gebrûchlich , -lîche
Adj., Adv.
auch gebrûchenlich ( Tauler ).
1
‘nutzend, teilhabend’
2 Adv.
1
‘nutzend, teilhabend’
inwendig ist er [der Mensch]
versunken und versmolzen in sinem gebruchlichen anhangende an gotte
Tauler
158,20
u.ö.;
dô enwolte ich niht, noch enbegerte ich niht, wan ich was ein ledic sîn und
ein bekenner mîn selbes nâch gebrûchlîcher wârheit Eckh
2:492,5;
Seuse
332,18.
–
in gebrûchlicher wîse:
so muͤssent ir [die
Menschen] ime [Gott] einen lutern
unbekumberten grunt erbieten, so múgent ir sin gewar werden in gebruchenlicher
wisen Tauler
59,19.
210,22;
der mensch, der sich verstat daz niht, von dem
gesprochen ist, in gebruchlicher wise, blibet diz dem menschen alwegent?
Seuse
350,30.
351,1.
474,9;
HvFritzlHl
225,24
2
Adv.:
der [überlebende
Ehepartner]
[...] mag gebruchliche
[als Nutzer] sitzen mit den kindern in alleme
guͦde StRHeiligenst
77
gebrûchlîcheit , -lîchkeit
stF.
‘Gebrauch, Genuss’
[in der Verbindung zwischen äußerem und innerem Gebet] were
gebruchlicheit und wúrklicheit ein, als das ein von dem anderen ungehindert belibe
Tauler
156,15
u.ö.;
so blibet der geist hie in geistes art in der gebrúchlichkeit
[...] dero glich ewigen, glich gewaltigen, inneblibenden
und doch ussfliessenden personen Seuse
185,30
gebrûchunge
stF.
‘Gebrauch, Verfügen, Teilhabe, Genuss’,
überwiegend in myst. und theolog. Texten als Übersetzung für usus oder
fruitio, die Übergänge sind fließend:
diͤ suͤz gebruchung unses heren, / de dich in
erdrich so wold eren, / dat du sin muͦder soldes sin, /
[...] dat sal al din vröude meren MarlbRh
130,22;
ouch creftiget in diz spise an siner inrlicher gotlicher gebruchunge dez götlichen
wesennes und der götlichen gegenwirtikeit MvHeilFr
21;
want die verdientlichen werke dez menschen
[...] bestat in einer voller gotlicher gebruchunge
ThvASu
32,19.
58,16;
Seuse
334,2;
Parad
71,19.
–
in dem, der da hat gebruchunge dez frigen
willen [
usum liberi arbitrii
] , der wirt
niht beweget von got zuo der gerehtikeit ane bewegunge dez frien willen
ThvASu
336,9.
120,21.
–
sîne [Gottes] obersten krefte die
hâten eine besitzunge und eine gebrûchunge êwiger sælicheit Eckh
5: 270,13
gebrüdeme
stN.
‘Gebrodel’
wær [...] ælliu tiuvellichiu craft / hie
mit æller ir gebruͤdem, / ez moͤht daz
geluͤdem [Lärm] / kume tiuvellicher sin
WhvÖst
4407
gebrülle
stN.
‘Gebrüll’
dô wart ein grôz gebrülle, / daz ime der grimme tôt wart schin Virg
383,8
gebrümme
stN.
‘Brummen, Krach, Getöse’
vil manig groz gepruͤmme / schicket [bewirkt] ir
[
manheit, personif.] in den landen
MinneR444
282
gebrummen
swV.
subst., ‘das Brummen’
dô hôrter [
Gâwan
] ein
gebrummen, / als der wol zweinzec trummen / slüege hie ze tanze Parz
571,1
gebrunkel
stN.
zu
brunken
swV.?
Bed. unklar, ‘blitzendes Kampfgetümmel’? (vgl. Johansson,
NvJer., S. 189).
in dem gebrunkele / blibbin zu den zîten / tôt von beiden sîten /
[...] wol drîzênhundirt edle man NvJer
21435
gebruoch , -e
stN.
‘Sumpf, Morast’
vnd darvmb was das gebruch so groß vnd so dieff das nymand daruber komen mocht
LancKarr
392;
syn [des Ritters] roß kam gande in ein
gebrúche, das von dem heißen wetter drucken was worden Lanc
192,11
u.ö.
gebruoder , -e
stM.
Pl. zu bruoder;
KvWTroj
35178
mit Umlaut -üe-.
‘Brüder’
1 als Verwandtschaftsbezeichnung ‘leibliche Brüder’
2
‘Gotteskinder, Mitmenschen’
3
‘Mönchsbruder, Ordensbruder’
1
als Verwandtschaftsbezeichnung ‘leibliche Brüder’
die gebruoder zesamen giengen Kchr
2957;
die gebruoder wârn von hôher art Parz
102,10;
wir, grave Egen vnd grave Heinrich, gebrvͦdere von Friburg
UrkCorp (WMU)
177,16
u.ö.;
Iw
2708;
KvWTroj
35178;
Lanc
1,2
u.ö.;
Tannh
6,73.
