eigengeborn
Part.-Adj.
‘in unfreiem Stand (in der Hörigkeit) geboren’
ab einer ein eygengeborn dinst [
servili natus conditione, vgl. von dinststande
ebd.] were StRAltenb
357
eigengewer, eigensgewer
stF.
‘eigener Besitz’
die vorgnand gulte haben wir in geben mit allem dem nuczz vnd mit dem reht,
als ez her Ott Zdendel in nucz vnd in aygen gewer her braht hat UrkEnns
6,154
(a. 1335);
daz ez [das Erbe] ir vater unde ir
muter haben braht in rehter eigensgewer [...] ane rehte
widersprache StRAugsb
139,32.
– in Abgrenzung zu anderen Formen des Gewahrsams:
swer stille gewer bringen wil an einem guͦt, der sol nennen welich gwer er
bringe, eigensgwer oder lehensgwer oder satzunggwer MGHConst
3:271,11
(a. 1281)
eigenguot
stN.
‘Eigengut, in Eigentum befindliches Gut’ (im Ggs. zum Lehengut):
diu recht, diu vnser [...] muter selig
[...] gegeben hat dem saltzsieden datz Halstat, daz si
[...] gepawet vnd gestift hat mit irm aigengut
UrkEnns
5,128
(a. 1314);
[der Geizige] kan niht dwingen sînen muot, / ern sterbe
bî sîm eigenguot / des hungers und des vrostes ouch WälGa
8090;
UrkCorp (WMU)
219,14
u.ö.
eigenhaft
Adj.
einen (Grund-)Besitz als eigen kennzeichnend (nur
bair.-österr.):
er kan vnd mag [...] schaffen vnd thuen mit leuth vnd
mit guett, wie er will in allem dem recht, sambt mit anderm seinen aigenhafften
erbguett UrkEnns
5,329
(a. 1322);
daz wir dem erbern herren maister Fridreichen [...]
gechauft haben einen weingarten vmb sein aygenhaftes guet UrkKlostern
1,211
(a. 1324 kopial);
ich [...] han verchauft meins aygenhaftes gutes
StiftStBernh
272.
– von Personen:
du [böser Sohn] seist verfluecht
und verswachet! / waz von dir chomen chan, / daz sey disen undertan / ewichleich
fuͤr aygenhaft Teichn
296,53
eigenheit
stF.
‘Eigenschaft, Eigenart’
die klain werlt ist der mensch, daruͤmb, daz er aller ding
aigenhait an im hat, die in der grozzen werlt sein KvMSph
20,19;
unser menschlich lîdnus / daz von natûre uns anevelt / was
ouch Christo zûgeselt / nâch der natûre eigenheit JvFrst
3275;
die gotes aigenhait, / daz er nur daz pesser tuͦt
Teichn
464,1868;
Minneb
617;
HvFritzlHl
171,34;
BdN
28,28
u.ö.
–
‘Eigensinn’
er [der Mensch] blibet
[...] uf sinen uswendigen angenomenen sinlichen wisen
mit eigenheit Tauler
184,21;
entwerdende aller eigenheit unde sinsheit ebd.
314,3.
314,8
eigenhof
stM.
→
eigen
Adj. 1.2.1.3
eigenholde
swM.
‘Dienstmann, Leibeigener’
umbe dîne swester ist mir von herzen leit. / die sihe ich
sitzen nâhen dem eigenholden dîn NibB
620,3;
eigenholde niht rîcher kunde wesen ebd.
803,3
eigenkeit
stF.
‘Eigenschaft, Eigenart’
Osee der besluzzet in kurze wort vollen sin, Johel der iz slecht an sim beginne
und vorborgin an dem ende [...], so hat er icliche sin
eigenkeit Cranc
Vorr. Kl. Proph. 303,8.
Vorr. Dan 271,5;
vnd also erchennt man manichualtige aigenchait [
proprietas
] der sel nach irr chuͤndung vnd nach irem wesen KvMSel
346;
der gallen aigenkait ist unstætichait, tobung, behendichait
BdN
28,28;
diu sunne hât fünfzehen aigenchait ebd.
58,18
u.ö.;
Parad
28,6
eigenkint
stN.
→
eigen
Adj. 1.2.1.3
eigenknëht
stM.
vgl. eigen Adj. 1.2.1.3.
‘leibeigener Knecht’
daz ich minem vetter [...] han ze chouffen geben
minen aigen chneht Ybann UrkCorp (WMU)
N424,3.
525,17;
ein hayden [...], der het ainen
aigen chneht der im liep waz PrOberalt
40,39.
