hirse- , hirsenkörnlīn
stN.
‘kleines Hirsekorn’, in Vergleichen:
und kemi ein kleines voͤgelli
[...] und bissi ab dem stein als groz, als der zehende
teil ist eins hirskoͤrnlins Seuse
239,16.
239,18.
– zur Verstärkung der Negation:
und dem getriuwen Tristan, / der untriuwe nie gewan / in dem
reinen herzen sīn / alsam ein hirsenkornelīn HvFreibTr
3148
hirsenvërse
swF.
‘Hülse des Hirsekorns’, bildl. für das Geringste, zur
Verstärkung der Negation:
swie si nie getęte / mīnes willen gegen einer hirsen vesen
Neidh
WL 12:3,3
hirtęre
stM.
vgl. →
hërtęre
.
‘(Rinder-, Schaf-)Hirte’
armentarius: hirtęre Gl
3:444,15;
ich wil slān den hirtźr, / di hert der schāfe und ir her /
wirt zustreuwet [Mt 26,31]
JvFrst
3233.
– als Inhaber eines Gemeindeamtes:
ez sol och der selb rihter dehainen scherigen noch dehainen hyrtter noch
dehein ander ampt, daz zuͦ der stat reht gehoͤret, setzzen
UrkCorp (WMU)
1975AB,47,46
(=
StRMünch
42,1
)
hirtęrsen
stF.
Movierung zu hirtęre, zum Suffix -sen s. Mhd. Gr. Wortb. §§
S 183-187.
‘Hirtin’
wisze auch daz, daz iz alliz gezalt wirt an die scholt der hirdersen, waz der
husherre minre nvzzes vinden mag an den schaffen [Schafen]
BrEb
2
hirte
stswM.
auch herte:
Mühlh
116,19.
109,15.
180,13;
Brun
622.
9088;
PrOberalt
92,13.
vgl. →
hërtęre
–
‘Hirte’
1 eigentlich, Hüter einer Herde von Haustieren 2 übertr. 2.1 in weltl. Sinne 2.2 in christl. Sinne
1
eigentlich, Hüter einer Herde von Haustieren:
[Jakob] gestalte [...] zuo
iegelichem vihe einen hirte der iz tribe Gen
1516;
hirtin, die ir schafe huͦtin Spec
11,24;
do erschain ein engel [...] den
hirten, die ir vihes hvͦtten ebd.
24,27;
hirte, die vil huͦtent swin WernhMl
7398;
der hirte lūte rief: / ‘wol ūf, lāz ūz die hert!’
SM: St
8: 1,4;
iuxta tabernacula pastorum [...] an
der herten wonunge Brun
9088.
622;
einen
~ setzen:
so sol der, des der getwinch ist, selbe ainen forster vnde ainen hirten sźzzen
UrkCorp (WMU)
49,25;
ez sol der hofmaier kainen hirten setzen wan mit des vogtes
rate unde der burger StRAugsb
34,13;
es svln auch di purger hirten, eschhayen selb setzen vnd entsetzen
UrkWittelsb
2,209
(a. 1312).
–
sunderlīcher ( ‘besonderer, eigener’),
gemeiner ( ‘Gemeinde-’)
~
:
nieman en mūz ouch sunderlīchen hirten habn, dār her deme gemeinen hirten
sīn lōn mete geminnere, her en habe drī hūve oder mźre, die sīn eigen oder sīn
lźn sīn SSp (W)
2:54,2;
SpdtL
209,11;
dez wart uzgetrein mit dem urteil, daz nieman keinen sundern hirte sal han
an keinerleige fehe, dan ein gemeinen hirte UrkFrankf
2,184
(a. 1323);
WüP
106m,2.
– im Kontext mit herter als Synon. abwechselnd:
belemet ein vihe daz ander vor dem herter, unde
schuldiget man den hirten dar umbe SpdtL
210,14;
swer aver sīnes vihes vermisset unde zehant ze dem herter
gāt und in dar umbe schuldiget mit urkunde zweier manne, sō enmac der herter
niht dā für geswern, wan er muoz im sīn vihe gelten. saget aver der hirte daz
[...]
ebd.
211,24;
SSpAug
209,21.
– von herter offenbar unterschieden (jedoch unklar, worin der
Unterschied besteht):
die bvrgere die sun och den herter vnd den hirten wellen, vn̄ sol
in div ampt der schvltheiz lihen UrkCorp (WMU)
678AB,20.
