geschaffenwësen
stN.
‘Geschaffen-Sein’
ouch enhæte got die werlt nie geschaffen, ob geschaffen-wesen
niht enwære geschaffen [ auch hätte Gott die Welt nie geschaffen, wenn
Geschaffen-Sein nicht mit Erschaffen eins wäre]
Eckh
5: 44,3
geschaft
stF.
1
‘Schöpfung, Geschöpf’
2
‘Gestalt, Beschaffenheit’
3
‘Geschlechtsorgan’ (s.a.
geschaft
stN. 4 und
gescheffede
3 )
1
‘Schöpfung, Geschöpf’
oberestiu magenchraft, / vater aller diner geschaft, / scouwe an
dine christenheit! BenGeb
2;
schepfære über alle geschaft Wh
1,3;
sus sol der welte geschaft / ougen
[zeigen] dir die gotes kraft RvEBarl
6163
u.ö.;
die gescaft [...]. die got zuͦ
sin selbes pilide gescaffen hete JPhys
23,11;
KLD:Kzl
16:9,11;
Lucid
149,10.
– ein einzelnes Geschaffenes, ‘Erfindung’
ouh gedahter [er, Salomo, dachte sich
aus] ein geschaft, / ein insigil, mit dem er twang / die
tievele RvEWchr
32436
2
‘Gestalt, Beschaffenheit’
Dauid was uil lutzeler gescaft Rol
8847;
ir [tausender Menschen] lîbes bilde
ist an geschaft / in mange wîs gesundert KvWLd
25,87;
waz wirde und hôher êre got hât geleit an reiniu wîp! / ir nam
der ist sô hêre / daz keiner crêatiure geschaft / mac wesen ir gelîch
KLD:Kzl
2: 12,4;
Flore(S)
470;
RvEWchr
32667
3
‘Geschlechtsorgan’ (s.a.
geschaft
stN. 4 und
gescheffede
3):
do sâtzte im got êine ê, daz er sich hiezze besnîdin an siner
geschaft unde die gewonheit liezze sînen âftirchomin Spec
15,31;
wirt daz wîp sô siech, daz si des dunchet, daz ir der lîp
aller sî ersworn, unde [...] geswillet ir diu geschaft. des
siechtuomes mahtû schiere helfen Barth
133,4.
133,11
geschaft
stN.
1
‘Geschäft, Tätigkeit, Schaffen’
2
‘(Rechts-)Geschäft, Abmachung’
3
‘Auftrag’
4
‘Geschlechtsorgan’ (s.a.
geschaft
stF. 3 und
gescheffede
3 )
1
‘Geschäft, Tätigkeit, Schaffen’
sîn [Josaphats] leben und al sîn geschaft / was
über menslîche kraft LBarl
15796
2
‘(Rechts-)Geschäft, Abmachung’
diser ordinunge vnde gischaftis sint gezuͤge vnd burgen
[...]
UrkCorp (WMU)
1235,34.
790,43.
–
‘Auflage, Bedingung’
vnd haben daz vorgenant guet auf gegeben dem erberen prelat abt Chunrad
[...] mit allen gschaft, also beschaidenleich, daz
Wernhart vnd sein erben alleu jar dienen ein halbez phunt wachses UrkCorp
864,19
3
‘Auftrag’
tuostû daz geschaft mîn, / ich wil dir holt mit triuwen sîn
EnikWchr
A II,1043;
ez sol auch nieman richten uber dhein widem
[Schenkung] an unser geschaͤfft
UrkSalzb
4,380
(a. 1328);
swer auch die sind, er sei arm oder reich, der wider unser geschæft
[...] icht unbillichen redente StRVilsh
89
4
‘Geschlechtsorgan’ (s.a.
geschaft
stF. 3 und
gescheffede
3):
sô dem manne sîn geschaft wê tuo, daz der zagel heizet, sô der
vaste geswillet, sô nim phepher unde ingeber [...] unde
bint daz umbe die geswulst Barth
138,22
geschaftlîche
Adv.
‘schicksalhaft’
fatale: cascaftliho Gl
2:282,50
(BStK665)
geschal
stMN.
