23312des leides in gerûchte,
23313daz man ûf sî dô sûchte,
23314unde wolde in sîn ein schirm
23315widir allen ungehirm.
Wî Samelant und Nattangen wart gehert.

[Dusb. III, 306.]

23316In unsirs hêrrin Cristî jârn
23317dô der drîzênhundirt wârn
23318und eilfe dâmit geacht,      [1311
23319159 b    dô wart an der vastelnacht      [23. Februar
23320von Littouwin kunic Witên
23321mit grôzir menie gesên
23322kegn Prûzinlande kumen
23323den cristnen zu unvrumen,
23324wan er mit michlem prangen
23325Samen und Nattangen
23326dî zwei lant dô herte
23327unde gar vorzerte
23328mit brande unde roube.
23329Ouch er dô machte toube
23330manchis cristnenmannes lîb;
23331meide, kindir unde wîb
23332ô! waz er der zusamne treib
23333in nûn tagin, dî er bleib
23334binnen den zwên gegenôten!
23335Ô wî gar mit bittirn nôten
23336gemischit wart dî vroide

--- S. 573 ---

23337und der vastnacht gegoide,
23338daz mit ubirmâze
23339an reigin, trinkin, vrâze
23340dî vil armen cristen
23341ûbtin in den vristen
23342an witzen gar vorirret!
23343Vorwâr got was gevirret
23344von sînem volke durch den zorn,
23345den er ûf sî hât irkorn
23346um ire missewende,
23347dô er sî in dî hende
23348gab der leidin heidinschaft,
23349dâ sî in hertir eiginschaft
23350mûstin blîbin immir mê.
23351Ach des jâmirs und ô wê!
23352Jâ wurdin dâ gesundirt
23353der cristenin vumfhundirt
23354getriben sô hin abe
23355ân andirs roubis habe;
23356des vûrten sî mit in sô vil,
23357159 c    daz ich des inweiz kein zil.
23358Sus kunic Witên kegn lande wart
23359zôch in vil grôzir hôchvart.
Wî daz lant Pograudin wart gehert.

[Dusb. III, 307.]

23360Zuhant dô sich gewande
23361kunic Witên kegn lande,
23362dô was gereit der brûdre her
23363neminde nâch in dî kêr
23364ûf den selbin wegin.
23365Des heris sach man pflegin
23366brûdir Friderîch von Wildenberc,
23367der comentûr zu Kungisberc
23368in den zîten was irkant.
23369Und dô dî heidin in ir lant
23370kuime wâren kumen
23371und sich zu rû genumen
23372nâch der mûde hâten
23373und iren goten tâten
23374opfir grôz mit lobe,
23375dî in gewesin obe
23376wâren mit geleite
23377geluklîch an der reite1;
23378und dô sî sus begunnen
23379gar in hôen wunnen
23380lebin allir sorgin vrî,
23381dô was der gotis slag in bî
23382mit mortlîchim rauden2;
23383want in daz lant Pograuden
23384sprengtin dô dî cristen
23385und slûgen in den vristen
23386dî dît, als sî gesezzin was,
23387daz wênic tuchtiges genas;
23388iz mûste gar vorterbin.
23389Sô hezlîch sach man werbin
23390dî zornige cristinheit
23391rechinde ir swêriz leit
23392an in mit vreisir ande.
23393159 d    Ouch wart gewant mit brande
23394daz gebuide gar in stoub;
23395darzû sî nâmen grôzin roub
23396an luiten, pferden, habe,
23397daz sî gar her abe
23398brâchtin wol mit gote.
23399Sus dô dî gegenôte
23400Pograudin wart vorterbit,
23401vorwûstet und interbit
23402und an manheit alsô swach
23403gelegit dô, daz sî darnâch
23404sich des bî langir stunde
23405nicht ûfgerichten kunde.
23406Alsus dî cristen ir unheil
23407rachen an der dît ein teil.
Wî Garten daz gebît wart vorhert.

[Dusb. III, 308.]

23408In der selbin wîle,
23409dô mit sulchir île
23410diz her kegn Pograudin zow,
23411dô sach man den von Bergow
23412vumf brûdre an sich hangin
23413und vîrhundirt Nattangin,
23414dî mit im sô hin karten
23415kegn dem gebîte Garten.
23416Und dô sî ûf des wegis rûch
23417quâmen an daz Bibberbrûch —
23418Bibber ist ein vlîz genant —
23419dô wurdin sî sô gar geblant,
23420daz sî zwêne tage

--- S. 574 ---

23421irre der leitsage
23422vûrte ûf der wilde breit;
23423daz gotis vorbesichtikeit
23424dô schûf an der geschichte;
23425want wêrn sî gerichte
23426gezogin dem gebîte zû,
23427sô wêrin kumen sî zu vrû
23428und hettin dâ nicht troffin,
23429darûf sich wûg ir hoffin;
23430160 a    want dennoch dî herluite,
23431von den ich ê ûch duite,
23432dî mit dem kunge wârn gevarn,
23433nicht zu hûse kumen wârn
23434von der ummewege virre.
23435Alsus half in dî irre,
23436dô sî sint geritten vort,
23437daz sî dî reisinge dort
23438vunden nâch der mûde
23439dâ heim an irm gerûde1,
23440unde slûgen in dem zil
23441dî selbin und der andren vil.
23442Darzû brâchten sî her abe
23443luite vil unde grôze habe;
23444und an der widirwende
23445in quâmen in dî hende
23446ein teil herluite, dî dirlein
23447wâren blibin undirwein,
23448der sî zwêne slûgen
23449und dan ir habe trûgen.
Von dem tôde brûdir Sîfridis von Vûch­tewangen des hômeistirs.

[Dusb. III, 309.]

23450In des selbin jâres jage      [1311
23451an des merzin vumftem tage,      [5. März
23452daz ist, dô man den mânden las
23453mit zal dî drittin nônas,
23454dô wart von des tôdis pruis
23455zu Merginburc daz houbithuis
23456sînes êrstin wirtes ân;
23457want der reine gotisman,
23458brûdir Sîfrit von Vûchtewangen,
23459der hômeistir, wart gevangen
23460von Adames stricke,
23461den er mit leidis schricke
23462allen menschen hât gestault,
23463darîn ouch dirre wart gevault,
23464und wart mit grôzin werdin
23465gemischit zu der erdin,
23466160 b    dâvon er was bekumen ê,
23467unde lît zu Colmensê
23468in dem erberen tûme.
23469Got habe dî sêl mit rûme!
Wî dî brûdre gesigetin an dem kunge von Littouwin.

[Dusb. III, 310.]

23470Gelucke machit ubirmût;2
23471ubirmût ist ein ungût,
23472daz ubirhoubit vichtet
23473und alle dinc vornichtet.
23474Swen ubirmût ûfsteigit,
23475vil niddir er den neigit;
23476daz wol ist zu spêne
23477an kunge Witêne,
23478dem hômûtigen heidin,
23479als ich ûch sol bescheidin.
23480Gelucke was im ê geschên,
23481als ir hôrtet mich vor jên;
23482daz steigete sînen mût sô hô,
23483daz in dûchte, wî sîn drô
23484ob allen rîchin swebbete,
23485als man wol intsebbete
23486an tumpheit sînre worte.
23487Hômût in joch bekorte,
23488daz er hîlt zu spote
23489sînen schepfer gote,
23490als ir hernâch gehôren sult,
23491und durch dî lestirlîche schult
23492got in billîch schentte
23493und al sîn êre swentte,
23494daz in sulchir wîs geschach.
23495Dô er hât, als ich ê sprach,
23496geherit in Prûzinlande
23497schadin unde schande
23498alzu grôz dâ ûbinde
23499und manch herze betrûbinde
23500und im des nicht wart widdirstân,
23501dô wolde er abir vurbaz hân
23502160 c    daz lant beswêrt, als iz ouch quam.
23503Vîrtûsint man er an sich nam,
23504dî er weste helde
23505an manheit ûzirwelde,
23506kunstig unde starc in strît,

--- S. 575 ---

23507und zôch kegn Prûzin in der zît
23508sprenginde durch vreisin rûm
23509zu Warmen in daz bischtûm
23510vrû an dem palmôbende      [1311. 3. April
23511unde durchrante tobende
23512in vîentlîchir neise
23513und in mortlîchir vreise
23514mit den sînen her und dar
23515vorterbinde mit craft sô gar
23516unz an den Brûnsberg al daz lant,
23517daz man nichtisnicht invant
23518ûzwendic den steten
23519und burgen, sî inhêten
23520iz gevangin odr irslain,
23521vorbrant, mit roube hin getrain
23522in alzu grôzir vreise.
23523Ouch ûf der selbin reise
23524wart dî gotisêre
23525und sîn dînst vil sêre
23526gecrenkit von den hundin;
23527want waz sî kirchin vundin,
23528dî sach man sî vorbrinnen
23529in tobelîchin sinnen.
23530Dî altir sî intdaktin,
23531dî pallen abezwaktin,
23532ornât und dî heiligen vaz
23533und ôt blôzlîch alliz, daz
23534gote was gewîet
23535und in sîn dînst gevlîet,
23536dî dît bôslîch zuspente,
23537darzû dî sacramente,
23538der lîcham gots gebenedît,
23539von der dît vormaledît
23540160 d    wart jêmirlîch durch iren nît
23541behant, besulwit, angespît.
23542Sumelîche in vrâzen,
23543etslîche durch ir grâzen1
23544in wurfin mit unwerde
23545nidir ûf dî erde,
23546in trâten und zuribin.
23547Der jâmirkeit sî tribin
23548sô vil, sô vil und alsô vil,
23549vil mê, wen ich nû sprechin wil.
23550Darzû sî sprâchin glimpfinde
23551unde hônlîch schimpfinde:
23552›Nû mûzin sîn dî cristen
23553›vorlorn in allen vristen,
23554›want ir trôst ist gar volent!
23555›Iren got hân wir vorswent;
23556›der was alsô vormezzin,
23557›daz er sich uns lîz vrezzin
23558›und tretin mit den vûzin.
23559›Nîmant mac in gebûzin
23560›kummirs, sint in dirre vrist
23561›ir got von uns vortilgit ist.‹
23562Und dô sî wol drî tage
23563dise engistlîche plâge
23564geûbeten in dem lande,
23565der kunic sich dannen wande
23566ûf den wec kegn hûse wart
23567in ummêzlîchir hôchvart
23568vûrnde mit im hin abe
23569sô ubirswenke habe,
23570daz des nîmant volachtin kan,
23571und darubir, âne man,
23572dî er in dem lande irmort
23573hatte beide hî und dort
23574in vreislîchem prangen,
23575sô hatte er gevangen
23576juncvrouwin, kindir, wîbe
23577wol drîzênhundirt lîbe,
23578161 a    dî man in den stundin
23579treib dâ hin gebundin.
23580Ô waz dâ jâmirs sich irbrach,
23581dô daz kint dî mûtir sach
23582in sô harten bandin!
23583Ô wî leitlîch andin
23584der mûtir lac zu herzin,
23585dô sî den selbin smerzin
23586sach an irme kinde!
23587Ô der nôt sô swinde,
23588dô dî mûtir mûste sên
23589dî tochtir lestirlîchin smên,
23590dî tochtir ouch dî mûtir!
23591Ô starkir got, vil gûtir,
23592richâ, lîbir hêrre, rich
23593dî dînen armen und ouch dich!
23594Nû zugin dî Littouwin vort
23595des wegis, unz sî quâmin dort
23596zu Barten in dî wildc,
23597dâ sich ûf eime gevilde,
23598daz prûschin Woplaukin hîz,

--- S. 576 ---

23599dî dît durch rûe niddirlîz.
23600Dâ gînc der kunic sâldin toub
23601besênde hî und dâ den roub;
23602zuletst wart er ouch schouwin
23603juncvrouwin unde vrouwin,
23604der vil vor im dô stûndin
23605jâmirlîch gebundin.
23606Zu den sprach der ungûte
23607in grôzim ubirmûte
23608durch sînen uppeclîchin spot:
23609›Sagit, wâ ist ûwir got,
23610›dem ir tragit holde,
23611›der ûch nû helfin solde?
23612›Warumme hilfit er ûch nicht?
23613›Mich dunkit zwâr, iz sî ein wicht
23614›um ûwern helfelôsen Crist.‹
23615Dâmitte nam er in der vrist
23616161 b    eine buchse, dî im brâcht
23617was dâhin alsô geacht,
23618daz darinne wêre
23619der lîcham gewêre
23620Cristî unsirs lîbin hêrn,
23621unde schutte mit unêrn
23622daz sacrament sô sûze
23623nidir vor dî vûze
23624und iz trettinde zureib.
23625Dâmit er dise redde treib:
23626›Sêt, tummen, wî ich trete,
23627›den ir mit gebete
23628›zu eime gote rûfit an!
23629›Noch er ûch, noch im selbin kan
23630›geleisten keinerhande trôst
23631›noch von nôten tûn irlôst.
23632›Iz ist gar ein îtel wân,
23633›dâmit ir cristen ummegân.
23634›Unsir gote hân gewalt;
23635›dî machin iz alsô gestalt,
23636›daz wir ûch darzû neigin,
23637›daz ir unsir eigin
23638›mûzit wesin in arbeit.
23639›Des sol billîch wirdikeit
23640›und êre sîn irboten
23641›den unsern grôzen goten
23642›in êwiclîchen vristin!‹
23643Und dô dî armen cristin
23644des jâmirs dâ intsibbetin,
23645von grûwen sî irbibbetin,
23646dâ sî sô engistlîch vorsmên
23647dâ mûstin iren schepfer sên
23648dâ vor in von dem heidin.
23649Vorwâr in grôzin leidin
23650und in jamirberndir nôt
23651ir herze bittirlîch dô sôt
23652und doch dâkegn nicht enkrigen1,
23653sundir sûfzinde geswigen.
23654161 c    Dô dî nacht ende genam,
23655des morgins brûdir Heinrîch quam
23656von Plotzk, der grôze comentuir,
23657und mit im manich helt vil tuir.
23658Waz sullen sundren dî genent?
23659Iz was der êrbêre convent,
23660der brûdre samenunge,
23661hô, nidir, alde, junge,
23662der man dâ nante mit der zal
23663vil nâch achzig ubiral,
23664darzû manch ellinthaftir degen
23665zu strîte tuchtig und irwegen.
23666Dî alle hattin sich voreint
23667kegn dem kunige vormeint,
23668daz sî mit vrechin handin
23669an im woldin andin
23670daz lastir und dî jâmirkeit,
23671dî gote und der cristinheit
23672von im und von sînen rotin
23673sô hezlîch was irbotin.
23674Und dô sî nâhin begundin,
23675dî heidin sî dâ vundin
23676impor ûf einem berge
23677dî lenge und dî twerge
23678mit hegenen vorzingilt.
23679Dô wart ouch nicht gehingilt2:
23680dî cristenen sich scharten
23681und kegn den vîenden karten.
23682Und mit dem êrsten sprengen an
23683vorlurn dî cristnen vîrzic man,
23684dî tôt der kunic dô stracte;
23685doch sî daz nicht irschracte,
23686man insê sî strewin
23687vor sich sam dî lewin;
23688und des heris grôste part

--- S. 577 ---

23689mit dem vanen zu berge wart,
23690dranc vor zû kegn den heidin,
23691dî ouch in swindin vreidin
23692161 d    wurfin kuilen unde sper
23693kegn den cristnen abe her
23694rechte als ob iz snîte.
23695Sô drang in ûf dî sîte
23696brûdir Gunther von Arnstein
23697mit des heris roten ein
23698kegn den rûzschin schutzin,
23699dî kegn in benutzin
23700ouch in den zîten pflôgin
23701vil vîentlîch ir bogin
23702und ire scharfen pfîle.
23703Îdoch in kurzir wîle
23704brûdir Gunther sî durchdranc,
23705dâvon ouch sî den widirswanc
23706nâmen hin zurucke.
23707Dô volgete mit drucke
23708brûdir Gunther unz hinan.
23709Dâbinnen ouch der brûdre van
23710dort in unsirs hêrren nam
23711zu in in dî heigne quam.
23712Daz gab den heidin sulchin schric,
23713daz als in eins ougen blic
23714wart ein gebrach der luite pur1,
23715dâmit ouch nam dî dît den snur2
23716gar zustrouwit an dî vlucht
23717recht als eine starentrucht,
23718sô man sî vorschoichit tût.
23719Nû jagit nâch, ô helde gût!
23720Lât ûch nicht intwerdin
23721dî bôsen, dî unwerdin!
23722Andit gemein
23723des lastirs mein3,
23724den ê bôt ûwirm gote
23725dî rote
23726sô gar unrein,
23727dî jâmirvlût,
23728daz reine blût
23729der ûwern vil armen;
23730irbarmen
23731lât ûwern mût
23732dî kirchin vrôn,
23733ir zîrheit schôn,
23734dî vorbrunnen ligen
23735geswigen
23736162 a    des lobis dôn.
23737Rechchit um des himels lôn
23738des jâmirs stric:
23739des lastirs blic
23740an den reinen vrouwen,
23741juncvrouwen,
23742sî ûch ein schric
23743zu der râche widdirbic!
23744Ô ir werdin rittir,
23745lât bittir
23746ûch sîn dî nôt,
23747dî sich von den leiden,
23748den heiden,
23749den ûwern bôt!
23750Ôwê der nôt,
23751sî ligen tôt,
23752besulwit in ir blûte rôt!
23753Dâwiddir slât
23754mit vrechir tât,
23755und ir dikeine schône hât!
23756ich meine dî Littouwin.
23757Stechin unde houwin
23758ist ûch an in irloubit,
23759unz ir sî gar vortoubit.
23760Nû volgit nâch mit schallen,
23761daz spil ist ûch gevallen:
23762jagit, helde, jagit!
23763dî heidin sîn vorzagit.
23764Dô volgetin den vîendin nâch
23765dî brûdre mit île gâch,
23766dî man nicht andirs ûbin sach
23767wenne how, stich unde slach.
23768Daz tribbin sî alsô gevâch,
23769unz dâ vor in manic vach
23770der heidin lâgen lîbis swach,
23771den der brûdre swert zubrach
23772daz houbit oddir sî durchstach,
23773des ouch vil mange rôte bach
23774dâ stûnt in vreisir vlûte
23775ûf des gevildes grûte
23776von ungetouftim blûte,
23777daz dâ mit vrechchim mûte
23778gôz der brûdre hûte

--- S. 578 ---

23779an der veigin lûte,
23780162 b    dî dô got der gûte
23781slûg in grimmer glûte
23782mit sînes zornes rûte
23783und sî des lebbins lûte1
23784mit rechtir râche plâge.
23785Daz slachtin und dî jage
23786dî cristnen tribben dâ mit macht
23787den tag alûz und ouch dî nacht,
23788ê sî mit tôdis valle
23789dî Littouwin alle
23790vortilgtin und vorterbetin.
23791Ouch sich ir selbin sterbetin
23792vortummet in den nôten vil,
23793dî sich vortrenctin in dem zil;
23794etslîche sich irhîngin
23795und ôt gar vorgîngin.
23796Îdoch sô quam von dannen
23797der kunic mit drin mannen.
23798Warumme got den lastirbalc
23799ouch mit tôde nicht bewalc
23800sam dî andrin in der schicht,
23801daz weiz er wol, ich weiz sîn nicht.
23802Und dô zu der walstat
23803nâch der sâldinberndin tât
23804dî brûdre widdir quâmen
23805und ir volc zusamen,
23806sich irhûb ein vroide alsô grôz,
23807daz von vroidin ubirvlôz
23808aldâ vil manig ouge
23809offinbâr und touge,
23810und saiten in der stunde
23811mit gemeinem munde
23812danc unde lob dem gûten gôte,
23813der nâch sînre trûw gebote
23814in irem betrûbnisse
23815sî trôste sô gewisse
23816und sî kegn der heidin craft
23817sô zeichinlîch tet siggehaft.
23818162 c    Dô quam ouch dî betrûbte schar
23819geloufin kegn den brûdrin dar,
23820ich meine dî gevangnen wîb,
23821den nû genêdiclich der lîb
23822von bandin was intbundin,
23823und vîlin in den stundin
23824in weinende zu vûze
23825mit alsulchim grûze,
23826den man sî hôrte kegn in kêrn:
23827›Sît willekumen, vil lîbin hêrn,
23828›sît willekumen gote
23829›und al des himels rote!
23830›Sît ouch uns armen willekumen,
23831›want ûwir kumft hât uns genumen
23832›ûz jâmirberndir bittere!
23833›Ô eddeln gotis rittere,
23834›got mûz ûch immer werdin
23835›in himel unde ûf erdin,
23836›want ûwir ellenthafte hant
23837›zubrochin hât dî leiden bant,
23838›dâmit wir armen wârn gehaft
23839›zu êwigir eiginschaft!
23840›Wir wâren jêmirlîch vorlorn:
23841›nû sîn wir andirweit geborn
23842›und von tôde gar irlôst.
23843›Daz hât gemachit ûwir trôst.
23844›Des mûze got ûch gebin
23845›hî ein sêlic lebin
23846›und dort in himelrîche vrôn
23847›der êwigen vroidin lôn!‹
23848Dî brûdre sprâchin ›Âmen!‹
23849Nû was der wîb intsamen
23850mit den gevangnen cristen,
23851dî man in den vristen
23852zalte dâ gesundirt,
23853tûsint und drîhundirt,
23854dî dô machte lôs der strît.
23855Iz was ein wunnenbernde zît
23856162 d    unde ein sêliclîchir tac,
23857dâ al des landis heil anlac
23858dâ zu Prûzin sundir wân,
23859an dem dî slachte wart getân;
23860want wô vorlurn wêr der sic,
23861sô mûste gar in jâmirs schric
23862der cristenegeloube
23863sîn gelegin toube
23864in allem Prûzinlande,
23865daz doch dô got irwande
23866genêddeclîchin in der zît,
23867als ir dâ vor bescheidin sît.
23868Des sî lob unde êre
23869gesagit immir mêre
23870sîme sûzin namen!
23871Nû sprechit: Âmen!
23872Darnâch sach man sî buiten.

--- S. 579 ---

23873als ich hôrte duiten,
23874achtundzwênzic hundirt pfert,
23875dî intmannet hât ir swert,
23876âne dî man sach vorgên
23877mit sam den heidin in den sên
23878und âne roubis habe,
23879der ich kein ende habe.
23880Dirre lobelîche strît
23881geschach in des Aprillen zît,
23882dô man pflac lesin sus
23883des mândin achte idus;      [6. April
23884daz was dî mittewoche
23885in der martirwoche
23886in unsirs hêrrin jâren,
23887dô der irvullit wâren
23888tûsint und drîhundirt
23889und eilfe drûf gesundirt.      [1311
23890Zu êwigir huggenumft
23891der sêliclîchin siggenumft
23892und zu hôhis lobis êrn
23893Cristô unsim lîben hêrn
23894163 a    dî brûdre mit mildir tât
23895dort zu Thorûn in der stat
23896ein vrouwinclôstir stifttin
23897und daz rîchlîch begifttin.
Wî Pograuden wart gehert.

[Dusb. III, 311.]

