belîben
stV. (Ia)
1 intr. ‘bleiben, verharren’
1.1 ohne Ergänzung 1.2 Part.-Adj. ‘bleibend, dauernd’
1.3 als Überleitung im Erzählvorgang ‘ein Thema ruhen lassen, beenden’
(z.T. mit Ergänzung, vgl. auch 1.7.2 ) 1.4 mit Ergänzung zur Angabe eines Ortes oder bestimmten Zustands 1.5
‘sterben, auf dem Kampfplatz bleiben’ (oft tot ~
) 1.6
‘jmdm. (übrig-)bleiben, jmdm. gehören’ (überw. mit Dat.d.P.) 1.7 in der Wendung
~ lâʒen
1.7.1
‘jmdn./etw. zurücklassen’
1.7.2
‘etw. unterlassen, beenden’
2 tr. 2.1
‘jmdm. etw. belassen’
2.2
‘etw. unterlassen’
1
intr. ‘bleiben, verharren’
1.1
ohne Ergänzung:
weder ich belîbe oder var Tr
1531;
Eracl
2717;
wer zebreste ode ganz beste, / wer belibe ode im abege
StrKD
151,28;
daz êwic wesen, daz er ist gewesen und daz er nû ist und daz er iemer
blîben sol Eckh
2:501,5;
lât diz laster under uns drîn / verswigen unde beliben
[unerwähnt] sîn Tr
12144;
si beliben [zögerten] auch lenger nicht, / si
liezzen tauffen sich in got Märt
2692;
si sprach: trutz, diu rede von iu belîbe
MF:Reinm
64: 1,4;
nu ist manic jar bliben [vergangen]
HvNstGZ
50;
[sie] sahen wol das der thorney aller
beleib [stockte] , darumb das der ritter gewunt was
Lanc
199,21.
–
wie himel und die erde han ir bliben / von im
Mügeln
299,9;
belîbens mac hie niht gesîn Tr
1551;
KvWSchwanr
1536;
Wh
103,7
1.2
Part.-Adj. ‘bleibend, dauernd’
alle geste und alle froͤmede luͥte, sie sint varende, blibende oder
wesende UrkBasel
4:15,17
(a. 1315);
blibende und werende Tauler
86,2;
daz in diu dinc, [...], niht
enhindernt noch kein blîbende bilde in in setzent Eckh
5: 209,8;
KvMSph
30,2
1.3
als Überleitung im Erzählvorgang ‘ein Thema ruhen lassen, beenden’
(z.T. mit Ergänzung, vgl. auch 1.7.2):
hie ensaget nv niht me / daz welsche buch von Iosane /
noch von sinem wibe. / rede alhie auch blibe, / als sie da ist bliben
Herb
1180;
die rede dar blibe HeslApk
2541
u.ö.;
RvEWchr
3088;
dâ schol diu red beleiben BdN
386,33
1.4
mit Ergänzung zur Angabe eines Ortes oder bestimmten Zustands:
sô wist er wol sîne vart, / war er lief und wa er beleip
UvZLanz
1551.
–
manig sprechent, daz die hund niht mügen beleiben ân
die menschen BdN
126,3;
ouch sal ie die stad bie irer vriheit blibin UrkFriedb
127
(a. 1334);
du enmacht in disem leben nicht mer beliben, du must
von hinne schaiden PrOberalt
143,14;
StatDtOrd
36,5;
Spec
27,11;
da enbleip niht stein vf steine Herb
1626.
–
daz ich durch dich belîbe vrô SM:Tu
6: 7,2;
wilt ir werden ind bliven selich
MarlbRh
35,18;
swaz diu welt mir ze leide tuot, / daz belîbet von mir
ungeklaget MF:Reinm
3: 3,7.
–
wann ich muß ein wil noch alhie bliben siczen
Lanc
54,9;
er bleib still stan und schampt sich ebd.
469,30
1.5
‘sterben, auf dem Kampfplatz bleiben’ (oft tot ~
):
waz ime dâ helede tôt peleib VAlex
702;
da stunt vffe gescrieben, / daz er in strite was tot
bliben Herb
6100;
da beliben alle syn gesellen dot und gefangen, biß an dry
Lanc
3,3
u.ö.
