geschrât
stM.
→
geschrôt
geschreie
stN.
auch stM. (z.B. MerswBrf 313), weitere Formen
geschreige, geschre, vgl.
geschrîe
.
1
‘Rufen, Geschrei’ (von Mensch und Tier) 2 in rechtl. Zusammenhängen (vgl. differenziert DRW 4,457f.) 2.1
‘Gerüfte, Hilferuf’ des Opfers oder von Zeugen einer Tat,
vgl.
geruofede
2.2
‘Vorladung’
2.3
‘Aufgebot, Aufruf zur Heerpflicht’
1
‘Rufen, Geschrei’ (von Mensch und Tier):
si wuofent unde weinent mit michelem gescreie
AvaJG
7,4;
KvHeimUrst
1601;
die frowe hup do so ho / ir geschreige vber al, / daz
erbibete der sal / vnde allez, daz dar inne was Herb
9775;
schal, geschreige, ruf, doz ebd.
10148.
13713;
Parz
789,13;
‘ach und och und ach owe!’ / dis bitterkait und
daz geschre, / nim war SHort
890;
groz geschre vnd ah owe Martina
45,6;
ein grosser geschrei in den kirchen MerswBrf
313.
–
man och nit me hoͤret / in dem wald der fogel
geschrey, / als sie dann hoͤren tuͦt der mey
MinneR66
7;
alsô macht der leo auch seineu welf lebentig mit geschrai
BdN
204,3;
der hunde geschrey MarcoPolo
38,25.
–
‘Unruhe, Tumult, Aufruhr’
swenne ein geschrei wirdet in der stat, swer dar gewæfint kumet, der sol
daz nût beziron UrkCorp (WMU)
248AB,14,29;
dô Pilâtus sach daz her nichtes nicht inschaffete, abir daz daz geschrei
wart grôzir, dô nam her wazzir und twuͤc sîne hende EvBeh
Mt 27,24
2
in rechtl. Zusammenhängen (vgl. differenziert DRW 4,457f.)
2.1
‘Gerüfte, Hilferuf’ des Opfers oder von Zeugen einer Tat,
vgl.
geruofede
:
‘her richter, muz he denne schrien?’ ‘ia.’ so sal
he schrien [...] ‘cetar [formal
notwendiger Anklageruf, vgl. zêter
] uber einen
Heinrich, der minen vrunt Cunrat gewunt unde gewatschart [die
Kleider zerrissen] hat.’ schriet he also
[insgesamt drei Mal] , so ist he rechte volkumen
an dem geschreie StRFreiberg
157,22;
Mühlh
96,3
u.ö.;
jst aber, daz ein geschrai an in [den
Brandstifter] wirt oder daz man sin anders inn wirt, wa er si,
so svͤln all di nachzogen, die daz geschrai hoͤrn
UrkCorp (WMU)
1800AB,8;
als pald sy das geschrey horen, daz der raub geschehen ist, sindt sy
pflichtig den raub weren oder vnterstoren vnd den rauber zw fenknus pringen
StatTrient
146;
UrkBresl
102
(a. 1324);
Frl
3:30,3
2.2
‘Vorladung’
cum gladio et clamore, quod geschrie dicitur [nach auswärts
vorladen]
RegErzbKöln
3(2),182
(a. 1289);
gibet den klegeren urlaub, dat sy [...] yrs
yrsten geschreyes begynnen WeistGr
2,212
(vor 1350 kopial)
2.3
‘Aufgebot, Aufruf zur Heerpflicht’
vnde die volge sol er och niht tvͦn wan zv einem geschreye durch
dez landes not UrkCorp (WMU)
2070,27.
1800AB,20;
swenn ein geschrai wirt in dem land ze Chernden, ist daz er dem geschrai
nachvolget mit seinem aufgeworfen vænlein UrkÖsterrErbl
161,39
(a. 1307);
vnd sint auch schuldig zu vnserm hornblase vnd zu vnserm degelichen
geschreye uss zuziehen mit vns vnd vnsern mannen WeistGr
2,3
(a. 1321)
geschreigenôʒe
swMF.
‘Zeuge, Zeugin des Gerüftes’
mac iz dan die vrowi brengi selbi dirti mit urin
screignozin [La. geschreginozin
] , uz sie
wiep edir man, die uri truwi undi eri bihaldin han Mühlh
107,19
geschrenke
stN.
1
‘eingegrenzter Raum’
2
‘Verschränkung, Überschneidung’ (von Zodiakus und Äquinoktialkreis, vgl. Gl.z.St.)
1
‘eingegrenzter Raum’
ir glichent dem wilden swine, / das da isset inn den welden
fine / die eichelen und hait keinen gedanck / wannen daz kommet odir von welchem
geschrancke [
de quel part
]
Pilgerf
1555
2
‘Verschränkung, Überschneidung’ (von Zodiakus und
Äquinoktialkreis, vgl. Gl.z.St.):
wie die zirkel haben ir geschrenke Mügeln
287,9
geschrîe
stN.