23898Darnâch in des sumirs vart      [1311
23899von Mansvelt brûder Gebbehart,
23900zu Brandinburc der comentuir,
23901ein degin menlîch unde tuir
23902in urloig und in strîten,
23903vumfzênhundirt rîten
23904mit vil brûdrin an sich nam
23905und sô hin zu Pograudin quam
23906hernde in dem lande
23907mit roube und mit brande,
23908slânde unde vânde vil
23909volkis in dem selbin zil.
23910Und dô sî dannen soldin kêrn,
23911von Samaiten dî bestin hêrn
23912besament hatten al ir macht,
23913dî in mochte sîn geacht,
23914want sî vor wol vornumen
23915hatten dî brûdre kumen,
23916und zuggin in hezlîchin nâch.
23917Und dô der comentuir gesach,
23918daz ir sin ûf strît sich wûc,
23919er nicht vorzaite, sundir slûc
23920zuhant dânidir al den roub
23921machinde des lebbins toub
23922beide luite unde vî,
23923swaz des geroubit hattin sî,
23924unde wîsten sich alsô,
23925ob sî strîtis wêrin vrô.
23926Nû woldin ouch dî argen
23927Masie mit Sudargen
23928und darzû dî andre dît
23929gestrittin hân, îdoch entrît
23930in Manste daz mit trûwin.
23931163 b    Er jach: ›Wir sullin schûwin,
23932›daz uns icht dî brûdre
23933›mit einre lâge lûdre
23934›hî schedelîch belâzen.
23935›Sî wârn vor unz grâzen1,
23936›daz ich mich des wol vorstê,
23937›hî mûze wesin volkis mê
23938›wen sich uns bezeigit;
23939›darum her abe neigit
23940›und lât daz strîten nû bestân!‹
23941Alsus dî brûdre quâmen dan
23942sundir alle plâge.
23943Darnâch tâten vrâge
23944dî Littouwin der mêre,
23945wer gewesin wêre
23946des selbin heris houbitman.
23947Dô wart in gesagit sân,
23948iz wêr ein vrechir jungir helt
23949genennet Gebhart von Mansvelt,
23950von Brandinburc der comentuir.
23951Do sprach ir ein: ›Vil ungestuir2
23952›ist gewesin er diz zil.
23953›Doch sagit im, ist, daz er wil
23954›sô swach uns herin dicke
23955›und sô zu aneblicke,
23956›als iz nû tagis was gestalt,
23957›sô mag er nicht wol werdin alt.‹
Von eime vorrêtnisse.

[Dusb. III, 312.]

23958Binnen dirre selbin zît
23959gevangin was ein Littouwît,
23960den man zur Balge hîlt und der
23961was gewesin kemerêr
23962des kungis von Littouwirlant.
23963Dirre selbe sich vorbant
23964den brûdren bî des houbtis pfant,

--- S. 580 ---

23965daz er in wolde zu der hant
23966dî burc zu Gartin schicken,
23967ob sî in ûz den stricken
23968163 c    der gevengde lîzen;
23969dâmit man in intslîzen
23970hôrte redde sô gewêr,
23971wî daz wolde vûgen er
23972in nennende dî zît dâbî,
23973daz in dî brûdre lîzen vrî
23974heim kegn lande scheidin,
23975dâ ouch der selbe heidin
23976dem kunge machte offinbâr
23977dî vorgenante rede gar,
23978swes er vorbundin hatte sich.
23979Nû machte brûdir Heinrîch
23980von Ploczk sich ûz mit brûdrin vil
23981ûf daz vorbescheidene zil
23982von dem kemerêre;
23983darzû nam ere1
23984der sînen wol vumftûsint man.
23985Und dô er nâhin dort began
23986der burc zu Gartin vorgenant,
23987einen wartman er dâ vant
23988des kungis, einen alden,
23989und ûf daz der behalden
23990mochte dô sîn lebbin,
23991sô saite er in ebbin,
23992swes sî mit vrâge in bâtin,
23993und sprach: ›Ir sît vorrâtin,
23994›ob ûch dî reise vurbaz treit,
23995›want der kunic lît gereit
23996›bî Gartin in vil grôzir macht
23997›und hât iz sô geacht,
23998›wen ir halb ûf andir sît
23999›der Memelen hin kumen sît,
24000›daz er wil sprengen an daz teil;
24001›und gevellit im daz heil,
24002›daz er dâ geslêt daz vach2,
24003›sô wil er zîn den andren nâch.
24004›Dî red ist ganz und âne slitz,‹
24005jach er; und dô dî brûdre ditz
24006163 d    gehôrten, sî dirquâmen
24007und saiten allintsamen
24008danc unsem hêrrin unde lob,
24009daz er sî vor der nôt sô grob
24010bewarte sô genêdeclîch,
24011und wanten heim kegn lande sich.
Wî Salsenîken wart gehert.

[Dusb. III, 313.]

24012Nâch dirre widdirkumft zuhant
24013brûdir Heinrîch vorgenant
24014nam ein ubirswenke her;
24015darinne wârn mit irre wer
24016brûdre gesundirt
24017vumfzig unde hundirt,
24018darzû rîten alsô vil,
24019daz ich ir nicht habe zil,
24020unde zweitûsint gânde,
24021und mit der menie wande
24022sich kegn Littouwin in ein lant,
24023daz Salsenîken was genant,
24024dâ vor nî brûdirschilt înquam.
24025Und dô daz her sich ûzgenam
24026und begonde Gartin nân,
24027sî quâmen vîr wartluite an,
24028der sî drî dâ slûgen,
24029den vîrden sî gewûgen
24030zu lâzen bî dem lebbene,
24031ob er mit wârheit ebbene
24032in sagete, waz mêre
24033zu Littouwin wêre.
24034Dô jach er ûf den intheiz:
24035›Von ûch man dâ nicht enweiz;
24036›vorwâr ich ûch daz kunde;
24037›des hât ein sulch urkunde:
24038›iz kument hûte sô her dan
24039›des kunigis wol vumfzic man
24040›zu machin einen hagen,
24041›darzû der kunic wil jagen.‹
24042Dî quâmen ouch, als er gewûc,
24043164 a    und darnâch, dâ man dî geslûc,
24044dô satzte sich zu schiffe sân
24045daz her ubir der Memeln stran
24046ûf der Littouwin sîte.
24047Dâ wurdin in der zîte
24048wol zwelf brûdre gelân
24049und dî zweitûsint gênde man,
24050daz sî dî schif bewartin;
24051dî andrin vorbaz kartin
24052kegn dem lande vorbejên
24053unde quâmen umbesên
24054und ân alliz schiken
24055hin zu Salsenîken
24056an sente Processin tage      [2. Juli

--- S. 581 ---

24057und darîn mit swindir vlâge
24058ungewarnit sprengetin,
24059vorhertin und vorsengetin
24060alliz, daz darinne was.
24061Ouch wurdin dâ drî vestin blas,
24062dî sî zu aschin brantin,
24063und des lebbins blantin
24064alliz, daz sî quâmen an,
24065jung und alt, wîb und man;
24066sô vies wart sô vil irslagen,
24067daz al dî velt bestrouwit lâgen;
24068und ubbir nacht dâ blibbin.
24069Des andrin tages tribbin
24070sî mit in her abe
24071grôzis roubis habe
24072und darzû gesundirt
24073mensche wol sibbinhundirt
24074âne dî sî slûgen tôt;
24075der zal weiz alleine got.
Von brûdir Karle dem hômeistir.

[Dusb. III, 314.]

24076In unsirs hêrrin jâren,
24077dô der tûsint wâren
24078vorgangen und drîhundirt
24079und zwelfe drûf gesundirt,      [1312
24080164 b    dô wart mit grôzir zîre
24081brûdir Karl von Trîre
24082der drîzênde hômeistir
24083unde hîlt daz reistir
24084des ordins vil nâ drîzên jâr.
24085Den selbin meistir lût vorwâr
24086sint zu hove pâbist Jôhan,
24087daz er sold vor im gestân;
24088daz ouch geschach; er quam aldar
24089und grôzir sachin vil intwar,
24090dî sînen ordin vâchtin an;
24091want der gotis reine man
24092grôze wîsheit hâte;
24093darzû er wol gerâte
24094walsche sprache kunde
24095und mit sîns selbis munde
24096er sîne sachin sundir vâln1
24097vor pâbiste und cardinaln
24098pflac têdingin in der stunt
24099und konde mit gelenkis bunt
24100sô wol sîn rede machin,
24101daz sîne widdirsachin
24102in joch gerne hôrten
24103unde swiggen sînen worten.
24104Ein jâr er in dem hove bleib;
24105darnâch in sûche dannen treib,
24106dî sint sô lang ouch an im warb,
24107unz er dâvon zu jungist starb
24108zu Trîr in sînis ordins huis.
24109Dâ ist ouch sînes grabis cluis.
Wî Cristmemil daz hûs wart gebûwit.

[Dusb. III, 315.]

24110Der selbe hômeistir brûdir Karl
24111nam an sich grôzir menien parl
24112zu Prûzin in dem lande;
24113dô man Cristô nande
24114vorgangin drîzênhundirt jâr
24115und darzû drîzêne gar,
24116164 c    und vûr alsô hin obe
24117gote bûwende zu lobe
24118und ûf nutz der cristinheit      [1313 8—22. April
24119eine burc, dî wart geleit
24120obwendic Ragnîten
24121sechs mîle kegn den dîten
24122ûf der vlût der Memil,
24123und nante sî Cristmemil.
24124Zu der bûwunge in dem zil
24125was schiffe kumen alsô vil,
24126daz man zusamne rukte
24127sî und darûffe brukte
24128der breiten Memiln vlût al ubir
24129unz ûf der Littouwin ûbir.
24130Der brucken grôzir wundir nam
24131dî Lîttouwin allentsam,
24132wen al der werke und der list,
24133dî sî hattin vor der vrist
24134von den cristen gesên,
24135als man sî dô hôrte jên.
24136Dô dî burc was vollenkumen,
24137dô wart heilictûm genumen
24138und getragin schône
24139in prôcessiône
24140in der burc capelle,
24141dâ ouch in sûzir helle
24142sanc der reinen pfaffin rote

--- S. 582 ---

24143ein lobelîche messe gote.
24144Ûf der selbin hinreise
24145von ungewittirs vreise
24146vorturbin vil der schiffe,
24147dî mit ummeswiffe
24148woldin varn durch dî sê
24149zu der burg, als ich sprach ê,
24150geladin mit gerête,
24151dâmit man willen hête
24152zu spîsen daz selbe huis.
24153In der selbin vlâge pruis
24154164 d    vorgîngen in den schiffen san
24155vîr brûdir und vîrhundirt man. —
Ein wundir.

[Dusb. III, 315.]

24156Ein Beier in der selbin zît
24157was ûf dem hûse zu Ragnît
24158vor einen schutzin dâ geacht;
24159der legte sich in einre nacht
24160und begonde slâfin.
24161Dâ quam der tûvil trafin1
24162und beiz in in dî zê
24163sô sêre, daz er luite schrê:
24164›Sô waz ist daz, daz mich sô clam?‹ —
24165Er sprach: ›Ich binz, der tûvil sam,
24166›der mich des gevlizzin
24167›hab und dich gebizzin.‹ —
24168›Und waz meines dû dâmit?‹ —
24169Der tûvil sprach: ›Daz ist dîn sit,
24170›swen dû dich legis slâfin,
24171›daz dû des crûzis wâfin
24172›zu kurz î pfligis streckin
24173›und dich nicht gar bedeckin.
24174›Des vant ich dich geckin
24175›ôt dî zehe bleckin.
24176›Hêt ich dich zumâle vundin
24177›blôz, ich hette dich gar vorslundin.‹
24178Der Beier des vil sêr irschrac
24179und tet sint beide nacht und tac
24180vor sich vil lange crûze
24181kegn des tûvils gehûze2.
Wî Bisen dî burc wart gesturmit.

[Dusb. III, 316.]

24182In des selbin sumirs swich
24183von Ploczk brûdir Heinrîch,
24184marschalc in Prûzinlande,
24185sich hin kegn Bisen wande
24186vor dî burc mit grôzir macht
24187unde sî vîentlîch anvacht
24188mit hantwerc gesturme.
24189Îdoch mit dem gehurme3
24190165 a    schûf er nicht mê in der stunt,
24191wen daz dâ vaste luite wunt
24192wurdin von beidin parten.
24193Alsus sî dannen karten.
Von eime herschiffe.

[Dusb. III, 317.]

24194In des selbin jâris kêr
24195lîz bûwen brûdir Wernhêr
24196der comentuir zu Ragnîte
24197ein herschif kegn der dîte
24198und lîz daz ummezinnen.
24199Darzû sach man gewinnen
24200in gemeiner schiffe genûc
24201und darinne sich irwûc
24202ûfwart kegn Junigêdin
24203in alsulchin vêdin,
24204daz er wolde dî vestin an
24205gevochtin mit den sînen hân.
24206Und als sî quâmen bî daz huis,
24207dô hûb sich eines windis suis
24208mit einre vlâge alsô scharf,
24209dî daz schif mit creftin warf
24210ûz der tuife an den strant.
24211Dô quam geloufin ouch zuhant
24212dî burcdît zû mit irre wer
24213und in vîentlîchir kêr
24214daz schif begondin vechtin an,
24215darûz in ouch wart widdirstân
24216von brûdern und von wêpenêrn
24217sô menlîch, dî darinne wêrn,
24218daz der Littouwin in der stunt
24219genûc tôt gelac und tôtlîch wunt
24220und dî brûdre von der grunt
24221sich intbrâchin in der stunt.
Wî daz herschif wart vorterbit.

[Dusb. III, 318.]

24222Dô von Littouwinlande
24223von dem herschif irkande
24224der kunic dise mêre,

--- S. 583 ---

24225im was dî rede swêre
24226165 b    und sich der schicht betrûbete
24227und mit den sînen ûbete
24228manchin rât und manche list,
24229wî sî vortilgtin in der vrist
24230daz schif, want sî im allentsam
24231wârn gar von herzen gram.
24232Zu jungist einen er ûzlas,
24233der achber unde menlîch was
24234und darzû scharfir sinne,
24235der was genant Surminne,
24236und schûf deme hundirt schif,
24237mit den er nam den niddirswif
24238und hât darinne sundir wân
24239mê wen sechshundirt vreche man,
24240darzû wol hundirt rîten.
24241Dî rantin hin besîten
24242und quâmen zu Cristmemil sân,
24243dâ sî daz herschif westin stân
24244und wurdin iz anstrîtin.
24245In den selbin zîten
24246vîr schutzin darinne wârn,
24247dî dâ pflâgen iz bewarn.
24248Dî wertin dô vil menlîch
24249beide daz schif und ouch sich.
24250Sô lîfin ouch dî brûdre zû
24251unde tâten grôze mû
24252den heidin bin der wîle
24253mit manchim scharfin pfîle
24254nâch vîentlîchin sittin.
24255Und dô sî lange irlittin
24256sturminde dî pîne,
24257des schiffis ankirlîne
24258sî zu jungist hîben ab.
24259Darnâch mit vluzze sich irgab
24260daz schif dî Memle zu tal.
24261Dô wart von in ein michil schal
24262und alle dôzû kêrtin.
24263Dâ kegn sich gene wertin
24264165 c    unde wunten ir dâ vil,
24265irslânde zu dem selbin zil
24266Surminnen brûdir Stoldin.
24267Zu jungist dî unholdin
24268daz schif mit craft gewunnen
24269und tâten iz vorbrunnen
24270tôtende vil schîre
24271dî schutzin alle vîre,
24272dî des schiffis nâmen war.
24273Ouch nam der ungetouften schar
24274nicht vil nutzis in der stunt,
24275want ir wart sô vil dâ wunt,
24276daz ir dâvon in vîrzên tagen
24277vîrdhalbhundirt tôt gelâgen.
Wî dî vurburge zu Bisen wurden vor­brant.

[Dusb. III, 319.]

24278In den zîten abir sich
24279der marschalc brûdir Heinrîch
24280machte hin kegn Bisen;
24281darzû man in sach kîsen
24282dî Samen und Nattangin
24283und mit sturmis prangin
24284abir vacht dî vestin an
24285und ir îdoch nicht gewan,
24286sundir dî vorburge
24287er mit sturmis schurge
24288beidentsamt vorbrante
24289und sich dô dannen wante.
Wî Medenîken wart gehert.

[Dusb. III, 320.]

24290Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
24291tûsint und drîhundirt wârn
24292unde vîrzêne dâmitte      [1314
24293nâch dem ummesnitte      [nach 1. Jan.
24294unsirs hêrren alzuhant,
24295der marschalc dô vor genant
24296dî zwei gebît intsamen
24297Nattangin unde Samen
24298mit iren brûdrin an sich nam
24299165 d    und hin kegn Littouwin quam.
24300Dô er sich dô wart schicken
24301hin kegn Medenicken
24302und er quam bî daz gebît,
24303in einre nacht iz sô gerît,
24304daz Littouwin mit ir wer
24305slîchin quâmen in daz her
24306irstechinde vîr cristneman
24307und zuktin zwêne hengiste dan.
24308Von des selbin geschreiis bracht
24309daz her unrû leit al dî nacht
24310und doch nicht sô dirvêrte,
24311daz iz icht widdirkêrte,
24312sundir dî gotisrote
24313lîz sich gar zu gote
24314und sprengete des morgins vrû
24315mit creftin Medenîken zû

--- S. 584 ---

24316und vorhertin in den wîlen
24317alliz, daz bin drîn mîlen
24318was in dem gebîte.
24319Dâbinnen ouch der dîte
24320sî vîngin unde slûgin,
24321als sî mit zal gewûgin,
24322bî sibbinhundirt lîben.
24323Darzû sach man sî triben
24324unde vûrn her abe
24325grôzis roubis habe.
— — —

[Dusb. III, 321.]

24326Darnâch zuhandis, dô gelac
24327unsir vrouwin lichtmesse tac,      [1314 2. Februar
24328brûdir Heinrîch der marschalc
24329al sîne macht zusamne walc1
24330machinde ein swinde her.
24331Dâmit sô nam er hin dî kêr
24332kegn Medenîken andirweit
24333und eine vestin dâ anstreit,
24334dî was genant Sirdîten,
24335dâ im ouch von den dîten,
24336dî man dî burc sach innehân,
24337166 a    wart mit manheit widdirstân.
24338Des sturmis kampf mit prange
24339sich zwischin in sô lange
24340treib und alsô harte,
24341unz von der heidin parte
24342nûnzên des lebins lâgen blas,
24343der Masien brûdir einre was.
24344Ouch blibbin in den vristen
24345tôt dâ sibbin cristen,
24346der drî brûdere wâren,
24347genant sus in den jâren
24348der Ruize brûdir Heinrîch
24349unde von Tetingen Ulrîch
24350unde Rebôte von Îsenburc.
24351Ouch mit in des tôdes turc2
24352vîr cristnehelde nâmen,
24353dî sus hatten namen:
24354Queiram, Spagerote,
24355Michil unde Mindote.
24356Und dô dî brûdir in der geschicht
24357der burc geschadin mochtin nicht,
24358vurbaz sî dô ranten,
24359roubtin unde branten
24360daz gebît alumme
24361dî twer und ouch dî crumme.
Wî Kriwitzen wart gehert.

[Dusb. III, 322.]

24362In des selbin jâres sweif,
24363dô der herbist sich angreif,
24364brûdir Heinrîch der marschalc
24365al sînem volke daz bevalc,
24366daz sî nâch im quêmen
24367unde mit in nêmen
24368zu vîr wochin spîse,
24369und vûr in gûtir wîse
24370ein reise zwâr vil strenge
24371von arbeit und von lenge
24372durch brûchir, uber wazzirvlût,
24373berc, tal, sant, durch puschis strût3
24374166 b    und was ôt alsô herte
24375von manchim ungeverte,
24376daz nî swêrer hervart
24377getân ûz Prûzinlande wart
24378her dan von êrstin tagin,
24379sint dî brûdre pflâgin
24380daz selbe lant besitzin.
24381Dî vart was kegn Kriwitzin.
24382Nû lîzin sî durch gûten sin
24383zwei teil der spîse hindir in
24384an undirscheidner legge
24385durch dî virre der wegge,
24386ûf daz sî dâ siddir
24387sî vundin, sô sî widdir
24388quêmen an der abevart,
24389lâzende daz leste part
24390unde darzû dî soumêre,
24391als ich vornam dî mêre,
24392vil nâch nebbin Gartin,
24393unde vurbaz kartin
24394in daz lant Kriwitzin,
24395daz ouch sî mit vorwitzin
24396dô gewarnet vunden,
24397dâvon sich in den stunden
24398daz volc hatte behaldin
24399ûf vestin und in waldin,
24400sô daz ir lange reise
24401sî nâch gerndir vreise
24402nicht kegn der dît bewandin,
24403doch sî dî stat vorbrandin

--- S. 585 ---

24404Nôgarten dî cleine
24405und daz lant gemeine
24406darumme, daz dâ hôrte zû,
24407und nâmen ubir nacht dî rû
24408vor Kriwitz dem huise
24409dâ mit geschozzis suise
24410sich kegn den vîenden setzende
24411und vast einandir letzende.
24412166 c    Dâ wart geschozzin Diwan,
24413ein pomezênisch edilman,
24414daz er ûf dem wege starb.
24415Und dô dî reise sus vortarb,
24416daz her sich dannen wande
24417widir heim kegn lande
24418trûrig und an vroidin kranc,
24419daz in dâ nicht baz gelanc.
24420Dô sî quâmen sô hin dan,
24421dâ sî hattin ê gelân
24422dî soumêre mit der kost,
24423dô wart ires trôstes pfost
24424zubrochin gar in schartin,
24425want Dâvid von Gartin
24426hât in irslagin drîzic man
24427unde gar genumen dan
24428alliz, daz dâ was gewesin,
24429des daz her solde genesin
24430an spîse und an gerête.
24431Ouch er genumen hête,
24432dâ wol vumfhundirt pfert
24433und gevûrt kegn Gartin wert.
24434Dâ hûb sich jâmir unde nôt,
24435want wênig îmant hatte brôt
24436odir andirre lîbnar.
24437Des was daz her betrûbit gar
24438unde mûtis irre.
24439Durch des wegis virre
24440in der wildin wûsten
24441sumelîche mûsten
24442dî pfert von hungir ezzin.
24443Manch vrechir helt vormezzin
24444wurzlen mûste grabin
24445und mit cruite labin
24446sîn lebbin vor des hungirs nôt.
24447Gnûg ir ouch gelâgin tôt,
24448der nâtûre was sô zart,
24449daz sî nicht der nerde hart
24450166 d    gedouwin mochtin noch impfân.
24451Doch grôzir hoffenunge wân
24452hattin sî zu der andren stat,
24453dâ dî spîse was gesat.
24454Und dô sî dâhin quâmen,
24455nicht sî ouch dâ vornâmen
24456weddir dî luite noch dî kost,
24457dî sî dâ hatten abgetrôst.
24458Iz was gar kegn lande wart,
24459want des heris widdirvart
24460hatte sich gezoggin vil
24461ubbir daz benante zil.
24462Des hattin dise ganzin wân,
24463sî wêrin alle dort vorgân,
24464und wârn dan geswundin.
24465Und dô sî nicht dâ vundin,
24466ô, welch irschreklîch smerze
24467vîl ûf ir allir herze!
24468want irre hoffenunge trôst
24469was zumâle nû vorôst1.
24470Sî westin nicht waz anevân,
24471sundir sân einandir an
24472in bermelîchim blicke,
24473dâvon ouch schric zu schricke
24474sich eime von dem andrin bôt,
24475want ir antlitze, dî ê rôt,
24476vollic schînen unde clâr,
24477nû vorvallen und ertvar
24478wârn von grôzim mangele.
24479Doch in des hungirs angele
24480nîmant dem andren bôt irbarm,
24481want sî dâ glîche wâren arm.
24482Der sô herte gebreste
24483des volkis pînlîch preste
24484des marschalkis reinen mût,
24485als an dem gotishelde gût
24486sich offenlîch irscheinte,
24487want er vil sêre weinte
24488167 a    und al dem here urloub gab,
24489daz iclîcher sô her ab,
24490swâ sî mochtin, drabeten,
24491dâ sî den lîb irlabeten.
24492Dô wart ein michil îlen,
24493sô daz bî zwênzic mîlen
24494manchir reit bî eime tage
24495heim kegn lande wart mit jage.
24496Sô was manchin vorbrochin
24497ir craft, dî nâch sechs wochin
24498kuim heim kumen mochtin
24499von dem, daz sî ûzzochtin,

--- S. 586 ---

24500und wârn von smachtis gewalt
24501sam ein besengit holz gestalt,
24502daz man sî kûm irkande,
24503want von Kriwitzinlande
24504wol hundirt mîle manic dein
24505zôch, daz er nî undirwein
24506brôt gesach noch brôts intbeiz;
24507dâvon ouch sint daz lebbin sleiz
24508manchim, sô er dî spîse intpfînc,
24509daz er zuhant dâvon vorgînc.
Wî Ragnîte wart gesturmet.