–
an der martir si beliben, / ze himele sint si gestigin
Rol
231;
da bleip man vnde phert / vffe deme ringe
Herb
7816
u.ö.;
wære im niht wan Vîvîanz / ûf dem velde Alischanz /
beliben Wh
53,13;
diz wâren die besten vriunde mîn. / die dâ beliben in
dem strîte ebd.
259,5.
436,30
1.6
‘jmdm. (übrig-)bleiben, jmdm. gehören’ (überw. mit Dat.d.P.):
waz wolt ir nv mere? / vch blibet daz zv lone, /
[...] / vch blibet daz riche Herb
7319;
wær mîn schulde grœzer iht, / so belibe mir der lîp niht
Iw
176;
ouwê wie wênic uns denne belibe! Wh
147,7;
Wig
3630;
UrkCorp (WMU)
597,10.
– selten mit Gen.:
vnd sol daz vor genant gvͦt des gotshavs
[...] beleiben UrkCorp (WMU)
1646,17.
–
‘erhalten bleiben’
er hatt pucher geschriben / von hoher kunst: ist uns
peliben HvNstAp
13498
1.7
in der Wendung
~ lâʒen
1.7.1
‘jmdn./etw. zurücklassen’
Gotelint diu schœne die herberge lie / hinder ir
belîben NibB
1305,2;
er enliez dâ niht belîben / swaz im ze nutze tohte
Wh
91,16;
er lie belîben sîn gewant. / hærîn kleit leit er
zehant / an sich RvEBarl
695;
sîn guot er dort belîben lie. / von sînes vater lande
er gie ebd.
5793.
–
sint nu fúnfzig rehter da, / wiltu die stete blibin lan
[verschonen] ? RvEWchr
4742
1.7.2
‘etw. unterlassen, beenden’
der künic sprach: lât belîben den mortlîchen zorn
NibB
872,1;
dîn tumpheit lâ noch belîben Eracl
3839;
lât alle rede belîben / und heizet brieve schrîben
ebd.
1743;
NibB
663,1;
Tr
12503;
daz mære man dô belîben lie Wig
2726.
– als Überleitung im Erzählvorgang ‘ein Thema ruhen lassen’
wir sulen dise rede lan bliben eine wile
Lucid
17,5;
hie mite lân wir belîben / sîn nâtûre kalte, /
wan mir nieman zalte / iht mêre von des steines kraft
UvZLanz
8540;
nu laßen wir die rede beliben und sprechen furbas
von dem konig Claudas Lanc
26,5
u.ö.
2
tr.
2.1
‘jmdm. etw. belassen’
dieselben gnad wellen wir auch stet beleiben allen abten, pröbsten,
prelaten und den spitalen BairFreibr
5
(a. 1311)
2.2
‘etw. unterlassen’
der wart des lîbs sô kranc, / daz er ân sînen danc / die reise beleip
Ottok
60123.
15123;
die beliben die andern vart ebd.
30899;
owê des und immer wê / daz ich die vart belîben sol: / daz tuot mir anders
denne wol UvLFrd
50,29
(vgl. Anm.z.St.).
– Lit.: D. Rosenthal, Studien zur Syntax und Semantik des Verbs
bleiben, Göteborg 1984
belîbenlich
Adj.
‘bleibend’
in blîbenlîcher wesenlicheit Eckh (Pf)
417,11
belîbunge
stF.
‘Verhaftetsein’
nu sagent etliche von den schoͤnsten dingen, wie es in alles so wol zehanden
ist gegangen, und was in alles licht und lústlich, [...]
noch denne bevinde ich si in einer verblibunge [La. blibunge
] da Tauler
203,29
belicken
swV.
‘verlocken’
und hette ich ir minnen gelicket [La. vnde hete mich ir
minne belicket
] , / ich hete mich lihte getaufet, / da mit ir minne gekaufet
Rennew
11804
belieben
swV.
‘jmdn. mit Liebe beschenken’
nâch liebes stætem liebe / wart si von liebes diebe / betrogn, ein teil
beliebet RvEAlex
863.
– subst. ‘Belieben’ (?):
is stet an mir nit an min blieben Pilgerf
6981
beliegen
stV.