‘lautes Rufen, Lärm’
si sont sich ziehen von allem geschalle und sont losen irs herren stimme
PrGeorg
73,17;
dô Moyses alsô sêre / die götlîchen êre / bat und die juden
alle / mit gebet und mit geschalle, / des erhôrt er ir aller bet
EnikWchr
8376;
sy heden mit swerten soulch geschall / alda innen gemachet KarlGalie
1415.
13452;
MorantGalie
2940;
ReinFu
S2,980.
– unklar, vgl. ze schalle wërden
‘ins Gerede kommen’ (ausführlich zur Stelle
K. Stackmann: Mhd. geschal in der Teichner-Rede 576. ZfdA 141 (2012), S.
472-477):
wen der ber wirt ain geschal / daz er ain mensch hat
verderbt Teichn
576,174
geschamic
Adj.
‘beschämend, Schande bringend’
pudenda: schamiges [La. geschemiges
]
gelide VocClos
Pu13
gescharen
swV.
→
schërnen
geschaz
stM.
‘Abgabe, Steuer’
von der sazunge di da gischach schuoschen
[zwischen] bischof Heinriche syme stifde vnde dir
stat vnde din buͦrgeren von Wormezen: gischaz oder vngelt
[Ungeld, Verbrauchssteuer] zusezene, alsi di briue
sagent di dar vber giscriben sint UrkCorp
604,38
gësche (?)
F.
‘klaffende Öffnung’, vgl. Anm.z.St.:
den trachen he an dem schilde trûg, / dâr dorch he selhe gescen slûg / daz ez
den voit gar vordrôt Demantin
6750;
wî dâr di gesce wart getragin / ûf den gezîredin schilt! ebd.
7962
geschechen (?)
V.
unklar, vielleicht ‘etw. beschädigen’
die trunkenheit [...] machet einen also kuͦn,
/ daz er allein hundert bestuͦn, / der vor ein stoch nit torst geschechen, /
der will dann alls sin leit rechen / und limet als ein wilder per TrunkenhG
7;
vgl.
der vor eyn bock nit dorfft stechen TrunkenhK
7
gescheffe
stN.
→
geschaf
gescheffede, geschepfede, geschefte
stFN.
auch gescaffede, geschopfede, geschepfte, geschæft.
Wegen des Nebeneinanders von Affrikata (pf) und Frikativ (f)
in der Wortgruppe schaffen/schepfen nicht immer klar zu trennen von →
geschaft
stF. und stN.
1
‘Schöpfung, Erschaffung’
1.1 häufig ‘Geschöpf, Wesen’
1.2
‘Gedeihen, Sprießen’
2
‘Beschaffenheit’
2.1
‘Gestalt, Aussehen’
2.2
‘Eigenschaft’
3
‘Geschlechtsorgan’
4
‘Tätigkeit, Aufgabe’
5
‘Geschäft, Handel’
6
‘Rechtsgeschäft, rechtliche Regelung’ , häufig
‘Testament’
1
‘Schöpfung, Erschaffung’
nu du mir geseit hast uon deme schópher, nu solt du mir sagen
uon der gescóphede dez himels vnde der erde vnde uon den dingen, die got dar inne
geschaphen hat Lucid
4,14;
ubeler tyfel / nu ist dir [durch die Verlockung
zur Ursünde] uil libe an miner gescefte irgân VMos
10,5;
SuTheol
85;
scephære allere gescephede [interl. zu creator omnium
elementorum
]
PsWindb
73,Oratio
1.1
häufig ‘Geschöpf, Wesen’
ich gloͮbe an got vater almahtigin, der dir schephâr
ist himilis vnde der erde vnde aller der geschephidi Spec
1,3;
an die geschepfte [Marrien, ein
Ungeheuer] lief er dô. / ouch was ir sô ger an in / daz si von
dem slage hin / niht entweich den er tet Wig
6994;
wann ain gescheppfd erschlecht ir geleichenn
HvHürnh
21,3;
KLD:Kzl
2:11,18;
StrKD
66,90
1.2
‘Gedeihen, Sprießen’
íh gîenk ín dén núz garton: dáz íh gesâhe
[...] óbe dér uvîngarto in blûode uuâre: unte dîe
rôton épfele uuâren in gescáffede [
si floruisset vinea et
germinassent mala punica
Ct 6,10
]
Will
107,4
2
‘Beschaffenheit’
2.1
‘Gestalt, Aussehen’
sîn geschepfede und sîn wât / die gehullen wunneclîche in
ein: / si bildeten under in zwein / einen ritterlîchen man Tr
11098;
ir gescheffede was riche, / beide hie vnd da
Herb
3286;
[Odysseus sieht ein Mischwesen, oben Gott, unten
Mensch:] da enzwischen was ez ein, / als ez disen zwen, / weder
got noch man, / hete ein svnderen gescheffede an ebd.