– häufig mit Angabe der Anzahl:
die selben dri gebruͦdere hettent eine swester, die
hiez Noemia Lucid
16,10;
ze Rôme wâren ze den selben stunden / zwêne gebruoder
hêre Kchr
13087;
die selben fvnf gebrvͦder UrkCorp (WMU)
714,38
u.ö.;
vnd waren bi vns siben gebrudere BiblMK
278;
KarlGalie
274;
PassI/II
233,20;
Kreuzf
1223
u.ö.;
RvEBarl
2187
2
‘Gotteskinder, Mitmenschen’
wane wir werden alle in demo toufe ze gotes chinden geheiligôt, daz uuir
geistliche gebrudere sîgen Alkuin
48;
er [Jesus] hât sân bewêrt [im
Vaterunser] mê, / daz wir gebruͦder alle sint
Kröllwitz
181
3
‘Mönchsbruder, Ordensbruder’
ob her dan da wolde werden / der gebruͦdere geistliche
uater / vn̄ ouch appit der stete / da werden wolde Ägidius
762.
1358.
1398;
wir sîn gebruoder BuchdRügen
537
gebruoderkint
stN., Plurale tantum.
‘Kinder von Brüdern’
mit hern Ruͦdolfe vnd hern Anselme, den ritterin von Drachinvels, die
gebruder kint sint UrkCorp (WMU)
882,22
u.ö.;
ich wene wol das sie geswister kint synt und gebruder kint
Lanc
95,33.
362,32
gebruoderlîche
Adv.
‘brüderlich’
er [Gott] hât sân bewêrt mê, / daz wir gebruͦder
alle sint; / [...] des sule wir triuwen walten / unde vns alle
halten / gâr gebruͦderlîche Kröllwitz
185
gebruote
stN.
‘bebrütetes Gelege’
[der Vogel] lat ez [sein Jungtier]
danne hin widere / undir sin gevidere / in sin heiz gebruote Hochz
839.
–
‘Geschwür’
daz swert von dem blüte / und von des eyters gebruͦte / sich glich
flucks entzunde Krone
15200
gebrûse
stN.
‘das Brausen, Getöse’
brûdir Heinrich, der [...] zwênzig brûdre an sich nam /
[...] heimelich und ân gepruis NvJer
19682;
und dô sî quâmen bî daz huis / do erhûb sich ein gepruis ebd.
22959
gebrüstet , gebrust
Adj.
zu
brüsten
swV. oder
brust
stF.
–
‘mit starker Brust, stark, kräftig gebaut’
sîn ros vil wol gebrüstet KvWEngelh
2856;
alsam ein löuwe ist er [Achilles] gebrust / und als
ein Hiune wol gelidet KvWTroj
29562;
er ist an massen groß und lank, / geprüstet in die weiten, / er hat eins
wilden leben gank, / [...] sein herz ist ganzer manheit
vol; / auf erd so lebt kein frecher helt Virg(St)
105,8
gëbsen
stV.
statt gëben
‘geben’ aus Reimgründen (Röll, Studien zum Titurel, S.
41f.)?
ez ist hie niht gescheiden di koneminne noch kebse, / wan huͦte wol in
beiden stet uf ir verte, und ie dem man hie gebse / der tugend lere JTit
1907
gebû
stNM. , gebiuwe
stN.
mhd. sind die beiden ahd. Bildungen gibû (wa-Stamm) und
gibûwi (ja-Stamm; vgl. Etymol.Wb.d.Ahd. 4,220) weitgehend
zusammengefallen, sie lassen sich in den flektierten Formen nur in obd. Quellen
scheiden, die den Umlaut hinreichend konsequent bezeichnen. – Vgl. → bû stMN.
und → bûwen V.
1 zu bûwen
‘siedeln, wohnen’ : ‘Siedlung, Wohnstätte,
Wohnung’
2 zu bûwen
‘Landwirtschaft betreiben’ : ‘Bewirtschaftung eines
Grundstücks’
3 zu bûwen
‘ein Bauwerk errichten’
3.1
‘Bau, Errichtung (einer Burg, eines Hauses usw.)’
3.2
‘Bauwerk, Gebäude, Gebäudeteil’
3.3
‘Bebauung, Ausstattung mit Gebäuden’
3.4
‘bauliche Beschaffenheit’
3.5 in verschiedener Weise übertr.