[Dusb. III, 323.]

24510Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
24511tûsint und drîhundirt wârn
24512darnâch in des vunfzêndin jage      [1315
24513bî unsir lîben vrouwin tage,      [15. August
24514als sî zu himele wart genumen,
24515dô sach man dî Samaiten kumen
24516mit allen irren dîten
24517und vallen vor Ragnîten
24518ân alle vorwarnunge,
24519und mit sturmis ansprunge
24520sich kegn der burc vorsûchtin.
24521Dâwiddir ouch berûchtin
24522dî brûdre sich mit irre wer
24523unde kegen in dî kêr
24524nâmen ûz der vestin.
24525167 b    Îdoch von den gestin
24526wurdin dâ gedrungin
24527dî brûdre und betwungin,
24528daz sî mûsten widdir ûf hôr
24529wîchin in daz burgetor
24530und ouch nicht âne schadin,
24531want ir dâ vorladin
24532wurdin genûc mit wundin.
24533Darubir in den stundin
24534brûdir Hannus tôt gelac,
24535den man Poppe nennen pflac.
24536Und dô dî Littouwin sâhin,
24537daz sî nicht mochtin genâhin
24538und an der burc nicht hetten,
24539daz korn sî gar vortretten
24540ûf dem velde alumme sâ
24541vor dem Schalowschin huise dâ
24542und dâmitte widdir
24543kegn lande karten siddir.
Wî Cristmemil was belegin.

[Dusb. III, 324.]

24544Darnâch dô der herbist quam,
24545kunic Witên an sich nam
24546alle dî Littouwsche dît,
24547dî in sînes rîchs gebît
24548was unde mochte tragin wer,
24549unde nam mit in dî kêr
24550vor Cristmemil und daz belac
24551biz an den sibbinzêndin tac
24552und teggelîchen pflac
24553dî burg ûf alle sîten
24554vîentlîch anstrîten
24555und sturmen mit zwên blîten
24556und mit schutzin, der er vil
24557hatte mit im in dem zil.
24558Und dô dî brûdre sâhen
24559dise ding in nâhen
24560und waz sich vâr in keggenwab,
24561ir vorburge sî brantin ab
24562167 c    unde richtin ûf der vestin
24563mit wer sich kegn den gestin
24564ûf ein widdirgrullin.
24565Und dô dî mêr irschullin
24566her zu Prûzin in daz lant,
24567von Samen wurdin hingesant
24568zên brûdre zu schiffe sân
24569und andirhalbhundirt man
24570dem huise dort zu stuire.
24571Doch dî dît ungehuire
24572dâ mit sulchin listin
24573hatte zu den vristin
24574iz alumme dâ besatzt
24575und mit warte sô bevatzt,
24576daz nîmant der burc zu vrumen
24577ûf noch abe mochte kumen.
24578Sus in den schiffen blibin
24579dî brûdir und ummetribin
24580vorsûchinde sich ofte gnûc,
24581ob sî mochtin den gevûc
24582treffin, daz sî quêmen ûf.
24583Dâbinnen ouch durch ire gûf
24584dî Littouwin pflegelîch
24585kegen in irhûbin sich
24586und mit in in schiffin
24587sich strîtinde begriffin.
24588Daz ûbten sî sô dicke,
24589unz mit tôdis schricke

--- S. 587 ---

24590der heidin gnûc vorgîngin.
24591Ouch smerzin dâ intpfingin
24592wol achzên cristen in der stunt,
24593dî von den heidin wurdin wunt.
24594Nû wart dem kunige bekant,
24595daz der meistir mit starkir hant
24596quême unde wêre nâ.
24597Des torste er nicht lengir dâ
24598vor dem huise beiten,
24599sundir lîz bereiten
24600167 d    an dem letstin tage
24601in vil snellir jage
24602holz, rîs, strô mit houwe
24603zu einem vûergezouwe
24604und lîz daz in den grabin
24605tragin, als er wolde habin
24606dî burc vorbrant dâmitte,
24607und an der tracht zûtritte
24608hattin dî brûdre kegn der dît,
24609dî der burcgrab ôt von in schît,
24610grôze kurzewîle
24611mit vil manchim pfîle,
24612den sî nâch lust bewanten,
24613und ir sô vil dô blanten
24614des lebbins und machten wunt,
24615daz mir ist dî zal unkunt.
24616Und dô Witên der kunic sach
24617sîn leggir wesin dô sô swach,
24618dî blîdin er vorbrante
24619und sich dannen wante.
Wî Junigêden daz vurburge wart vor­brant.

[Dusb. III, 325.]

24620Nû hatte sich ouch ûzgemacht      [1315. 12. Octbr.
24621meistir Karl mit grôzir macht,
24622daz er wold intlestin
24623Cristmemel von den gestin,
24624dî sî mit craft behaftin.
24625Dô wart im mit botschaftin
24626ûf dem wege kunt getân,
24627daz sî gezoggin wêrn dan
24628widdir heim kegn lande.
24629Und als er daz irkande,
24630sîn her lîz er zurîten1 sân
24631behaldende sechstûsint man,
24632mit den er ûf zu schiffe vûr,
24633unde quam in tougir lûr
24634zu Junigêdin ûf den berc
24635bî nachte in daz hachilwerc
24636168 a    unde slûc dâ heidin vil.
24637Darubbir vîng er in dem zil
24638kindir, meide, wîbe
24639achtundesibinzic lîbe,
24640und daz vorburge brande
24641ebbin glîch dem sande.
24642Darnâch er zu Cristmemil vûr
24643und alliz, daz der dît unvûr
24644hatte gevellit niddir,
24645daz lîz er ûfrichtin widdir
24646andirweit vornûwende
24647unde vestir bûwende.
Wî Pastow wart gehert.

[Dusb. III, 326.]

24648Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
24649tûsint und drîhundirt wârn
24650und darzû sechszêne,      [1316
24651der marschalc vorbejêne
24652nam grôze macht von rîten
24653an sich bî wintirzîten
24654und in Littouwin dort gerît
24655zu Pastow in daz gebît,
24656darîn er ungewarnit quam,
24657und vorhert iz allentsam
24658mit brande und mit roube;
24659darzû sô macht er toube
24660des lebbins und ouch brâchte dan
24661vumfhundirt kint, wîb unde man.
Wî Medenîken wart vorhert.

[Dusb. III, 327.]

24662Dô dî reise ein ende nam
24663und der marschalc widdir quam
24664zu Kungisberg, er aldâ vant
24665nûwis kumen in daz lant
24666alsô her von dem Rîne
24667ein grôz teil pilgerîne
24668kegn der Littouwin erge.
24669Der grêve von dem Berge
24670was einre von der selbin schar
24671und der grêve von Nûwennâr,
24672168 b    dâmit hêr Arnolt von Elner
24673und manch eddil helt gewêr,
24674dî alle zu den rîten
24675begerten sêre strîten
24676in des geloubin ande
24677widdir dî gotisvîande
24678und zu volbrengen ire ger.
24679Sô treib zusamne abr ein her

--- S. 588 ---

24680brûdir Heinrîch vorgeseit
24681und mit kegn Littouwin reit
24682zu Medenîken in daz lant
24683roub unde brant mit hernder hant
24684dâ vîentlîchin ûbinde
24685und darundir betrûbinde
24686wol zweihundirt heidin,
24687der sî ein teil mit vreidin
24688machtin dô des lebbins ân
24689und etslîche tribbin dan.
24690Ouch blibbin in den vristin
24691dâ wol vumfzic cristin,
24692dî in dî heidin slûgen ab.
24693Und dî wîle sich diz wab,
24694dô hîlt der brûdre vane dort
24695vor Medewagiln unbekort.
24696Darundir in dem selbin zil
24697der grêve von dem Berge vil
24698knabin edler slachte
24699zu ritteren dâ machte.
Wî achzic Littouwin wurden geslagin.

[Dusb. III, 328.]

24700In den zîten, als ich las,      [1316
24701hûscometûr zu Cristmemil was
24702von Lîbenzelle Friderîch,
24703der dô zwênzic brûdir an sich
24704nam und darzû sechzic man
24705unde machte sich hin dan
24706ûf der Littouwin sîte
24707und dâ ein lâge vlîte;
24708168 c    und daz was ûf einen tac,
24709als sich dî warte wandlen pflac
24710ûf dem hûse zu Bisen;
24711des quâmen ûf sî rîsen1
24712wol achzic Littouwîten,
24713dî er zu den zîten
24714alle sundir vumfe slûc.
24715Dî vumfe dan dî vlucht vortrûc.
Wî Bisen wart vortilget.

[Dusb. III, 329.]

24716Sint an sente Ambrôsius tac,
24717der kurzlîch darnâch gelac,      [1316 4. April
24718dô machte von Ragnîte sich
24719von Aldinburc brûdir Dîterîch,
24720mit ein brûdir Fridrîch Quiz
24721und noch ein brûdir (wî der hîz,
24722des rûch ich nicht) der was in bî
24723und darzû wêpenêre drî;
24724dî lâgeten kegn Bîsen ouch
24725dô ein rote dannen zouch
24726varnde kegn hûse wart,
24727dî dî burc hatte bewart
24728slânde sechs man von der schar.
24729Di andren sechse dâ gewar
24730wurdin der wartmanne
24731und quâmen vluchtic danne.
24732Dô sî sus vorblichchin
24733dî brûdre vorbaz strîchchin
24734ûf daz huis zu Bisen
24735und iz gar intwisen2
24736allir warte vundin
24737und iz in den stundin
24738allintsam vorbrantin
24739und in asche wantin.
24740Alsus sint ungebûwit lît
24741Bisen unz an dise zît.
Wî zwei dorfir wurdin vorbrant zu Me­denîken.

[Dusb. III, 330.]

24742Darnâch in der sumergrûs3      [1316
24743168 d    brûdir Huig von Almenhûs,
24744der voit von Samelande,
24745achthundirt man benande,
24746als der marschalc im gebôt,
24747und reiste kegn der gegenôt
24748genant zu Medenîken
24749und in einre waltwiken4
24750ein lâge schikte kegn der dît
24751und sante alleine von Ragnît
24752dî brûdre und ir rote
24753vort in dî gegenôte,
24754dî zwei dorfir dâ hertin
24755und mit dem roube kêrtin
24756dannen kegn der lâge.
24757Den volgeten mit jage
24758wol zweihundirt heiden nâch.
24759Nû was genen alzu gâch,
24760daz sî daz dinc vorsnaltin

--- S. 589 ---

24761und ûz der lâge praltin
24762zu vrû kegn der Littouwen schar.
24763Und dô sî wurdin ir gewar,
24764sî vluhen unde quâmen dan.
24765Sus wart der brûdre reise wan.
Wî got mit wundre bewarte dî brûdre vor grôzem schaden.

[Dusb. III, 331.]

24766In unsirs hêrren jâren
24767dô der vorgangin wâren
24768tûsint und drîhundirt      [1317
24769und sibbenzên gesundirt,
24770der marschalc brûdir Heinrîch
24771dî Nattangin nam an sich,
24772darzû dî Sambîtin,
24773und vûr in wintirzîtin
24774mit dem here kegn Waiken hin.
24775Und dô er was ûf herndin sin
24776dem lande kumen alsô nâ,
24777daz im des andern morgens sâ
24778was zu sprengene gedâcht,
24779169 a    dô wart in der selbin nacht
24780wol in dem êrstin slummere
24781ein sô grûwlîch gedummere
24782vornumin obin in der luft,
24783recht als allir winde luft
24784sich zusamen trûge
24785und ein dunre slûge
24786mit grôzim ungewittere,
24787daz von des luites gezwittere1
24788quam al daz her in enggiste
24789und joch al ir henggiste
24790wurdin von der schûre
24791sô gar ungestûre,
24792daz sî sich intzuktin,
24793dî halftrin gar zuruktin
24794und sich vorlîfen in den walt,
24795daz man mit mûhe manicvalt
24796sî kûme sint widir gevînc.
24797Und dô dise nôt vorgînc,
24798daz her von den geschichten was
24799zumâle wurdin alsô blas2,
24800daz man dî vart vorsparte
24801und zu hûse karte.
24802Darnâch wart irvundin,
24803daz in den selbin stundin
24804dî Littouwen grôze macht
24805hattin ouch zusamen brâcht
24806und zu strîte sich gereit
24807und der brûdere gebeit
24808zu Waiken wol drî tage;
24809und wêrn sî mit jage
24810in daz lant geritin vort,
24811sî wêrn allintsam irmort
24812von der creftigin lâge.
24813Daz undirnam dî vlâge3.
Wî daz vurburge zu Gedeminenhûs wart vorbrant.

[Dusb. III, 332.]

24814Nâch disem gelummere
24815169 b    sô hin in dem summere      [1317
24816bî sente Jôhans Baptisten tac      [24. Juni
24817der von Plotzk sich irwac
24818mit den von Samelande
24819und sich abir wande
24820sô hin kegn Littouwin wart.
24821Und dô er quam der selbin vart
24822vor Pograudin daz gebît,
24823daz her er in vîr rote schît
24824alsô, daz brûdir Hartman
24825und mit im wol sechzic man
24826soldin in daz lant sich kêrn
24827und ein teil dâ dorfir hern;
24828doch vortarb in dî geschicht,
24829want sî der wege trâfin nicht.
24830Sô den von Lîbenzelle
24831Friderîche snelle
24832hîz er rîten dannen
24833mit andirhalbhundirt mannen
24834hin kegn Gedeminnen,
24835daz er dâ gewinnen
24836sold dî burg in tougir wîs.
24837Und wî er dâzû slichche lîs,
24838dî vestin4 doch gewarnit wart
24839und mit wer vor im bewart.
24840Doch daz vorburg er in den grunt
24841brante zu der selbin stunt.
24842Ouch der marschalc bederbe
24843hîz ûf Sudargen erbe
24844brûdir Albrechte jagen

--- S. 590 ---

24845genennit von dem Hagen
24846und mit im sechzic rîten,
24847der ouch in den zîten
24848Sudargen hof vorbrante
24849unde gar durchrante
24850dî dorfir, dî im lâgin bî,
24851machinde des lebbins vrî
24852aldâ manchin Littouwin,
24853169 c    von kindin unde vrouwin
24854vâhende vil manchin lîb.
24855Ouch er dâ vînc Sudargen wîb,
24856darzû sîne kinde
24857mit allem sîm gesinde.
24858Sô zôch ouch sînen wec der van
24859und doch allis nutzis wan,
24860want in dî leitsagen
24861irre vûren pflâgen.
24862Darnâch ouch vil schîre
24863dî roten alle vîre
24864zusamen widdir quâmen
24865unde sich kegn lande nâmen.
24866An der selbin reite
24867in wundirlîchir leite
24868quam ein der brûdre knabe
24869von Littouwin her abe,
24870um den iz was alsô gewant:
24871dô brûdir Albrecht vorgenant
24872in dem lande rante
24873hin unde sich wante,
24874dô jaite im dirre vaste nâch.
24875An dem rennin iz geschach,
24876daz der knecht von dem pferde
24877sô hart vîl ûf dî erde,
24878daz er dâvon bedûste1
24879und ein wîle mûste
24880der witze dâ beliggin ân.
24881Zu jungist, dô er sich vorsan,
24882dô sach er umme her und dar
24883unde wart ôt nicht gewar
24884dâ weddir pferdis noch banîr;
24885dô wart betrûbit und unzîr
24886vil gar sîn gemûte
24887und rîf an gotis gûte
24888und dî sûzen Marîen,
24889daz sî gerûchtin vrîen
24890in ûz der vêrlîchin nôt,
24891169 d    dî im daz ellende bôt;
24892darum sô wold er vorbaz mê
24893in immer dînen baz den ê;
24894und dâmit vil innenclîch
24895bevalch er in ire hûte sich
24896und tet vor allen ungehirm
24897vor sich des heiligen crûzis schirm
24898gênde kegn Ragnîte wart.
24899Nû quam er in ein dorf der vart
24900und vrâgete dî dîte
24901des wegis kegn Ragnîte,
24902den im sî ouch zeigete.
24903Und dô er von in neigete
24904unde quam ein lutzil dan,
24905sî gerow, daz sî gelân
24906in hattin ûz den handin,
24907want sî dô êrst irkandin,
24908(sint er hatte wâpen an)
24909daz er was der brûdre man,
24910und allintsam mit hundin
24911in sûchin dô begundin
24912in zorne gar irbolgen.
24913Und dô er sî im volgen
24914an dem gewûchze2 hôrte,
24915in vorchte grôz bekorte,
24916und trat in einen pusch besît.
24917Dâ sûchtin sî in in der zît
24918und in sô nâhir crumme
24919in ofte gîngen umme
24920und dî hunde mit in,
24921daz sî mit drîn schrittin
24922in wol mochtin hân gerûrt;
24923doch was in daz gesicht intvûrt
24924von gote zu den stundin,
24925daz sî sîn nicht invundin.
24926Zuletst wart sî vordrîzen
24927der sûch und abelîzen
24928wandirnde kegn hûse wart.
24929170 a    Dô hûb ouch er sich an dî vart
24930unde quam in snellir stunt
24931zu Ragnîte wol gesunt
24932noch sîne wâpen traginde
24933und gote danc dâ saginde,
24934darzû der reinen mûtir sîn,
24935dî im tâten hulfe schîn,

--- S. 591 ---

24936als er offinlîch vornam,
24937daz er von den vîendin quam.
Wî daz vorburge des hûsis Junigêden wart vorbrant.

[Dusb. III, 334.]

24938In des selbin jâres jage
24939an sente Mathêus tage      [1317. 21. Septbr.
24940der marschalc brûdir Heinrîch quam
24941mit eines grôzin heris dram
24942ûf daz velt genant Kalsim
24943unde sante dâ von im
24944zu vûze vumfzênhundirt man,
24945dî ir pfert dâ lîzin stân
24946und gîngin durch den walt, der Went
24947hîz; und dô dî nacht volent
24948was und iz begonde vrû
24949zu tagen, dô slichchen sî zû
24950unde wolden sich gestoln
24951haben in dî burc vorholn,
24952daz in îdoch misserît,
24953want gewarnet wart dî dît
24954daroben unde machten ouch
24955zuhant einen grôzin rouch,
24956dâmit sî pflâgin intscheidin
24957den ummeseznen heidin,
24958daz von der brûdre here
24959dî burc bekummert wêre.
24960Und dô in dâ sus misselanc,
24961daz her zumâle dô zûdranc
24962sturminde mit prange
24963hertlîch unde lange.
24964Doch was der heidin wer sô hart,
24965170 b    daz ir arbeit îtel wart;
24966und dô sî daz irkanten,
24967daz vorburge sî branten
24968unde hûben sich her dan.
24969Dô quam ouch zûgejagit sân
24970ein michil her Littouwin,
24971dî von des rouchis schouwin
24972sich besament hâten
24973und an dî brûdre trâten
24974inhant mit strîtis schricke.
24975Und des wart sô dicke
24976von in in der zît begont,
24977unz sî den von Pirremont
24978brûdir Dîterîche
24979mit des tôdis strîche
24980velletin dâniddir.
24981Ouch sô wart ir widdir
24982gnûc geslagin unde wunt.
24983Sus schidin sî sich in der stunt.
Wî dî vorburge wurden gebrant zu Juni­gêdin und zu Pisten.

[Dusb. III, 335.]

24984Dô unsirs hêrren jar vorvarn
24985tûsent und drîhundirt wârn
24986und dômit achzêne,      [1318
24987der marschalc vorbejêne
24988warf an sich ein mechtic her
24989und nam in herbistzît dî kêr
24990kegn den burgen bêdin
24991Pisten, Junigêdin,
24992unde brant îqueddir sît
24993dî vorburge in der zît
24994und der dît getreide gar,
24995daz gewachsin was daz jar.
Wî abir daz vurburge zu Junigêden wart gebrant.

[Dusb. III, 336.]

24996Dô tûsint und drîhundirt jâr
24997unde nûnzên wâren gar      [1319. 8. April
24998von Cristis geburt vorgân
24999170 c    und dô ôstern wârn intstân,
25000der gotisman nam abir an sich
25001von Plotzk brûdir Heinrîch
25002zu schiffe strîtêre vil
25003und wolde Pisten in dem zil,
25004darzû Junigêden hân
25005gesturmit ûf gewinnes wân.
25006Und dô er vûr kegn Pisten,
25007der ordenunge listen,
25008dî er durch nutz hatte gesat,
25009nicht haldende man ubbirtrat.
25010Daz mût in und lîz Pistin stân
25011sendende vumfhundirt man,
25012dî dô heimelîchin
25013kegn Junigêdin slichin
25014der burg aldâ zu vârne.
25015Dî vundin ouch mit warne
25016bewarit dî burcdît impor
25017und branten og1 daz hûs dâvor.
Wî ein teil Littouwen wurden geslagen.

[Dusb. III. 337.]

25018In dem selbin zilde,

--- S. 592 ---

25019dô sich ûf der wilde
25020dî wazzir allirwegen,
25021als sî dicke pflegen,
25022mit vlût hattin irgozzin wît,
25023dô irhûb sich ûz Dâvît,
25024von Garten dort der castelân,
25025und mit im achthundirt man
25026reisende kegn Prûzin,
25027und vor dem lande lûzîn
25028lîz er daz her in lâge
25029unde quam mit jage
25030mit achzic mannen rinnende
25031und ein teil hûsir brinnende
25032zu Wûnsdorf in dem gebîte,
25033neminde cristenredîte
25034dâ vil mit roubis habe
25035170 d    und vûrte dî hin abe.
25036Îdoch im nâch mit île zow
25037der comentûr von Tapiow,
25038der Ulrîch von Drînleven hîz,
25039und mit im sîn compân Quiz,
25040darzû lutzil sînre man,
25041und begonde râmen sân,
25042daz er abwarf dî brucken,
25043darubbir sî dô rucken
25044ûz dem lande soldin,
25045und slûc dô der unholdin
25046wol vumfundvumfzic tôt;
25047dî andrin kuime sich der nôt
25048mit der vlucht intnâmen
25049und zu der lâge quâmen,
25050dî sî geschicket hatten dort;
25051dî wart ouch dâ vil gar zustôrt,
25052hin kegn lande vlîende
25053und sô vil durchzîende
25054ungevertis unde vâr,
25055daz wênic der selbin schar
25056quam zu hûse widdir,
25057als man hôrte siddir.
Wî brûdir Heinrîch von Plotzk der mar­schalk wart geslagin mit nûnundzwên­zic1 brûdren unde vil volkis.

[Dusb. III, 338.]

