kantnisse , -nissede
stF.
auch kentnisse, kantnusse, -nuste.
1
‘Kenntnis, Wissen’ (überw. religiös) 2
‘Anerkennung, Bestätigung’
1
‘Kenntnis, Wissen’ (überw. religiös):
daz ich von meinem vater [...] vnt auch von meinen
oͤchaim [...] pin vnderweist mit rechter gewizzen vnt mit
rechter chantnusse, als auch iz an sev was chom von alten dingen
[...], allez daz recht, daz gehabt hat der edel fvͤrst
herzog Leopolt datze Willehalmespvͤrch auf dem marcht UrkCorp (WMU)
3371,32;
ich enchom her ze erde niht [...]
durch guͦte livte, den des dehein dûrft wâre. ich chom durch suntige, die ich ze
chantnusse brâhte Spec
57,28;
wann cze gleicherweis als der fledermaus augen stên gegen den glansten der
sunne, alsô stên unser chantnuzze cze gotez heilichait MvHeilFr
44.
53;
LvRegSyon
771;
PrOberalt
8,14.
103,10.
–
want sî [die Preußen] ouch
nicht hattin schrift, / darin man gote pflît irspên, / des mochtin sî in
[Gott] nicht irsên / mit den ougin der kentnisse
NvJer
3991
2
‘Anerkennung, Bestätigung’
vnd ze einer kantnv́ste, daz es sin erbe ist vnd ich es niezzen sol ze minem
lebenne, so sol ich ime iergelich geben ein balchun [einen
Fisch] ze meien UrkCorp (WMU)
1180,40;
dar vber geb wir zer chantnvsse vnd ze vrchvnde disen brive behangen vnd
bezeichent mit vnsers jnsigels chraft ebd.
652,11.
1802,3
kanvart
stF.
Fahrt nach Cham im Dienst des Klosters Engelberg:
wer ovch ein kanschilling sol, der sol ein vart tuͦn gen Kam
[d.i. Cham am Zugersee, Schweiz] , der 6 kanpfennig
sol, der sol ein halb kanvart tuͦn, wele aber minz sol, da mag ein abt die pfenning
lan stân, vnz das er ein sch. schuldig wirt, vnd sol den ein kanfart tuͦn
WeistGr
1,4
(Mitte 14. Jh.)
kanzel
stF.
‘Kanzel’
so sol der priester [...] in siner breide
[Predigt] vnd vf der kantzle kvͥnden. daz da guͦt
fvnden si [Fundsachen ausrufen]
SchwSp
148b;
eins tages gie er uf die canzell under sin gewonlich
crucifixus und nam uf sinen blossen ruggen ein stark
disciplin [Kasteiung]
Seuse
135,25
u.ö.;
cancellus: canzel VocOpt
12.023;
JTit
411,1.
396,2
kanzelære
stM.
auch
kenzelêr NvJer
460.
1
‘Kanzler, Vorsteher einer Kanzlei, Inhaber eines Kanzleramtes’ (vgl. differenzierter DRW 7, 257-274 u. WMU 2,976f.) 2 als Name
1
‘Kanzler, Vorsteher einer Kanzlei, Inhaber eines Kanzleramtes’ (vgl.
differenzierter DRW 7, 257-274 u. WMU 2,976f.):
der bischof von Mênze ist kanzler ze diutschen landen; der hât die êrsten
stimme an der kür [bei der Königswahl]
SchwSp (W)
110,2;
sin [König Davids] chanzeler was
Josaphat, / der alle sine hohgetat / screip und alle sin geschiht
RvEWchr
28321;
grôzer unmuoze phlac / des kunigs kanzelære / und alle sîn
schrîbære, / ê die brief wurden geschriben Ottok
73027.
54103;
Walth
85,7;
Renner
9057;
BdN
113,1.
– hier unklar:
da ich zerethe sol. n. s. r. so. v. r. [
nah swabe rethe so von rethe
] ain urî swab. ainer urîen swabin sol. mir zemimem rethe; iv
zeiwerem rethe. mit minem wolwerde; engegem iwerem vollen werde. obir mir den
canzelare gewinnent Trauformel
30
2
als Name:
Walkun dictus kantzeler DRW
7,274
(Scheffler,ANürnbNB.; a. 1298).
– der ‘Kanzler’, ein Spruch- und Lieddichter :
her Kanzeler, ir kündet mir, / man seit ir künnet künste
vil KLD: Kzl
16: 6,2
Kanzelberc
Subst.
→
Kandelberc
kanzelen
swV.
‘das Kanzleramt ausüben’
der Kölner bischof denke, / waz im zu Walchen were: / wes kanzelt er hie
friunden? Frl
12:9,13
kanzelîe
stF.
‘Schreibstube, Kanzlei’ (zur Sache vgl. 2HRG 2,1595-1597):
die [...] underschriber und alle die, so hie noch
iemer in die cantzelige an ir statt koment, [sollen] sich
verschriben noch der besten forme; wers ob ir deheiner iemer usser der cantzelige
und von der statt Strassburg keme, was su dan wissent und vernomen hant by der statt
in der cantzelige [...], das sollent su zu ewigen tagen
verswigen UrkStraßb
4,2:156,20
(a. 1322);
es sollent ouch die meistere und schöffel an dem subener gericht und ire
knecht schuldig [...] sin, wo sie befynden
[...], das die fursprechen wider den obgeschryben
artickel thätten, das dem rat furderlich zu verkunden oder inn die cantzly
geschryben geben, uff das sollichs gestrofft [...] werde
ebd.