– sprichw.?:
ich slach den hirte, vnd di schaf der herte werdent
zestraüt EvAug
67,12
(Mt 26,31);
so erslagen wirt der hirte, so zesprenget sich daz corter
AvaLJ
126,5;
ez waz geschriben bi den tagen: / "dez vihes hirte wirt
geslagen, / dez hirten schaf gestrauͦwet, / die werden ungefrauwet."
HvNstGZ
4305;
swer den wolf ze hirten nimt, der vāt sīn schaden MF: Sperv
1:16,1;
swā der wolf ze hirte wirt, / dā mite sint diu schāf verirt
Freid
137,11
(vgl.
sīn [Gottes] hirte ist ein wolf worden under
sīnen schāfen Walth
33,30 )
– als Bestandteil von Personennamen:
Cuͦnrad der Hirte UrkCorp (WMU)
3296,42;
ani [
āne
] des Hirten hof zuͦ
Ofe ebd.
1061,46
2
übertr.:
2.1
in weltl. Sinne:
uns was verirt / der wunne
hirt [Mai] / von des argen winters nīt SM:
Tu
6: 4,13;
Pryamus, der landes hirtt GTroj
22834
2.2
in christl. Sinne:
daz sint die hirte, den div kristenheit bevolhen ist,
biscoffe vnde ewarte Spec
24,28;
die geweltigen die der christenheit scholten phlegen, die
ze hirten und ze huͤtern gesetzet sint der christenheit
PrOberalt
93,13;
die hirten der hiligen christenhait, iz sei der phaffe
oder der lei, der der christenheit phliget ebd.
92,22;
ich bitte dich, herre, fúr dinú und
minú schaf, die nu ane hirten blibent, behalt si Mechth
6: 15,79;
ir schuͤlt den hirten die mietluͤt sint
nicht volgen PrOberalt
93,36;
o userwelter herre, wir [...]
haben dinú wiselosen schaf in getriben, die dine gemieteten hirten
liessen gan usser dem rehten wege Mechth
3: 1,113;
wź der verfluochten hirten, si sint mietnemer
BdN
197,15.
– mit dem Adj.-Attr. guot (vgl. Io 10,11):
Peter der guote hirte AvaLJ
179,5;
Matheus [...], / der guote
hirte ebd.
204,2;
also uarent di guten hirte / di da uurent daz gotes
kortir VMos
29,28.
68,5;
StatDtOrd
93,33;
PrOberalt
92,13.
92,15.
92,17.
– Gott, Christus als Hirte:
ich pin ein gvͦt hirte, mine sele sezze ich vur
mīniv schāf Spec
12,19
(Io 10,11);
PrOberalt
92,9;
PrGeorg
57,18.
57,19;
vnd v̂z den zwain schaͤfherten so wirt ain herte vnd ain
schaͤfestal vnd och ain hirte PrSchw (St)
2,30
(vgl. Io 10,15);
PrOberalt
94,5;
diu ein stieg daz ist diu christenhait, der ein hirt
daz ist unser herre Jesus Christus ebd.
94,5;
der beste hirte Wernh
D 4154;
ein warer hyrt PrOberalt
18,15;
der hirte durch diu schāf erstarp
RvEBarl
8329;
obe sú irme hirten alsus volgetent in diseme
wintere Tauler
62,10
hirtelīn , hirtel
stN.
1
‘junger Hirte’
2
‘Hirte’
1
‘junger Hirte’
nū kam vil schiere zuo den tagen / der jungelinc
[Paris] schœn unde stolz, / daz er daz vihe
treip ze holz / und ūf der grüenen heide velt. / [...]
swenn er und ander hirtelīn, / diu sīne gesellen wāren, / ir spils begunden vāren
KvWTroj
612;
dū bist ein gouch gewesen dort / und ein armez hirtelīn
ebd.
2839
2
‘Hirte’
nu bevienc ein gaeher schīn / von himel die hirtelīn / und was der engel ie sā
/ in dem selben schīme dā, / daz dien hirten worhte / unmāzen grōze vorhte
WvRh
3561.
–
~ der vesten
‘Hüter, Bewacher der Burg’
ein Prūze, [...] der was der
vestin hirtil / in der zīt NvJer
15034
hirtelōs
Adj.
‘ohne Hirten’
durch daz daz dorf niht hirtelōs belībe SpdtL
209,21;
darvmbe giengen wir irre sam div hirtelosen schaf, daz wir in daz himelriche
niht enmohten SchwSp
4b;
als hirteloͤsú lamber / under wolffen
WernhMl
13564.
13344.
hirtenambet
stN.
