gevüegetheit
stF.
‘Geschaffenheit, Beschaffenheit’ (vgl.
gevuocheit
):
die ere ist sübenfaltig. [...] die fünfte ist die
gesuntheit [Verschreibung?, vgl. die Deutung der folgenden
Liste] . [...] die füfte [l.
fünfte
] ere ist die gefuegtheit: wanne der mensche
der wirt so gefuege, daz er wol vert durch waz er wil; daz bewert man do mitte, daz
unser herre Jesus Kristus mit sinre woren menscheit erschein sinen jungern durch
beschlossene türe PrEls
5,75
gevüellich
Adj.
‘fühlend’
wer nach valscher eigenschaft keiner gefúllicher
dinge Cristum Jhesum, [...], verkleinet und in valschem
liehte verlúret, der enkummet zuͦ dem vatter nit Seuse
489,2;
zu deme virden mâle sô vergizzet her sîner vornunftigen wirkunge der vornunft
unde des willen und bestêt alleine ûffe gevullîcher art und ûffe gebrûchlîcher wîse
HvFritzlHl
225,23.
– hierher möglicherweise auch:
als alle die krefte versamment sint, sinnelichen und
guͤnlichen [Konjektur gevuelichen zur Übersetzung von
vis activa, vgl. Corin, TextkrV S. 36f.] und
bewegelichen krefte Tauler
9,27
gevüelunge
stF.
‘Fühlen, Empfinden’
in aller miner bekorunge mines súndigen lichamen und
in aller gevuͤlunge mines herzen und in aller bekantnisse miner sinnen und in
aller edelkeit miner sele Mechth
5: 16,3;
ein sunderlîch bekentnisse und ein sunderlîch gevulunge und ein sunderlîch
vortrûwunge der sêle mit gote HvFritzlHl
150,29.
225,25;
ein gefuͤlen in innewendigem gebruchende innewendiger
gefuͤlungen der gegenwertikeit gottes in dem geiste Tauler
57,6
gevüere, gevuore
Adj.
‘nützlich, passend’
Joseph sach einen troum guot. / der troum was vile hêre, er
ward in allen gefuore Gen
1744;
nû was des sînem lande nôt / daz er sich abe tæte / selher unstæte und daz er
heim vüere: / daz wære gevüere / sînen landen und sîner diet Er
9975
gevüere, gevuore
stN.
1
‘Nutzen, Vorteil’
2
‘Ausstattung, Besitz’ (bereits ahd., vgl. AWB 3,1357 und DWB 4,1,2,2189f.)
1
‘Nutzen, Vorteil’
er frumete doch gern ir gefuore Gen
2475;
des lebens ewiges gevuͦre [interl. vite perennis
commoda
] vns genædiclich bringes PsM
H 1,7;
nû hete ouch ze sînem gevüere / Êrec in sîner kintheit / ze Engellande, sam
man seit, / vil wol gelernet ringen Er
9281;
ich enkan dir rehte niht gesagen, / waz du dîns gefüeres
drane begâst UvZLanz
6467;
Gales was der rede karch / vnd warp nah gevüere; / daz im nu widervüere / guot
wider guot, des gert er, / seit guot guotes ist gewer Krone
4063.
– oft in mehrgliedrigen Ausdrücken, v.a. mit êre:
uuante sîe álliu íro uuérc tûont.
dúrch uuértlîchen rûom. unte dúrch írdisk
gefûore Will
103,28;
TrudHL
98,20;
des hâst dû iemer mêre / beide gevuore unt êre
Kchr
772;
vnde queme im zv rechte / an eren vnde an geuore
Herb
6609
u.ö.;
Lanc
86,21;
Seuse
12,23;
sus schuofen sî ir koste / ze gevüere und ze gemache
Iw
6539;
dir getzimet groß gefüer und wirdigkait von der edelkait
deiner nature unnd von der lautterkait deiner wesunge HvHürnh
75,15;
daz ich gewegen hân vlust und gefüere Loheng
3926;
wedder vnfùr nach gefür / jne da von widderfùr Krone
28314;
das wir [...] dur vnsern nuz vnd gefuͦre
haben virkoͮfet UrkCorp (WMU)
3393,42;
hierher auch (anders als Lexer 1,968)
ebd.