25058In unsirs hêrren jâren2
25059dô der vorloufin wâren
25060tûsint und drîhundirt
25061und zwênzic drûf gesundirt,      [1320
25062brûdir Heinrîch von Plotzik,
25063der marschalk, der î trotzik
25064was mit urlougis vreidin
25065kegn den vorworchtin heidin,
25066vîrzic brûdir an sich nam
25067und dî riten allintsam
25068von Samen und zur Memil dort
25069171 a    unde reiste mit in vort
25070in daz lant zu Medenîken
25071unde wold iz abir priken
25072in vîentlîchir ubirlast.
25073Und dî wîle sî hertin vast
25074in dem lande her und dar,
25075dô hatte sich der heidin schar
25076besamint ouch mit creftin
25077und wolde doch nicht heftin
25078sich an sî bin dem lande,
25079sundir sich hin wande
25080ûf dî wegge, dâ gerant
25081dî brûdre wâren in daz lant,
25082und sî aldâ vorwaltin
25083mit boumen und vorstaltin
25084in einis waldis dicke
25085den cristnen zu schricke,
25086wen sî widdir zugin dan.
25087Und dô daz hern was getân
25088und sî sich dan irwûgin,
25089den roub sî vur sich slûgin,
25090den ein teil volkis vor hin treib.
25091Dî menie bî den vanen bleib

--- S. 593 ---

25092volgende dem roube nâch.
25093Nû was den heidin nicht sô gâch,
25094daz sî den roub icht vêchtin an,
25095sundir beittin, unz der van
25096quam in ein getwenge
25097in einis waldis enge.
25098Unde in dem gedrenge
25099hûb sich ein gesprenge
25100von der dît allumme zû
25101den brûdren mit strîtis mû
25102gewirkinde vil bange,
25103und mûtin sî sô lange
25104mit vreislîchem gedrange
25105in dem ungewerde1,
25106unz sî von der werde
25107171 b    und der wâpîn swêrde
25108zu jungist wurdin alsô mat,
25109daz sî nindirt von der stat
25110sich mochtin irwegin
25111noch mê zu wer geregin.
25112Dô lîf ouch zû dî gerûte dît
25113und vîentlîch dô nidir schrît
25114cristinsblûtis gîzic2
25115ân einen brûdir drîzic
25116und darzû manchin cristin.
25117Dâ wart ouch in den vristin
25118von Plotzk der lewe mûtis starc,
25119der sich vor vîndin nî gebarc,
25120gevellit von den dîtin arc
25121mortlîch in des tôdis sarc.
25122Ô sûzir got, nim in gemerc,
25123waz er den vîendin dîn gevêrc
25124hât getân pînlîchir werc,
25125und breng in ûf der wunnen berc3!
25126Mit dînen kempfin in dâ birc
25127in des himelrîchis zirc
25128bî der engele gespirc4,
25129des sîn sêle î was girc!
25130Hab ouch der andrin besorc,
25131want ûf dich was ir geborc5!
25132Wisch ab, ob icht an in sî horc,
25133daz nicht der grimme hellestorc
25134sî gevaz in sînen slurc!
25135Inthalt sî von der helle turc6
25136und breng sî allin nôtin durc
25137in des paradîsis burc
25138und uns zûzin intsamen,
25139Jêsû vil sûzir! Âmen! —
25140Dô dî dît gemachte blas
25141des lebins alliz, daz dâ was,
25142gevangin sî behîldin
25143und in bandin wîldin
25144des vogetis von Samelant,
25145171 c    der brûdir Gêrhart was genant
25146und mit zûnamen Rudde,
25147und den mit vreisir crudde7
25148machtin sus des lebbins wan:
25149drîer manne wâpin an
25150sî im zumâle tâten
25151und ûf ein ros in saten
25152gebundin an vîr pfele
25153nâch ires sitten wele
25154und trûgin holzes dran
25155sô vil, daz sî noch ros noch man
25156gesên darinne kundin,
25157und darnâch intzundin
25158in dem holze ein vûer
25159grôz und ungehûer
25160und vorbrantin in der glût
25161den gotis irweltin rittir gût.
25162Dâmite wart irboten
25163ein opfer iren goten
25164von den heidin um den sic.
25165Ô Marîa, des opfirs pflic,
25166und dû, mildir hêrre Crist,
25167want der merterêr ûwir ist,
25168und helfit uns nâch dirre vrist
25169durch sînre bete mittewist,
25170daz wir kumen zu der genist,
25171der er in himel ist gewîst8!
Eine zûrede.

[Dusb. IV, 89—125.]

25172Nû lâze wir dî crônke rûn
25173von Prûzin und kunt hî tûn
25174ein teil seltzêner dinge,
25175dî bin der werlde ringe
25176manchirwegin sîn geschên,
25177als wir dî wârheit hôren jên

--- S. 594 ---

[Dusb. IV, 89.]

25178Dô tûsint und drîhundirt jâr      [1301 Septbr.
25179und einez darzû vorwâr
25180Crist mit aldir hête,
25181dô wart ein comête1
25182171 d    gesên mit schîne glestin
25183in dem nordewestin.
25184Des âbindes gab er den schîn
25185und bîwîlen dî vesin2 sîn
25186er kegn dem ôsten strowen pflac,
25187bîwîlen ûf den mittentac.

[Dusb. IV, 90.]

25188Dô selbins wart des lebins blas
25189von Ungern kunig Andreas,
25190und um daz selbe rîche
25191kegn dem von Ôstirrîche
25192hîlt der von Bêmin langen parl.
25193Zu jungist dô behîlt iz Karl,
25194kunig Andreas tochtirkint.

[Dusb. IV, 91.]

25195Ouch in dem selbin jâre sint
25196iz alsô gezechte,
25197daz man sach Albrechte,
25198der dô hîlt daz rômische rîch,
25199dem herzogin von Ôstirrîch
25200in strîte liggen oben
25201und den zwên bischoben
25202von Mênze und von Collen,
25203als dî mêre wollen.

[Dusb. IV, 92.]

25204Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
25205tûsint und drîhundirt wârn
25206unde zwei dâmitte,      [1302
25207nâch gerichtis sitte
25208wart zu Perûs in der stat
25209in Italien gesat
25210durch mortlîche missetât
25211ein morder inthoubit;
25212und dô der lîb betoubit
25213lac, dô rîf daz houbit
25214mit luitir stim in heizir ger:
25215›Brengit mir den prîster her,
25216›want mich dî wandils vrîe
25217›gotis mûtir Marîe,
25218›als ich hab î teggelîch
25219›sî gebetin innenclîch,
25220172 a    ›mit irre craft intheldit
25221›und mîn mit hulfe weldit,
25222›daz ich nicht mag irsterbin
25223›noch keine wîs vorterbin,
25224›ich inhabe ê gebîcht
25225›und allir sundin mich intlîcht.‹
25226Alsus dâhin ein prîstir quam
25227und von dem houbte vornam
25228dî bîchte gar intscheidin
25229in rûwiggen leidin;
25230und als er iz dâvon intbant,
25231dô irstarb iz ouch zuhant3.

[Dusb. IV, 93.]

25232In des selbin jâris stunt
25233ein sulche zwîtracht instûnt
25234zwischin Bonifaciô
25235dem pâbiste und Philippô,
25236dem kunge von Francrîche:
25237der pâbist jach sus glîche,
25238daz daz rîch der Franzen
25239ân alliz undirschranzen
25240den pêbistlîchin stûl hôrt an
25241und wêr von recht im undirtân
25242beide an wertlîchir hêrschaft
25243und ouch an geistlîchir craft,
25244sendende mit der bullen gift
25245darûf der hantvestin schrift
25246dem selbin kunge in Franciâ,
25247und jach dâbî î sâ,
25248widdirsprêche er den brîf
25249unde hîlde dî redde schîf,
25250daz er denne wêre
25251vorbannen ein ketzêre.
25252Der kunic dô ûf sîn palas
25253al dî pfaffeit zusamne las,
25254dî zu Parîs mochte wesn,
25255und lîz vor in den brîf lesn,
25256der ouch wart aldâ vorbrant.
25257Darzû der kunic vorgenant
25258172 b    vumfzên lastirbêre
25259sachin unde swêre
25260dem pâbiste dâwiddir
25261satzte unde siddir
25262in ein kumftic concilium
25263sich berûfende darum.
25264Doch hôrte man der sachin

--- S. 595 ---

25265den pâbist sich schône machin
25266in dem conciliô darnâch,
25267daz zu Rôme dort geschach.

[Dusb. IV, 94.]

25268In des selbin jâris strich
25269satztin dî Flandrêre sich
25270dem kunige von Francrîche widir
25271und slûgin im in strîte nidir
25272grêven, vrîen, eddler man
25273wol drîtûsint sundir wân.
25274Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
25275tûsint und drîhundirt wârn,      [1303
25276darnâch in des drittin jus,
25277der pâbist Bonifâcius
25278den kunic der Rômêre
25279Albrechte vil gewêre
25280zu keisere bestêtte
25281und im undirsette
25282zu Francrîche dî hêrschaft.
25283Doch wart daz andirs sint geschaft,
25284want pâbist Clêmens der vumfte
25285bî sînre jâre kumfte
25286dî gift des lênis widdirrîf.

[Dusb. IV, 95.]

25287Ouch ê daz selbe jâr vorlîf,      [1303
25288dô wart in Agnia durt      [Septbr.
25289an der stat sîner geburt
25290der selbe pâbist Bonifaz
25291gevangen und der kirchin schatz
25292wart vil gar zuruckit.
25293Doch wart der pâbist intzuckit
25294darnâch ûz sînre vîende macht
25295und widdir hin zu Rôme brâcht,
25296172 c    dâ er ouch zuhant irstarb;

[Dusb. IV, 96.]

25297und den stûl nâch im irwarb      [1303
25298der eilfte pâbist Benedict,
25299der ê dem ordine gestrict
25300was der predigêre.
25301Ein jâr was og des gewere1.

[Dusb. IV, 98.]

25302Darnâch in unsirs hêrren jârn
25303dô der gar vorloufin wârn
25304vumf und drîzênhundirt,      [1305
25305dô wart mit kur gesundirt
25306pâbist Clêmens der vumfte,
25307dennoch hîlt mit vornumfte
25308kunig Albrecht dî vrône
25309der Rômêre crône.

[Dusb. IV, 99.]

25310In der selbin lûne,
25311dô dort zu Lugdûne      [1305 18. Novbr.
25312pâbist Clêmens vorgeseit
25313nâch pêbistlîchir wirdekeit
25314intpfangin hatte schône
25315dî wîe und dî crône
25316unde von der kirchin reit,
25317dô geschach ein michil leit:
25318dî muire sich zustukte
25319unde vallende dirdrukte
25320um den pâbist volkis vil
25321und irslûg ouch in dem zil
25322von Britanien den herzogin,
25323der dâzû dô was gebogin,
25324daz er leitte des pâbistis pfert.
25325Sô wart ouch Karl aldâ beswêrt
25326des kunigis von Francrîche brûdr.
25327Darzû der steine manic vûdr
25328des pâbstis pfert berunten2
25329und ûf den pâbist stûnten,
25330daz im intpfîl dî crône sîn;
25331darzû ein alzû rîch robîn,
25332der zu oberst in der crônen stûnt
25333vorlorn wart in der selbin stunt.
25334172 d    Diz wârn wol vorzeichin,
25335dî man ebbin reichin
25336daz wesin mit urkunde sach,
25337daz der pâbst trûc darnâch.

[Dusb. IV, 101.]

25338Dô tûsint und drîhundirt jâr
25339unsirs hêrren wârn gar
25340unde sechse vollenant,      [1306
25341zu Kungisberg in Prûzinlant
25342got durch sînes lobes rûm
25343und sent Rûprechtis heilictûm
25344begonde schône zeichin
25345genêdiclîchin reichin,
25346als offinlîch wart irvundin
25347beide an luiten und an hundin,
25348und an manchirhande vich,
25349daz man dâhin brâchte sîch.

[Dusb. IV, 102.]

25350Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
25351tûsint und drîhundirt wârn      [l. 1306

--- S. 596 ---

25352und ubbir sibene darnâw,
25353von Bêmin kunic Wenzeslaw
25354des gemeinen tôdis starb
25355und nâch im dî crône irwarb
25356sîn sun, ouch Wenzeslaw genant.
25357Und ê daz selbe jâr volant
25358was, dô wart der deggen rein
25359irmort von sîner rittir ein,
25360der in dirstach durch sînen bôs.
25361Alsus wart Bêmin erbelôs
25362und gedêch in vremde hant,
25363want der rômesche kunic zuhant
25364Albrecht iz bevatzte
25365und sînen sun dar satzte.

[Dusb. IV, 103.]

25366In des selbin jâris wer      [1307
25367sente Jôhannis spittelêr
25368gewunnen mit strîtlîchir wer
25369dî insle Rodî bin dem mer,
25370dâ wonen pflâgen dî Turchî,
25371und vumf inslen dâbî.

[Dusb. IV, 104.]

25372173 a    Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
25373tûsint und drîhundirt wârn
25374und in des achten jage      [1308
25375an sente Walburgen tage      [1. Mai
25376wart der Rômêre kung Albrecht
25377mortlîch des lebbins vorêcht1
25378von sîme nevin, der genant
25379was herzoc Hannus Ânlant,
25380dem er benam gewaldiclîch
25381sîn erbeteil an Ôstirrîch.

[Dusb. IV, 105.]

25382Des selbin jâris, dô gelac      [1308
25383sente Catherînen tac,      [25. Novbr.
25384von Almanien dî kurhêrn
25385gemeinlîch des voreinet wêrn,
25386daz sî weltin an daz rîche
25387von Lutzilburc grêven Heinrîche,

[Dusb. IV, 106.]

25388und wart gecrônet ouch zu. Ach
25389in epiphaniâ darnâch.      [1309 6. Januar

[Dusb. IV, 107.]

25390Und abir, dô derselbe tac      [1311 6. Januar
25391vort ubr zwei jâr gelac,
25392dô wart in der stat Meilan
25393dem selbin irweltin man
25394ûfgesetzit schône
25395dî îserîne crône.

[Dusb. IV, 108.]

25396In des selbin jâris kêr
25397der Tartern und Armenen her
25398voreinet zuggin hin intsam
25399kegn dem soldân in Siriam,
25400der ouch in den rucke gab
25401vluchtic; sus wurden im ab
25402geslagin in den zîten
25403mê wen zêntûsint rîten.

[Dusb. IV, 109.]

25404In unsirs hêrren jâren
25405dô der tûsint wâren
25406drîhundirt und zwelf volent,
25407der vumfte pâbist Clêment
25408vortûmte in conciliô,
25409daz er hîlt zu Viennê dô,
25410173 b    nicht um ubbirwundene schult,
25411sundir durch sîn ungedult,
25412den ordin der Templêre,
25413der dâ hatte gewêre
25414gestân von der stiftunge dar
25415ebbene zweihundirt jâr.

[Dusb. IV, 110.]

25416In des selbin jâres swich
25417der rômische kunic Heinrîch
25418wart zu Rôme sundir wân
25419in der kirchin zu Latrân
25420zu keisere gevrônit
25421und keisirlîch gecrônit
25422und genennet keisirlîch
25423der sibinde keiser Heinrîch.
25424Zu disem keiser Heinrîche
25425von keiser Fridderîche
25426dem andern wârn vorloufin gar
25427mit zal zweiundsechzic jâr.

[Dusb. IV, 111.]

25428Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
25429tûsint und drîhundirt wârn
25430und darzû drîzêne,      [1313
25431der pâbist vorbejêne      [5. Mai
25432zu den heiligen zîrte
25433und canonizîrte
25434sente Pêtrum confessor,
25435der ouch was gewesin vor
25436pâbist und genennit sus
25437der vumfte Cêlestinus.

--- S. 597 ---

25438Sînen tag ir habent
25439an sente Vîtis âbent1.

[Dusb. IV, 112.]

25440In des selbin jâris jage2
25441bî sente Georgen tage
25442ein comête wart intzunt
25443und schînende zên tage stûnt.
25444Des âbindis er clârte
25445und dî zoten karte
25446sô hin widir Italiam.

[Dusb. IV, 113.]

25447173 c    Des selbin jâris man vornam,
25448daz keisir Heinrîch tôt gelac
25449an sente Bartolomêus tac.      [1313 24. August
25450Zên tage lûchte der comête
25451und dâmit bezeichint hête
25452zên tage, dî der keiser warb
25453in wêtagen, ê er starb.

[Dusb. IV, 114.]

25454In des selbin jâres swanc
25455vorgînc vil gar der herincvanc
25456zu Prûzin in dem lande
25457von der gotis ande,
25458der vor î was dâ vruchtic
25459gewesin und genuchtic.

[Dusb. IV, 115.]

25460Dô man sach unsirs hêrren jâr
25461tûsint und drîhundirt gar
25462und vîrzêne sich endin,      [1314
25463an der letstin kalendin      [1. März
25464des merzen dort zu Carpentras,
25465dâ der rômische hof dô was,
25466wol der achten stundin bî,
25467sach man schînen sunnen drî.
25468In dem ôsten dî eine swanc
25469und unnâtûrlîch was ir ganc
25470zwô stundin ûf den mittentac.
25471Der zweir eine nicht inpflac
25472wandren nâch der sunnen art;
25473dî dritte hîlt dî rechte vart.
25474Dî sunnen sach man lange sîn
25475und iclîche gab iren schîn.
25476Diz was ein vorzeichin,
25477daz sî dô pflac reichin
25478ûf pâbist Clêmentis tôt
25479und daz nâch sîme tôde bôt
25480sich ein zwîtracht den cardenâln,
25481dô sî einen andren waln
25482soldin. Dî zwîtracht vorwâr
25483stûnt vîr mânden und zwei jâr,
25484ê sî der kur gemeine
25485quâmen ubbir eine.
25486173 d    Daz selbe zeichin lange vor,
25487als dâ schrîbit Comestor,
25488bî keisir Juliô geschach,
25489daz man ouch drî sunnen sach
25490in alsemelîchir schicht;
25491daz wart ûf sînen tôt gericht,
25492want ouch nâch sîme tôde trat
25493in missehelle der senât.

[Dusb. IV, 116.]

25494Darnâch dô dî zît gelac,
25495daz man dem meien lesin pflac      [1314
25496dî vîrzêndin kalendin,      [18. April
25497dô sach man ouch volendin
25498pâbist Clêmentem sîn lebbin
25499des selbin tagis ebbin,
25500dô daz jâr was ummegân,
25501als der comêt was intstân.
25502Sint der stûl pâbist âne
25503bleib achtundzwênzic mâne.

[Dusb. IV, 117.]

25504Des selbin jâres, dô gelac      [1314
25505der eilftûsint meide tac,
25506dô wart von Beigern Lûdewîc
25507und herzoge Fridderîch
25508von Ôstirrîch dort geborn
25509in zwîtracht an daz rîch irkorn,
25510dô des pâbistis stûl was lêr;
25511und dî zwîtracht stûnt in wer
25512zwischin in wol achte jâr
25513in urlougis vêde swâr.
25514Darnâch sach man sî habende      [1322
25515an sente Michels âbende      [28. Septbr.
25516einen vorbesprochnen strît,
25517in dem gescheidin wart der nît;
25518want in dem strît iz sus irgînc
25519daz Lûdewîc Fridderîche vînc
25520und in zwei jâr gevangen hîlt,
25521dâmit er zu sûne in vîlt.

[Dusb. IV, 118.]

25522In unsirs hêrren jâren

--- S. 598 ---

25523dô der vorgangen wâren
25524174 a    zwênzig und drîzênhundirt
25525und sechse drûf gesundirt,      [l. 1316
25526dô wart gekorn sundir wân
25527der andirundzwênzigste pâbist Jôhan.

[Dusb. IV, 119.]

25528Den selbin pâbist man darnâch      [1317
25529in dem nêestin jâre sach
25530lobelîch canonizîrn
25531und glîch den heiligen zîrn
25532sente Lûdewîge,
25533der in des ordins stîge
25534der minrebrûdre was genesn
25535und Robertis brûdr gewesn,
25536des kungis von Sicilien,
25537und zu vîre dem hîligen
25538der vumfte tac bescheidin wart
25539nâch unsir vrouwin himelvart.

[Dusb. IV, 120.]

25540Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
25541tûsint und drîhundirt wârn
25542unde zwênzic glîche,      [1320
25543dô wurdin zu Francrîche
25544dî ûzsetzigin vorbrant,
25545want des wart ûf sî bekant,
25546daz sî mit vorgift vormeint
25547dî wazzer hettin und intreint,
25548dâvon lûte unde vî
25549in dem lande vil vorgî.

[Dusb. IV, 121.]

25550Dô man unsirm hêrren gar
25551tûsint und drîhundirt jâr
25552und einundzwênzic nande,      [1321
25553dô wurdin in Wentlande
25554von vorgift besprochin
25555drî man, daz ouch gerochin
25556wart an in mit gerichte scharf.
25557In eine pfanne man sî warf,
25558dî mit wazzere dâ sôt.
25559Der zwêne snel dâ blibbin tôt;
25560der dritte sundir wê genas,
25561daz der unschult ein zeichin was.

[Dusb. IV, 122.]

25562174 b    Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
25563tûsint und drîhundirt wârn
25564zwei und zwênzig ouch darnâch,      [1322
25565ein knechtil man dô lebbin sach
25566zu Brandinburg in Prûzinlant
25567und daz sô was Thomas genant,
25568Hertwîgis von Pokarwin kint,
25569von dem mêr wîslîch sint,
25570daz iz tôt was und genas,
25571dâ iz wol vîrjêric was,
25572von des heiligen crûzis macht,
25573daz in daz lant ê hatte brâcht
25574ein brûdir, hîz von Vleckenstein.
25575Ein wunder ouch daran irschein,
25576dâmit iz ê vorsûchit wart.
25577Von Mansvelt brûdir Gebhart,
25578zu Brandinburc der comentuir,
25579warf daz crûze in ein vuir,
25580darûz sô sprang iz brunste vrî;
25581der schicht was manch mensche bî.

[Dusb. IV, 123.]

25582Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
25583tûsint und drîhundirt wârn
25584vîrundzwênzig ouch dâmit,      [1324
25585dô geschach zu Cristburc dit
25586ûf dem hûse sundir wân,
25587daz Andreas Zimmerman
25588durch sîn âbintezzin
25589zu tische was gesezzin
25590und tuncte in daz bîr sîn brôt;
25591dô runnen drabe tropfen rôt
25592in allir wîse alse blût.
25593Darûf hatte sulchin mût
25594sîne compânîe,
25595dî im dâ saz bîe,
25596iz wêre ûz einre wundin,
25597der sî doch nicht invundin;
25598waz sî gesûchtin her und dar,
25599sô was er heil und âne nar.
25600174 c    Des nam sî alle wundir
25601und in selbe besundir;
25602want des blûtis er intsûb,
25603sô dick als er den biz irhûb.

[Dusb. IV, 125.]

25604Dô man unsim hêrren gar
25605tûsint und drîhundirt jâr
25606ouch sechsundzwênzic nande,      [1326
25607der kunic von Ungirlande
25608drîzictûsint Tartern slûc,
25609dî im hattin schadin gnûc
25610getân in sîme rîche. —
25611Hîmit dî redde wîche

--- S. 599 ---

25612und schrîben von der crônken vort,
25613dâ wir sî hân gelâzin dort.
Von brûdir Tammen zur Balge.

[Dusb. III, 339.]

25614Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
25615tûsint und drîhundirt wârn
25616einundzwênzig ouch dâmit,      [1321
25617dâ wart nâch des vleischis sit
25618mit des tôdis ramme
25619zuquetschit brûdir Tamme
25620geborn dort her von Mîsen,
25621der sundir valschis glîsen
25622brûdir was gewesin gar
25623wol sechsundvumfzic jâr
25624und dî zur Balge stête bleib.
25625Der jâre drîzig er vortreib
25626alsus vor sînem ende
25627gesunt in dem covende,
25628daz er weddir dort noch hî
25629in dikeinir wîse nî
25630ubir daz urloub getrat,
25631daz dâ den brûdren ist gesat.
25632Innic was er an gebet
25633und des vil zu gote tet;
25634wîn unde mete er vorbar,
25635und allir trunkinheite zar1;
25636nêst dem lîbe hât er um
25637174 d    zu pfleg ein hart cilicium;
25638an al der heiligen âbint,
25639dî dâ vigilien habint,
25640nam er vor dî hungirnôt,
25641nicht wen wazzir unde brôt
25642unde prempzte alle zil
25643daz vleisch mit abstinenzien vil
25644und mit kastîunge hart.
25645Zu jungist, dô er sîchin wart,
25646daz im sîn ende keggengînc
25647und er dî sacrament intpfînc
25648der heiligen cristinheit
25649mit vil grôzir innekeit,
25650dô bleib er in der lâge
25651nûnunddrîzic tage,
25652ê sîn lebbin sich vorsleiz,
25653daz er ezzins nî impeiz;
25654und alsus ouch tôt gelac
25655an sente Simeônis tac.      [18. Februar
Von pilgerîmen und wî drî gebît in Lit­touwen gehert wurden.