‘Hirtenamt’
der schultheiss lihet oͧch das hirtenampt und nimet davon ze erschatze
5 ß oder 6 oder etzwenne umbe 10 ß UrbHabsb
1:339,8;
das die herschaft hat ze lichen das hirtenampt [...];
do von sol man geben der herschaft ein halb fiertel win WeistGr
4,386
(a. 1346)
hirtenhūs
stN.
‘Hirtenhütte’
tugurium: hirtenhus VocOpt
5.008;
mappale: hirtenhus
5.009
hirtenlźhen
stN.
dem Hirten als Besoldung verliehenes Grundstück:
pey Castayg i hirtenlehen UrbSonnenb
113;
in dem bongarten, garten und dem hirtenlehen UrkHeiligkreuztal
1:264,24
(a. 1346)
hirtenlōn
stMN.
‘Hirtenlohn’
swin und ander fihe alles, ane schāf, sulent si friliche
weden [weiden] ,
vnverzigen [ungeachtet] des hirtin loͮnis
UrkCorp (WMU)
1653,43
hirtenphat
stN.
Pfad, den ein Hirte zu gehen pflegt:
er klam diu hirten phat HvBer
2249
hirtenstap
stM.
‘Hirtenstab’
als verre das der elter [ältere der beiden
Hirten?] berede uf sime hirtenstabe daz er
ez [Rind] wider in die zune habe geantwurtet wol
gesundez StRAugsb
35,4;
pedus: hirtenstab VocOpt
13.041
hirtīn
stF.
1
‘Hirtin’
2
‘Ehefrau des Hirten’
1
‘Hirtin’
dā diu maget gehiure, / diu vil edel hirtīn, / ir ammen schęfelīn / mit ir
gespilen huote MargAntioch IV
229
2
‘Ehefrau des Hirten’
hie lassen wir den hirtten sin / und öch die edlen hirttin /
und hörend wie Pariss gewarb GTroj
2302
hirtlich
Adj. , hirtlīchen
Adv.
‘einem Hirten entsprechend, wie ein Hirte
wachsam’; Adj.:
driv almvsen den hailigen hirten. bit si, daz si dich behalten mit hirtlicher
ruͦche BenRat
37;
MuriGeb
322.
– Adv.:
daz er bekźrn solde dī lant / und an geistlīchin sachin / sī
hirtlīchin bewachin NvJer
1519
hirtphenninc
stM.
‘Abgabe für den Gemeindehirten’
von hirtpfenning 45 den. UrbBayS
4,225
hirtschaft
stF.
1
‘Viehweide’
2
‘Recht, den Hirten zu bestellen’ , auch das Hirtenamt selbst
1
‘Viehweide’
und sol der aman an das [l. des
] gotzhus
stat rihten [...] vmbe hirtschaft, vmbe vischen, vmbe
vogelon, vmbe iagen vnd vmbe alle azzunge WeistGr
4,501
(a. 1321)
2
‘Recht, den Hirten zu bestellen’, auch das Hirtenamt
selbst:
cum jure pastorio, quod vulgo hirtschaft dicitur SchwäbWB
3,1697
(NDLEhringen/ Vjh. 7,220; a. 1299);
daz ich min gut ze Blinsbach [...], hirtschafft,
dorfreht, vogtay vnd alle die zehenden [...], verkaufft han
herm Hartman dem Langemantel UrkCorp (WMU)
2050,4;
vnde darzu gabe wir in vnser gut ze Jkelnheim [...]
vnd daz gerihte vnde daz vorstampt vnd die flurschaft vnd die hirtschaft vnde ękker
ebd.
1972(4),27,28,42;
von dem ambet, daz da heizet hirtschaft, git man zwęi hvndert
kęse UrbBayÄ
667,e
hirʒ
stM. , hirʒe
swM.
auch herz, herze
Roth
226.
2168;
OvBaierl
140,11;
Eilh (L)
5176.
7646;
selten
und in später Überl. auch hirse
PleierMel (St)
1963;
HvNstAp
9509;
hirsche
ebd.
4569;
hirsch
MüOsw
1599.
‘Hirsch’
1 allg. 2 Horn, Hirn, Talg und (sog.) Herzknochen des Hirsches als Medizin 3 als dargestelltes Tier 4 in Vergleichen und bildl. Ausdrücken
1
allg.:
mit netzen jouch mit hunten vieng er hirze unde hinten
Gen
1075;
an dem saltare [vgl. Ps 41,2] lisit
man, daz der hirz uile harte des wazzeres gere JPhys
13,1;
er solde / sīn reht hān genomen, / [...] von diu
[...] daz er den wīzen hirz gevie, / diu mit gelīchem
męre / diu schœniste dā węre, / daz er die kuste an ir munt Er
1757;
UvZLanz
6730.