40,12;
UrkBern
7,146
(a. 1345)
eigenlant
stN.
→
eigen
1.1.1
eigenlich
Adj., Adv.
adv. auch -lîchen.
1
‘eigen, als Eigentum’ , bezogen auf Formen der Verfügungsgewalt (vgl.
eigen Adj. 1 ) 1.1 über Eigentum/ Besitz 1.1.1 allg. 1.1.2 von Grundeigentum (im Gegensatz zu lêhenguot ; vgl.
eigenguot
,
eigengewer
) 1.1.3 von Land und Herrschaft 1.2 über Personen ‘jmds. Herrschaft/ Verfügungsgewalt unterstehend’
1.2.1 rechtsspr. ‘als/ wie ein Leibeigener’
1.2.2 oft im höfischen Minnediskurs 2
‘(jmdm.) eigen, eigentümlich’ (mit Übergang zu 3 ) 3 eine Eigenart, Besonderheit oder Unmittelbarkeit hervorhebend; in vielfältigen,
oft nicht scharf voneinander zu trennenden Bedeutungen, die nur z.T. in nhd.
‘eigentlich’ erhalten sind; i.d.R. adv. 3.1
‘treffend, auf angemessene Weise, dem Wesen von jmdm./etw. entsprechend’
3.1.1 Komp. ‘eher, richtiger’
3.1.2 superl. ‘am treffendsten, im ureigensten Sinne’
3.2
‘von sich aus’
3.3 bestätigend oder bekräftigend ‘deutlich, ausdrücklich’
3.4
‘eingehend, intensiv’
3.5
‘für sich, einzeln’
1
‘eigen, als Eigentum’, bezogen auf Formen der Verfügungsgewalt (vgl.
eigen Adj. 1)
1.1
über Eigentum/ Besitz
1.1.1
allg.:
unde sol auh der mezzer [die die Ware
abmessen] chainer mit sinem aigenlichen gute weder zwilch
noh linwat [...] im selber kauffen
StRAugsb
70,6;
unser einiu wil in [den Apfel im
Göttinnenstreit] hân, / der sol er eigenlichen sîn
KvWTroj
2149;
sô wolte er kamere / uns geben unde spîse / in eigenlicher wîse
KvWPart
18518.
– übertr.:
und sin [Gottes]
morgengabe rich / hab ich [Maria] enpfangen
eigenlich WernhMl
1454;
vier element in dîner
[Gottes] hant / sint eigenlîch betwungen
KLD:Kzl
2: 1,14.
– subst. ‘(individuell) Eigenes’
allez sal iz in [den Nonnen im Kloster]
gemeine sin, noch ir keine in sal nit eigenliches han BrEb
33
1.1.2
von Grundeigentum (im Gegensatz zu lêhenguot; vgl.
eigenguot
,
eigengewer
):
so ist der selbe gart vnser aigenlich als da vor UrkCorp (WMU)
2183,12;
mein aigenleich huͤb datz Velvwen ebd.
2108,39;
vnser hus vnd hofstat [...], da wir inne
waren vnd ez dar hatton in vnser aigenlichen gewer braht vnd besessen ebd.
1339,28
1.1.3
von Land und Herrschaft:
gib mir gar diniu lant / eigenliche in mine hant
Rennew
27908;
dem hohstin houbit kúnege da, / dem ellú lant in
Affrica / sint [...] / gar eiginlichin undirtan
RvEWchr
2803;
ditz edel kunigreiche / soll ew vil gar aigenleiche /
mit gantzem willen warten HvNstAp
12862;
RvEBarl
14193
1.2
über Personen ‘jmds. Herrschaft/ Verfügungsgewalt unterstehend’
1.2.1
rechtsspr. ‘als/ wie ein Leibeigener’
wir wellen iu eigenlîch / dienen gern in Österrîch
EnikFb
3983;
die frowa [...] gaben sich aigenlich mit
allem dem sie hatun [...] in den shirn vnd phlihte
der vor genanter herro UrkWürtt
10,88
(a. 1292);
Walther von Hetlingen, der vnser hus eigenlich anhoͤrt UrkCorp
(WMU)
3513,15.
3377,34;
Exod
1783.
– übertr.:
wir suln im
[Christus] ie éigenlîchen nâchvolgen
Eckh
5: 253,12
1.2.2
oft im höfischen Minnediskurs:
eigenlîchen dien ich ir, / daz sol sî vil wol gelouben mir
Walth
112,21.