1047,16
(= UrkLicht
7,215
(a. 1288) )
2
‘Ausstattung, Besitz’ (bereits ahd., vgl. AWB 3,1357 und DWB
4,1,2,2189f.):
man geleit dar în / hentschuohe, spiegel, snüere / und allez
daz gevüere, / daz werde vrouwen hœret an KvWTroj
28300
gevüerlich
Adj.
→
gevuorlich
gevüersam
Adj.
Bed. unklar, zu den Konjekturvorschlägen der textkritisch schwierigen Stelle vgl.
Glossar und Anm.z.St.:
ein gefürsames wib / were ze der selben stunde / gesessen in
der wunde GTroj
11408
gevüersamen
swV.
‘angenehm machen’ (vgl. Anm. z.St.):
in allem dem tage gnadet er unde entlihet. gefuorsamet
[Doppelglossierung zu commodat
]
PsWindb
36,26
gevügele
stN.
auch gevogele.
Koll. zu
vogel
, oft bezogen auf einzelne Vogelarten oder in
Abgrenzung der Vögel von anderen Klassen im Tierreich:
an dem vinften tage [des Jüngsten
Gerichts]
[...] / so hevet sich daz
gevugele, daz e flouch under himele / ufen daz gevilde, iz si zam oder wilde
AvaJG
7,2;
tier unde wurme, fihe jouch gefugele Gen
712;
diz gevogle und wilde tyr Hiob
7441;
HvFritzlHl
59,33;
doͤnet dú nahtegal, / troͤschel, lerche und kalander /
und ander / gefúgel suͤssen schal Marner (W)
L4:2,12;
allez daz ze dem varndem guote hœret: daz sint schâf
unde geize [...] unde gense unde hüener und allez gevügele
unde kasten SpdtL
102,4;
SchwSp (W)
198,15.
200,2;
nu schüll wir sagen von allem gefügel und des êrsten in ainer
gemain BdN
164,15;
er [der Fuchs] lâget auch
allermaist haimleichem [domestiziertem] gefügel, sam
hüenren und gensen ebd.
163,27;
von dem mer kam / eins gefügels sô vil, / daz sîn zuo dem
zil / Stîre daz lant was vol Ottok
96164.
– in der Beschreibung eines Seraphims ‘(einzelnes) geflügeltes Wesen’
oder bezogen auf die Menge von Flügeln (?):
uz deme hohsten kore / quam ein engel Seraphin / zu im mit sechs vlugeln hin,
/ den er gesach da halden. / zwene waren gevalden / und obe daz houbt geschrenket; /
so waren zwene gelenket / obe ein ander uf den lib. / ey, Francisce, vollentrib /
und schowe diz gevugele! / so waren zwene vlugele / gebreitet als uf einen vluc
Pass III
530,21
gevülle
stN.
‘Erfüllung’
do der zit gefulle geschach, / als die heiligen propheten / von Criste
geschriben heten, / do wart Jesus Crist geborn HeslNic
2880
gevuoc
stM.
(auch stF. Enik ; stN. KarlGalie ),
gevuoge
stF.
1
‘Angemessenheit’
1.1 allg. 1.2 in Wendungen 2
‘Geschicklichkeit’
1
‘Angemessenheit’
1.1
allg.:
sie tâten wol, die disen degen / an daz rîche brâhten; / vil wol sie dran
gedâhten; / er was dem rîche edel gnuoc / von aller guoten sîten gefuoc
EbvErf
168;
sîn tugent lêrte in den gefuoc, / daz er mit rehter minne / die werden
küniginne / nâch ir willen dô beriet KvWPart
2426;
der mensch hat sin herz mit úpiger minne
verstriket und kond da von nit komen, wan er wolt gefuͦg suͦchen,
da kein gelinpf noch fuͦg zuͦ horte Seuse
370,6;
ez sint ouch genuoge / die niht mit der gevuoge / die werlt haben wolten,
/ als sî von rehte solten Tund
1062;
diz lît, daz wir hî wurchen, / daz sult ir rehte merchen. /
sîn gevûge [dichterische Ausgefeiltheit] ist vil reht.
/ iz tihte der phaffe Lambret VAlex
3.