[Dusb. III, 340.]

25656In unsirs hêrren jâren
25657dô der vorgangen wâren
25658tûsint drîhundirt zwênzic zwei,      [1322
25659dô sach man kumen manchirlei
25660pilgerîm in Prûzinlant,
25661dî hô und eddil wârn irkant.
25662Dî achbersten waren ditz:
25663herzoc Bernhart von Swîdenitz
25664mit michilem getrecke2;
25665sô von Geroldisecke
25666ein hêrre dort von Swâvin,
25667darzû zwêne grâvin
25668ûz dem rînischin gemerc,
25669von Julich und von Wildinberc.
25670Ouch quam in rittirlîchir pflicht
25671mit dem von Lûchtenburc hêr Pflicht
25672und sîn brûdir von Bêmin.
25673175 a    Mit disen hêrren quêmin
25674rittir3 unde knechte vil,
25675dî alle woldin in dem zil
25676kegn den heidin wâgen sich.
25677Des nam brûdir Fridderîch
25678von Wildinberc, der dî stat hîlt
25679des meistirs und des landis wîlt,
25680in der zît al sîne macht,
25681dî im mochte sîn geacht
25682von volke und gesundirt,
25683brûdre andirhalbhundirt,
25684und mit den gesten reisete
25685bin des wintirs vreisete
25686hin zu Waiken in daz lant,
25687daz sî gar mit herndir hant

--- S. 600 ---

25688vorbrantin und vorterbetin
25689und sô vil dâ sterbetin
25690ungetouftir dîte,
25691daz in dem gebîte
25692wêning icht werlîchis bleib.
25693Dî nacht daz her aldâ vortreib
25694und eine burc dâ brante;
25695des morgins vort iz rante
25696in daz gebît zu Russigen;
25697des drittin tagis sî gesên
25698wurdin vorbaz zoglen
25699in daz gebît Eroglen
25700und gar vorbrantin in der zît
25701dî gegenôtin beidirsît,
25702und an dem drittin tage,
25703dâ sî mit herndir vlâge
25704al daz lant gemachten mat
25705und iz ûf den âbint trat,
25706dô vîlen sî vor Pisten
25707und kegn der burc sich wîsten
25708sturminde vil harte.
25709Dâwidir sich ouch karte
25710dî burcdît mit vrechir wer;
25711175 b    îdoch was der geste her
25712mit harnasche sô wol bewart,
25713swaz ûf sî gestochin wart,
25714gehouwen und gewurfin,
25715daz sî daz nicht zumurfin1
25716mochte noch gewundin.
25717Sî stiggin in den stundin
25718zûzin in dî zinnen,
25719unz dî Littouwin binnen
25720bî vumfen, vîren, drîen
25721mit spîzin und glavîen
25722zumâl ûf einen heftin,
25723und drungen sus mit creftin
25724sî von den zinnen widdir,
25725daz sî dâ vîlen niddir.
25726Daz sturmin ûbtin sî mit macht,
25727unz sî darabe treib dî nacht,
25728und des andrin tagis vrû,
25729dô sî abir woldin zû
25730gên mit sturmis gruise,
25731dî heidin ûf dem huise
25732sicherunge tâten
25733und des gîsle saten,
25734daz sî vorbaz blîben
25735mit kindin unde wîben
25736den brûdrin woldin undirtân
25737und nimmirmêr in widdirstân.
25738Abir des gelubdis pflicht
25739dî heidin sint inhîldin nicht,
25740want sî des kungis getwanc
25741mit gewalt darabe dranc.
Wî Darbit daz bischtûm wart vorhert.

[Dusb. III, 341.]

25742Binnen disen vristen,
25743daz alsô dî cristen
25744vorhertin dise drî gebît,
25745dô was vil der Littouschin dît
25746gereisit kegn Lîflande
25747175 c    unde sich dâ wande
25748zu Darbit in daz bischtûm
25749dî twer, dî lenge und alum
25750iz gar vorbrinnende,
25751hernde und ubbirrinnende;
25752und ân andren schadin,
25753den sî dem lande tâdin,
25754slûgin sî und tribbin dan
25755vumftûsint cristin sundir wân.
Von eime harten wintre.

[Dusb. III, 342.]

25756Dô mit zal man Cristô gar
25757tûsint und drîhundirt jâr
25758ouch drîundzwênzic nande,      [1323
25759dâ wârn in Prûzinlande
25760dî rittere ûf strîtlîche werc
25761von Zinnenburc, von Egerberc
25762und noch mê pilgerîne
25763von Bêmin, von dem Rîne,
25764mit den dî brûdre getân
25765woldin eine reise hân
25766sô hin kegn Littouwin wart;
25767dô was der wintir alsô hart,
25768daz man mit dem here
25769nam dî widirkêre;
25770want dî brûdre hattin vâr,
25771daz dî unbekleitte schar,
25772dî vrostis wâren ungewon,
25773vorturbin von der kelde don2.

--- S. 601 ---

25774Der selbe wintir was sô kalt1,
25775daz dî vruchtboume nicht inthalt2
25776hattin vor dem vroste.
25777Ir grûse sô vorrôste3
25778zu Prûzin und Lîflande
25779an stetin manchirhande
25780beide in garten und ûf bor4,
25781daz sî mûstin werdin sôr
25782odir vruchte gelde5.
25783Ouch in der selbin kelde
25784175 d    was ûf der gesalznen sê,
25785des dô nîmant gedâchte mê,
25786gevrorn îs sô starke,
25787daz man von Denemarke
25788gerichte6 zû kegn Lubek reit
25789dî sê wol vumfzên mîle breit.
Wî Revel wart gehert.

[Dusb. III, 343.]

25790In des selbin wintirs zît
25791von Garten der burcgrêve Dâvît
25792mit der Littouwin here
25793nam sô hin dî kêre
25794kegn Revel in des kungis lant
25795von Denemarken, dâ er brant
25796stifte unde jâmir grôz
25797hernde vil gar dâ blôz
25798al des landis gegenôt:
25799und ân alle andre nôt
25800sô slûg er der cristnen tôt
25801und vînc von edlen lîben,
25802juncvrouwin unde wîben,
25803dî man in sach trîben
25804in êwigir hafte wê,
25805wol vumftûsint unde mê.
25806Ouch irslûg er in dem zil
25807prîstir unde munche vil;
25808kelche, kirchgewête
25809und alle daz gerête,
25810daz gote was gewîet
25811und in sîn dînst gevlîet,
25812in lastir er vorspente;
25813darzû dî sacramente
25814vormeinte der unreine hunt
25815jâmirlîchin in der stunt.
Wî dî stat zur Memil wart vorterbit.

[Dusb. III, 344.]

25816Darnâch in der vastin
25817den cristnen zu unrastin
25818besament dî Samaiten
25819176 a    vor dî Memil jaiten
25820und dâ dî stat gewunnen,
25821dî von in gar vorbrunnen
25822wart, darzû vlîhûsir drî,
25823dî ir wârn geleggen bî;
25824gebuide, kocken, andre schif,
25825und waz der muiren ummeswif
25826in der burg ôt nicht beslôz,
25827daz machtin dî Littouwin blôz
25828und wanten iz in stoub;
25829und einen prîstirbrûdir toub
25830sî dâ des lebbins tâten
25831und in der stat betrâten
25832wol bî sibinzic cristen,
25833der sî sundir vristen
25834ein teil zu tôde slûgen sân;
25835etslîch vûrten sî hin dan.
Wî brûdir Friderîch Quiz wart geslagen.

[Dusb. III, 345.]

25836Darnâch an sente Petirs âbint,      [1323 31. Juli
25837den ir in mitten ouste habint,
25838sprengte ein her littouschir dît
25839zu Wilow in daz gebît
25840und sechs dorfir ûzslûgen
25841tribbin unde trûgen,
25842swaz sî dâ vundin, mit in dan.
25843Sechs und drîzic cristneman
25844wurdin an dem jagen
25845von den heidin geslagen.
25846Ouch sîn lebbin aldâ lîz
25847der ellenthafte deggen Quiz
25848genennit brûdir Friderîch.
25849Undirwint sîn, Criste, dich!
Wî Dobrîn wart gehert und nûntûsent cristen gevangin unde geslagin.

[Dusb. III, 346.]

25850Nû wurdin dî Littouwin

--- S. 602 ---

25851ir gelucke schouwin,
25852daz in daz gar nâch willin gînc,
25853176 b    swâhin ir reise sich gevînc
25854ûf der cristenheite schadin.
25855Des sach man sî abir ladin
25856menige grôz zusamen
25857und dâmitte quâmen
25858in des selbin jâres jage      [1323
25859an des heiligen crûzis tage,
25860der dî irhôung ist genant,      [14. Septbr.
25861in der herzoginne lant
25862zu Dobrîn und daz herzoctûm
25863dî twer, dî leng alum und um
25864vîentlîch durchrantin,
25865roubtin unde brantin
25866und jâmir grôz begîngen;
25867slûgen unde vîngen
25868unde mortlîch prestin
25869allein bûzen den vestin
25870wol sechstûsint cristen.
25871Darubbir in den vristen
25872gewunnen sî Dobrîn dî stat
25873machinde darinne mat
25874zweitûsint cristen unde mê,
25875und âne dî mit mordis wê
25876nûn prîstere sî sterbetin
25877und zên kirchin vorterbetin,
25878darinne sî durch iren nît
25879beide gewît und ungewît,
25880ouch wol sechzic schûlêre
25881des lebbins machtin lêre,
25882und irslûgin ôt sô vil
25883cristenesvolkis in dem zil,
25884daz dâ wurdin beschribbin
25885mit den, dî sî hin tribbin
25886in hezlîchir vreide
25887zu êwigir leide,
25888nûntûsint mensche in vollir zal,
25889und ân den jâmirlîchen val
25890sô vûrten sî hinabe
25891176 c    sôgar des landes habe,
25892daz sîn blîbin mûste
25893daz meiste teil sint wûste.
25894Nû nemet diz zu herzen
25895in clegelîchin smerzen,
25896waz jâmirs unde leidir nôt
25897sich mit ungevelle bôt
25898manchirwegn der cristinheit,
25899als ûch ist dâ vor geseit,
25900kuim in eime jâre,
25901daz ir dâ vorwâre
25902slûgen tôt dî heidin
25903und tribbin wec mit vreidin
25904in êwic gevencnisse
25905von gotis vorhencnisse
25906bî zwênzic tûsenten vil nâ,
25907sundir vestin hî und dâ,
25908der man sî vil gewinnen
25909sach unde gar vorbrinnen.
Wî zwelf Littouwin wurden geslagen.

[Dusb. III, 347.]

25910Binnen den selbin zîten,
25911dô man daz korn pflac snîten,
25912von Tapiow brûdir Heinrîch
25913der comentuir nam an sich
25914acht brûdir und drîhundirt man
25915unde machte sich hin dan
25916zu Semegallen ûf daz velt,
25917dâ er wolde des tôdis gelt
25918den snittern hân gegebbin,
25919hette er sî troffin ebbin.
25920Daz velt der Memiln ûf dissît
25921kegn der burc Pastowe lît.
25922Nû was iz regnic unde naz,
25923dô sî dar quâmen, alsô daz
25924man der snitter dâ nicht vornam,
25925want sî gevarn ubir den stram
25926der Memiln wârn kegn hûse wert.
25927Doch sî wol vîrunddrîzic pfert
25928176 d    nâmen dâ den heidin,
25929dî sî dâ vundin weidin,
25930und sich dannen wanten,
25931daz ouch jene irkanten
25932vil schîre und in jaiten nâch.
25933Dô daz brûdir Heinrîch sach,
25934ein lâge er besîten stîz
25935und ein teil der sînen lîz
25936vur sich hin dî strâze varn.
25937Und dô dî heidin kumen wârn
25938vil nâch ûf dî warte,
25939den weg ir einre sparte
25940werfinde sîne spâne
25941nâch littouwischem wâne1

--- S. 603 ---

25942und dâmitte lûte schrê:
25943›Nicht injagit vurbaz mê,
25944›sundir kêrit widdir dan,
25945›want wir dî Dûtschin bî uns hân
25946›alhî in lâge nâhen!‹
25947Dô wart ouch widdir gâhen
25948zurucke der Littouwin schar.
25949Nû wurdin doch der vlucht gewar
25950in der lâge dî brûdere
25951und sprengeten ûz dem lûdere
25952ir wol zwelf irrîtende
25953und in den tôt vorsnîtende.
Von pilgerîmen.

[Dusb. III, 348.]

25954Nâch Cristî unsirs hêrren jârn
25955dô der drîzênhundirt wârn
25956vîrundzwênzic ouch volant,      [1324
25957dô wâren kumen in Prûzinlant
25958Jôhan, Philippus von Spânheim
25959dî grêven, unde von Boheim
25960von Rôsenberc hêr Petter
25961und Hêrman sîn vetter.
25962Darzû quâmen in dem zil
25963rittir unde knechte vil,
25964dî manchen enden sâzen
25965177 a    zu Bêmin, zu Elsâzen
25966und ouch an dem Rîne.
25967Dise pilgerîne
25968mochtin dô dikeine mû
25969den Littouwin brengin zû,
25970want sich der wintir sô vortreib,
25971daz sô weich daz wetir bleib,
25972daz man mit here keinewîs
25973mochte gereisin ubir îs.
Wî Dâviddis vorwerc wart vorbrant.

[Dusb. III, 349.]

25974Darnâch in der vasten
25975dî brûdre sundir rasten
25976machtin sich kegn Garten hin
25977und sechshundirt man mit in
25978Nattangischir rîten
25979und brinnende in den zîten
25980Dâvîdis vorwerc vorkarten,
25981des burcgrêven von Garten,
25982und âne waz sî slûgin man,
25983sô brâchtin sî gevangin dan
25984meide, kindir, wîbe,
25985achtunddrîzic lîbe.
25986sô rindir eine grôze hert
25987und darzû wol hundirt pfert.
Von einem brûdre.

[Dusb. III, 350.]

25988In des selbin jâres vart
25989zu Kungisberc begraben wart
25990in dem covente brûdir Jân
25991ein Sachs, als ich vornumen hân,
25992genant von Gilwerstête.
25993Und dô den dennoch hête
25994dî werlt in iren bandin,
25995dô pflag er in schandin
25996und in sundin sîn lebbin
25997urbaren gar unebbin,
25998durch daz dî gotis zucht in warf
25999eins in eine sûche scharf,
26000dî an im wart sô dichte,
26001177 b    daz er zu jungist bîchte
26002und unsirs hêrren lîcham
26003mit dem heiligen ole nam.
26004Und swî er legge kranc,
26005doch sîn alde bôsheit dranc
26006in zu sulchir virne,
26007daz er eine dirne,
26008dî bin der sûch im dînen pflac,
26009unkûschlîch mit gewalt belac.
26010Und alzuhant dô daz irgînc
26011got den tûvelen vorhînc,
26012daz sî mit sam dem bet in ûf
26013hôge vûrtin in dî luf
26014und sus im sprâchin zû:
26015›Ô durftigir, wî turstis dû
26016›in sô grôzir heilikeit,
26017›dî alrêst was an dich geleit,
26018›den mein sô lastirbêre
26019›tûn kegn dîme schepfêre?‹ —
26020Dî enggistlîche vorchte
26021an dem sundêre worchte,
26022daz er begonde schrîen
26023nâch hulfe an Marîen
26024und ir sulch gelubde bôt,
26025gehulfe sî im ûz der nôt,
26026daz er wolde sich begebin
26027in des dûtschin ordin lebin.
26028Und als er den ordin inthîz,
26029zuhant der tûvil in vallin lîz
26030unvorsêrit in ein brûch,
26031want sîn Marîe hatte rûch.

--- S. 604 ---

26032Daz brûch was von genre stat
26033ein halbe mîle wol gesat,
26034dâ der tûvil in ûfnam.
26035Darnâch er zu Halle quam
26036in dî stat gerichte1
26037und alle dî geschichte
26038den luiten offenbêrte
26039177 c    unde dî rede bewêrte
26040dâmit. want al daz bettegewant
26041man noch dort in dem brûche vant.
Wî daz vurburg an Gedeminnen burc wart vorbrant.

[Dusb. III, 351.]

26042Darnâch in des meien schurc
26043brûdir Dîtherîch von Aldinburc,      [1324 22. Mai
26044comentuir zu Ragnîten,
26045nam von den gebîten
26046Nattangen unde Samen
26047vîrhundirt man zusamen,
26048wol vîrzic brûdir ouch darzû,
26049unde quam des morgins vrû
26050mit des tages anbeginnen
26051in dî vorburc Gedeminnen
26052und dî gar vorbrante,
26053darzû des lebbins blante
26054alliz, daz darinne was,
26055sundir ob etslîch genas,
26056dem dî snellekeit was an,
26057daz er in dî burg intran.
26058Ouch sô wurdin in der zît
26059geslagin an der brûdir sît
26060drî man von Nattangin
26061unde zwêne gevangin.
26062Unde von Ragnîte2
26063begriffin ouch dî dite
26064ein brûdirlîn, ein knottir3,
26065daz was genant der Ottir.
26066Wî daz sint der dît intran
26067und zên tage spîse ân
26068in der wiltnisse irre gînc
26069und heim zuletst dî vart gevînc,
26070daz vindit ir, hât ir sîn rûch,
26071ganz in Gerstinbergis bûch4,
26072want der hât daz betichtet
26073und ênzeln intrichtet.
Von strûtêren.

[Dusb. III, 352.]

26074177 d    In den selbin zîtin
26075saz aldort besîten
26076in dem bischtûm zu Wermenlant
26077ein Prûze, der dâ was genant
26078Prewilte oddir Mucke;
26079der nam ûf ein gelucke
26080an sich nûnzên gesellin
26081unde begonde stellin
26082durch strûtêrîe sîne vart
26083sô hin kegn Littouwin wart.
26084Und dô er ûf dî wilde quam,
26085jagende er dâ vornam
26086vumfundvîrzic rîten,
26087dî wâren Littouwîten.
26088Den streich er in den vristen
26089sô lange nâch mit listen,
26090unz er sî bî nachte traf,
26091dô sî herte hîlt der slâf,
26092und irslûc sî allintsam,
26093darnâch mit den sînen nam
26094dî pfert und allir habe
26095und quam gesunt her abe.
— — —

[Dusb. III, 353.]

26096Darnâch der selbe Mucke
26097nam ûf sînen rucke
26098sîn spîse, dî er solde hân,
26099unde machte sich hin dan
26100mit cleinre compânîe
26101abir ûf strûtêrîe
26102kegn der ungetouftin dît.
26103Und dô er verre hin geschît
26104bis vur daz lant Littouwin,
26105dô begond er schouwin
26106von rîten eine grôze schar;
26107und dô dî wart ouch sîn gewar
26108und mit jage nâch im wûc,
26109dô vorwarf er, swaz er trûc
26110von spîse, und dî gesellin sîn,
26111und vil kuim des tôdis pîn
26112178 a    mit der vlucht intquâmen.
26113Darnâch dô sî zusamen
26114sich gerîfen nâch der nôt,

--- S. 605 ---

26115dô inhât ir nindirt einre brô
26116noch keinirhande lîbnar.
26117Des wurdin sî betrûbit gar,
26118want sî westin keinen trôst,
26119der sî mochte tûn irlôst
26120von des hungirs ungemach.
26121Zu jungist dise redde sprach
26122zu den andern Mucke:
26123›Ir hêrren, ungelucke
26124›hât uns hî gar bevangen.
26125›Wir muggin nicht gelangen
26126›heim in unsir gegenôt;
26127›wir beleggin hungirs nôt.
26128›Ê wir vorgên den als ein vî,
26129›sô dunkit mich daz bezzir î,
26130›daz wir êrlîch sterbin
26131›oddir icht irwerbin,
26132›dâmit wir den lîb irnern,
26133›unde nâch den vîendin kêrn.
26134›Wer weiz, waz ebbintuire
26135›an der dît ungehuire
26136›uns noch geschên von gote sol!‹
26137Der rât gevîl in allen wol
26138unde heimelîchin
26139nâch den vîendin strichin,
26140sô lange, unz sî dî quâmen an,
26141dâ sî aller vorchte ân
26142lâgen unde slîfen;
26143und ouch ûf sî lîfen
26144slânde sundir alle wer
26145al der samenunge her
26146nemende vil gar dî pfert
26147und waz ôt dâ was roubis wert
26148und quâmen vrôlîch heim gevarn,
26149dî vil nâch ê vorzwîvilt wârn.
178 b    Von brûdir Wernhêre dem vîrzên­den hômeistere.

[Dusb. III, 354.]

26150In des selbin jâris jage      [1324
26151an Pêtirs Pauls achtem tage      [6. Juli
26152der aposteln gote zart
26153zu Merginburc hômeister wart
26154brûdir Wernhêr gekorn
26155dort von Orsele geborn.
26156Den vîrzêndin man in hîlt
26157an dem amte, des er wîlt
26158wol in ellinthaftir tucht
26159und ouch in geistlîcher zucht.
Wî Cristmemel wart angestritten.

[Dusb. III, 355.]

26160In den selbin zîten
26161vîrhundirt Littouwîten
26162quâmen heimelîchin
26163bî nachte hin geslichin
26164Cristmemil dem hûse zû
26165und wolden iz des morgens vrû
26166irloufin und gewunnnn hân,
26167daz îdoch wart undirstân;
26168want iz hatte vor dî mêr
26169brâcht den brûdren ein vischêr,
26170daz sî dî schicht wol westin
26171und sich kegn den gestin
26172mit irre wer ouch borgen.
26173Und dô intstûnt der morgen
26174und sî begondin loufin an;
26175dô sach man sî dî brûdre intpfân
26176mit manchem scharfin pfîle,
26177der dâ bî kurzir wîle
26178manchir manchin in sich slant;
26179ouch wart ein eddelinc zuhant
26180geslagin, daz er tôt dâ bleib;
26181darûf ir vlîz sich sêre treib,
26182wî sî den dannen brêchtin.
26183Dâwiddir wurdin vechtin
26184dî brûdre mit geschozze hart;
26185178 c    des quam in zorn der heidin part
26186unde lîfen allintsam
26187begrîfinde den lîcham
26188bî vûzen unde hendin
26189und an allen endin
26190und mit gewalt in trûgen dan.
26191Îdoch ê daz wart getân,
26192dô wart ir alsô manchir wunt,
26193daz dî zal mir ist unkunt.
Von des pâbstes legâten.

[Dusb. III, 356.]