18219;
vnser herre [...] erschinet den
guͦten in der geschopfede als er erschein in monte Synai
Lucid
139,2;
HvHürnh
46,6;
VAlex
242
2.2
‘Eigenschaft’
sin drittiu gescepfide ist. daz diu lewin daz welf totez
erwirfet JPhys
1,24;
do nechant er si zewâre / an nehainer ir gescefte, / swi
er die frowen ofte / ê gesehen habete Kchr
12058;
sîne [des Rosses] vüeze und
sîniu bein / diu behielten ouch vil wol in ein / al ir geschepfede unde ir reht
Tr
6669;
TrudHL
97,32
3
‘Geschlechtsorgan’
hât man niht geziuge [Nachweis seines
Alters] , sô sol man den knaben mit disen dingen überziugen:
[...] man sol im grîfen zwischen diu bein oberhalp
sîner geschäfte, vindet man dâ kleinez hâr, daz ist der
[...] ziuge SpdtL
104,1
4
‘Tätigkeit, Aufgabe’
von etelicher becv́mbernisse, da mit wir das herce vor
bekvmbert haben mit rede oder mit gedenken oder mit geschepfede
DvAStaff
124;
der maister vnd die brvder svlen sich alain mit dem
geschaͤft des spitals kvmeren SpitEich
35,5.
7,9;
du [Ahab, III Rg 21] trûrest umb ein
kleine geschäfte BuchdKg
54,9;
NibC
1502,2;
StatDtOrd
71,18
u.ö.;
HvHürnh
1,3.
–
‘Auftrag’
der vorgnanten taiding [...] sin wir fvͤnf
[...] von vnser beder herren wegen von irem
geschaͤfte vnd gehaizze vberain chomen UrkWittelsb
2,254
(a. 1317);
durch des geschefte und gebot Ottok
47442;
ein edel grâve dolde / von sînem geschefte [auf des Königs
Betreiben] den tôt Tund
1679;
UrkCorp (WMU)
3458,32;
hierher ?:
ob der richter den XIIer bvrgern wider ist irs gebotes vnd ir geschæftes,
daz schulen si bereden mit dem richter StRBurgh
185
5
‘Geschäft, Handel’
daz sie [die Ordensmitglieder] ouch
unerloubeten gewin unde gescheffede
[
negotiationes
] niht urboren
StatDtOrd
52,31;
den swarzen swalbenstain schol man auch in ainem leineinn
tuoch tragen, der ist den läuten guot, die geschäfts pflegent, sam kaufläut
BdN
440,20;
er mêrt reichtum und gibt gnâd in allem geschäft ebd.
459,22
6
‘Rechtsgeschäft, rechtliche Regelung’, häufig
‘Testament’
swas die welt geschäfftes mit einander hat, das sol man haißen schriben
UrkGraub
2,168
(a. 1301);
swâ ein mensch âne geschäfte stirbet,
[...] swaz diu hinder in lânt guotes
[...], daz sol man antwurten dem herren der des landes
herre ist SpdtL
109,11;
ist awer daz der nicht weib und chinder hat, der da stirbet, und vurschaidt an
gescheft seins guetes [
sine testamento et ordinatione rerum suarum
decedit
]
StRBrünn
353;
PrBerth
2:195,30;
UrkHohenz
3,79
(a. 1341);
StRAugsb
59,34.
145,14
gescheffic
Adj.
‘tätig, produktiv’
daz ime ze senfte und ze vromen / und ze heile möhte komen, /
dâ was si spâte unde vruo / betrehtic unde gescheffec zuo Tr
7924;
ir wizzet selbe aller beste, wie lügenheit unde trügenheit an iuwerm koufe
gescheffic ist PrBerth
1:150,11;
LvRegFr
3197;
Tauler
177,21
geschefnisse , geschepfnisse
stN.