120,16;
genigen sî der guoten dar, / der ich vil eigenlîche
bin SM:HvS
3: 4,2;
daz ich iu von rehte bin / eigenlichen undertân
KvWHerzm
201;
KLD:GvN
23: 6,10;
SM:HvS
2: 2,4
2
‘(jmdm.) eigen, eigentümlich’ (mit Übergang zu 3):
sie wæren iemer ungenesen / von ir eigenlîcher kraft
RvEBarl
8365;
es ist des menschen eigen das er lachet; [...] das
ist ime wol eigenlich GvSlath
212.
– hierher (?):
man liset hiute in dem heiligen êwangeliô daz geslehte unser frouwen, und
ir sint zwêne unde vierzic, die man dise wochen nennet mit ir eigenlîchem namen
PrBerth
1:444,9
3
eine Eigenart, Besonderheit oder Unmittelbarkeit hervorhebend; in vielfältigen,
oft nicht scharf voneinander zu trennenden Bedeutungen, die nur z.T. in nhd.
‘eigentlich’ erhalten sind; i.d.R. adv.
3.1
‘treffend, auf angemessene Weise, dem Wesen von jmdm./etw. entsprechend’
den naturlichen engil nennit der ewangelista einen engil godis gar
eigintliche darumme wan he one mittil von gode geschaffin ist Parad
23,27;
swas in [den Richtern] wirt vürgeleit, / das
sülnt si mit gerehtikeit / ûsrihten gar eigenlich Ammenh
18677;
in der weis muͤg wir aigenleich [
proprie
] gesprechen, daz die planeten in den zaichen sein
KvMSph
26,6;
wer den [Stein] zereibet und in aigencleichen [
secundum modum debitum
] beraitt, sô ist er guot wider des magen kranchait
BdN
258,4;
[Gott] von dem man eigenlichen spricht: / ‘got ist’,
und anders worte nicht MügelnKranz
661;
ThvASu
190,16.
–
‘dem Wortsinn nach, genaugenommen’
sust Jeronimi rede stât: / ein trûren wêre in
Christo, / daz hîz mit recht propassio, / nicht eigenlich ein lîdnis
JvFrst
3345;
mîn lîplîcher vater ist niht eigenlîche mîn vater Eckh
1:110,2;
gladiolus [...] haizet
aigenleichen nâch der latein swertlinch oder swertelkraut BdN
403,31.
305,15;
aigenleich ze nemen sô haizt der pauch die ganz
samnung auz den secken allen mit der haut bedackt, die oben her ab gêt über
den nabel ebd.
31,22
u.ö.
3.1.1
Komp. ‘eher, richtiger’
etlîche liute [...] lebent
nâch ir lîplîcher wollust, als diu vihe tuont, diu âne vernunft sint; und
solhe liute heizent eigenlîcher vihe dan liute Eckh
5: 420,6;
die [Seele] ist
eigenlicher ein tempel gottes wanne alle die tempel die ie gezimbert wurdent
Tauler
392,24;
ez ist aigenleicher ain staud wan ain paum
BdN
344,13
3.1.2
superl. ‘am treffendsten, im ureigensten Sinne’
dizce wort [
scandalum
] stet [...] allenthalben in ubeler
bezeichenunge, doh so me iz rehtiste unde eiginlichiste gediuten mach, so
chiut iz wirserunge PsWindb
105,36 (Randgl.);
‘in allen dingen han ich ruͦwe gesuͦcht und bin
bliben wonende in dem erbe mins herren [Sir 24,11]
’. dis wort mag man von unser froͮwen aller eigenlichest nemen, wan
[...] envant nie ruͦwe Tauler
201,23;
9,5;
swenne daz ich vür nieman enbite und niht bite, sô bite ich
allereigenlîchest Eckh
3:102,8.
– adj.:
dc aiginlichste wort dc ie uon der ewikait gesprochin wart
PrGeorg
192 (App.)
3.2
‘von sich aus’
enkain ding ist guͦt von im selben aigenlichen, won got ist aller ding
guͤti PrGeorg
188,14;
er hette wol vernumen / wie da ein wunder waz geschehen / daz wolde er
eigenlich [selbst] ouch sehen Pass I/II
38,54.
– adj.:
diz allez an im ist / von gote ân eigenlîchen list
RvEBarl
9456.
–
‘freiwillig’
[wenn einer sich vergeht] vnd nit
[...] selbe aiginlic buͦzit vnde offinut di
sunde sin so dur den andern irkant ez wirt der merrun er underlig buͦzzi
BrZw
46
3.3
bestätigend oder bekräftigend ‘deutlich, ausdrücklich’
daz wil ich aigenlichen sagen SHort
3719;
ich, Egelolf von Stuͤzelingen [...], vergihe
aigenlich an disen brîieve, das ich [...]