26194Nû lâgen noch in crîge
26195dî burgêre von Rige
26196und ouch ir erzebischof,
26197den dort hîlt des pâbistis hof
26198widdir dî brûdre zu Lîflant,
26199unde machtin wît irkant
26200in den stetin manchirwegn,
26201dî bî der sê lanc wârn gelegn,
26202mit brîven unde boten
26203und joch in predigôten

--- S. 606 ---

26204lîzen in den stunden
26205daz offinbêrlîch kunden
26206den brûdren zu abzugge
26207in gemachtir lugge,
26208daz sich âne vêde
26209dise kunge bêde
26210von Ruizen, von Littouwin
26211woldin gar inthouwin
26212allis ungeloubin mê
26213und nâch cristinlîchir ê
26214sich gerne woldin toufen lân;
26215nû wolde man ir nicht intpfân.
26216Dî selbin mêr sî schribbin
26217und mit boten tribbin
26218bis an den pâbist, der hîz Jôhan,
26219und brâchtin in daran,
26220daz er hin kegn Lîflande
26221zwêne legâten sande,
26222178 d    daz dî soldin toufin
26223und mit lêre sloufin
26224ûz heidenischir irrekeit
26225dî zwêne kunge vorgeseit.
26226Nû quâmen dî legâten dar
26227zu Rige in unsirs hêrren jâr
26228dô der wârn gesundirt
26229zwênzic drîzênhundirt
26230darnâch an des vîrden jage      [1324
26231an dem allirnêstin tage,      [22. Septbr.
26232der nâch sente Mathêus ist,
26233und gebutten in der vrist
26234von pâbistis gewaldin
26235vridde vort zu haldin
26236cristen unde heidin
26237sundir alliz vreidin;
26238und swer dâ wêr sô vreche,
26239daz er den vridde brêche
26240oddir ir gewerbe
26241machte unbederbe
26242entwedir mit worden odir mit tât,
26243der solde sân zuhant gesat
26244sîn in pêbistlîchin ban
26245und des nicht andirs werdin ân,
26246wenne von des pâbistis hant,
26247der mocht intlôsin im daz bant.
26248Darnâch dô daz was getân,
26249dô santen dî legâten sân
26250boten wol gezême
26251und darzû bequême
26252an witziggen sinnen
26253hin zu Gedeminnen
26254dem kunge der Littouwin
26255zu hôrn und zu beschouwin.
26256ob sîn wille wêre
26257sô gût und sô gewêre,
26258daz er mit der dîte
26259undir sîm gebîte
26260179 a    dî abgote wolde lân
26261unde mit werde betin an
26262Jêsum Cristum den wâren got
26263unde leistin sîn gebot
26264intpfânde cristinlîchin touf
26265um des himelrîches kouf,
26266als er hête in vremde lant
26267brîve manchirwegn gesant
26268und ouch an den pâbist dort,
26269als offenlîchin was gehôrt.
26270Zu irvarn an im den sin
26271zuggen sus dî boten hin.
Wî Masow daz lant wart vorterbit.

[Dusb. III, 357.]

26272Dô der vride was geworcht,
26273als ir itzunt hât gehorcht,
26274von den legâten vorgenant,
26275al dî ummesezzenen lant
26276Lîven, Prûzen, Polênen,
26277sich vroiten ûf daz wênen,
26278daz sî soldin umbekort
26279blîbin von urloige vort,
26280als sî hattin mêr irkant.
26281Doch iz andirs wart gewant,
26282want der kung unreine
26283in suntlîchim meine
26284vorsteinet was sô harte,
26285daz er sich lutzil karte
26286an touf noch an vridde,
26287sundir hîz Dâvidde,
26288dîwîl dî boten bî im wârn,
26289mit here kegn Masow varn      [1324
26290an sente Elizabêten tage.      [19. (st. 21) Novbr.
26291Daz lant er ouch mit swinder plâge,
26292ubbirreit und machte mat
26293dô Poltus des bischoves stat
26294unde dorfir gesundirt
26295wol drîzig unde hundirt;
26296und dâmit andirs erbis vil
26297179 b    vortilgte er gar in dem zil,
26298und waz sich im dâkegn wûc,

--- S. 607 ---

26299daz vîng er alliz unde slûc;
26300darzû wol drîzic pfarren,
26301den unreinen narren
26302man dâ sach vorbrinnen
26303und waz dâ was inbinnen;
26304ornât, kelche, sacrament
26305wurdin lestirlîch zuspent;
26306dî prîstir er dâ tôtte,
26307dî munche er mortlîch nôtte,
26308und ân andrin schadin grôz
26309dâmitte der hundisgenôz
26310Masouwen dô vorterbete,
26311sô vîng er unde sterbete
26312dâ vreislîch in den vristin
26313mê wen vîrtûsint cristin.
26314Und dîwîle hî Dâvît
26315zu Masouwen ûbte dit,
26316dô sante der kunc sâldin lêr
26317kegn Lîflant ein andir her
26318in daz gebît Rosîten,
26319daz ouch von den dîten
26320mit brande und mit roube
26321wart gar gemachit toube.
26322Dî her wurdin beide
26323der cristenheit zu leide
26324von Gedeminnen ûzgesant,
26325dîwîl dî botin vorgenant
26326dennoch bî im blibbin
26327und ir botschaft tribbin.
26328Nû sêt, wî rechte innenclîch
26329schickte zu dem toufe sich
26330dirre heidenische hunt,
26331als man ê machte von im kunt!
— — —

[Dusb. III, 359.]

26332Darnâch kurzlîch, dô gelac      [1324
26333sente Catherînen tac,      [25. Novbr.
26334dô quâmen sundir lige,
26335179 c    widdir heim kegn Rige
26336dî boten der legâten,
26337dî sî vor des hâten
26338gesant zu Gedeminnen hin,
26339und ein Littouwe quam mit in,
26340des kungis allirhôste man,
26341den er sante sô her dan;
26342und der selbe heidin
26343mît worten wol bescheidin
26344sprach vor den legâten
26345und alle den prêlâten,
26346darzû vor der gemeinen schar
26347sus von dem kunge offinbâr,
26348daz nî von sînen rêten
26349zu dikeinen steten
26350noch diweddir in kein lant
26351noch ouch zu des pâbstis hant
26352gegangen wêren brîve
26353diweddir recht noch schîve;
26354er hêt ouch nicht sulchin gedanc,
26355daz er immer wolde wanc
26356getûn von sînen goten.
26357Dî selbin wort dî boten
26358jâhen ouch, daz sî gehôrt
26359von dem kunge hettin dort.
26360Und als ouch dî legâten
26361dî antworte hâten
26362vornumen und des kungis sin,
26363sî schiden zu dem pâbste hin.
Wî etslîche stete unde burge wurden gebûwit.

[Dusb. III, 360.]

Girdauwen.
26364Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
26365tûsint und drîhundirt wârn,
26366vumfundzwênzig ouch darzû,      [1325
26367dô vollenbrâchte mit gebû
26368brûdir Heinrîch von Îsenberc
26369der comentûr von Kungisberc
26370von meistir Wernhêris wegn
26371179 d    eine burc, dî ist gelegn
26372zu Barten in dem lande
26373und dî Girdauwen nande.
Wartenberc.
26374In des selbin jâris vart
26375von Warmen bischof Ebberhart
26376stifte einre vestin werc
26377und hîz dî nennen Wartinberc,
26378gelegn in der wiltnisse
26379ûf dem vlîze Pisse
26380in Galindenlande.
26381Daz selbe werc volande
26382sîn vogit mit bûunge snel
26383brûdir Fridderîch von Lîbenzel,
26384und dô dî burc volkumen was,
26385prîstere er zusamne las
26386und lîz dem heiligen geiste
26387mit inniger volleiste
26388singen eine messe schôn.

--- S. 608 ---

26389Und dô der heiligen messen dôn
26390quam an daz êwangelium,
26391dô sweimte1 in der burc alum
26392ein tûbe wîs alsam ein snê,
26393der dâ vor nî keine mê
26394in der wûste was gesên,
26395als man dî aldin hôrte jên.
26396Und dô dî messe was volant
26397zuhant dî tûbe dô vorswant.
Gûtenstat.
26398Ouch in des selbin jâris strich
26399der selbe brûdir Fridderîch
26400zu Glottow in der gegenôt,
26401als im der bischof gebôt,
26402stiftte mit gebûwe
26403eine vestin nûwe,
26404dî ûf dî Alne wart gesat
26405und ist genant dî Gûtestat.
Plûten.
26406In dem selben jâre sân
26407180 a    von Warmen prôbist Jordan
26408bî dem Melsacke bûte
26409ein huis und nant iz Plûte.
Bischoveswerder.
26410Sô stifte brûdir Rûdolf
26411zu Pomezênen bischolf
26412eine stat ûf daz Gardenvlîz
26413und dî Bischofswerdir hîz.
Nûwenmarkt
26414Ouch in des jâres swanze2
26415bûwt an der Driwanze
26416Nûwenmarkt der vesten werc
26417brûdir Otte von Luttirberc,
26418den man in Colmenlande
26419lantcomentûr nande.
Wî daz lant des marcgrêven von Bran­denburc wart gehert und sechstûsent cristen gevangen unde geslagen.

[Dusb. III, 361.]

26420Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
26421tûsint und drîhundirt wârn
26422sechsundzwênzig ouch dâmit,      [1326
26423von Polênen kunic Lokit
26424sante zu Littouwin hin
26425boten kunge Gedemin,
26426des tochtir sîme sune
26427nûwlîch eine kune
26428was gemêlit zu der ê,
26429unde bat, daz er im lê
26430sînre dît zwelfhundirt man,
26431unde hîz dî heidin sân
26432mit sîme here starke
26433reisin in dî Marke
26434zu Brandenburc, daz ouch geschach.3
26435Daz her bî Posenow înbrach
26436und durchreit den strich sô vort
26437bis an dî stat zu Frankenvort
26438mit roube und mit brande
26439180 b    vorhernde in dem lande
26440dorfir mit zal gesundirt
26441wol vîrzig unde hundirt
26442und alsô manche pfarre.
26443Ouch in dem gezarre
26444vortilgit clôster worden
1) D. i. schwebte.    2) D. i. Gange, s. Pfeiffer’s Glossar S. 231.    3) S. die auch bei Wohlbrück, Geschichte des ehemahligen Bisthums Lebus und des Landes die­ses Namens. Berlin 1829. I, S. 550 aus St. Baluze. Vitae paparum Avenionensium 1693. H, 515 an­geführte Stelle aus dem Absetzungsdecrete Kaiser Ludwig’s des Baiern (Rom 18. April 1328) (Böhmer, Regesten. L. d. B. nro. 921): ›et, proh dolor! aures humanae refugiunt, observationem treugarum cum infidelibus in confinio Pruciae praeceptori generali domus sanctae Mariae Theutonicorum di­strictissime injunxit, illud agere in augmentum fidei christianae, licet mendaciter, se praetendens, quod in ejusdem fidei conceperat notorium detrimentum. Ex hoc enim pernicioso figmento quanta fuerit occisio fidelium in infantibus vagientibus in cunabulis, in viris et mulieribus innumeris perfido­rum mucronibus trucidatis multisque in perpetuum in captivitate[m] abductis, et quanta lamentatio in sanctimonialibus et Deo dicatis virginibus defloratis, in viduis et maritatis post tergum manibus li­gatis ad arbores violenter oppressis, quanta insuper ecclesiarum et sacramentorum, maxime pretio­sissimi ac venerandi sacri corporis Christi prophanatio facta fuerit, dum ipsis lanceis perforatum et elevatum Christo ac omnibus christicolis blaspheme ac devienter exprob[r]averunt dicentes: ›Ecce Deus Christianorum‹, marchio Brandeburgensis plorans filios et filias lamentabiliter querulatur‹. — Bei Lünig, Reichsarchiv XIX, 58 f. in schlechterem Texte. Vgl. auch Mannert, Kaiser Ludwig IV., S. 221 und 250 und Wohlbrück a. a. O. 442 ff.

--- S. 609 ---

26445drî des grâwen orden
26446und zwei vrouwenclôster.
26447Ô himelischir trôster,
26448dû weiz, waz dî vorkarten
26449dâ jâmirkeit urbarten
26450an dîm irweltin erbe!
26451Dîn dînst vil umbederbe
26452mûste zwâr dâ werden,
26453want sî glîch der erden
26454dî kirchin gar vortilgetin,
26455dî heilikeit bimilgetin;
26456kelch und andre heilge vaz
26457betranc dî dît und darûz az,
26458und ûbten in unvlête
26459der altâregewête;
26460kaslen, kappen, andre cleit,
26461dî gotis dînste wârn gereit,
26462trûg an dî tûvils rote
26463zu vorsmêunge gote.
26464Sô den gezîrten bilden
26465gotis und der milden
26466sînre mûtir Marîen
26467sach man sî ûfspîen,
26468zurhouwin und vortrettin,
26469dî sacrament sî smêttin
26470und, daz zu jên ist grûwesam,
26471den hêren gotis lîcham,
26472dâ allir heiligen heil an stât,
26473wurfen sî in manch unvlât
26474smêlîchir, wen ich sprechen tar.
26475Diz jâmir dî Polêne gar
26476von den heidenischin scharn
26477180 c    sâgen, dî mit in dâ wârn,
26478und des nicht undirvîngen,
26479sundir ouch vorhîngen,
26480daz sî gewîhte pfaffen,
26481swî den was geschaffen
26482in gotisdînste ir lebbin
26483begebn und unbegebbin,
26484mit manchirleie tôten
26485in bittirlîchin nôten
26486von dem lebne schurgeten;1
26487sumelîche wurgeten,
26488dise lebende schunden,
26489dî zungen den ûzwunden,
26490genen dî houbt abhakten
26491und hô ûf pfele stakten,
26492daz man ôt verre hî und dort
26493schouwete den vreislîchin mort;
26494etslîche in vorebbele
26495intlôstin sî dî nebbele
26496und boume niddirbukten,
26497dî spîldin unde drukten
26498darîn der nable zipfle
26499lâzende sneln dî wipfle
26500und sî alsô intdermeten;
26501ouch sumelîche hermeten
26502dî liddir abschrôtende
26503und kegn dem vuire brôtende;
26504etslîche sî ûfhîngen,
26505ir spil mit in begîngin
26506unde zûzin schuzzen
26507und manchirwîs vorguzzen
26508quelnde daz gewîte blût;
26509sô von der andren cristnenlût
26510nicht vorbaz ich gesprechin kan,
26511wen daz sî tôtten gar dî man,
26512waz sî der anquâmen;
26513dî wîb gevangen nâmen
26514dî in zu vûrne tochtin
26515180 d    und gevolgen mochtin.
26516Waz zu junc was, kranc und alt,
26517daz wart vollen tôt gevalt.
26518Dâ wart manig eddil wîb
26519und manch meitlîchir lîb
26520leidir brâcht zu meine.
26521Manc den juncvrouwen eine
26522was sô schône und sô zart,
26523daz ein michil krîc dâ wart
26524um sî von den heidin.
26525Den krîc wold einre scheidin
26526loufende her ûz der dît
26527und inzwei dî magit schrît.
26528›Nû lât‹, sprach er, ›des krîgis nît;
26529›vor ûch sî nû geteilit lît,
26530›iclîchir an ir neme
26531›sîn teil, daz im gezême!‹
26532Dî schicht waz jêmirlîch gnûc,
26533doch als sich dô dî sache trûc,
26534sô was unclegelîch daz wê.
26535Noch geschach dâ jâmirs mê:
26536dî clôster gar vorbrunnen;
26537der reinen clôsternunnen,
26538dî gote wârin kûsch gewilt,

--- S. 610 ---

26539dî dît gar in unvlâte wîlt.
26540Der selbin gotis heiligen
26541wold eine dâ bemeiligen,
26542ein heidin in unkûschir pflicht.
26543Dô sprach dî dirn: ›Ei, tû des nicht,
26544›sundir hilf mînem lîbe,
26545›daz ich des reine blîbe!
26546›Ich habe sô wîse vornunst,
26547›daz ich dich lêre sulche kunst,
26548›daz dich insnîdit dikein swert.‹ —
26549›Vil hôer mîte wêre wert
26550›dî kunst‹, jach der Littouwe. —
26551Dô sprach sî: ›Nû beschouwe
26552›dî kunst an mir, daz ist mîn ger!
26553181 a    ›Ein scharfiz swert lâ brengen her,
26554›dem wil ich sô besprechin
26555›sîn snîdin und sîn stechin,
26556›daz iz mir nicht geschaden kan!‹
26557Dô lîz der heide brengen sân
26558ein swert, daz was wol sneitic.
26559›Nû bis‹, sprach sî, ›gebeitic
26560›eine cleine wîle hî!‹
26561Dâmit dî magit ûf dî knî
26562vîl und ûf kegn himele sach
26563und vil innenclîchin sprach:
26564›Ô minnenclîchir Jhêsû Crist,
26565›want dû mîn wârir vrîdil bist,
26566›beware mich armen dîne meit
26567›in umbewolner reinekeit,
26568›daz mir dî crône blîbe ganz
26569›und der himelische cranz,
26570›dî dû meitlîchim lebbene
26571›gelobit hâst zu gebbene,
26572›und nim, hêrre, mînen geist
26573›ûz dirre jâmirkeite vreist!‹
26574Und dô volant was diz gebet,
26575des crûzis strich sî vor sich tet
26576und zu dem heiden sprach:
26577›Ich bin gereit; wiltû, sô slach!‹
26578Dô slûg er eines slages swanc,
26579dâvon ir ab daz houbit spranc.
26580Sus bleib bewart dî reine
26581vor unkûschlîchim meine.1
26582Alsulchis jâmirs in dem zil
26583ûbten sî mê denne vil;
26584und dô sî hatten sus daz lant
26585gar vorwûstit und vorbrant,
26586dô nam daz tûvilische her
26587kegn lande widdir heim dî kêr,
26588und ân alle andre nôt
26589sô hatten sî geslagen tôt
26590und vûrten hin abe
26591181 b    mit ungehebir habe
26592mê wen sechstûsint cristen,
26593dî immer sint den vristen
26594blibbin in der heidinschaft
26595in pînlîchir eigenschaft.
26596Nû hât ein masowsch eddillinc
26597wol vornumen dise dinc,
26598wî sî hatten dort gebôst;
26599der was genant Andreas Gost.
26600Dem gîngen nâ zu herzen
26601dî manicvaldin smerzen,
26602dî dî reine cristenheit
26603sus von den undîten leit;
26604des wart sîn mût darûf voreint,
26605daz er den houbitman vormeint
26606Dâvidde dort von Garten,
26607an den diz her pflac warten,
26608wolde tûn vorterbin
26609oddir selbe sterbin.
26610Und dô sich dî littouwsche dît
26611von den Polênen dort geschît
26612und heimwart ûf dî wûste quam,

--- S. 611 ---

26613Andreas sich dô zûzin nam
26614und reit mit in, als ob er vrûnt
26615wêr, unz im der state stunt
26616gevîl, daz was ein wazzirvlîz,
26617darinne Dâvît trinken lîz.
26618Dâ sprengt er zûzim in dî runst1
26619und nâch vil vreisir abegunst
26620zwir ein mezzir durch in stach
26621und dâmit her abe brach
26622machinde sich an dî vlucht.
26623Dâ wart von der Littouwen trucht
26624nâch im ein hezlîch jagen,
26625want gnûc der heiden sâgen,
26626daz er worcht an im den tôt,
26627und doch sô gehalf im got,
26628daz er von in allentsam
26629181 c    gar ân alle smerze quam.
26630Sus in der zît Andreas Gost
26631tet dî cristenheit irlôst
26632von dem argen êchtêre,
26633der unzellîche swêre
26634in hatte durch des tûvils gûf
26635vil manche zît getribben ûf
26636und manchirwegn gemachit mat,
26637als ir dâ vor vornumen hât.
Wî Lûnenburc wart gebûwit unde zwû stete.

[Dusb. III, 362.]

26638Ouch in des jâris ummeswich
26639von Aldenburc brûdir Dîterîch,
26640commentûr zur Balge,
26641ûf der vlîze swalge
26642der Sainen und der Guberen,
26643dâ sî zusamne ûberen,
26644bûwte dort in Bartenlant
26645daz huis Lûnenburc genant,
26646daz den namen alsô hât
26647von dem velde, dâ iz stât,
26648und eine stat, dî dâ gelein
26649ist bî dem huise Bartenstein.
26650Dô bûwte brûdir Lûdêr
26651von Brûnswîc des stammis hêr,
26652dô comentuir zu Cristburc,
26653eine stat zu Ilgenburc
26654bin des selbin jâres zît.
26655Des sî got gebenedît! —

26656Nû hab ich mit der gotis hant,2
26657als ich mich dâ vor vorbant,
26658dî crônke von Prûzenlant,
26659als ich sî zu Latîne vant,
26660zu Dûtsche schrîbende volent,
26661wit tîfen worten nicht behent,
26662want sî vornemen mag ein kint;
26663ouch hân dî rîmen recht gebint:
26664ist daz man andirs icht dâ vint,
26665181 d    dî schrîber daran schuldic sint
26666und ich sal blîbin unbehônt.
26667Daran hâst dû mich beschônt,
26668der êren kunic, des bis gecrônt
26669und immer sî dir lob gedônt
26670von allir crêatûren munt!
26671Nû bit ich, hêrre, sân zustunt:
26672gib allen herzen, den dâ kunt
26673wirt diz bûch, der sâlden vunt,
26674daz sî in dir intbrinnen,
26675brinnende dich minnen,
26676minnende gewinnen
26677den hort, der allen sinnen
26678von wunnenberndir mitewist
26679zu bevân ummêzlîch ist.
26680Dî wunne dû, vil sûzir Crist,
26681in himel allen heiligen bist!
26682Ô mildir got, gehilf uns dar,
26683dâ wir in dîner clârheit clâr
26684mit dir voreinet minneclîch
26685ân undirbruch beschouwen dich
26686und dir lob singin immer mê!
26687Âmen und benedicitê!

--- S. 612 ---

[Supplementum ad Dusb. chron. terrae Prussiae.]

Wenne Môrungen wart gestift.

[Dusb. suppl. 2.]

26688Dô vorgangen wâren gâr
26689tûsent drîhundirt zwênzic jâr,
26690daz Cristum ein mait gebar,
26691darnâch des sibenden vorwâr      [1327
26692brûdir Herman von Oppin,
26693den man in der zît sach sîn
26694des houbithûses spittelêr
26695und cometûr zum Elbinge, der
26696stifte Môrungen dî stat
26697nâch meister Wernhêris rât,
26698dî an Maurin dem sehe stât,
26699dâvon sî ouch den namen hât.
Von ›In principiô erat verbum‹.

[Dusb. suppl. 1.]

26700182 a    Nâch unsirs hêrren jâren
26701dô der vorloufen wâren
26702drîzênhundirt zwênzic dâmit,
26703dâzû sechse, dô geschach dit,      [1326
26704daz der hômeistir brûdir Wernhêr
26705von Orsele geborn sô hêr
26706in eim grôzen capitulô
26707satzte In principiô
26708daz ewangelium vil hêr,
26709daz dî pfaffen vurbaz mêr
26710iz ân undirbrechen
26711nâch der hômesse sprechen
26712solden in den conventen
26713zu hôes lobes renten
26714der menscheit Jhêsu Crist
26715unsirs hêrren, und sô ist,
26716daz dise wort der prîster lest:
26717»Et verbum caro factum est«,
26718sô suln dî brûdir alle
26719mit inniggem valle
26720ir venien sûchen ûf dî knî
26721und ouch alsô halden dî,
26722unz gesprochen ist î sâ:
26723›Nos cum prole pia.‹1
26724Des selbin jâris sich ein krîc2      [1326
26725irhûb alsus, daz Lôdewîc
26726von Beieren, der dâ bevorn
26727rômisch kunic was gekorn,
26728von dem pâbeste wart gevatzt
26729in ban und des rîchs entsatzt
26730von im. Îdoch weiz ich nicht,
26731waz des widdirsatzis bizicht
26732ûf den kunic wêre,
26733sundir dî Rômêre
26734in lûden dô eintrechteclîch.
26735Des hûb er ouch vil mechteclîch
26736sich kegen Longobarden sân
26737nicht achtende des pâbstes ban,
26738182 b    dâ er in der selben zît
26739streit manchen prîslîchen strît
26740behaldende die siggenumft.
26741Alsus er in hêrlîcher kumft
26742nam unz in Rôme sîne vart,
26743dâ er gecrônit zu keisre wart.
26744Darnâch der keiser, der senât
26745und alle der rômische rât
26746voreint den pâbst kên Rôme lût.
26747Und dô dâwidir was sîn mût
26748und dî ladunge nicht vorvî,
26749einen minrebrûder sî
26750der Franciscînen welten
26751und den zu pâbste zelten.
26752Hîran sach man eintrechtic sîn
26753beide Gelfen unde Gibbelîn.
— — —

[Dusb. suppl. cap. 3.]