(F.
Eckh
3:25,2
)
auch gescheppenisse,
gescafnisse,
geschípnísse (
Athis
Ab 2
), geschoͤpfnisse;
s.a.
gescheftnisse
.
1
‘Geschöpf, Geschaffenes, Schöpfung’
2
‘Gestalt, Beschaffenheit’
3
‘Erschaffung’
4
‘Geschäft, Angelegenheit’
1
‘Geschöpf, Geschaffenes, Schöpfung’
alle di dinc, di gescefnisse sint Glaub
220;
din sele vnsvndeklich ist vnde ein geistliche gesheifnisse vnde ist gesazt
vnde gemachit ein frowa vber alle vnsvndekliche creaturin SalHaus
31,30;
sine [Gottes] gescheppenisse Lilie
26,36;
Übervart
511,16;
HeslApk
1037
2
‘Gestalt, Beschaffenheit’
daz ros daz was wunderlîch, / irre und vil strîtich, / snel
und starc von gescafnisse SAlex
274;
die crone wart gesehen mit geistlichen oͮgen der
minnenden sele in der ewigen ewikeit und wart bekant ir geschoͤpfnisse
Mechth
7: 1,11.
3:9,49;
[das Kind im Mutterleib] enpfæhet eine ander
geschepfnisse von der sêle und eine ander varwe
[Aussehen] nâch dem lebene der sêle Eckh
3:25,2;
SalMark
75;
Parad
100,21
3
‘Erschaffung’
nû sprichet man von drîerleie geschepfnüsse. man sprichet, daz geburt sî
geschepfnüsse Eckh(Pf)
534,8
u.ö.;
bekenntnisse daz he di creature irkennit, enist nicht di sache des
geschepnisses der creature, mer sin wille, wan da fon daz he si wil, so sint si
Parad
97,23
u.ö.;
SalHaus
41,19;
HlReg
73,27
4
‘Geschäft, Angelegenheit’
swer vorne den pfluk het / und sich wider umme set / zu der
werlde geschefnisse, / der hat den himel nicht gewisse HeslApk
7687;
daz dirte buch wiset uz wi om [Ludwig] sente
Elyzabeth vortruwet wart, unde di grozen trucht der hochzit unde andir erbar
geschefnisse daz sich dar undir vorlif Köditz
2,7.
31,32
gescheftbrief
stMN.
‘schriftliches Testament’
wer abir, daz ain man ain gescheft tet, vnd daz nicht vorbrift vurde pei seim
lebentigen leybe, so schol der furmund [...] mit den
totpezleuten [Testamentszeugen] , als vil als er ir
gepeten het zu gezevknusse seins geschefz, ain gescheft brief machchen mit der
totpezleuten sigel StRPrag
43;
ich lazze eu wizzen, daz ich noch einen chleinen geschefft brief han
UrkRegensb
529
(a. 1341)
geschefte
stN.
→
gescheffede
geschefthêrre
swM.
‘Testamentsvollstrecker’
waz ich dar an [im Testament] geschafft han meinen
lieben geschefft herren und meinen lieben geschefft frawn und sunderlichen meinen
guͦten freunten, daz schol man in allem dem rechtten volfuren
UrkRegensb
529
(a. 1341)
gescheftlîche
Adv.
→
geschaftlîche
gescheftlîcheit
stF.
‘Handlungsfähigkeit, Tätigkeit’
so schoͤphet got ein vernúnftige sele und gússet die
in die [die zuerst erschaffene Materie des Embryos] . denne
so vergat alle die erste forme: in der solicheit die gescheftlicheit, die
gedenklicheit [Denkfähigkeit] , die groͤsse, die
varwe Tauler
257,19
gescheftnisse
stN.
‘Beschäftigung, Angelegenheit’ (s.a.
geschefnisse
4):
wir Friderich [...] habin die genade vorlihen
[...], daz sie [die Bürger
Freibergs] der gerichte zwey sullin abe lazen gen
[...], daz sie irre erbeit und ires gescheftnizzes
deste baz gewartin muͦgin UrkFreiberg
1:69,24
(a. 1344);
welliche [...] den ban der stat ußgont, ußgenommen in
gescheftnis der statt StRSchlettst
40
|