1
zu bûwen
‘siedeln, wohnen’: ‘Siedlung, Wohnstätte,
Wohnung’
nû sage mir [einem schiffbrüchig
Gestrandetem] , ob iender hie nâhe gebûwe sîn. / zwâre ih dirz
sage: / ez ist an dem vierden tage / daz ih az noh entranc niet Kchr
1727;
ez ist hiute der dritte tac / daz ich der werlde verphlac / und allez nâch der
wilde gie. / ich enversach mich niht hie / gebiuwes noch liute Greg
2967;
nu wisete got den selben man / [...], wer im
geherberget was / mit gebuwe [Wohnung] also na. / dit was
do Magdalena PassI/II
385,88
2
zu bûwen
‘Landwirtschaft betreiben’: ‘Bewirtschaftung eines
Grundstücks’
vn̄ si schvͤlen ez [
daz
guͦt
] auch in rechtē gepawe behalten ze veld vn̄ ze
akker UrkCorp (WMU)
2110,45;
Bedeutung unklar, hierher?:
vnd [man soll] auch von dem weingarten an meinem
iartag geben ein dienst [...] darnah vnd der weingart vber
daz gepauw getragen mach UrkHeil
2,62
(a. 1319)
3
zu bûwen
‘ein Bauwerk errichten’
3.1
‘Bau, Errichtung (einer Burg, eines Hauses usw.)’
holtz zvͦ howenne [...] jn minen welden zv
irme gebuͦwe vffe demme berge zvͦ der burge UrkCorp (WMU)
3200;
dô alliz daz was vorbereit, / daz man darf zu gebûwe / einre vestin nûwe
NvJer
8829.
4896;
daz man dise burc aldar / den hômeistir bûwin sach, / darumme
[...], / daz der ungetrûwe / den berc nicht mit
gebûwe / begriffe ebd.
7804.
–
‘Bautätigkeit’
von ir gebûwe [Klosterstiftungen der
Kaiserin] ir hât gehôrt, / wie sie hier unde dort / gotes
dienst êrte EbvErf
3205
3.2
‘Bauwerk, Gebäude, Gebäudeteil’
wirt ein wîb mit rechte von irme manne gescheiden, sie behelt doch ire
lîbzucht [...] und ir gebûwe daz dar uffe stêt
SSp(W)
3:74.
1:20,2.
2:21,1;
ir armut was an in so starc, / daz ir gebû
[Klostergebäude] stunt vil kranc PassIII
403,9;
nu wil ich disen [Gefangenen] undene in den
turm legen und wil den turm lâzen vorbûwen innewendig, und ir sult obene ligen
ûf deme gebûwe unde sullet sîn huten HvFritzlHl
237,12.14;
ia, sihes du diz gebuwe [
has aedificationes, vom
Tempel] nu / so groz, schone vnd wit mit ein, / so wisze, daz
vf steine stein / enblibet vnzustoret niht [
Mc 13,2
]
EvStPaul
4656;
als ein alt gebûwe nidervellet, als man ez reget Eckh
4:228,44;
daz ander pidem ist, daz diu erd schotelt snell
[...] dâ von vellt daz gepäw nider
BdN
108,15.
3.3
‘Bebauung, Ausstattung mit Gebäuden’
Merseburc er bûwen hiez; / daz lac gar gevallen nider, / er brâhte ez an
sîn êre wider / an gebûwe und an gerête EbvErf
673;
an gebûwe und ouch an zierheit ebd.
2225;
von der gotes stat / und von irm richen gebuwe
HeslApk
22793
3.4
‘bauliche Beschaffenheit’
vnde hiz legen den fullemvnt [das
Fundament] / zv einer mvren nvwe / von starckeme gebuwe
Herb
1772
3.5
in verschiedener Weise übertr.:
daz gepeu aller diser werlde KvMSph
9,13;
sú [die falschen
Gottesfreunde] hant iren gebuw uf den stein, der Cristus ist,
nút gezimbert, des muͤssent sú von not nieder in den grunt vallen
Tauler
49,18;
und [Maria] praitt ir genâd
herab und helt daz gepäw auf der hailigen christenhait BdN
319,20;
[die Eucharistie] sal itenuwe
[wiederherstellen] / mit geistlicheme gebuwe /
alle tage di cristenheit. [...] daz chumet uns zo
rechte, / gefundet in den uesten grunt. / Crist er ist der vullemunt
Glaub
1050
gebucke
stN.
‘Hecke, (Dorn)Gestrüpp’
ich sluͦf duͦrg buͦsch. duͦrg hecken ruch /
duͦrg hagen inde gebucke / zuͦ lest ich mit gelucke / zuͦ hoiste up
dat gebirge quam MinneR477
337;
daz wir Runkel suͦlen behalden bit deme gebucke fon deme hayne
[...] biz offe die Loene UrkCorp (WMU)
N364,33.
– Name eines Waldes:
so hat min herre funf holzer [...]. der holzer ist
eines das gebucke WeistGr
1,670
(a. 1320)
gebüebe
stN.
Kollektivum zu
buobe
3
.
‘Pöbel, Gesindel’
ez ist sin [des Ritters] orden und sin recht, / daz er
sich alsus ube, / der poͤvel unt daz gebube / liez anders allez uf in gan
HeinzelRitt
202
gebünde
stN.
‘Knoten, Fessel’
sliuz uf min eins gebünde Frl
5:116G,19
|