26754Dô drîzênhundirt jâr volvurt
26755wâren nâch Cristes geburt
26756ouch zwênzic, darzû achte,      [1328 25. Mai
26757alsus iz sich dâ sachte,
26758daz Memilburc hûs unde stat
26759an dî brûder von Prûzen trat
26760und quam in ire hant3,
1) In den amtlich aufgezeichneten Zusätzen Werner’s von Orseln (Statuten des Deutschen Ordens ed. E. Hennig, Königsberg 1806, S. 120 ff.: Deze gesetcze saczte bruder Werner der homeister unde bestetigete si mit deme grozen capitulo) steht (S. 121) fast wörtlich gleichlautend: »Ouch welle wir, das man ubir alle den orden noch der homesse vor dem pater noster, e man sexte anhebit, leze das ewangelium: ›In principio erat verbum‹ mit der collecten: ›Omnipotens sempiterne deus, dirige actus nostros‹. Unde so man spricht: ›Et verbum caro factum est‹, so sal man venien unde an der venie bleibin, bis (d. i. so lange als) man di collecte gesprichit.«    2) Vers 26,723—26,752 bei Pfeiffer Nro. 50, S. 106 f.    3) Die bezügliche Urkunde d. d. Elbingi 1328 in die S. Urbani (25. Mai) befindet sich im Original mit Siegel im Geh Staatsarchive zu Berlin, wonach in dem Abdrucke bei Voigt Cod. dipl. Prus. II, 161. nro. CXXIII, abgesehen von graphischen Verschiedenheiten, wie oftmals y für i, t für c, Prusia für Prussia, zu verbessern ist: S. 161. Erkenberti commendatoris de Wenden dicti ›Bok‹ statt ›Luk‹; Z. 4 v. u. ›adjungentes‹ — ›idem‹; Z. 3 v. u. ›castri ac territorii‹; Z. 2 v. u. statt ›forsan conve­nienti‹ l. ›conferenti‹; S. 162. Z. 1 ›mancipandis‹; Z. 4 ›diligenti de consilio et consensu salubribus‹; Z. 7 in magistrum; Z. 9 ›nunccios‹ statt ›internuncios‹; Z. 19 v. u. Emmerbeke; Z. 9 v. u. ›strekvus‹; Z. 8 v. u. ›luceorum‹; Z. 7 v. u. ›marca‹; Z. 3 v. u. ›Kessilhuyt‹; ›Luderus de Brunswyc traparius‹; Z. 2 v. u. ›Cristburc‹; Z. 1 v. u. ›Luterberc‹; S. 163. Z. 1 ›Kunegesberc‹ — ›commendator Golube‹; Z. 2 — ›dominus Henricus‹. — Einige Verbesserungen gab bereits v. Bunge im Liv. Urk.-Buch. III. Regesten S. 51 (der Text steht daselbst II, 226 f.) aus einem Originaltranssumpt vom 19. November 1354 im Staatsarchive zu Stockholm.

--- S. 613 ---

26761daz ê dî brûdre von Lîflant
26762gebûwit hatten und bewont
26763unde in urloige dâ gedont
26764widdir dî heiden unz aldar
26765wol sechsundsibenzic jâr.
26766Und dô sich in den stunden
26767der burg underwunden
26768dî von Prûzen, sî lîzen sân
26769Crismemil dî burc zurgân,
26770dî meister Karl ê hatte zwârn
26771gebûwit wol vor vumfzên jârn      [1313
26772den Littouwin durch getwanc,
26773dî man ouch sêre drabe dranc
26774in trîbende vil schaden zû
26775beide spâte unde vrû
26776182 c    in manchirleie wîse,
26777dâvon dî hûsir spîse
26778hatten unde nutzis mê.
26779Diz tet den Littouwen wê;
26780des wurden sî von herzen vrô,
26781dô iz sich gevûgete sô,
26782daz dî burc dirniddir lac.
26783Im oust an sente Pêtirs tac      [1. August 1328
26784wart Cristmemil gar vorstôrt.
26785Dî sache der stôrunge hôrt:
26786iz hatten Rîgêre durch nît
26787angetribben in der zît
26788mit listen manchirhande,
26789daz der pâbist sande
26790in Lîflant sîne boten,
26791von den dô wart geboten
26792bî pêbistlîches bannes bant
26793den brûdern dâ zu Lîflant
26794und ouch den zu Prûzen,
26795daz sî gar von gestrûzen
26796urloigis sich inthalden
26797solden und vriddis walden
26798drî jâr kên den Littouwin,
26799bin den der pâbist schouwin
26800mochte, ob sî willeclîch
26801zu Cristô wolden kêren sich,
26802als em von den Rîgêren
26803mit offenlîchen mêren
26804und mit brîwen vor der stunt
26805ofte wart gemachet kunt.
26806Ouch man den selbin vridde
26807bî des bannis widde1
26808zu haldin bin den vristen
26809kegen allen cristen
26810hôrte dô gebîten
26811den littouwschen dîten,
26812dî der botschaft wîlden.
26813Aber wî dô hîlden
26814182 d    dî Littouwen daz gebot
26815des pâbstis, daz irbarme got!
26816als man entsûb wol in dem zil.
26817Swer ganz dî rede wizzen wil,
26818der sûche ein teil zurucke wart
26819in der êrsten crônken part
26820nichte verre von dem ende;
26821dâ vindit man genende,
26822wie iz bin dem vridde gî;
26823doch sô wolden blîben î
26824dî brûdre, als in gezam,
26825dem pâbiste gehôrsam
26826haldende, als er sî hîz.
26827Dô gîng en ouch ab der genîz
26828des roubis und ouch andir nutz,
26829dâvon sî hatten undirschutz
26830der lîbnar von den heiden
26831ûf den burgen beiden
26832Cristmemil unde Memilburc.
26833Des mûst ir einez abeschurc
26834nemen, want dî kost zu grôz
26835den brûdern was, der sî vordrôz
26836sô ledeclîch zu tragen
26837bin den vriddistagen
26838ûf den hûsirn bêdirsît.
26839Sus man Crismemel in der zît
26840lîz vil schedelîch zugân
26841und Memilburc bleib stân.
— — —

[Dusb. suppl. cap. 4.]

26842Dirre burc stôrunge
26843mit vorbezêchenunge
26844was vorbewîsit wol ein jâr

--- S. 614 ---

26845in sulchir wîs wol offenbâr:
26846in einre demerunge geschach,
26847dâ man ûfgên dî sternen sach,
26848an einer âbentstunden,
26849daz drî brûdre stûnden
26850ûf dem mûshûse1 zu Crismemil
26851und irsâhen an dem himil
26852183 a    sô hin ûf daz norden,
26853daz sînes loufes orden
26854und sînen nâtûrlîchen ganc
26855ein stern liez und nam den swanc
26856in vil snellir île vart
26857zurucke kên dem ôsten wart
26858wol bî hundirt schricken wît.
26859Dâ bestûnt er in der zît
26860nicht wandirnde noch her noch dar.
26861Des sternen lange wîle war
26862die brûdre nâmen in der stunt;
26863îdoch er umbewegit stûnt
26864an der stat, dî er vînc,
26865unz ir iclîch dannen gînc
26866vordrozzen der beitunge. —
— — —

[Dusb. suppl. cap. 5.]

26867Ouch vor ein ertbibunge2
26868des selbin jâris dâ geschach,
26869dô man Crismemil abbrach,
26870der ôt entsaben wart aldâ
26871und nindirt andirswâ.
26872Sô grôz was daz ertbibben dô,
26873welch gebûde dâ was hô,
26874daz wart alsô geregit
26875und wankinde bewegit,
26876daz alle, dî darûffe wârn,
26877sich mochten vallis kuim bewârn.
— — —

[Dusb. suppl. cap. 6.]

26878In den selben zîten
26879sach man von Prûzin rîten
26880sechzic brûdre sô hin dan
26881kên Garten und drîtûsent man;
26882und dô sî quâmen vor daz lant,
26883und in wêrlîch wart bekant,
26884daz dî burc gewarnet was,
26885der hergrêve dô ûzlas
26886vîrhundirt man, als im gerît
26887der brûdre sin, dî daz gebît
26888zu Gartin ubbirranten,
26889dâ roubten unde branten.
26890185 b    Und dô sî daz geherten,
26891vil snel sî widdirkêrten,
26892dâ sî daz her hatten gelân.
26893Des andren tagis dâ wol wân
26894dî Littouwen hâten,
26895daz dî brûdre gâten
26896widdir heim kên lande,
26897und sich iclîch wande
26898an sîn arbeit sundir vâr;
26899dô sprengete daz her ouch gar
26900in daz vorgesprochne lant,
26901des von in wart ubirrant,
26902slânde zu der wîle
26903unde hernde wol sechs mîle.
26904Und dô sî dannen karten,
26905der edilsten von Garten
26906ein teil sich zûzin nâmen
26907und mit in danne quâmen
26908mit kinden unde wîben.
26909Bî vîrundachzic lîben
26910was ir, dî in volgten dan,
26911dî man sint sach den touf entpfân.
— — —

[Dusb. suppl. cap. 7.]

26912Ouch in den selben zîten
26913dî brûdre zu Ragnîten
26914wol mit achzic mannen
26915hûben sich hin dannen
26916durch gelucke ûf den stîc
26917kên der burc zu Putenîc,
26918darûf des andirn tages vur
26919wârn zu werlîcher kur
26920und zu beschirmis vrumen
26921zweihundirt man sô kumen
26922von Littouwen gesten,
26923darabe nicht entwesten
26924dî brûdre noch ire schar.
26925Des volzugen sî unz dar
26926und des morgens, dô der tac
26927ûfbrach und dî diet dennoch lac
26928183 c    in vil sûzis slâfis sûs,
26929dô platzten sî ouch in daz hûs
26930zu Putenîken tougentlîch
26931und wacten manchin bitterlîch,
26932der dennoch vil samfte slief;
26933want waz nicht irre hant intlief,
26934iz wêre kint, wîb odir man,

--- S. 615 ---

26935daz sach man sî vil gar irslân.
26936Dô sî daz volanten,
26937daz hackilwerc sî branten
26938und sich dannen wanten.
— — —

[Dusb. suppl. cap. 8.]

26939Darnâch kurzlîch, als irgân
26940diz was, abir ir man
26941dî von Ragnîten nâmen
26942und hin ken Oukayn quâmen,
26943dô ir reise sô gerît,
26944daz sî bî slâfender dît
26945daz vurburge irstigen
26946unde dennoch vunden ligen
26947Littouwen ûf den betten gnûc,
26948dî ir swert vil gar irslûc;
26949und alliz, daz drinne was,
26950vil cleine des icht genas,
26951iz wêre man, wîb odir kint;
26952swîn, schôf, zigen odir rint,
26953swaz entweich dem swerte,
26954daz vûer daz virzerte,
26955want sî branten in den grunt
26956daz vurburge zu der stunt.
26957Vîr man sach man den lîb ôt nern,
26958dî ûf der rechten burc dô wêrn. —
— — —

[Dusb. suppl. cap. 9.]

Wî Medewagen sich begab,
26959In unsirs hêrren jâren
26960dô der vorgangen wâren
26961tûsent und drîhundirt
26962ouch zwênzic drûf gesundirt,
26963unde in dem nûnden darnâch      [1329
26964in Prûzenlant man kumen sach
26965183 d    von Lutzelburc grêven Jôhanne
26966und kunic zu Bêmen; sîner manne
26967gnûc mit im quâmen in dem zil
26968und andre hêrren1 vil
26969zu ûbende2 dâ gotis werc,
26970als der herzoge von Valkenberc
26971und dî grêven von Lîningen,
26972von Nûwenâr und von Otingen,
26973von Hôenlôch und von Wilnow,
26974von Wirzeburc und von Hanow,
26975von Schowenberc, von Valkenstein.3
26976Mit disen herren ouch gemein
26977quam der von Kerpen, von Gerâ,
26978von Rôtenstein, von Damescâ.
26979Ouch sach man dâmitte sîn
26980den burgrêven von Donîn
26981und darzû manchin ediln dein
26982von dûtschen landen manchirwein
26983von rittern und von knechten,
26984dî alle wolden vechten
26985widdir dî Littouwen
26986zu lobe unsir vrouwen.
26987Und dô dî hêrren vorgenant
26988kumen wârn in Prûzenlant,
26989dô lût meister Wernhêr
26990zusamen ouch daz sîne her,
26991daz wârn achzêntûsent man
26992ân dî zu vûze pflâgen gân;
26993dâmitte wârn gesundirt
26994brûdre wol drithalbhundirt.
26995Mit al dem volke zôch er hin
26996kên Littouwen ûf den sin,
26997daz er sî wolde swechen
26998und Cristum an in rechen,
26999des namen und des crûze
1) Peters des Suchenwirt Ehrenrede auf den östreichischen Ritter Friedrich von Chrevzpeck (d. i. Krebsbach) ed. Primisser. 45. (XIV) erzählt von diesem, dass er zweimal in Preussen gewesen sei; zuerst V. 123 ff. nach italienischen Kämpfen des J. 1326: ›Darnâch sô fûr der werde man | von Pehem mit dem kunig Jôhan | gên Preuzzen in der haiden lant; | di ersten vest, di man berant, | dô rittert er vil manigen vor; | er was der êrst an daz tor. | Der christen hertz di manheit lött, | daz man di haiden des ernöt | mit sturmes chraft, mit haufen | daz sich do liezzen taufen | wol fünf tau­sent haiden. | Si wurden auch geschaiden | von sechs vesten, als ich hab | vernom, di man in sturmet ab. | Man was untz auf den ayleften tag | in dem lant, als ich ew sag.‹ — Darauf zieht er nach Tours in Frankreich zu einem Turniere des Königs Johann von Böhmen mit dem Herzog von Bretagne. — Trotz einiger Abweichungen in den Zahlenangaben (der Canon. Samb. o. S. 287 lässt 4 Burgen ver­brannt, die fünfte zerstört, Dusburg 6000 Littauer getauft werden) ist die Identität der Heereszüge nicht zu verkennen). Am 20. Januar verliess Johann Königsberg (C. S. o. S. 287); am 1. Februar wurde Mede­wagen zu belagern begonnen, am 2. Februar war es schon erobert und wurden die Littauer getauft.    2) Infinitiv in niederdeutscher Form.    3) 1329 lebten von diesem Geschlechte nur noch zwei Brüder, Otto, Domherr von Hildesheim und Magdeburg, und der letzte Graf, Burchard († gegen 1334), der um 1319 aus dem geistlichen in den weltlichen Stand zurückgekehrt war; vgl. A. F. H. Schaumann, Geschichte der Grafen von Val­kenstein am Harze bis zu deren Ausgange 1332. Berlin 1847. S. 100 ff.; L. v. Ledebur, die Grafen von Valkenstein am Harze und ihre Stammgenossen. Berlin 1847. Stammtafel I. —

--- S. 616 ---

27000sî haben zu gehûze1
27001virvolginde dî cristen.
27002Nû quâmen in den vristen
27003184 a    dî hêrren mit dem meister sâ
27004kên Littouwen und aldâ
27005eine burc belâgen,
27006dî hiez Medewagen.
27007An unsir vrowen âbint,
27008sô wir dî hôchzît habint,      [1. Februar
27009dî lîchtmesse ist genant,
27010wart dî selbe burc berant
27011und gesturmet vil hart.
27012Sô lange daz getribben wart,
27013unz darûffe dî burcdît
27014sich zu erwern trûwete nit.
27015Des rîfen sî dô alle
27016mit eime gemeinen schalle,
27017sî wolden gerne toufen sich
27018unde leben cristenlîch,
27019ob man sie wolde leben lân
27020und zu der cristenheit entpfân.
27021Dî rede wûc der meister dô2
27022und dî brûdre vil unhô,
27023want sî wol kanten iren mût,
27024daz sî mit nichte blibben gût
27025mit getwange sô bekart;
27026want den wulf von siner art
27027man selden mac gezemen,
27028er enwol ie nemen,
27029bîzen unde zucken
27030nâch sînen alden tucken,
27031ob er sîn dî state hât
27032und vrî in dem walde gât.
27033Doch sprach der kunic von Bêmin,
27034man sold sî nicht vorvêmin,
27035sundir des toufis sî gewern,
27036alse man sî hôrte gern;
27037daz dûch in billîch unde recht.
27038Dô volgete der meister slecht
27039dem kunge und den andirn hêrn,
27040184 b    dî darûf gevallen wêrn,
27041man solde sî gote koufen,
27042und liez sî dâ toufen,
27043von mannen, kinden, wîben
27044wol bî sechstûsent lîben,
27045dî ouch dâ gîsle satzten
27046und mit eiden bevatzten,
27047sî wolden vurbaz ebin
27048cristenlîchen lebin.
27049Doch nicht uber lanc darnâch
27050den geloubin man sî sach
27051vorwerfen cristenlîcher ê
27052und blîben abir wolf als ê. —
Wî Colmenlant wart gehert.

[Dusb. suppl. cap. 10.]

27053Bin der zît und ûf den tac      [1329 1. Febr.
27054als man dirre dinge pflac
27055dort mit den Littouwen,
27056dô liez der kunic schouwen
27057von Polênen, der Loket,
27058sîne valscheit, want er tet
27059widdir sînes mundis eit
27060und sîner brîve sicherheit,
27061dî er ê dem meistre wac
27062durch vriddis vest ûf einen tac,
27063als den machte zwischen in
27064der kunic von Bêmn ûf gûtin sin.
27065Diz alliz wart von im zutrant,
27066want er zôg in Colmenlant
27067mit sechstûsent wêpenêrn
27068und pflac darinne hern
27069vîentlîch nâch sînre macht
27070wol vumf tage und vumf nacht
27071mit roube und mit brande,
27072unde sich dô dannen wande.
27073Nû merket ebin und sêt,
27074wî lestirlîchen dô tet
27075Loket der valsche vurste
27076in neklîcher turste.
27077Ein slecht herzoge was er vor;
27078184 c    nû hatte nûlîch in enpor
27079gerukt an hôer wirdekeit
27080des pâbstis vorbesichtekeit
27081und einen kunig in gemacht,
27082daz er nâch aller sîner macht
27083der kirchen und den cristen
27084sold in kumftigen vristen
27085und des gelouben sîn ein schirm
27086widdir allin ungehirm
27087und ein getrûwe vorvechtêr.
27088Nû was er ir ein êchtêr
27089unde pflac dî neisen
27090in vîentlîchen vreisen,
27091dî beide lîb unde gût
27092wâgen gîzende ir blût,

--- S. 617 ---

27093ûf daz sî den gelouben
27094beschirmen und betouben
27095des tûvils heidenische her,
27096dî den cristen sîn gevêr;
27097und daz daz ergeste was daran,
27098dî wîle der meister was hin dan
27099mit dem kunge gevarn
27100von Bêmen und ûbende wârn
27101in strîte kên den heiden sich
27102durch gote dêswâr inneclîch,
27103dâ volbrôcht er dî bôsheit,
27104als ûch ist dâ vor geseit1.
Wî Wischgrod wart vorbrant.

[Dusb. suppl. cap. 12.]

27105Als in deutronomiô2
27106got unsir hêrre sprêche sô:
27107›Mîn ist dî râche,‹ er dâ quît,
27108›und ich in widdirgelt in zît,‹
27109doch larte Mathatias
27110der ein wârer minnêr was
27111gotes und der gotis ê,
27112dô im zûgînc des tôdis wê,
27113sîne sune, dî er sach
27114bederbt mit vînden, unde sprach:
27115184 d    ›Bedenkit ûwerre vetre werc,
27116›dî sî tâten sundir geberc
27117›in ires lebins zîten
27118›an tugenthaften strîten;
27119›und um der vetre erbe
27120›stêt in strîte bederbe;
27121›sô nemit ir grôz achberkeit
27122›und eines namen êwicheit!
27123›Andit sundir schande
27124›ûwirs volkis ande
27125›mit strîtlîchen handen
27126›an ûwirn vîanden!
27127›Ein widdirgelt in geldit slecht
27128›und vorvechtit ûwir recht
27129›und ouch ûwir leben,
27130›ûf daz ir nicht beneben
27131›von ûwirn erbin wert zustôrt!‹
27132Dirre gûten lêre wort
27133und der noch vil vorgît dî schrift,
27134nâmen in des herzen grift
27135der meister und dî brûdre dô
27136und berîten sich alsô,
27137daz sî wolden Prûzenlant,
27138daz ê was ûz der heiden hant
27139mit unzellîcher kost entnumen
27140und an dî cristenheit sô kumen,
27141beschirmen menlîch unde wern
27142und den gelouben drinne nern,
27143der dô in lustiger vrûte
27144mit manchis ediln mannis blûte
27145gepflanzit wol becliben stûnt
27146vruchbernde gote zu der stunt,
27147vor kunge Lokete,
27148der des begunst dort hête,
27149daz er lant und gelouben
27150wolde gar betouben
27151und dî brûdre stôren dan,
27152dî den gelouben dâ vorstân.
27153185 a    Des samente darnâch ein her
27154der meister ouch mit starker wer
27155und sante daz ûf andirsît
27156der Wîzlen kên der somirzît
27157in ein des kuniges gegenôt,
27158dâ lag ein hûs, hîz Wischegrot3.
27159Dî burc bewonten in dem zil
27160ubiltêtiger lûte vil,
27161dî mit grôzen ungevûgen
27162beroubten, vîngen unde slûgen
27163der brûdre lûte, swer sî wârn,
27164dî zu schiffe solden varn
27165dî Wîzle niddir odir ûf.
27166Diz triben sî in stolzir gûf
27167manche zît und manic jâr
27168und wârn ein ubirlast vil swâr
27169von Prûzenlant den lûten,
27170der sî vil pflâgin bûten
27171sich trîgende ûf den Loket,
27172sî solden von im wol geret
27173werden ûf der vesten,
27174dî nû von den gesten,
27175von der brûdre here wart

--- S. 618 ---

27176belegen und gesturmet hart
27177mit blîden und mit tumelern.
27178Diz sach man wol drî tage wern,
27179daz dô îtil bleib ir mû;
27180des vîrden tages trat ouch zû
27181der brûdre her dem hûse
27182mit vrechis sturmis prûse
27183vaste den berg ûfstîgende,
27184dâwiddir jene crîgende
27185wurfen unde schuzzen
27186und irre wer genuzzen,
27187sô sî beste mochten adir kundin.
27188Zu jungist doch begundin
27189dî brûdre legen vûer an,
27190dâvon ouch dî burg enpran.
27191185 b    Daz vûer wûchs sô lange,
27192unz in wart sô bange,
27193dî in der burc inbinnen wârn,
27194daz sî alle wer vorbârn
27195und vîlen ûf dî planken.
27196Dô wart ir hôchvart cranken;
27197want wer intrinnen wold der brunst,
27198der wart dâ bûzen mit ungunst
27199entpfangen in vil manic sper,
27200dî in des lebins machten lêr.
27201Swen man dâ nam gevangen,
27202den was iz wol irgangen,
27203der îdoch kûm achte was.
27204Der andern dikeinre genas;
27205noch al des hûses habe
27206quam nie nicht her abe,
27207iz vorbrante allentsam,
27208want iz dem vûere gezam,
27209mit der burc unz in den mist.
27210Sus Wischegrod zustôrit ist.
27211An dem mântage diz geschach,      [29. Mai?
27212als man dî crûzen tragen sach.
27213Ouch bleib al dâ vor Wischegrod
27214von Bondorf brûder Heinrîch tôt,
27215des grab zun clôstirvrouwen
27216zu Colmen mac man schouwen.
— — —

[Dusb. suppl. cap. 13.]