–
‘Genüge’
Karlle hadde geldes genoich. / dar mede schoeff hey syn gevoich
KarlGalie
10001;
dar zu synt sy [
die Coelne
]
eindreitich [einträchtig] en bynnen / myt al eren
besten synnen / ind haint van spilen al ir gevoich / ind dar zo zein jair
genoich HagenChr (G)
799;
och dede en keren up de vart / Galyen mynne der junffrawen / de hey
mit goden truwen / sere mynde usser der gevoich [über die
Maßen]
KarlGalie
3966.
–
‘Anstand’
obe daz mit gevuoge geschehen mac, / sô wil ich gerne Ysôten sehen /
und waz ir sî von mir geschehen UvTürhTr
1454;
di reine frouwe gute, / di got in irem mute / alse dugentliche
druͦg, / di brahte eins dages ir gefuͦg / in eine kirchen lise
Elis
8596;
sie bitent unt man gibet in, / sie suochent unde vindent gnuoc, / sie
klophent ouch mit gefuoc, / in wirt sân ûf geslozzen, / sie gênt în
unverdrozzen EbvErf
4616;
Galya antworde eme mit hoescher [d.i.
hövescher
] gevoech KarlGalie
3639;
ich witzen kunstenloser man / wil miner schonen frawen
clug / ein rede hie tichten durch gefug / und clug synne die sie hat
Minneb
1610
1.2
in Wendungen:
–
rëhten ~ sagen
‘das Richtige, die Wahrheit sagen’
nû saget rehten gevuoc RvEBarl
10090;
ich sage dir rechten gevuc, / wes ich bin worden gar in ein. / min
wort ist gegen dir nein, nein / und wil nicht vallen uf ein ia Pass
III
113,66.
390,48.
–
ein ~ tuon:
nu duͦt doch alle ein gevuͦch / mir vil
armem wive, / geft mir den lichem, den ich gedruͦch!
MarlbRh
32,37.
–
den ~ trëffen:
sus in den schiffen blibin / dî brûdir und
ummetribin / vorsûchinde sich ofte gnûc, / ob sî mochtin den
gevûc [die passende Gelegenheit] / treffin,
daz sî quêmen ûf NvJer
24581.
–
in daz ~
(vgl. MNW 2,1817ff.) ‘in dieser Weise,
derart’
als Galia alsus in dat gevoich / gekleidet was ind gezeirt / van orde
zo ende geassiniert KarlGalie
10314;
deser worde wart da genoich / gesprochen in dat gevoich ebd.
10955.
9050
2
‘Geschicklichkeit’
Gâwânes sin was manicvalt / und gar listic sîn gevuoc
HvFreibTr
2375;
ist der leser kluoc, / hât er an kunste die gefuoc, / er lese die
houbtbuochstabe / von êrst wan an daz ende herabe, / darmite die verse erhaben sint
EbvErf
4454;
dô der wirt mit freuden bî sînen gesten saz, / dô kom der varnden einer. mit
vlîze kunde er daz, / daz er für si alle [...] / dâ spilte
mit gefuoge, daz in werde fürsten muosten schouwen Kudr
51,4;
er lêrt ez [Chiron den jungen
Achill] schiezen mit dem bogen, / springen, ringen, werfen den
stein: / alle gefuog lêrt erz gemein EnikWchr
14558;
die tihter sîn bekant / von dem mer hinz an den Rîn, / die
lâzen mich irn diener sîn, / wan ich in den gedenken bin, / daz ich die
gefuog [Dichtkunst] wil von in / lernen ebd.
106.
99;
si wâren witzic unde kluoc. / diu rede mit gefuoc / wart von
in an gevangen Ottok
17488;
er gap dem helfenbeine / und dâ bî dem gesteine / sîn gevellige stat, / als in
diu gevuoge bat Er
7541.
– ironisch:
di pawren [...] sind zu solcher
freud enwicht: / ir spil und ir gefuge / di dausent [tönen,
schallen] pey dem pfluge HvNstAp
14987
gevuoc-
s.a. gevüeg-
gevuoc|heit
stF.