UrkCorp (WMU)
2912,2;
díe gnâde vindest dû in dem sacramente und niendert
anders als eigenlîchen Eckh
5: 265,4;
WernhMl
7822;
Teichn
435,118.
–
‘vollkommen, gänzlich’
dô hiez er brechen ûf daz grap: / die gotes erwelten
er dô vant, / unverwandelt; ir gewant, / ir lide eigenlîche gar, / als sie
geleit wurden dar, / ietweder unverwandelt lac RvEBarl
15949;
in ir sinne klebete / diu zuckersüeze minne / gar eigenlichen drinne
KvWEngelh
3146;
das er [Jacobus] Ihesu wære
also gelich / sam zwen zwilinge aigenlich WernhMl
13274;
WhvÖst
985;
HistAE
966.
–
‘tatsächlich, wirklich’
din glaube der hat dich gesunt gemachet eigentlich EvStPaul
4271
3.4
‘eingehend, intensiv’
die boten [...] besahen in dú
lant / eigenliche fur unde wider RvEWchr
16860;
[Delfine] habent niht nasen. idoch smeckent si gar wol
und gar aigenchleichen BdN
235,27
3.5
‘für sich, einzeln’
Jacob [...] geseinte di sune sin / gar eigenlich
und gar ebn [
benedixitque singulis benedictionibus propriis
]
HistAE
809.
– hierher oder zu 3.1:
für paz well wir sagen von ainem iegleichen tier
aigencleichen [...] reht als daz ABC stêt
BdN
119,22
eigenlichheit
stF.
‘individuelle Beschaffenheit, Eigenheit’
so muͦstu an dir selber verwerden und aller eigenheit
[La. aller der eigenlicheit
] und minneklicheit [...] in aller der wise do
du dich selber besessen hast Tauler
314,8
eigenlichkeit
stF.
‘Eigenschaft’
hic est filius meus dilectus. an disin wortin bewisit brudir Erbe der prediger und
lesemeister funf eyginlichkeit an Christi geburt Parad
2,4;
ez inist kein tir, ez inhabe eine sundirliche eginlichekeit for allin anderin
tirin ebd.
133,34.
28,8
eigenliebe
stF.
‘Liebe zu sich selbst’
toͤtt sich ein mensch selber, [...] tuͦt er wider
sein aigen natur und wider sein aigen lieb, die er zu im selben haben solt vnd zu
seinem leben RechtssA
T 11,9.
F 39,14
eigenlîn
stN.
Dimin. zu eigen stN. ‘kleines Eigen, kleines Grundstück’
swester Alheit [...] di weil si lebet, sol ovz dem selben
eigelin nemen alle jar zwainzic Haller dvrch einer rehten gewer willen UrkCorp
(WMU)
3208,25;
Lucrecius [...] hiet ir aigen gern
gehabt. / [...] er vie die frawen und fürt sey hin, / daz im
wurd ir aigenlin Märt
13775.
16322
eigenliut
stN. , eigenliute
stM. (Pl.)
dient als Pl. zu
eigenman
.
‘Leibeigene, Hörige’
die manlehen [...] vnd min eigenlivte, die ze dem
selben eigen horent UrkCorp (WMU)
867,32;
der herrin eigin lût noh siner vogtlût noh siner dinestmanne mag enheine
burger werdin nuwonde mit gemeinim willen der burger ebd.
248A,32;
von Sem kamen die frigen. von Iafet camen die ritere. von Kam
camen die eigin lúte [
liberi, milites, servi, vgl. Hamm, Lucid., S. 119f.]
Lucid
17,4;
wolt ich eygen lute han, / ir wurden mir vil undertan
Minneb
1859.
1721;
WälGa
7920
eigenlöufec
Adj.
‘eigenbeweglich’, in der Verbindung
~ stern
‘Planet’
in dem vierden hauptstuͤke wolle wir sagen von den kraizzen und
von den ringen der planeten oder der aigenleuffigen stern KvMSph
6,20
eigenmâc
stM.
→
eigen Adj. 1.2.2
eigenmaht
stF.
‘eigene Fähigkeit, Vermögen’
wan die sele die hat eigenmacht [
facilitas
] vnd bereitschaft oder instrumente, got zuͦ bekennende vnd zuͦ
minnende von nature Gnadenl
3:O1,115
|