‘Rufen, Geschrei’ (vgl.
geschreie
):
da bleip Euripilus tot, / der kvnic von Orkanie. / do hup
sich geschrie / vf der zinnen Herb
10240;
dô ir der hirte niht enhalf, / dô rief si mit geschrîje manegen lûten galf
Wartb(S)
126,2
geschrift
stF.
1
‘Geschriebenes’
2
‘Schreiben’
3 in rechtl. Zusammenhängen 3.1
‘schriftl. Fixierung’
3.2
‘Schriftstück, Urkunde’
4
‘Buch, Schrift’ , auch als Koll. ‘Gesamtheit von
Schriften, Werk’
1
‘Geschriebenes’
die wort sind der leibe, die geschrift der rede ist ain
gewant HvHürnh
70,1;
die geschrift doͤtet und der geist machet
lebende [
littera enim occidit II Cor
3,6]
Tauler
395,5;
ich bin gar künst rîch. / daz sehet ir wol an mîner hant, /
[...] / an mîner geschrift man daz siht
EnikWchr
22446;
ist nieman alsô wîs, / der dise geschrift gelesen kan? ebd.
13839;
Sabinianus las eines moles den fers: ‘asperies me domine’ etc.,
vnd begerte von herzen zuͦ wissende was dirre fers bezeichente in sime sinne.
do von ging er in sin kemerlin vnd lag do betrubet vnd meinde do zuͦ
ersterbende, es wer denne das er den sin dirre geschrift fúrstunde ElsLA
562,11.
–
‘Inschrift’
do hette Pylatus gescriben die úber scrift siner sache und sazzete si úber
das cruze. disiu gescrift was also: hie ist Ihesus von Nazaret, ein kunig der
iuden EvPass
244,4;
EnikWchr
17731.
– bildl. ‘Beweis’
das ist die geschrift und der prieff / der zaglichen
missetat / di dein leyb pegangen hatt HvNstAp
12143
2
‘Schreiben’
wann solt ichz alle schriben / ich muͤst daz zit vertriben / mit
geschrift vntz an den jungsten tag KonstBrf
80,133
3
in rechtl. Zusammenhängen
3.1
‘schriftl. Fixierung’
und ist daz ein man sînem vriunde guot wil schaffen nâch
sînem tôde, wil er ez im sicher machen, er sol im mit geschrift geben, alse hie
vor umbe lîpgedinge geredet ist SpdtL
98,17;
er [Trajan] was ein guoter rihtære; er rihte nur
nach der geschrift [aufgezeichnetem Recht]
PKchr
133,22;
tuͦt auch Gebhart von Velwen niht, des er mir
[...] gelobt hat, als vor mit teidingen vnd mit
geschrift herchomen ist UrkCorp (WMU)
1024,7;
div geziugenusse der gescrift oder der briefe ist lobelich vnde nuze, wan
si verkumet kvnftigen criech ebd.
1320,33;
waz er sundet manig zeit, / das hat der teuffel als
geschriben. / [...] / dew rew ez allez von im streicht,
/ dez teuffels recht und geschrift Teichn
279,173
3.2
‘Schriftstück, Urkunde’
allen den, die sehent vnde horent dise gegenwertige geschrift
UrkCorp (WMU)
405,44;
jch [...] vergihe an dirre geschrift vnde
tuͦn chunt allen christen leuten ebd.
3327,17;
als wir’t wale mogen offenbaren / mit hantveste ind myt geschrichte
HagenChr(G)
2872
4
‘Buch, Schrift’, auch als Koll. ‘Gesamtheit von
Schriften, Werk’
an dem buͦche vindet man zuare / manic toͮgene
dinc, / die an den buͦchen verborgen sint, / der vnderwiset diz
buͦchelin. / von der gescrifth gewinnen wir den geistlichen sin
Lucid
1,8;
das er het ettlich erkantnüß der geschrift der weisen maister
HvHürnh
2,2;
dar umbe sprichet gar wol ein geschrift, ein glôse
Eckh
5: 43,5;
in der geschrift, diu scolastica historia haizt
BdN
307,21;
historien [...], daz sint die
geschrift von den geschihten in den landen und in den zeiten ebd.
358,27;
an dem puoch ze latein hât ain maister gearbaitt fünfzehen
jâr, als vil und er sein gemacht hât, und hât ez gesament auz der geschrift der
hôhen maister, die haizent Aristotiles, Plinius, Solînus,
[...]
ebd.
494,6;
ich sey ein lay an [l.
âne
] all geschrift
[Lesekenntnisse]
Teichn
442,205.
–
der varb (daz ist ir tugent und ir hailichait) moht noch
nie kain maister volpilden mit geschrift und mit getiht BdN
246,5.
– bes. die Bibel und einzelne ihrer Bücher, Teile (z.T. in der Verbindung
mit heilec):
daz sínt dîe lûteron únte dîe scône sínne. déro hêiligon
gescrífte Will
59,19;
ÄPhys
1,3;
Eckh
5:109,6;
die arch bezaichnot fürbass me / die buͦch der gschrift der alten e
KvHelmsd
812;
die hailigen lêr der götleichen geschrift
BdN
211,24;
dâ von spricht diu geschrift in dem puoch von den
zwelfpoten ebd.