‘jmdn./etw. verleumden’
ouch en ist nieman sô ummâre sô der nîtspottâre, / der ime daz
ze frumikheite zûhet daz er sînen tiureren beliuget Gen
770;
hêrre, nû scônet iwer worte! / gehaltet iwer êre! / ich
vurhte vil sêre, / ich sî wider iuh belogen Kchr
15452;
er verweiz ie genôte / dem getwerge Melôte, / daz ez in hæte
betrogen / und ime sîn reine wîp belogen Tr
14928;
des wirt er so vernidet, / belogen und gehazzet /
[...] / von den tugentlosen StrKD
56,93.
–
ja nü wart die rede nye belogen [als unglaubwürdig
erwiesen] , / die man lang hat gesprochen, / vnd wart auch nye
zerbrochen Krone
17199
beliewen
swV.
‘mit Lauben umgeben’
daz hûs daz was sinwel, / beliewet umb und umbe wol
Wig
228
beligen
stV.
1 intr. ‘zum Liegen kommen, liegen bleiben, verharren’
2 tr. 2.1
‘etw. belegen, bedecken’
2.2
‘jmdn./etw. belagern’
2.3
‘mit jmdm. schlafen’
1
intr. ‘zum Liegen kommen, liegen bleiben, verharren’
sin houbit scol huite dar umbe beligin [zu Boden
fallen]
Rol
3706.
4649;
got muoz binamen mit mir gesigen / oder mit mir sigelôs
beligen Tr
6782;
den sluoc er, daz er dâ belac / unversunnen und betoubet HvFreibTr
5212;
sweder iwer dâ beligt [unterliegt] , / nâch dem mîn
frouwe jâmers pfligt Parz
697,3;
alhy so billicht der vreuden schyn MinneR 497
10;
zuletst belac [schwand] darûf ir mût NvJer
11364.
–
‘sterben, auf dem Kampfplatz bleiben’ (oft tôt ~
):
waz dâ werlte tôt belach VAlex
892;
in dem walfloze / belagen si tot alle samt
Rol
4353;
nv walde es got, ob ich gesige / oder tot hie belige
Herb
11686.
–
der kaiser nachte genote / sinin uil lieben toten, / di
im belegen waren Rol
8643.
3887;
also ist Hector belegen Herb
10939
2
tr.
2.1
‘etw. belegen, bedecken’
dâ was mit den tôten / der wech aller belegen En
7175;
künec Lôt mit den sînen / der hete des veldes vil belegen
UvZLanz
2821;
als her daz wal dan hat belegen, / als man zu rechte sal pflegen
HeslApk
19025;
nochdann hatt myn frau all wege thun belegen mit rittern
und mit knechten Lanc
319,2
2.2
‘jmdn./etw. belagern’
jst oͮch, das men vf etzliche stat der vorgenanten varende wirt oder si
beliget UrkCorp (WMU)
1788AB,28;
ein schœne burc bî dem mer: / di belac daz kreftige her
UvZLanz
120;
daz er die werc dâ het uf brâht / und sie belêge mit der maht
Kreuzf
6354;
ClosChr
141,4;
Lanc
98,11
2.3
‘mit jmdm. schlafen’
an varendeme wîbe [...] mach die man nôt dûn unde
sîn lîph verwirken, ob her se ân iren dank belegit SSp
135,22;
bôsheit dranc / in zu sulchir virne, / daz er eine dirne
[...] unkûschlich mit gewalt belac NvJer
26009;
nu wizzet, liebiu muoter mîn, ich belige den knaben werden Neidh
SL 2:6,4;
(vgl. jedoch Wießner, Komm., S. 6)
belîmen
swV.
‘etw. (mit etw.) bekleben’
ich sprach niuwelîche, wes schult daz wære, daz der mensche des niht ensmecket
und sprach, ez wære des schult, daz sîn zunge belîmet wære mit anderm unvlâte
Eckh
1:387,6
belîp
stMN.
‘Bleibe, Ruhe’
binden / wolt er den geist in sînen lîp, / sô daz er stæteclîch belîp / bî im
haben müeze Reinfr
21472;
minn hertze bi mir hat kain belip / vnde strebet allewent hin zuͦ ir
JvKonstanz
A,2434/20;
JMeissn
A 1:25,17
belîpnisse
stN.
‘Aufenthalt, Bleibe’
daz ewige himelrich, / daz erbere blipnis Secret
799;
daz im sin gevangnúst dest lichter wurdi, als er sich selber dú x jar ane isen
hate in geschlossen nah blipnust in der capell Seuse
60,11.