27217Des selbin sumirs wart gesant      [1329
27218ein andir her ûz Prûzenlant
27219sô hin kên Brist in daz gebît;
27220dî des dô vormiden nit,
27221sin machten iz al um dî stat
27222mit brande und mit roube mat.
27223Und dô diz was irgangen dâ,
27224vor eine burc sî vîlen dâ
27225und wolden dî gewinnen.
27226Und dô des dâ inbinnen
27227entsûben dî burclûte,
27228sî wolden ire hûte
27229185 c    behalden ganz; hîvon sî abe
27230dingten lîb und ouch ir habe
27231und ouch zugen alsô dan.
27232Dî burc den brûdern bleib dâ stân.
27233Darnâch daz selbe her vurbaz
27234vûr in dem lande und ummesaz
27235drî andir burge, dî man ouch
27236mit sturme snel dânidder zouch
27237und in asche wante.
27238Des lebens man ouch blante
27239alliz, daz darûffe lac,
27240want iz dûbe1 und roubis pflac
27241und was ôt ein volc unrein.
27242Der selbin burge hîz dô ein
27243Nakel, dî daz her gewan,
27244darûffe sô was houbitman
27245ein ritter, der hiez Heinrîch
27246unde hatte ie gevlizzen sich,
27247daz er sich roubis nerte
27248und ouch darûf kêrte
27249alle sîne macht sô gar,
27250daz er nîmandis wolde war
27251mit schônunge nemen.
27252Er liez im gar gezemen
27253pfaffin, leien ebin,
27254begebin und unbegebin;
27255dî armen zu den rîchen
27256pflag er bitterlîchen
27257schinden und betrûben
27258und jâmir an in ûben.
27259Den selbin dâ dî brûdre
27260vîngen in dem lûdre;
27261und dâ man vrâgin in began,
27262warumme er sô vil getân
27263hette sulchir ubiltât,
27264dô sprach er: ›Nîman widdirtrat
27265›mir des mit strâfunge
27266›noch ouch mit zuchtigunge.‹
27267185 d    Alsus vil lastirs dâ gebirt
27268vrîheit, wâ man dî zucht vorbirt. —
— — —

--- S. 619 ---

[Dusb. suppl. cap. 14.]

27269Dô unsirs hêrren jâr vorvarn
27270tûsent drîhundirt drîzic wârn,      [1330
27271dô quâmen dî grêven in Prûzenlant
27272von der Mark und von Vîant;
27273zu den hatte gesellit sich
27274des grêven brûdir von Julich
27275und darzû manich edil dein
27276von dûtschin landen manchirwein
27277von rittern unde knechten,
27278dî dô begerten vechten
27279mit heiden und dî neisen.
27280Mit den liez dô reisen
27281der meister hundirt brûdir sân
27282und darzû drîtûsent man,
27283dî alle pflâgen rîten.
27284Diz her er in den zîten
27285sich kên Littowen wenden hîz
27286in ein gebît, daz Waiken hîz.
27287Und dô sî darîn quâmen,
27288an wârheit sî vornâmen,
27289daz gewarnet was dî dît.
27290Des branten sî ôt daz gebît
27291und slûgen vihes gnûc;
27292lûte man dâ wênic slûc,
27293kûme bî vumfzên mannen;
27294ouch roubis lutzil dannen
27295man brâchte, want mit vlouge
27296sich in der welde touge
27297hatte gemacht hin abe
27298dî dît mit irre habe.
27299Diz was nâch sente Agnêten tac,      [1330 nach 21. Jan.
27300daz man dirre reise pflac.
— — —

[Dusb. suppl. c. 15.]

27301In den selbin zîten
27302dî brûdre von Ragnîten
27303ir undirsezzen nâmen
27304und in Littowen quâmen
27305186 a    vor Gedeminnenburc sô hin,
27306dâ ouch volgîng ires willen sin,
27307want sî des nachtis slichen
27308hin sô heimelîchen;
27309und dâ sich oigintte der tac
27310und al daz volc slâfende lac,
27311dô nâmen sî dî schurge
27312der vâr in daz vorburge
27313und legten vûer an,
27314dâvon ouch alliz daz vorbran,
27315daz was inbinnen
27316der vorburc Gedeminnen;
27317man, wîb, habe, darzû vî
27318man dâ gar vorburnen lî,
27319und daz dî red ich kurze,
27320den leffil und dî sturze1
27321mochte man gepulvert schouwen;
27322sunder zwelf Littouwen
27323bliben unvorbrunnen,
27324dî ûf dî burc entrunnen.
Wî Rîge wart gebrochen.

[Dusb. suppl. cap. 16.]

27325Ouch in des selbin jâris vart      [1330
27326Rîge dî stat betwungen wart
27327ûf dî ôstirlîche zît      [8. April
27328und der alden vêde nît,
27329der ê gewert sô lange
27330hatte in orloiges prange
27331und in mortlîchem crîge
27332zwischen den von Rîge
27333und den brûdern von Lîflant,
27334dî dî Dûtschin sîn genant,
27335daz nîman des enwânde,
27336daz des zornis ande
27337immer dirsturbe zwischen in,
27338der wart nû gar gelegit hin
27339entwurzelt und enterbit
27340unde gar irsterbit
27341und gewant in vridis rû.
27342186 b    In sulchir wîse gînc daz zû:
27343von [Monheim] brûdir Ebirhart
27344der lantmeister hatte hart
27345dî stat vorsatzt alumme gar.
27346Dô daz vil nâch gewert ein jâr,
27347dâ begunde der lîbnar
27348in der stat gebrechen.
27349Des wart daz povil2 zechen
27350ûf krîg und sich ûfbrechen
27351kên den obirsten der stat,
27352an den beleggen was der rât,
27353daz sî dô Rîge wîlden
27354und daz urloug ûfhîlden,
27355und wart in sô gevêr,
27356daz sî in kundin hin noch her

--- S. 620 ---

27357irme zorn entrinnen.
27358Alsus sî beide binnen
27359und ouch buizen gedrungen
27360mûsten gar betwungen
27361zu vristene daz leben
27362dem meistre sich irgeben
27363antwortende in sîne hant,
27364den ich habe dâ vor genant,
27365lîb und gût, stat unde recht
27366und alle ir handvesten slecht,
27367daz dâmitte werben er
27368mochte gar nâch sînre ger.
27369Und dâ diz alsus was bericht,
27370dennoch wold der meister nicht
27371in dî stat getreten,
27372unz dî burger hêten
27373an der stat der mûre cranc
27374gebrochen drîzic clafter lanc
27375von oben niddir ûf dî grunt.
27376Dâmitte man ouch in der stunt
27377ebin vulte dî grabin;
27378und dô des hatte entsabin
27379in der stat zu Rîge ein wîb,
27380186 c    ›Ô wê, ô wê, wî groben lîb‹
27381jach sî, ›mûz dirre meister hân,
27382›daz er herîn nicht kumen kan
27383›weddir durch pforte noch durch tor,
27384›als ander lûte tâten vor,
27385›und man im mûz in dirre zît
27386›den înganc machin alsô wît.‹
27387In des selbin jâres vrist
27388darnâch dî sunne leit gebrist
27389in dem heumânde sô man list,
27390daz der oust kumftig ist
27391unde pflît sich wenden
27392in sibenzên kalenden;      [1330 16. Juli
27393an des tagis sechzênder stunt
27394wart dirre gebreche kunt.
— — —

[Dusb. suppl. cap. 17.]

27395Darnâch dô der herbist quam,      [1330
27396kunic Loket an sich nam
27397als sînes rîches rîten,
27398dî er in den zîten
27399zusamne mochte bringen.
27400Darzû sach man bedingen
27401in ûf solt strîtêre vil;
27402sô sant im daz selbe zil
27403der Ungarn kunic durch helfe ger
27404wol achttûsent wêpenêr
27405sîner undersezzen.
27406Mit dem here vormezzen
27407zôg er dô gewaldeclîch
27408in Colmenlant und legte sich
27409vor dî vesten, burg und stat,
27410dî beidersît den namen hât,
27411daz man sî nennet Schônensê;
27412doch intet er ir nicht wê
27413mit dikeinis sturmis schûr,
27414sundir dannen vurbaz vûr
27415vur dî burc zu der Lîpen;
27416dî pflag er an dô kîpen;
27417doch ungemûhet er sî lîz.
27418186 d    Ein teil des heres er ôt hîz
27419daz lant alumme runnen,
27420rouben unde brunnen;
27421und dô er daz nâch allir macht
27422getreib nûn tage und nûn nacht
27423und dem here kost gebrast,
27424dô wart alêrist der leide gast
27425von Polênen kunic Loket
27426mit teidingen ubirret,
27427daz er ûz Colmenlande
27428widdir heim sich wande.
— — —

[Dusb. suppl. cap. 18.]

27429In dem selbin here
27430was ein grêve mêre,
27431meister Wilhelm genant,
27432kumen her von Ungirlant
27433und was der Ungern houbtman,
27434dî mit im gesant her dan
27435wârn dem kunge vorgeseit.
27436Dem irschein dî edele meit
27437Marîa unsir vrouwe
27438in einis troumis schouwe
27439in Colmenlande, dâ er lac
27440und ûf sîme bette pflac
27441slâfende der nachtrû,
27442im sprechende zornlîchen zû
27443alsus mit worten herbe:
27444›Wes wûstis dû mîn erbe
27445›mit dînes volkis lûte,
27446›daz mir mit reinem blûte
27447›manchis cristen vor der vrist
27448›gekouft und gepflanzit ist?
27449›Dû enzîhes hinnen sân,
27450›sô wizze daz sunder wân,

--- S. 621 ---

27451›daz kurzlîch mit grôzir nôt
27452›dîn leben nimmet bôsen tôt!‹
— — —

[Dusb. suppl. cap. 19.]

27453Dî wîle dise Ungern hî,
27454als ich dâ vor wizzen lî,
27455in Colmenlande pflâgen hern,
27456187 a    dô sâch man dort den kunic kêrn
27457von Ungern mit heres craft
27458ûf einen kunic1, der im gehaft
27459solde sîn mit dienste zû
27460und dâwidir strebete nû.
27461Den wolde er betwingen
27462und in gehôrsam bringen.
27463Nû mûsten zîn dî Ungerin dô
27464ob ein gebirge, daz was hô,
27465vil enge wege in daz lant,
27466daz dem kunge was benant,
27467want dâ enwas kein ummestîc.
27468Und dâ dî Ungern sus ûf krîc
27469in daz rîch wâren kumen
27470und schûfen iren vrumen
27471hernde beide her und dar,
27472dâ nâmen ouch des iren war
27473al dâ dî lantgebûre;
27474want dî wâren sûre.
27475Sî vlûn ûf daz gebirge
27476mit al irme gespirge2
27477und, waz sî zu den stunden
27478grôzir boume vunden
27479bî den wegen her und dar,
27480dî durchsnitten sî gar
27481mit sâgen al durch den kern.
27482Darnâch dô dî Ungeren gern
27483wurden heim kein lande wart
27484und quâmen ûf der berge vart
27485und dô iz dî gebûre zît
27486dûchte sîn, ûf beidir sît
27487der wege sî dî boume al
27488wegeten; in vreislîchem val
27489einre ie den andirn slûc
27490und ûf daz volc mit valle wûc,
27491sô daz der Ungern her sô grôz
27492sîner wer dô nicht genôz;
27493iz wurde meist irslagen tôt.
27494187 b    Alsus rach unser hêrre got
27495an dem von Ungeren dî nôt,
27496dî er unbillîch irbôt
27497sînre mûter lande,
27498dâ er sîn volc hin sande,
27499daz sî iz gar vorterbeten
27500und darîn enterbeten
27501dî dûtschen brûdre, dî den mût
27502hân, daz sî lîb unde gût
27503wâgen in allen vristen
27504durch den beschirm der cristen
27505kegen den Littouwen
27506zu lobe der juncvrouwen,
27507dî lûtir als ein glas gebar
27508Cristum, dî wâre sunne clâr.
Von meister Wernhêrs tôde.

[Dusb. suppl. cap. 20.]

27509Ô wê, ô wê ô wê und ach!
27510Des selbin jâris daz geschach
27511an sente Elizabeth âbent,      [1330 18. Novbr.
27512den wir ûf den winter habent3,
27513daz ein brûder, der Jôhan
27514was genant und sô her dan
27515ûz Sachsen von Eindorf geborn,
27516lîz sich sîner erge dorn
27517und ouch den tûvel schunden
27518zu sô vormeinten sunden,
27519daz er, inweiz nicht durch waz,
27520sînes heiles gar vorgaz,
27521recht als ein mensche sunder sin
27522vorwerfende zumâle hin
27523lîb, sêlekeit und êre,
27524und brûder Wernhêre
27525von Orsele zu tôde stach,
27526den man hômeister wesen sach
27527ob dem dûtschen orden;
27528den sach man in morden
27529zwischen sînen knechten al.
27530Zu Merginburc geschach der val
27531187 c    in dem crûzegange,
27532dâ er nâch dem gesange
27533der vesper ûz der kirchen trat
27534und irstarb ouch an der stat.
27535Darnâch man in sô hin hûb

--- S. 622 ---

27536zu Mergenwerder und begrûb.
27537Got lâze des tôdis pîn
27538stên vor alle dî sunde sîn!
27539Ouch man den morder aldâ vînc
27540und ein recht mit im begînc.
27541Eiâ, Jôhan, eiâ, Jôhan,
27542sich ebin, waz dû hâst getân!
27543Dû hâst den namen dîn vorsturzt
27544und an wirdekeit vorkurzt,
27545want Jôhannes quît sô vil,
27546sô man den namen dûten wil,
27547als: »in deme gnâde ist.«
27548Dêswâr der was an dir gebrist,
27549dô der von dînen henden starb,
27550der ie genêdiclîchen warb
27551mit dir in rechtir dêmût
27552und was kên allin lûten gût.
27553O wê, Jôhan, ô wê, Jôhan,
27554dû hâst vil ubele getân!
27555Kain slûc den brûdir sîn;
27556noch grôzir ist dî schulde dîn,
27557want dû irmortis gatir1
27558brûdir unde vatir,
27559dô dû den meistir sluge,
27560mit dem dû glîche truge
27561eines ordenes abît.
27562Zu brûdre gab dich im dit;
27563darubir er dîn vatir was,
27564sint̄ man zu meistre in irlas.
27565Ach, Jôhan, ach, Jôhan,
27566dû hâst lastir grôz begân!
27567Herôdes hîz bî sînen jârn
27568tôten sînes selbis barn;
27569187 d    bôse gnûc was dî geschicht
27570und doch dirre glîche nicht
27571an erclîcher missetât;
27572want gewalt der vatir hât
27573zu kastîgen den son vil wol;
27574abir der son den vatir sol
27575êren und vor ougen hân.
27576Jôhan, des hâstû nicht getân;
27577des bistû kumen in den ban,
27578daz ich dich mûz gemeinen
27579unde dem unreinen!
27580Nû helfit alle weinen
27581disen reinen vursten gût,
27582der âne schult sus gôz sîn blût! —
Wî Polênen wart gehert.
27583187 d    Dô Cristî jâr mit zal irschein2
27584tûsent drîhundirt drîzic ein,      [1331
27585dô was der winter alsô lâ,
27586daz sî wedir hî noch dâ
27587wege mochten vinden
27588zu den gotis vînden.
27589Des sach man dâ betrûbit sîn
27590dî brûdir unde pilgerîn,
27591daz sî nicht mochten reisen
27592noch dî Littouwen neisen.
27593Abir alsô Job dâ spricht3,
27594daz got lêt ûf erdin nicht
27595âne sache geschên,
27596daz mochte man vil wol dâ spên,
27597want daz vor schaden man vorslûc,
27598vil grôzen vromen daz întrûc,
27599daz sich alsus bewêret tet.
27600Iz hatte kunic Loket
27601grôzir menige heiden
27602in der zît bescheiden
27603ûf den sin, daz er mit in
27604kein Prûzen wolde reisen hin
27605und vorterben gar daz lant.
27606188 a    Daz sus von gote wart irwant:
27607want dô dî Littouwen
27608quâmen unde schouwen
27609begonden sô cranc sîn daz îs,
27610daz sî immochten keine wîs
27611der brûdre lant ankumen,
27612sî wolden âne vrumen
27613nicht kêren heim kên lande wart,
27614sundir machten ire vart
27615in kunc Loketis rîche
27616ûf nemende dâ glîche
27617alliz, daz in widir quam,
27618daz zu nutze in gezam.
27619Darubbir in den vristen
27620sî manch tûsent cristen
27621gevangen mit in triben,
27622dî ewic eigin bliben.

--- S. 623 ---

27623Sus in dî grûbe, dî er grûb,
27624der Loket vallis selb entsûb.
Von der kur meistir Ludêris von Brunswîc.
27625Ouch in des jâris jage      [1331
27626sô hin nâch dem aschtage      [nach 14. Febr.
27627dî wîsen gebîtêre
27628und manch brûdir gewêre
27629dort von Alemaniâ
27630unde von Lîflande sâ
27631in dem houbthûse quâmen
27632zu Mergenburc zusamen
27633mit den von Prûzenlande,
27634alse sie besande
27635der brûdir, der dô was gesat
27636zu haldene des meistirs stat,
27637und in bescheiden hatte vur,
27638daz sî volbrêchten dî kur
27639ûf einen hômeister,
27640der dâ wêr ein reister
27641obir dem dûtschen orden.
27642Zu râte sî dâ worden,
27643188 b    daz sî gar eintrechticlîch
27644sundir allen widerswich
27645welten an dî êre
27646brûdre Lûdêre,
27647der an geburt des stammis zwîc
27648was der herzogen von Brûnswîc.
27649Sus von des ordens anbegin
27650den vumfzênden hômeistir in
27651man mit zal dô nande
27652und in Prûzenlande
27653der einundzwênzigste er was,
27654dem man meistirs nam ûz las.
27655Dî meistirschaft hilt er in pflâge
27656vîr jâr, sechs wochen und drî tage.1
27657Dirre hômeistir Lûdêr      [1335 18. April
27658alle sînes vlîzes ger
27659zu gotis dînste kêrte
27660und daz sêre mêrte,
27661hôrte unde zîrte
27662und mit zîrheit wirte
27663an allirhande vlâte
27664mit bûchen und ornâte —
27665und wes sâ was behûf
27666zu gotis lobe, er daz schûf.
27667Er legte êrst den vullemunt
27668zu Mergenburc, dâ sint der stunt
27669dî capelle wart ûf gesat,
27670dî nû in schôner zîrde stât
27671ûf der burc dâ obe
27672in aller heiligen lobe.
27673Ouch satzte er vil sêleclîch,
27674daz man solde tegelîch
27675gote zu lobis renten
27676in des ordins coventen
27677eine vrûmesse halden î
27678unde ouch ordenlîche dî
27679singen mit den noten
27680einen tac vor dî tôten,
27681188 c    den andern von Marîen
27682der edeln wandils vrîen.
27683Des selbin jâris quam ein visch2      [1331
27684ûz der sê strîchende risch
27685durch daz hab in den Pregor,
27686der keiner gesehen dâ vor
27687was in Prûzenlande.
27688Der visch sich ûfwart wande
27689unz vor dî stat zu Kunigsbere.
1) Die preussische Chronik zu Wolfenbüttel schreibt dem Hochmeister Luther 4 Jahre 7 Wochen 3 Tage zu. Venator (Historischer Bericht vom Marianisch Teutschen Ritter-Orden. Nurnberg 1680. 4°.) S. 95 scheint die Stelle jenes Autors auf irgend eine Weise gekannt zu haben, versteht sie aber falsch, indem er Luther, statt am Dienstag »in der neunten Stunde, wie Christus selbst,« am Freitag sterben lässt. Nach der Grabschrift im Königsberger Dom (ein Theil der auf dem Grabmale liegenden Stein­figur ist abgebildet auf dem Titelkupfer zum Atlas von Gebser und Hagen, Gesch. d. Domkirche zu Königsberg und danach bei Vossberg, Gesch. der preussischen Münzen und Siegel. S. 56) bei Gebser und Hagen I, 123. II, 255 starb er am 18. April, da 1335 Ostern auf den 16. fiel, an einem Diens­tage. Die Angabe Jeroschins würde auf den 4. März 1331 als Tag der Wahl führen, die des Wolfen­büttler Annalisten auf den 25. Februar. Die Wahl geschah indess nach Wigand (falsch zu 1332) am Sonntage Invocavit, d. i. 1331 den 17. Februar (vgl. auch Töppen, Historiogr. S. 270); was mit Jero­schins ›nach dem aschtage‹, da Aschermittwoch der Mittwoch vor Invocavit ist, übereinstimmt. Man würde also für Luthers Regierungszeit 4 Jahre 9 Wochen 3 Tage erhalten. — Die erwähnte preu­ssische Chronik befindet sich im Cod. Guelferbyt. Augustea 7. 11. fol. und wird in einem der folgenden Bande abgedruckt werden.    2) Vgl. ebenda Cap. 19 zu 1330: ›Anno 1330 in fluvio Prigore circa pontem Königsbergh visum fuit cetus habens in longitudine 20 pedes. Aliud postea comparuit in fluvio Nogato habens longitudi­nem 12 pedum, quod captum fuit.‹ —

--- S. 624 ---

27690Dô sach man in sundir geberc
27691wol zwênzic vûze wesen lanc.
27692Darnâch nam er den ummeswanc,
27693dô er der brucken entsûb,
27694unde sich zurucke hûb
27695widder kên dem habe.
27696Des wart im hin abe
27697gevolgit und gelâgit vil
27698von gnûc lûten in dem zil,
27699daz îdoch lutzil vorvînc,
27700want er in allen gar intgînc.
27701Diz was des somirs um dî zît,
27702alse Barnabas gelît.      [11. Juni
27703Darnâch ein semelîcher
27704und disme wol ein glîcher
27705unde an forme gegate
27706wart in dem Nogate
27707besên, gevangen und geslagen
27708und kein Mergenburc getragen.
27709In dem selben sumere      [1331
27710ein michil getumere
27711hûb kein Polênen sich.
27712Der marschalc brûder Dîtherîch
27713von Aldenburc zusamne lût
27714eines michlen heris lût.
27715Dâmitte wârn gesundirt
27716brûdre wol zweihundirt.
27717Mit dem here sundir sparn
27718sach man in kein Polen varn
27719188 d    in Loketis des kungis lant
27720und gewan gar undirwant
27721aldâ wol achzên vesten
27722der snôden zu den besten,
27723dî man in sach vorswenden
27724unde in pulvir wenden,
27725unde quam dâ widdir.
27726Darnâch kurzlîch siddir
27727tet er eine reise dar
27728und gewan mit sîner schar,
27729dî er mit im hete,
27730burge, darzû stete,
27731wol zwênzig, als ich iz las,
27732und waz dâ dorfir was
27733gelegen umme dî vesten;
27734dî êrsten und dî lesten
27735dî branten sî gar abe,
27736und wî vil sî habe
27737triben unde trûgen dan,
27738nîman daz volachten kan1.

Das IVte Buch

ist an folgenden Stellen in das IIIte eingeschoben: Cap. 1—20 auf S. 316 f.; Cap. 21—29 auf S. 368 ff.; Cap. 30—36 auf S. 409 f.; Cap. 37—56 auf S. 480 f.; Cap. 57—70 auf S. 511 f.; Cap. 73—88 auf S. 550 f.; Cap. 89—125 auf S. 593 f.

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