4,2:86,28
(a. 1322)
u.ö.;
UrkGraub
5:208,36
(a. 1338).
–
swaz Minne schrîbet und diu Liebe sigelt / in Triuwen kanzelîe, / wirt daz
gebrochen, waz ist dan verriegelt? Hadam
527,6
kanzellerîe
stF.
auch cancellerarie.
‘Schreibstube, Kanzlei’ (zur Sache vgl. 2HRG 2,1595-1597):
ich Eg. der canceler ze Cur durh dirre baider taile bet vnd liebi henke der
cancellerarie insigel an disen brief ze ainem waren vnd stæten v́rkv́nde dirre
vorgescriben dinge vnd gedinge UrkGraub
4:388,30
(a. 1322);
ich Chuntz von Sumeroͮ kantzelir ze Chur der vorgenant ze ainer warhait vnd
merer sicherhait dir vorgeschriben dingen vnd oͮch dur bet willen der vorgenanten
Lutzen Rambaches vnd Margareten siner elichen wirtinnen han der kantzelerî ze Chur
ingesigel gehenkt an disen brief ebd.
6:156,30
(a. 1355)
kanzellieren
swV.
‘etw. durchstreichen, ungültig machen’
vort hain wir verdragen, dat wir bruͦder [...] engeyn
der puͦnt, de in deisme buͦge [Satzungsbuch der
Gewandschneider] geschreven steynt, usdoin en solin noch
kanzellerin noch ouch engeyn puͦnt in datselve buͦch sezzen en solin
UrkKölnZunft
1:68,25
(a. 1344)
kanzelschrîbære
stM.
‘Kanzleischreiber’
kennczlschreibers [Gen.]
DRW
6,1527
(NArchSächsG.; a. 1283 kopial)
kanzwagen
stM.
auch kant-.
‘Fuhrwerk, Wagen für Lasten’
er sach sô vil gesteines, sô wir hœren sagen, / hundert
kanzwägene es möhten niht getragen NibB
92,2.
1122,2;
[der Truchsess] hiez bald ûz vüeren / vier pferit und
einen kanzwagen, / der daz houbet [des Drachen] solte
tragen Tr
9215;
der mit slegen also luͤde [belade
(?)] / einn stark geworhten wagen [Laa. starken
kantwagen, starken gancen wagen, l. starken
kanzwagen?] , / er enmohte der slege nit getragen
Rennew
19999;
carracutium: kanzwagin vehiculum altissimarum rotarum, quasi carrum acutum
SummHeinr
1:368,368;
RvEAlex
5395
kaos
Subst.
‘Chaos’ (unklar, ob Fremdwort oder mhd. assimiliertes Lehnwort, vgl. Anm.
z.St.):
do waz núwen ein visterin [l. vinsterin
] , die hiez kaoz Lucid
5,15
kapëlle
stswF.
→
kappëlle
kapellîn
stN.
→
kappëllîn
capelun
stSubst.
→
gabilûn
kapf
stM.
‘runde Bergkuppe (mit guter Aussicht)’ (s.a. SchweizId 3,407):
vnd desz hin vf vntz an den kapf gen Nebikon an den birboum
WeistGr
4,382
(a. 1346)
kapfære
stM.
‘Zuschauer, Schaulustiger’
die kapfær [des Kampfes] wânten
dicke, / daz einer solte gesigen / und der ander tôt geligen UvZLanz
2068;
die tiostieren woltent da, / die raitent sich ze velde sa. /
oͮch hate sich mit richait / menic kaͤphaͤre dar berait / geclaidet wunnecliche
RvEWh
7336;
Lanc
415,28.
512,29;
von den kaffaren / vir los die vrowe ir hochgicit / daz sie
niene besach des ritaris liph [konnte den Ritter vor lauter Gaffern
nicht sehen]
Roth
1877.
247
kapfærinne
stF.
‘Zuschauerin, Schaulustige’
siht si [die Frau des
Eiferers] über sich, si ist ain kapferinn, under sich ain
maudrerinn [verdrießliche Schmollerin]
BdN
286,19
kapfât
stF.
zu
1kapfen
(vgl. Mhd. Gr. Wortb. § S 57).
‘Besichtigung, Betrachtung’ (oder ‘Verkaufsgewölbe’, vgl. Lexer 1,1493
s.v. kaffât und DWB 5,21 s.v. Kaffate; vgl. die La.
kaufstat):
und dô man ir [der Boa] die haut ab
gezôch, dô prâht man si ze Rôm an die gemain kaffât [
ad spectaculum est delata
] , dâ si all läut an sâhen BdN
265,29
kapfel
Subst.
‘Blick’ (zu
1kapfen
):
mit miner augen gapfel / sich ich sie an fur ein engel
Minneb
1966
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