70,4;
sant Augustînus sprichet, daz der allerbeste die geschrift
vernimet, der blôz alles geistes suochet sin und wârheit der geschrift in ir
selben Eckh
5: 42,21
geschriftlasterære
stM.
‘Verächter biblischer Lehren’
nu sach ich ainen priester, der genuog het und liez seinen
vater von haus ze haus peteln gên. owê, wie klain het der ainem frömden sein
almuosen geben [...]. pfui dich, dû geschriftlastrær, wâ
tuost dû dein verstantnüss hin? BdN
203,12
geschriftmeister
stM.
‘Schriftgelehrter’
scriba: geschriftmeister EvAlem
65(Lc 22,2)
geschrigele
stN.
‘Schranken, von Schranken umgrenzter Bereich’
des reit her [der Teufel] ufme
roten / pferde von gotes ingesigele / zu der helle geschrigele
HeslApk
10906
geschrihte
stN.
‘Geschrei’ (nd., vgl. Schiller/Lübben 2,77):
man hôrte beiderhalb geschricht LivlChr
1106
geschrîp
stN.
‘Geschriebenes, Erzählung’
Demostenes ein schone wip / nach Elymandi geschrip / ummegreif vil vaste, / in
schimpe si betaste PfzdHech
290,31.
293,14.
–
Valerius spricht sulch geschrip [erzählt
Folgendes] : / etwen die romischin wip / den win virsmehetin sere, /
daz si icht quemin in unere PfzdHech
273,11
geschrocke
swM.
‘Erschrecken’
mit siner stimme er zu mir schre, / noch vil zorniger danne
e. / [...] / alle antwurte ich virliez, / daz die groze
vorhte / geschroken an mir worhte, / in der daz houbet mir nider seic
Vät
23478
geschrôt
stM.
hier geschrate (vgl.
schrate: hate Herb
489;
taten: schraten ebd.
12694,
dagegen
schroten ebd.
4986
u.ö.).
‘Schnitt, Zuschnitt’
sinen wappenroc ir iegelich / von maniger hande gescrate, /
von schonme zindate, / von phellil, von samite, / lanc vnde wite, / wol zv gereche
Herb
4751
geschrudel (?)
stN.
oder geschruwel (vgl.
schröuwel
stM.).
abschätzige Bezeichnung für ein Götzenbild (ein Standbild des Apoll; zur Episode
vgl. R. Mohr, Präsenz und Macht, Frankfurt/M. 2010, S. 114ff.):
daz [die Höllenqualen] fuget in [den
Verdammten] der helle grubil [Teufel] /
der diz wunderlich geschrudil / so lange zit besezzin hat / daz füeze hat vnd doch
nicht gat Martina
10,14
geschrunden
Part.-Adj.
→
schrinden
geschulde
stF.
‘Schuld’
ih han dine hulde / uon minen gesculden / unseliclichen verlorn Glaub
1773;
von rehter gescvlde / den ban begundih dulden ebd.
1812;
umbe di gesculde Pilatus
432.
–
der ban und æhte sint ein tôt / des lîbes und der sêle gar, / swer mit den
zwein geschulden hin vür reht gerihte kumet WernhSpr
43,3
(Schönbach erwägt hier swM. ‘Mitschuldiger’ i.S.v.
geschol, vgl. Anm.z.St.)
geschulden
swV.
1
‘etw. vergelten’
2
‘Gutes oder Böses für jmdn. bewirken, etw. verdienen’
3
‘jmdn. beschuldigen’
1
‘etw. vergelten’
nu muͦze û got lone / unde
ich [Genelun] iemir gerne gesculde Rol
1678;
des ir gert, des bin ich vrô, / und solz geschulden swenne
ich mac Wh
131,9;
man kêrte ûf in vil dinges, / daz wirde und êre heizen sol; / ouch kunde er
daz geschulden wol / mit rede und mit gebâre KvWTroj
20900
2
‘Gutes oder Böses für jmdn. bewirken, etw. verdienen’
und enwart nie gast geminnet baz. / ouch
kunder [Riwalin] wol geschulden daz Tr
514;
wâ mite mag ich geschulden daz, / daz mir von ieman leit
geschehe ebd.
1014;
ich bin gewesen dâ her ein kint, / daz mich der maere baz gezam / dâ von ich
muot der welte nam / dan dâ mit ich geschulde / des wâren gotes hulde
MargAntiochIV
7
3
‘jmdn. beschuldigen’
dû [Herzog] hâst iz allez verkorn,
/ daz er [der vizzetuom
] getete wider dînen
hulden; / du nesolt in niemer mêre gesculdigen [La.
geschulden
]
Kchr
12556
geschuldic
Adj.
‘geschuldet’
so ist daz uzgeleit / mit moze geschuldigir sichirheit PfzdHech
373,1
geschuldigen
swV.
→
schuldigen
geschulteret
Part.-Adj.
‘mit (starken) Schultern ausgestattet’
es ist nit daran daz du nit geschuldert oder gebeynet sijst
genug: / du werest groß und starg genuͦg Pilgerf
4536
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