159,16;
ze einer steten belibnust so haben wir das vorgnant selgereit gerihtet und
geordenet UrkBaden
10
(a. 1344)
belisten
swV.
‘etw. durch list abwenden’
het ich her Salomônes sin, / ich künde ez niht belisten, /
[...] / ez muoz in tôdes kisten / mîn lîp dort
êwiclîchen sîn Kolm(B)
116,12
(1KonrW/7/503)
belit
stSubst.
‘Pappel’ (vgl. AWB 1,871):
populus: belit vel albare SummHeinr
1:180,133;
populus: alber, huius genera duo sunt: altera alba, altera nigra: belit ebd.
2:45,234
beliuhten
swV.
1
‘jmdn./etw. beleuchten, erhellen’
2 übertr. 2.1
‘jmdn./etw. erleuchten’
2.2
‘jmdn./etw. erwähnen’
1
‘jmdn./etw. beleuchten, erhellen’
iz ne beluchte nie chein lith Roth
3579;
die brâhten lieht von himel dar, / dâ mite belûhten sie / ir
vrouwen ûf der erde hie KvHeimHinv
681;
daz allerminste [...], daz ie beschinen oder
beliuhtet wart von disem liehte Eckh
3:260,11;
darumme sal der mensche flizicliche beluchtin sine fimf sinne, daz si icht
inbrengin daz der sele schedelich si Parad
78,16;
Minneb
2410.
– zur Bezeichnung der Einzigartigkeit ‘der je das Licht der Welt
erblickte’ (vgl. beschînen):
bezzern schilt deheinen belûhte nie der tac
NibB
1702,2;
so schone maget, so schone kint / bewewete nie der
win [l. wint
] / noch en beluchte nie die svnnen schin Herb
16476;
RvEWh
14015;
lieber liep beliuhtet niht diu sunne
KLD:Kzl
15: 3,10;
diu welt nie beluht / so manigen wunderlichen man / bi ain ander
WhvÖst
16336.
8455
2
übertr.
2.1
‘jmdn./etw. erleuchten’
mit der genaden blicke / hat unser lieber herre got / nach siner tugende
gebot / Dominicum alhie belucht Pass III
372,53
u.ö.;
daz got durch sine gute / des menschen gemute / zu rechtem wege beluchte
MarLegPass
19,9
2.2
‘jmdn./etw. erwähnen’
daz gvͦet daz vor belævchtet ist, daz habent si alles verchavft
StiftZwettl
261;
mit den gezivgen, die da bi sint gewesen, die auch hie beloͤvcht vnd
benant sint UrkCorp (WMU)
2505,31
beliumden
swV.
auch beliumunden.
‘jmdn. (wegen einer Sache) verleumden, in schlechten Ruf bringen’
kom einer sîner [des Apothekers] krâme bî / nâch
gifte, der beliumt niur sî, / und der sî ein arcwænic man, / daz er den lâze
scheiden dan / und im versage HvBer
7635;
SchwSp
105a.
– mit Gen.:
ist daz ein man den andern beliumundet boeser dinge, daz er
im sinen liumunt boesert, daz ge an sin ere StRAugsb
111,3;
der den andern beliumundet boeser dinge ebd.
5,4.
– mit Präp.:
ist er é belvͥmedet mit der dinge deheinen SchwSp
105a;
wirt aber iemen beliumt umbe die vorgenanten schulde
StRAugsb
163,12.
– mit Obj.-Satz:
dise [Herzogstochter] belumete einen heiligen
dyacon daz er solte wider iren willen sú alsus besweret haben ElsLA
696,14
beliuten
swV.
→
belûten
beliutern
swV.
‘jmdn. läutern’
biz daz si von der barmhertzkait gotes und von gemainem gebet baz beliutert
werden EbnerMarg
38,17
bëllære
stM.
‘bellender Hund, Kläffer’
er kaller, er beller, er vederspil, / daz grimmet und doch niht vahen will
Jüngl
921
belle
stF.
‘Gesäßbacke’ (hierher oder zu
2bal?, vgl. afterbelle, arsbelle):
so sal man iz legen also warm hinden uf den rucke vnde an di
stat da di belle an di lenden gen SalArz
59,23;
Renner
7350
belle (?)
F.
→
bëllen
|