6697;
Krone
1383.
16719;
einen hirz [...], / der was vile wole zam
En
4586.
4631;
EnikWchr
23249;
mit wilden hirzen vieren En
4616;
einen zītegen hirz Tr
2764;
des hirzes trat ebd.
17423;
hirzes hūt:
do gewan man hirzzes hiute / und versiute sie
[Leichen] dar inne StrKarl (S)
10608;
Neidh
WL33:5a,10.
WL35:6d,6
2
Horn, Hirn, Talg und (sog.) Herzknochen des Hirsches als
Medizin:
diu wol gelźrte künigīn / schoup in diu kriuter ūz erkorn /
ouch eines alten hirzes horn KvWTroj
10698;
sō sol si vīgelen ein hirzes horn unde mische diu zesamene
Barth
132,1;
mache ein puluer uon mernuscheln, uon hirzes horn
SalArz
64,46.
105,45;
vor di uallinde sucht ist gut rosen ole gemischit mit hirzes
hirne ebd.
35,7;
nym waz eyn half punt, bom ole vnde herczens eder buckens
vnsletis iclikes ses lot OvBaierl
140,11;
des hirzes herzen pain [...]
[ist] erzenleich BdN
137,5.
356,10
3
als dargestelltes Tier:
herze vn̄ hinden, / manegerslachte wnder / trvogen die
helede gode / vz uan golde an ir gewede Roth
226;
und mich lźr an der hūben diu wunder āne zal, / dar umbe gźn die borten beide
breit unt smal; / hirze unde hinden, als ez lebendec müge gesīn
WolfdB
24,3;
hirze unde hinden die stuonden ouch dar an [
an dem
tischlachen
] / von dem vil rōten golde, sam siz leben
möhten hān ebd.
64,1;
swer einen jaspis hat / dar an ein hirz ergraben stāt / oder
jagende hunde Volmar
886.
– in Wappen:
an sīnem schilte was ein / guldīn tavelrunde / geworht
[...]; / inne was [...] /
von krīden gemālt ein wīzer hirz / ūf einem berge guldīn Wig
5618;
ein hirz līt dar inne / geworht mit guotem sinne, / sīn gehürne daz ist
guldīn Bit
9861;
dar inne [auf der Fahne] was ein swarzer hirz /
gesniten, ob ir geloubet mirz PleierGar
14111
4
in Vergleichen und bildl. Ausdrücken:
an dem selbem stīge schvln wir springen also ein hīrz
[vgl. Is 35,6]
Spec
9,9;
KvWTroj
10797;
Georg
3142;
wir sulen ouch hœren klingen / den wīn vome zapfen
springen, / als den hirz von ruore Wh
326,25;
als ein hirz also snel Herb
7689;
Eracl
1427;
si fluhen ze den stunden / sam der hirz uor den hunden
Rol
6315;
als der hirz der wazzer gert, / alsō gert mit rehter gir /
mīn sźle, herre got, zuo dir RvEBarl
14992
(Ps 41,2);
PrGeorg
70,19.
327,3;
Mechth
1: 38,7;
Seuse
216,16;
got, der als ein hirz / wart, frouwe, bi dir niuwe
KvWGS
1364;
der [Gott] sich erjungen wolte sit /
in diner tugende walde, / alsam ein hirz der balde / ze holze und in gedürne /
verreret sin gehürne / und sich erniuwet schone ebd.
1380;
Seuse
436,7;
in wart dā vröuden mź betaget, / wan ob sie hźten erjaget /
tūsent hirze oder tūsent swīn HvFreibTr
3591.
– Sprichw. (vgl. Eikelmann/ Tomasek, Sentenzen,
1,230):
ez wirt vil selten hirz erjeit / mit slāfendem
hunde [Trägheit bringt keinen Erfolg]
Wig
2883
hirʒeler
stM.
‘jmd., der wie ein hirz (Hirsch) springt,
tanzt’?:
swenne dū verst an einen tanz alle tage als ein hirzler unde swenne dū alsō
zwźne tage gehirzelst, unde soltest dū daz eine wochen trīben, dū woltest ź an einem
galgen hangen PrBerth
1:176,23
hirʒeln
swV.
‘wie ein hirz (Hirsch) springen, tanzen’? s. →
hirʒeler
stM.
|