1
‘Anmut’
2
‘Anstand, angemessenes Verhalten’
3
‘Geschicklichkeit’
1
‘Anmut’
ein solich wunder siht / von schœne und von
gevuocheit, / als an Îsôte was geleit Tr
8083;
so wiltu haben clugheit, / hovieren, zucht, gefugheit / und
waz da suberlich ist Minneb
858
2
‘Anstand, angemessenes Verhalten’
man quam geloufen zu der stat, / da die gevangenen lagen. / zu irre libes
plagen / slepte man do uzer tur / ieglichen so hin vur; / ir gevucheit was da kleine
Pass III
467,65;
ir wissent wol, wer einen richen herren üt bitten wil, der muos in mit
gefuegheit ankomen vnd sol ouch bettelich bitten oder im wirt sinre bitte fürzigen
PrEls
30,240
3
‘Geschicklichkeit’
von manheit larte er in vil; / ouch larte er in von spil /
gefucheit maniger hande Herb
6295;
daz er alle sîne trahte, / [...], /
an die gedanke leite, / mit waz gevuocheite / oder mit welhen sinnen / er möhte
gewinnen / sîner vrouwen der künigîn / Petitcreiu daz hundelîn Tr
15898;
nu ist ez worden ein kluokeit, / behendikeit und gefuokeit, / swer sîn diube
kan verheln Renner
7070
gevuoclich
Adj., Adv.
adv. auch -lîchen.
1
‘angemessen, mit Anstand’
2
‘geschickt, kunstfertig’
1
‘angemessen, mit Anstand’
man sal dich eren wize Crist / hce [l.
hie
] in diseme riche / daz stet vns gevohliche
Roth
1765;
welt ir si sprechen tougen, / daz tuot gefuoclîche
Parz
631,15;
daz er ez kunne cluglich, / gar heimlichen und gefuglich /
getragen in cluger wisheit Minneb
1360;
jst, das si swin nvht het, so mag si ire weide virkoͮffen, doch sol si
dv ekerene e den dorfluthen veile biethen gevoͤcliche [zu einem
angemessenen Preis]
UrkCorp (WMU)
N306,40.
N817,8
2
‘geschickt, kunstfertig’
etslich tôre was dâ bî / und manege die des gerden, / daz si
âne wolten werden / ir sper gefuoclîchen UvZLanz
2861;
daz werc daz was kleine, / geworht vil meisterlîche / und was
gevuoclîche / gesetzet zwischen die satelbogen Wig
2525;
dâvon nemen sie sich doch zu dem mâle, sô sî gefueclicheste
mugen, unde tûn ez stillîche unde kurzlîche StatDtOrd
45,7.
– hierher oder zu 1?:
vil gefuoglîch er [beim Tanz]
zispet, / mit ainem fuoz er schupfet unde trîbet SM:Go
2a: 7,5.
gevuoclîcheit
stF.
‘angemessenes Verhalten’
er lernt in sîner kintheit / tugent und gevuoclîcheit, / singen unde
seitenspil / und ouch ander hübscheit vil Wigam (B)
343
gevuor-
s.a. gevüer-
gevuorbære
Adj.
‘nützlich’
Joseph einen troͮm habete, uater unde bruͦderen er in sagete. /
borlanch ez gestunt e Joseph sach einen troͮm guͦt, / der troͮm
was here in allen gefuͦrbære: / selbe chom ers in grozze not, er wart dar
umbe uerchoͮffot GenM
74,2
gevuorlich
Adj.
‘nützlich’
hat ir núwes icht vernomen? / obe iz si an úwer stade, / iz si
gefurlich oder schade, / so lat uns, herre, werden kunt / den selben wunderlichen
funt Elis
258;
ander unser ding [...], daz uns unde unser stat
erlich unde geffuͦrlich waz UrkEssl
268,6
(a. 1327)
gevurche
M.
‘Nachbar (an der Grenzfurche des Ackers)’ (vgl.
vurchgenôʒe
):
ubirsnitit och ein man din andirin an einir aniwendi edir an
den vurin binebin ume, unde wirt iz gini man giware, daz iz ume giscein is.
[...], su inwerdin al erist dundir bisceidin. von den
luitin die uri beidir givorin sien, binidin unde pobin Mühlh
155,23.
156,9
gevürste
stN.
‘Weinabgabe’ (vgl.
huobwîn
):
item vinum rubeum quatuordecim karratarum super censibus vini rubei dicto
hubwyn und gefurst UrkEls
2,151
(a. 1335)
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